September 7th, 2019

THE FUs aus #193, 2018

Posted in interview by Jan

“Anarchy for Peace” has been put in a box, watch the porridge eating goldilocks. This song used to be a happy song but you wouldn´t fucking sing along. Now “anarchy” is on the run, you had the will but they had the guns – Fuck you (FU)! Last year you were full of passion, last year you were young and alive, then you let go of all your ideals, you don´t think now you merely survive. And next to you I´m just a slob, your existence is summed up by your job – FU! Remember when we used to rule this city? Remember when we had all the fun? Remember when we were totally wired? But look at you look what you´ve become, you´re scared to go against the grain and now you´ve petrified your brain – FU!
(FUs – FU, von der Kill for Christ-LP 1982; ohne Gewähr, Text selbst abgetippt von der Textbeilage der „Your own worst nightmare“-Straw Dogs-LP von 1992 auf Lost & Found Records; die Straw Dogs coverten den Song dort)

“I was traveling down the line, just an ugly American killing time. Seen the world by my own two feet as I traveled down a dirty street. But it seems like everywhere I´ve gone, your life ain´t worth a plug nickle, son. To some trigger-happy son-of-a-bitch, better hit the dirt before his fingers itch. Now the whole world´s like the frontier before, speaking out of a barrel of a fourty-four. And it´s a sad, sad sound if they don´t miss, yeah, the whole damn world´s like Texas. Been in Ireland, fair and green, prettiest place you´ve ever seen. Crossed by wars that never cease, yeah, “someday soon she´ll be at peace”. But all the folks back in the states watched “high noon” until their eyeballs ached. And they sent the guns and all the rest now Belfast is the wild wild west. And every day, in some shithole town, from Beirut to Boston another one shutdown. Met a friend in Lebanon, said that he came from my hometown. Billy D. was a drinking machine on his off time from the U.S. Marines. But they were all just sitting ducks when some Shiite gang said “what the fuck”. When I heard how Billy and his buddies died, I drank a few and I had to cry”.
(Straw Dogs – Texas, von der “Your own worst nightmare”-Platte,1992;
auch ohne Gewehr. Vgl. Inlay der Lost & Found-Platte)

Interview mit John Sox von The FUs

Lassen Sie mich es so formulieren: die FUs waren nicht unumstritten (in den 80er). Besonders als Kritiker der Band hervorgetan hat sich Tim Yo vom Maximum RocknRoll Fanzine, der der Band damals vorwarf, rechtsgerichtet zu sein. Wie es dazu kam? Beginnen wir von vorne.

Die Quelle im weiteren Verlauf ist die Bandgeschichte auf der offiziellen FUs-Facebook-Seite, es sei denn, es werden andere Quellen genannt. Es erschien mir zudem notwendig, hier in der Einleitung einige historische Fakten noch aufzuführen, wenn also eine Zahl in Klammern wie zum Beispiel (X) erscheint, dann bedeutet dies eine Anmerkung, die ihr am Ende des Interviews findet.

Die FUs kamen aus Boston und gründeten sich 1981. Die Kern-Besetzung war John Sox (Gesang, anfangs noch Bass), Steve Grimes (Gitarre) und Schlagzeuger Bob Furapples. Die Idee für den Bandnamen – eben die Fuck You´s – kam John Sox beim Fernsehen. Er sah ein Interview mit Plasmatics-Sängerin Wendy O. Williams, sie wurde gefragt, warum sie Fernsehgeräte zerstören würde und sie sagte dazu: „It´s a great way to say ‚F U‘ to society”. Die ersten Beiträge der FUs waren 1982 auf dem legendären „This is Boston, not L.A.”-Sampler und der „Unsafe at any speed”-Single. Im gleichen Jahr veröffentlichten sie auch ihre Debüt-LP auf X-Claim-Records, „Kill for Christ”. (1)

