Mai 20th, 2020

WALK THE PLANK (177, 2016)

Posted in interview by Thorsten

Walk the Plank kommen aus Washington, DC und waren Ende 2015 das erste Mal in Europa auf Tour. Das Abschlusskonzert fand am 5. 12. im Juze in Oettingen statt, was auch die Heimatstadt von Dashcoigne ist, mit denen sie zusammen die Deutschlanddates der Tour absolviert und eine Split auf 30 Kilo Fieber Records veröffentlicht haben. Das Gespräch mit ihnen drehte sich um die Tour, ihre Heimatstadt und einen Werbespot für Hornbach. Das Interview fand mit vier der fünf Bandmitglieder statt, da Alex gerade telefonisch beim Vater seiner Freundin um ihre Hand anhielt.

Könnt ihr euch kurz vorstellen?

Ian: Mein Name ist Ian, ich bin der Sänger in Walk the Plank.
Tim: Ich bin Tim, ich spiele Bass.
Chris: Ich bin Chris und ich bin der Drummer.
Aaron: Ich bin Aaron und ich spiele Gitarre.
Ian: Unser Gitarrist heißt Alex, er ist im Augenblick nicht dabei.

Wann habt ihr mit der Band angefangen?

Ian: Wir sind 2010 zusammengekommen. Unser Drummer Chris, Alex und ich haben die Band gegründet, und in der Zwischenzeit gab es einige Besetzungswechsel. Wir spielen also seit fünf, bald sechs Jahren zusammen.

Seid Ihr alle aus Washington, DC?

Ian: Wir kommen alle aus der Gegend in und um Washington, DC. Gegründet haben wir die Band außerhalb der Stadt in Virginia. Ein paar von uns leben derzeit dort, ein paar leben in Washington, aber unsere Basis ist die Umgebung von Washington.

Wie lief die Europa-Tour bis jetzt?

Aaron: Wir hatten viel Spaß!
Tim: Viel saufen!
Chris: Viel trinken, entspannte Partys.
Ian: Wir genießen schon das ein oder andere Schlückchen. Aber auch hinsichtlich Musikmachen war es sehr spaßig. Wir hatten die Möglichkeit, Leute und Bands aus der ganzen Welt zu treffen, waren in verschiedenen Ländern, spielten in verschiedenen Clubs, DIY-Läden und Jugendzentren und hatten die Chance, unsere Musik und was wir machen einem anderen Publikum auszusetzen als wir das normalerweise in den USA tun würden.

Was sind die Unterschiede der Punkszene, des Publikums und der Veranstaltungsorte hier im Vergleich zu den USA?

Ian: Im Kern denke ich die Tatsache, dass die Szene in den USA sehr selbstzufrieden geworden ist, zum Beispiel wie sie tourende Bands behandelt. Wobei ich sagen würde, dass wir bei uns, also die Veranstalter in DC, uns ziemlich gut um Bands auf Tour kümmern. Unsere Tour in Europa war auf jeden Fall großartig organisiert: Die Agentur, die uns bei der Tour-Buchung geholfen hat, hat eng mit den Veranstaltern zusammengearbeitet, und die Veranstalter wiederum haben sichergestellt, dass wir gut betreut werden. Wir sind jetzt nicht die Art von Band, die viel erwartet, aber was uns hier geboten wurde, haben wir so auf Tour in den USA noch nie erlebt.
Tim: In Amerika ist viel schlafen auf dem Boden dabei, man kriegt nicht wirklich Gelegenheit zum Duschen, man bekommt nicht wirklich was zu essen. In Europa wurden wir jeden Abend gefüttert, wir hatten Matratzen und Duschen, es war einfach viel komfortabler.
Ian: Im Wesentlichen ist die Punkrock-Kultur in den USA immer noch vorhanden, aber hier in Europa wird wohl mehr Wert auf den Gemeinschafts-Aspekt gelegt.
Tim: Es gab hier auch mehr Abwechslung bei den Konzerten, wir spielten mit Bands verschiedener Stilrichtungen zusammen, Grindcore, Hardcore, Indie, was auch immer. In Amerika sind Shows oft sehr einseitig – es ist eine Hardcore-Show. Oder ein Indie-Konzert, das heißt: fünf Indierock-Bands.

Ihr seid ja aus Washington, DC, was für viele hier dieser mythologische Punk-Ort ist.

Tim: Das war in den Achtzigern!

Und wie ist es dort heute?

Ian: Manche Dinge ändern sich, manche bleiben gleich. Es gibt immer noch viele junge Straight-Edge-Bands, die bei den Kids sehr beliebt sind. Wie überall gibt es haufenweise Zines. Die Szene dort ist immer noch äußerst beeinflusst von der Tatsache, dass DC eine Durchgangsstation für Leute von überall aus den USA und der ganzen Welt ist, die hier ankommen und durchziehen. Diese Vielfalt an Einflüssen spiegelt sich in der Szene wider.
Tim: Auch die Größe der Szene ändert sich ständig, alle paar Jahre wird Punk sehr beliebt. Aber es gab hier schon immer Leute, die wütende, aggressive Musik machen.

Sehr ihr euch selber in der Tradition von DC-Bands? Ich habe gelesen, dass ihr mit Rites of Spring verglichen werdet, was ich persönlich nicht so ganz nachvollziehen kann…

Alle lachen
Chris: Wir können das auch nicht nachvollziehen!

Naja, die Musik ist halt schon unterschiedlich.

