Juni 22nd, 2020

Super Unison aus # 198, 2019

Posted in interview by Jan

Über das Neuanfangen
Interview mit Meghan von Super Unison

Wenn man über Meghan von Super Unison schreibt oder spricht, kommt das Thema zwangsläufig auf Punch, ihre ehemalige Band. Punch, das war brutal schnell gespielter, teilweise in Power Violence abdriftender Hardcore Punk mit Youth Crew-Attitüde. Während die Band musikalisch Genregrenzen auslotete, verlieh Meghan ihrer Wut über gesellschaftliche Missstände Ausdruck und sprach damit vielen aus dem Herzen.

Kurz nach der Veröffentlichung von Punch’s drittem Studioalbum „They Don’t Have to Believe“ 2014 verließ die Sängerin damals die Band. Es war ein abrupter Schlag ins Gesicht für diejenigen, die die unbändige Wut von Meghan’s Vocals gefeiert hatten. Aber nicht lange nach dem Ende der Band kündigte sie ihr neues Projekt an, Super Unison, gemeinsam mit Justin Renninger von Snowing und dem ehemaligen Dead Seeds-Mitglied Kevin DeFranco. Super Unison veröffentlichte 2015 eine erste EP. Einige der Texte dieser EP spielen subtil auf das Ende von Punch an.

Super Unison veröffentlichte zuletzt im Oktober 2018 das Album „Stella“ auf Deathwish Records. „Stella“ wurde von Steve Albini (Nirvana, The Jesus Lizard, Pixies, Jawbreaker) aufgenommen, von Don Devore (Ink & Dagger, The Icarus Line) produziert und von Jack Shirley (Oathbreaker, Deafheaven) gemastert. Alles ziemlich vielversprechend.

Inzwischen hat die Band ihr Ende verkündigt, nachdem sie einige Zeit nichts von sich hören lassen hatte. Im nachfolgenden Interview hatte Meghan noch die Hoffnungen auf ein weiteres Album geschürt. Wir können jedoch hoffen, dass von Meghan und den anderen Mitgliedern etwas Neues zu erwarten ist.
Nichts Neues ohne das, was dagewesen ist.

Musikalisch beschreitet Meghan mit Super Unison neue Wege. Während das erste Studioalbum noch recht punkig daher kam, verlässt die Band auf „Stella“ ausgetretene Pfade. Progressiv, intensiv, verzerrt und mit einer musikalischen Wucht zieht das Trio auch auf seinem zweiten Album „Stella“ Soundwände hoch, die erst einmal mehr musikalisch Beteiligte vermuten lassen. Doch alles Neue geht doch nicht ohne den Bezug zum Dagewesenen. Unwound, Hoover, Drive like Jehu und nicht zuletzt Bikini Kill, all diese Bands haben hörbaren Einfluss auf den Sound von Super Unison genommen.

Meghan versteht es, der Innensicht Raum in ihren Texten und mehr und mehr Persönliches in ihr Schaffen einfließen zu lassen. Obwohl die Band dunkle und persönliche Themen wie Abschied nehmen verarbeitet, findet sie in ihrer Musik letztendlich einen Hoffnungsschimmer, der durch die Dunkelheit schneidet, und einen Weg, um durch den Verlust und die Einsamkeit zu kommen, denen wir alle gegenüberstehen. Denn eines ist sicher, alles ändert sich. Nichts bleibt.

Die Texte des zweiten Super Unison-Albums Stella beschäftigen sich damit etwas zu versuchen, zu scheitern, loszulassen und dem neu Anfangen. Was ist die Geschichte oder deine Geschichte hinter diesem Album?
Die Platte wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren geschrieben, in denen ich und meine Lieben viele Verluste erlitten haben. Ich habe nicht mit einem Plan oder Thema für die Texte angefangen, sondern habe einfach alles verarbeitet, was passiert ist. Ich denke, ohne die Katharsis des Schreibens dieses Albums wäre ich nicht bereit gewesen, neu anzufangen, und der Schreib- und auch der Aufnahmeprozess haben mir wirklich geholfen, an dem positiveren Ort zu sein, an dem ich jetzt bin.

Im Vergleich von Super Unison mit deiner ehemaligen Band Punch, was ist anders? Und was war die Idee hinter Super Unison? Also wenn es eine gab….
Ich empfinde viel kreative Freiheit bei Super Unison. Obwohl ich denke, dass Punch viele Grenzen dessen, wie eine Hardcore-Band klingen könnte, überschritten hat und wir wirklich unseren eigenen Sound gefunden haben, habe ich das Gefühl, dass Super Unison noch mehr Raum dafür hat. Das Bass spielen auf den Platten hat mir auch viel Freude bereitet.