1983 gab es die Nachfolge-LP „My America“, ebenfalls auf X-Claim und hier fing das Ärgernis an. Wikipedia meldet: „Insbesondere „My America“ fiel durch für die Punkszene ungewöhnliche politische Statements auf: Die Band sprach sich auf der Platte wie auch in mehreren Interviews für Patriotismus aus“. (2)

Die FUs dazu in ihrer History-Rubrik auf Facebook: “Their second LP (…) was wrought with controversy due to a rush to judgement by the Humorless Hardcore Punk Elite that the band had become instant right wing jingoists due to its over the top patriotic artwork and one patriotic song by the same name. The „Rambo band“ tag was unjustified however. A quick read of the lyric sheet tells the reader that behind the flag waving looms a very critical look at the dark underbelly of modern American life. The band used a stock album sleeve… featuring a sentimental American landscape on the front, and George C. Scott as General Patton, in front of an American flag, on the back”. (3)

Der Ruf der Band gründete sich vielleicht auch auf ihren ungewöhnlichen “kontroversen” Coverversionen: sie spielten „The Ballad of the Green Beret” und „We´re an American Band“ nach. (4) 1984 kam dann die “Do We Really Want To Hurt You?”-Platte (kleine Anspielung auf Culture Club´s “Do you really want to hurt me?”). (5)

Die FUs verwandelten sich dann so langsam in die ebenso genialen Straw Dogs. Diese wiederum brachten ihrerseits auch so einige Platten raus (die “Your own worst nightmare” von 1990 und die Platte auf Lost and Found Records namens “Under the hammer” liebe ich sehr) und waren auch auf Tour in Europa. Es wurde dann still…(6)

2010 erschien die „All Ages: The Boston Hardcore Film”-Dokumentation (großer Film!) über die frühe 80er Boston-HC-Punk-Szene und die FUs reformierten sich für ein Konzert zur Premiere-Feier des Films (die Original-Mitglieder John, Bob und Steve waren mit am Start). Und so wurde es dann 2017, als die FUs auf ihre erste Europa-Tour gingen, sie spielten auf dem Rebellion Festival und auch in Deutschland, zum Beispiel in Essen und Berlin. Ich habe sie leider verpasst, ich hoffe, sie kommen wieder.

Mit Sänger John Sox wollte ich mich nun über ein paar Dinge austauschen, also, da melden wir uns doch mal in Boston. Ach so, ja, die Musik der FUs, wie klingt die? Na einfach super! Metalfreier HC-Punk (mit einem ganz leichten rockigen Touch), ebenso wie es sein sollte, diese Pionier-Band baute einfach die Blaupause für schnellen HC-Punk mit. (7)

Sehr geil: bei der „The Origin of the Straw Dogs“-Platte war ein Textblatt dabei. Den Text zu dem Song „FU“ habe ich mir aber damals aus dem Textblatt ausgeschnitten für meine Wand mit schlauen Sprüchen… jetzt für die Interview-Überschrift fehlte mir der Text, hey, einfach John Sox kurz fragen, danke Internet (bzw. fand ich dann selber in einer Straw Dogs-Platte den Text).

John, danke für deine Zeit für unser Gespräch. Wenn du zurückblickst auf die FUs in den 80er, was kommt dir da als erstes in den Sinn?
Es entstehen zwei Bilder. Das eine ist der Schwung. Wie schnell die Szene aus dem Nichts wuchs, das war erstaunlich. Al Barile war der erste Typ, der DIY-Shows machte und Bostons erstes HC-DIY-Label X-Claim kreierte! Steve von FUs mietete auch VFW-Hallen und Kirchenkeller für DIY-Shows. Also kamen die Kinder aus dem Westen, Mass., Rhode Island und gelegentlich NY und Quebec, Kanada. Ich glaube, sie waren alle so erstaunt wie ich. Ein oder zwei Jahre zuvor dachten alle, sie und ein paar der Freunde wären die einzigen Leute außerhalb von London, New York und Los Angekles, die Punk hörten. Ich meine, die Leute sagten schon 1979 „Punk ist tot“.