Ian: Die Musik ist anders! Aber ich habe das auch schon gehört, und als Fan der Band kann ich das auch nicht wirklich verstehen.
Tim: Aber sie können das gerne sagen, wenn sie das wollen!
Ian: Als Band verschreiben wir uns nicht einem speziellen Genre. Wir bezeichnen uns selbst nicht als Hardcore. Wir machen einfach, worauf wir Lust haben, wir kennen unsere Einflüsse und wissen, was wir sagen wollen.

Was sind denn eure Einflüsse?

Ian: Ich persönlich wurde beeinflusst vom College Rock der 80er, Indie-Zeug aus den frühen 90ern wie den Pixies oder Pavement, aber auch von frühem Hardcore, alles von SST bis Dischord und Boston bis New York Hardcore. Ein bisschen was von allem.
Tim: Das ist eine so weitgehende Frage. Ich höre eigentlich alles, Punk und Hardcore genauso wie Reggae und Ska oder Hip Hop, Rap und Blues. Es gibt in jedem Genre gute Musik, man muss nur die richtigen Künstler finden.

Nochmal zum Thema DC, gibt es dort immer noch viel Punk-Aktivismus dort, so Sachen wie Positive Force?

Tim: Positive Force ist immer noch am Start, sehr gute Leute, Mark Andersen ist ein sehr guter Typ.
Ian: Das coolste an DC ist schon immer die immanente Verbindung zwischen der Aktivisten-Community und der Musik, die darin besteht, dass die lokale Musikszene der Stadt dadurch Nutzen bringen kann, dass sie Menschen hilft. Es gibt also diesen altruistischen Aspekt im Punk in DC. Das kommt meiner Meinung nach davon, dass viele der Vorreiter, die das gestartet haben, in DC geblieben sind und die Szene haben wachsen sehen. Sie standen den Jüngeren dann quasi als Mentoren zur Seite. Somit entwickelt sich das immer weiter, aber unter der Aufsicht der Initiatoren. Klar leben wir heute in einer anderen Zeit als damals, aber die Leidenschaft ist immer noch da.

Seht ihr euch selber als Teil einer aktivistischen Szene?

Ian: Unsere Musik und unsere Texte sind alle von einem politisch bewussten Standpunkt geschrieben. Als ich zur Schule ging, war ich bei einigen politischen Gruppen in und um DC beteiligt, also von meiner Seite aus ja.

Hatte Punk einen Einfluss auf dieses politische Engagement?

Ian: Ja, immer. Punk ist von Natur aus politisch. Punk ist politisch orientiert, indem er sich mit der Welt um sich herum befasst – also damit, wie die Dinge laufen, wer das Sagen hat und wie man darauf reagieren und am besten damit umgehen kann. Als ich jünger war, ging es mir um Aktivismus und Organisierung, das ging dann über in Musik, und ich traf die richtigen Leute, mit denen ich nun diese Band mache. Und wenn der durchschnittliche Hörer sich hinhockt und unsere Texte liest, merkt er, dass wir einen politischen Standpunkt vertreten, und das ist unsere Art, in die Welt um uns herum einzugreifen.

Wie sehen eure Pläne für die Zeit nach eurer Heimkehr aus?

Ian: Erstens ausruhen, zweitens duschen, drittens eine Platte machen. Unser Label und wir planen eine neue Platte. Wir sind viel getourt, aber wir werden anfangen, Songs zu schreiben und eine Platte zusammen aufnehmen, wenn wir zurück sind.

Wie kam es eigentlich dazu, dass eins eurer Lieder in einem Werbespot der Baumarktkette Hornbach zu hören sein wird?

Ian: Das wissen wir selber nicht! Wir wurden auf dieser Tour darauf hingewiesen und wir wissen noch gar nicht genau, wie wir damit umgehen sollen.

Ist das Lied schon in einem Werbespot zu hören?

Chris: Ich glaube die drehen den Spot noch. Uns wurde das erst gesagt, nachdem sie sich für unser Lied entschieden hatten. Wir haben nie darüber nachgedacht, dass unsere Musik so kommerziell sein könnte.

Vielleicht werdet ihr jetzt reich und berühmt!

Tim: Ich würde das Geld schon nehmen!
Ian: Ich will nur jedes Mal, wenn ich nach Deutschland komme, Werkzeuge und andere Baumarktartikel umsonst haben.
Tim: Wir spielen das Lied gar nicht mehr!

Habt ihr sonst noch irgendwelche Anmerkungen?

Ian: Danke an alle, die zu unseren Konzerten gekommen sind und unsere Shows bei unserem ersten Europabesuch organisiert haben. Wir sind froh über die Gelegenheit, dass wir auf einen anderen Kontinent reisen und hier für Leute spielen konnten, die unsere Lieder kennen und Platten kaufen. Außerdem danken wir Eva, unserer Tourmanagerin und Tour-Mama, und überhaupt allen, die das möglich gemacht haben. Wir sind sicher nicht zum letzten Mal hier gewesen, ihr werdet uns wiedersehen.

Der Vater der Freundin von Alex hat seinem zukünftigen Schwiegersohn zwischenzeitlich übrigens das Ok gegeben. Walk the Plank spielten dann, gestärkt von Oettinger Bier und Pfeffi, als vierte Band nach Schluss mit Lustik, Nitrogen und Dashcoigne ein sehr energisches Set ohne Rücksicht auf Verluste und offensichtlich ohne einen Gedanken an die Ochsentour nach Prag am nächsten Tag zu verschwenden, von wo aus sie heim in die US-Amerikanische Hauptstadt flogen. Ihre LP „Perseverancia“ erschien am 21.11., ihre Split mit Dashcoigne erschien zur Tour und ist gleichzeitig das erste Vinylrelease auf 30 Kilo Fieber Records.

Text/Interview: Wolf Seiler

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