Was mich sehr interessiert ist, wie alles damals begann. Wie bist du ein Hardcore-Kid geworden? Und wann hast du angefangen Musik zu machen?
Mein Bruder und ich hörten mehr Classic und Alternative Rock als wir noch recht jung waren und dann kam er in die Mittelschule und fing an, mehr Underground-Shows zu besuchen und erste Mixtapes zu machen, was mich beeinflusste. Mit der High School gingen wir zu einigen Punk-Shows und DIY-Venues in der Bay Area. Er spielt seit seiner Jugend in Bands Schlagzeug – ich war viel später dran als er! Ich war schon 23 Jahre alt als wir schließlich Punch gründeten, meine erste Band. Ich war schon immer super schüchtern gewesen und hätte mir nie vorgestellt, in Bands zu spielen. Erst als ich anfing, andere Frauen in Bands zu treffen, wie Gather and Look Back and Laugh und Crew Shouts für Freunde aufzunehmen, begann ich darüber nachzudenken: Hey, vielleicht könnte ich das auch.

Wenn man vergleicht, was früher in der Hardcore und Punkszene abging, und was heute so los ist, was hat sich deiner Meinung nach verändert? Und findest du, dass es sich zum guten oder schlechten verändert hat?
Ich finde es gut! Ich denke, dass Musik schon lange für und von ausschließlich weißen Jungs gemacht wurde und ich bin so glücklich, dass die Vielfalt an Punk und Hardcore, neben anderen Genres, zunimmt. Wir müssen Platz für unterschiedliche Stimmen und Meinungen schaffen.

Was ist deine Erfahrung damit, eine Frau in der Hardcore-Szene zu sein?
Ich habe mich eigentlich immer akzeptiert gefühlt, aber ich habe auch immer etwas von dem Negativen ausgeblendet. Ich denke nicht, dass die Leute darauf warten sollten, dass andere Dir sagen, dass Du dazu gehörst – erstreite Dir deinen eigenen Platz und bestärke Leute, die nicht gehört werden! Ich wollte schon immer nur als Musikerin behandelt werden und mich nicht zu sehr auf mein Geschlecht konzentrieren. Ich denke, mit zunehmender Vielfalt werden die Menschen aufhören, Begriffe wie „female fronted“ zu verwenden, da dies kein Genre ist.

Hattest du jemals ein Vorbild? Wenn ja, wer war es?
Ich versuche, nicht bestimmte Menschen zu verehren – ich will niemanden auf einen Sockel stellen, der Fehler hat, wie alle Menschen. Ein Vorbild für mich ist jeder, der sich selbst treu ist und mitfühlend zu anderen Menschen. Menschen, die sich gegenseitig aufrichten und einen positiven Platz in dieser Welt schaffen. Eigentlich ist das, was ich einem Vorbild am nächsten sehe, mein Vater. Und mein Bruder – zwei liebe und kreative Menschen.

Warst du schon oft auf Tournee in Europa? Welche Unterschiede siehst Du im Vergleich der Hardcore-Szene der USA zu der Szene in Europa?
Ich hatte das Glück, dreimal durch Europa zu reisen. Ich denke, der auffälligste Unterschied zwischen Europa und den USA ist, wie Bands behandelt werden – in Europa gibt es normalerweise einen Aufenthaltsort für Bands am Veranstaltungsort und man bekommt Abendessen und Frühstück. In den USA wirst du selten mit Verpflegung versorgt und kannst vielleicht beim Promoter bleiben, aber sonst bist du vielleicht auf dich allein gestellt! Manchmal frage ich mich, ob Bands aus Europa vielleicht enttäuscht sind, wenn sie in den USA unterwegs sind. Ich fühlte mich in Europa immer verwöhnt, weil ich nicht daran gewöhnt war. (Lacht.)

Was kommt als nächstes? Gibt es in naher Zukunft eine Tour? Wird es ein nächstes Album geben?
Ende letzten Jahres, nachdem Stella herauskam, tourten wir die Ostküste der USA, und vor ein paar Monaten tourten wir die Westküste der USA. Aufgrund von familiären und beruflichen Verpflichtungen haben wir eigentlich nur Zeit für kurze Touren, aber wir versuchen, das Beste daraus zu machen! Wir beginnen gerade damit, so langsam unser nächstes Album zu schreiben. Ich genieße es, mir Zeit zu nehmen und den Prozess nicht zu überstürzen.

Welche sind deine Lieblingsbands? Hast du eine Lieblingsplatte aller Zeiten? Und was hörst du dir im Moment an?
Einige meiner Lieblingsbands sind Unwound, The Cure und Prince. In letzter Zeit höre ich Solange, Robyn und Angel Olson. Meine Lieblingsbands in der Bay Area sind derzeit Provoke und Khiis.

Könntest du mir einen Gefallen tun und den folgenden Satz vervollständigen und dann erklären: Musik ist mein…..
Ausweg. Musik kann meine Stimmung zum Besseren verändern.

Vielen lieben Dank!

Interview: Claude Müller
Fotos: Reid Haithcock/ Leslie Hampton
Kontakt: http://www.superunison.net

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