Aber das ist der Ursprung des Begriffs Hardcore Punk. Das heißt, das ist keine Modeerscheinung. Das ist UNSERE Musik. U2 spielt 1982 zum ersten Mal im Paradise Theatre in Boston. Ich war stolz, eine Show im selben Club gespielt zu haben, wo ich Stiff Little Fingers, Plasmatics, Undertones, Ultravox und viele andere gesehen hatte. In einer Band namens The FUs zu sein und eine sehr unterirdische Art von Musik in einem Mainstream-Club zu spielen, in dem U2 in den ersten Tagen gespielt hatte, das gab mir wirklich ein gutes Gefühl. Steve hat mir sogar gesagt, dass ich mit einem sehr nicht-HC-artigem großen Grinsen herumlaufen soll. Peer Police rule!
Bist du immer noch stolz oder glücklich darüber, dass ihr Teil des „Boston not L.A.“-Samplers gewesen seid?
Natürlich sind wir immer noch stolz und glücklich. Da sind viele tolle Bands drauf. Als wir 2015 beim Punk Rock Bowling spielten, flog ein Mann aus Sydney, Australien, seine Frau und ihre Freunde nach Las Vegas „um die beste Band, mit den besten Texten, auf der besten Compilation zu sehen, „This is Boston not LA“. Es mag primitiv und ein wenig naiv klingen, die meisten von uns Bands waren da noch nicht sehr lange zusammen, aber diese rohe jugendliche Energie, die war schon da.
Hast du eigentlich jemals Tim Yo vom Maximum RocknRoll (MRR) Zine live getroffen, warum war er von euch so angepisst?
Wir waren bei ihm zu Hause, als wir durch Kalifornien tourten. Er wollte, dass wir ein Radio-Interview fürs MRR machen. Sein Radiostudio war im Keller. Er lud uns in sein Wohnzimmer ein und war zunächst sehr gastfreundlich. Er brachte eine Kiste Bier heraus und bat uns, uns zu bedienen, was wir eifrig taten, rückblickend vielleicht nicht die beste Entscheidung, wie du noch sehen wirst. Auf jeden Fall, er ging zu jedem von uns hin und fragte uns, worüber wir reden wollten und wir alle sagten auf unsere eigene Art, wir mögen es, die Dinge spontan zu halten. Um ehrlich zu sein, ich dachte, es wäre eine ziemlich dumme Frage. Wir waren eine Band, die für ein Album wirbt, auf Tour war und für ein Musikmagazin interviewt wurde. Band, Album, Tour.

Ist es nicht das, worüber du bei diesen Dingen redest? Schließlich beginnt seine Show und er startet mit einem langen Monolog über die amerikanische Wirtschaftshegemonie und die schlimme Dinge, die Nestlé in Afrika tat, und er dröhnte in diesem tiefen, weichen, monotonen Ton wie Carl Fucking Sagan weiter, während wir vier um einen Tisch saßen, immer noch sein Bier tranken und uns gegenseitig und die Uhr ansahen und uns fragten, ob es überhaupt ein Interview geben würde. Um fair zu sein, es waren gute Informationen und das hätte wahrscheinlich ein gutes Segment im öffentlichen Radio abgegeben. Dann wird er plötzlich lebendiger, stellt uns schnell vor und erschlägt uns mit seiner ersten Frage, und ich meine trifft uns echt damit. So etwas wie „Du hast also ein neues Album namens „My America?“ und dann mit einem sehr anklagenden Ton sagte er „Wie ernst ist da der Patriotismus?“. Ich wurde aus dem Gleichgewicht gebracht, ich meine, was ist denn mit „Hallo! Willkommen in Kalifornien! Wie läuft die Tour?“. Nun, nachdem wir so eingeführt und auf den Punkt gebracht wurden, gingen wir sofort in einen arroganten Klugscheißer-Modus über – und genau das taten wir, Punkt.

Der Rest ist eine Frage der öffentlichen Aufzeichnungen. Wir fühlten uns danach benutzt, aber wenn wir zurückblicken, schuf es eine Menge kostenlose Werbung. Und nachdem wir zu den Straw Dogs wurden, war er viel netter zu uns. Vielleicht weil Straw Dogs ein paar Anzeigen in seinem Magazin gekauft hatten, hahaha.
Würdest du im Nachhinein einige Songtexte oder Plattencover ändern oder ist alles gut so, wie es eben war?
Warum sie ändern, das würde sich unehrlich anfühlen. Außerdem zeigt jede Platte die FUs und in geringerem Maße den Zeitgeist der damaligen Bostoner Hardcore-Szene auf. Alle Platten haben ein etwas anderes Gefühl und eine unerschiedliche Intensität. Ich bin dankbar, denn wir haben es vermieden, eine schlechte zweite Platte zu machen, also, wir hatten sozusagen keinen Kurseinbruch im zweiten Highschool-Jahr. Viele Bands in jedem Genre leiden oft darunter, dass ihre zweite Platte wie eine verwässerte Version der ersten klingt. Wenn überhaupt, dann war „Kill for Christ“ ein Schlag ins Gesicht, während „My America“ eine weglaufende Dampfwalze war.
Warum habt ihr “We´re an American Band” von Grand Funk Railroad und “Green Beret” von Sergeant Barry Sadler gecovert?
Die Grand Funk-Nummer hat einfach Spaß gemacht. Es war wie musikalisches Cock-Rock-„Cosplay“ (Anmerkung JR: eine Art Rollenspiel). Wenn du ein Vorstadtkind in den frühen Siebzigern warst, dann hattest du ein Grand-Funk-Album. Punk, wie wir ihn heute kennen, gab es damals kaum. „Green Berets“ war eine satirische Version von „The Ballad of the Green Berets“ von Sadler. Die meisten Texte wurden von Steve neu geschrieben. Wir sind sehr froh, dass die echten Green Berets einen Sinn für Humor haben. Sie kennen über hundert Möglichkeiten, einen Mann zu töten, hahaha.
Warst du angepisst, dass die Dead Milkmen die FUs in ihrem Song „Tiny town“ erwähnten („We hate blacks, and we hate jews, and we hate punks, but we love the F.U.’s“)?
Ja, ich war sehr angepisst, weil ich nicht sagen konnte, ob sie unserer Witz verstanden, immer den hässlichen Amerikaner zu spielen oder ob sie uns etwas vorwarfen. Als sie im The Rat Laden (Anmerkung JR: legendärer Konzertladen in Boston) spielten, verkündete ihr Sänger „Wir möchten den F.U.´s für ihren Humor danken!“. Ich schätze, das Universum hat versucht, mir so eine kosmische Lektion zu erteilen. Nämlich, wenn man lustig ist, dann wird es nicht jeder verstehen und einige Leute werden sehr negativ darauf reagieren. Es hat mir großen Respekt in Bezug auf die Stand-up-Comedians gelehrt. Besonders jetzt, wo jedes Thema tabu ist.
Warum habt ihr eigentlich die „My America”-Platte auf X-Claim gemacht?
Lass mich zuerst etwas erklären. Die kurze Version ist: X-Claim! ist ein Label. Die lange Version ist: X-Claim! ist kein Label. Al Barile hatte eine sehr kluge Idee. „Lass die Bostoner Bands DIY-Platten machen und den Namen X-Claim! verwenden, damit die Vertriebe die Platten nicht nur als lokale Gruppen abtun“. Ähnlich wie bei Dischord Records, aber anstatt von einem Ian McKaye oder einem Al Barile geleitet zu werden, ist jede Band für ihre eigene Aufnahme, ihr eigenes Artwork, ihren eigenen Vertrieb und die damit verbundenen Kosten verantwortlich.

Wir haben viel Zeit und Geld in unsere eigenen Aufnahmen investiert, aber wir hatten auch das letzte Wort. Wir hatten die volle Kontrolle über Inhalt und Preise. Das Einzige, was problematisch und gelegentlich komisch war, war die Annahme der Plattenkäufer, dass hinter X-Claim! eine zentrale Autorität steckte, aber jede Platte hatte ihre eigene Adresse. Also bekamen wir Bestellungen für Jerry’s Kids Platten und umgekehrt.
Culture Club sind geil, oder?
Yeah, klar, wie auch immer.
Gibt es eine FUs-Platte, die dir nicht mehr so zusagt? Ich habe mich immer darüber gewundert, wie ihr mit dem deutschen Label Lost & Found Records in Kontakt gekommen seid, die brachten ja dann Platten von den FUs und Straw Dogs raus.
Lost and Found wusste, dass die Straw Dogs eine Europatour planten. Ich bin mir nicht sicher, ob sie uns kontaktiert haben oder ob Ute von MAD Productions uns mit ihnen in Kontakt gebracht hat. Jedenfalls sagten sie, dass es das Beste wäre, wenn wir europäische Veröffentlichungen unserer Sachen hätten, bevor wir dahin kommen und wir stimmten zu, so dass wir am Ende eben Platten hatten, die wir dort promoten konnten. Wir haben zwei Europatouren mit den Straw Dogs 1990 und 1991 gemacht.
Hey, dieser Straw Dogs-Song „Texas“ ist so großartig, ist der Text eigentlich wahr bzw. in echt passiert?
Man müsste Steve fragen, ob er jemals einen zeitreisenden Cowboy im wirklichen Leben getroffen hat, aber das Konzept wurde von einem ehemaligen Nahost-Freund von Steve inspiriert. Er sprach über Terrorismus und Instabilität zu Hause und wie es im Grunde ein Polizeistaat war, denn überall, wo man hingegangen ist, gab es einen Polizisten, einen Soldaten oder einen Wachmann mit einem Maschinengewehr. Er sagte, dass überall Waffen waren, „Just like Texas!“.
Euer Straw Dogs-Cover von Queen´s “Tie your mother down” ist so krass geil, wer hatte die Idee dafür?
Ich erinnere mich wirklich nicht. Ich glaube, es war Steve Martin, der eine Zeit lang Leadgitarre bei den FUs und Straw Dogs spielte, bevor er zu Agnostic Front ging. Ich war total dafür. Ich mag es, wie wir es mit Respekt vor dem Original gespielt haben, aber eben mit einer Turboaufladung.
Du erwähntest schon die Europa-Touren der Straw Dogs, an was erinnerst du dich? Nebenbei gesagt, euer „FU“-Cover ist natürlich absolut großartig.
Danke, aber wenn die Straw Dogs das Alter Ego der FUs wären, ist das dann wirklich ein Cover? Vielleicht eher eine aktualisierte Version. Ich liebte diese Touren. Die erste liebte ich, weil wir sowohl hinter dem Eisernen Vorhang als auch in Westeuropa spielten. Wir haben während der Revolution in der Tschechoslowakei gespielt! Wir sollten in Belgrad spielen, aber es war zu gefährlich. Wir hatten eine gute Zeit in Ljubljana. Nachdem die Show vorbei war, ging ich auf den Bürgersteig, weil die Leute hupten und „Slowenien“ riefen! Das war der Name, den die Einheimischen beschlossen, ihrer Region zu nennen, da Yugoslawien in kleinere Länder zerbrach.

Bei der zweiten Tour supporteten wir The Freeze. Es war ziemlich cool, mit vertrauten Gesichtern zu touren. Besonders Bill Close, der ziemlich komisch ist und meine Hobbys Karten spielen und essen teilt. Wir wussten es damals nicht, aber unsere letzte Show als Straw Dogs war unsere „Welcome Back to Boston“- Show im Januar mit The Freeze im The Rat. Als Freeze fertig waren, baten sie uns zu einem Jam, d.h. eine improvisierte Version der alten R’n’B-Nummer „Nobody but Me“ zu wiederholen. Wir wiederholten etwas, das wir spontan in Hamburg gemacht hatten.

Wir groovten also so vor uns hin, derweil Cliff und ich Zurufe und Antworten improvisieren, um das Publikum zum Singen zu bringen und wer kommt dann bis zur Vorderseite der Bühne, völlig locker… der Schauspieler Keanu Reeves. Er gab mir den Daumen nach oben und sah aus wie sein Charakter in Bill and Ted’s Big Adventure. Slade, der damals für uns die Lead-Gitarre spielte, hatte mir vorher gesagt, dass Reeves in der Bar oben gewesen war, weil er in der Stadt war, um seine Schwester an der Bostoner Uni zu besuchen; und die Mädchen wurde echt gaga, weil er da war. Es machte unser letztes „Hurra“ noch unvergesslicher.
Warum haben sich die FUs und die Straw Dogs aufgelöst?
Wir haben uns gehasst. Nein, nur ein Scherz. Die FUs haben sich jetzt nie grundsätzlich getrennt. Wir haben nur unseren Namen geändert. Die Straw Dogs trennten sich hauptsächlich, weil Steve auf seine Promotion hinarbeitete und zur Uni Austin in Texas gehen wollte. Er war der Hauptsongwriter und Gitarrist und ohne ihn wäre es nicht Straw Dogs und das war’s. Ich bekam zum ersten Mal in meinem Leben einen professionellen „9-5 Job“ und es ging mir recht gut. Ich dachte, ich hätte den Gesang völlig aus meinem System verbannt.
Wart ihr seitdem dann aus der Szene draußen?
Komplett. Zum Glück musste ich mich nicht damit auseinandersetzen, wie gewalttätig die Szene Ende der achtziger Jahre bis in die neunziger Jahre hin geworden war. Wir sollten uns zusammenschließen, nicht gegeneinander kämpfen.
Warum gibt’s die FUs wieder? Geld? Rebellion-Festival?
Wenn es um Geld ging, dann haben wir versagt, hahaha. Wir haben uns 2010 für die Boston HC-Reunion reformiert und das Live-Material für den „All Ages“-Film gedreht. Das Rebellion Festival fand erst sieben Jahre später statt. Aber es war großartig. Das einzig bedauerliche war, genau zur gleichen Zeit wie die (UK) Subhumans gespielt zu haben. Ich wollte sie wirklich zum ersten Mal sehen. Ich liebe ihre Platten.
Bist du eigentlich mit dem “All Ages”-Dokumentationsfilm über die Boston HC-Szene der 80er zufrieden? Ganz allgemein gefragt, denkst du, dass die FUs den „richtigen“ Platz in der Punk-Geschichte haben? Ich meine, NOFX hatten auf einer ihrer Platten das „Civil Defense“-Intro gecovert, von daher, es gibt also schon einige Leute, die sich an euch erinnern (mich natürlich eingeschlossen)?
Nein, ich glaube nicht, dass die FUs den richtigen Platz in der Punk-Geschichte haben. Besonders, wenn man uns und The Freeze in der Enzyklopädie des Punks betrachtet. Der Narr, der es geschrieben hat, sagte nichts über uns, außer dem Zitat von den Dead Milkmen, das uns wie der KKK ausschauen lässt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er gesagt hat, dass The Freeze ein Straight Edge-Band sind. Was für ein Idiot! Verdammt, jetzt bin ich wieder sauer auf die Dead Milkmen! Ich denke, der Film ist ein Schritt in die richtige Richtung. Viele Leute denken, dass Boston von dieser amerikanischen Hardcore-Sache gedisst wurde. Vielleicht ist es das Beste, dass der „All Ages“-Film Boston eine Chance gab, seine eigene Geschichte zu erzählen. Jede Stadt, die eine HC-Szene hat, hat ihren eigenen Stil und ihre eigene Atmosphäre. Aber unsere ist halt einfach die Beste, hahaha!
Welche Musik magst du noch neben Punk und HC noch so?
Ich höre viel Rockabilly, Motown, psychedelic Garage und NWOEHM (Anmerkung JR: New Wave of American Heavy Metal).
Plant ihr neue Songs mit den FUs? Oder eine neue Platte?
Ja, wir haben einen Haufen neuer Songs. Wir haben einige in unseren Live-Sets drin, zwei oder drei auf einmal. Die Resonanz war großartig. Wir planen, bis zum Jahresende eine Platte zu veröffentlichen.
Was wäre dein Ratschlag an junge Kids, die eine provokative Punk-Band starten wollen? Danke für deine Zeit!
Danke für diesen lustigen Spaziergang auf der Memory Lane. Mein Rat an die unruhigen, kreativen, jungen Leute ist ähnlich dem, was viele Schriftsteller zu aufstrebenden Schriftstellern sagen. Wenn sie dazu bestimmt sind, werden sie es tun. Und nichts, was ich oder jemand anders sagt, wird das ändern. Wenn sie zu viel Zeit damit verbringen, nach Rat zu suchen oder ihr Handwerk zu perfektionieren, dann werden sie es verpassen. Prost aus den Vororten! Dein Kumpel, John Sox, Peace out!

Kontakt: facebook.com/TheFUsBand
Interview: Jan Röhlk

Anmerkungen
(bei so einer Band muss das in Fraktur-Schrift sein, hähähä)

(1) Das Intro zum ersten Stück „Civil Defense“ mit dem Alarmsirenen-Sound und dem gesprochenen „This is not a test of the emergency broadcast system. This is the Real Thing!!!”-Einsatz coverten übrigens NOFX für den Beginn ihres Songs „Dinosaurs will die“ auf der „Pump up the valuum”-LP von 2000. Das Artwork für die FUs-Platte war übrigens von Pushead.

(2) Laut Wikipedia spielten die Dead Milkmen auf diesen Umstand später in ihrem aus der Sicht eines Rednecks geschriebenen Song „Tiny Town“ (auf ihrer (genialen) Debüt-LP „Big lizard in my backyard“ von 1985) an, in dem die Zeile „We hate blacks, and we hate jews, and we hate punks, but we love the F.U.’s“ enthalten ist.

(3) Ich befragte in Trust # 182 den Boston-Szene-Veteran Al Quint zu den FUs, hier meine Frage an ihn: „Ich vermute, du hast die FUs oft live gesehen, wie waren sie? Hatte denn das MRR recht, sie als rechts zu bezeichnen?“ und Al antwortete: „Die F.U.´s waren eigentlich eine ziemlich schlechte Live-Bands, zumindest am Anfang. John Sox spielte Bass und sang. Sie wurden um einiges besser, als Wayne am Bass anfing. Ich denke, sie hatten auch eine bisschen mehr Humor als die anderen Bands. Sie waren NICHT rechts, aber sie wussten, wie man einige Leute provozieren konnte. Tim war definitiv von ihnen angepisst. Es war aber sarkastisch bzw. satirisch gemeint.

Meiner Meinung nach war ihr einziger Punkt der: die Leute sollten es nicht alles wortwörtlich nehmen, was Bands so sagen, sie sollten nicht zu Bands wie zu Helden aufblicken, sie sollten vielleicht eher lernen, für sich selber zu denken. Ihr erster Song auf der „My America”-Platte (sie ist zusammen mit der „Is this my world”-Scheibe meine Lieblings-Boston-HC-Platte) hieß „What you pay for” und der Refrain lautet „giving nothing, asking nothing, promising nothing, delivering nothing.” John und Steve von F.U.´s sind beide links“.

(4) „The Ballad of …“ ist ein pro-Army-Song von Ende der 60er, gesungen von dem sehr patriotischen Staff Sergeant Barry Sadler, enthalten ist das (sehr geile) FUs Cover davon auf dem „Boston-not-LA“-Sampler. Laut Wikipedia war Sadler Berufssoldat und Vietnamveteran. Seine Erfahrungen bei den Green Berets setzte er musikalisch um. Als die Single 1966 veröffentlicht wurde, verkaufte sich innerhalb von nur vierzehn Tagen eine Million Mal. Freddy Quinn coverte übrigens den Song auf Deutsch als „100 Mann und ein Befehl“.

Auf der „My America“-Platte der FUs ist der Grandfunk Railroad-Coversong “We´re an American Band“ drauf. Man könnte dazu eventuell sagen, dass es vielleicht ein etwas prolliges „Wir sind die geile Band aus USA“-Lied ist (beides, das FUs-Cover und das Original, sind sehr geil!). Wobei, auf Wikipedia wird der Hintergrund des Original-Stücks so kolportiert:

“According to rock critic/writer Dave Marsh (…) Grand Funk was touring with the British group Humble Pie in early 1973. After one performance, the two groups were drinking in a bar when they began arguing over the merits of British versus American rock. Grand Funk drummer Don Brewer stood up and after bragging about American rock heroes such as Jerry Lee Lewis, Fats Domino, Little Richard, and Elvis Presley, proudly announced, „We’re an American band!“. Thus inspired, he wrote the song the next morning; by late 1973, it was the top-selling song in the world”.

(5) Diavolo Rosso coverten auf ihrer „Never follow“-LP das FUs Stück “Do we really want to hurt you”. Und auf dem Power-it-Up-Release des Demo-Tapes von Inferno kann man im Bocklet lesen, dass zumindest für ein Band-Mitglied (mit selbst gemalten FUs Logo auf dem Shirt) die Band nicht unwichtig war.

(6) By the way: Lost & Found Records war ein umstrittenes Label, so viel wissen wir. Was wir aber auch wissen: die frühen Releases der Wedemarker Firma waren geil, denn sie stellen US-HC-Punk einer ganz neuen jüngeren Bezugsgruppe (Anfang der 90er) dar. Und so kaufte auch ich mir die Doppel-LP „The Origin Of The Straw Dogs“ der FUs auf dem Label in den 90er, ebenso ein Shirt der Band und Material der Straw Dogs. Auf der FUs-Platte enthalten ist die Debüt-LP „Kill for Christ”, die Tracks vom “This is Boston Not L.A.”-Sampler und ein geiler live-Gig von 1984 in guter Qualität.

Gott, in den 90er war eines meiner Lieblingstapes das, wo auf der A-Seite FUs („My America“- und die „Do we really want to hurt you“-LPs) und auf der B-Seite NOFX, Operation Ivy und Murphys Law drauf waren. Es gibt natürlich den „Straw Dogs“-Song der Stiff little Fingers, der dürfte eventuell eine Rolle bei der Bandnamensfindung gespielt haben. Wobei: vielleicht auch der krasse Film „Straw Dogs – Wer Gewalt sät“ von Sam Peckinpah von 1971. Oder nannten die Fingers ihren Song nach dem Film?

(7) Die FUs selber sagen übrigens auf ihrer Facebook-Seite zu den Bands, die sie geil finden u.a. Jerry’s Kids, Mighty Mighty Bosstones, DYS, Slapshot und Gang Green und als Einflüsse geben sie u.a. an: Clash, Misfits, D.O.A., The Dictators, Bad Brains, Minor Threat, Adolescents, Descendents.

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