März 17th, 2007

SCREECHING WEASEL (#119, 08-2006)

Posted in interview by jörg

Ben Weasel oder Ben Foster, wie er heisst, wenn er bei den Riverdales tätig ist, begleitet mich, seitdem ich 13 bin. Lustig ist, dass ich zu Screeching Weasel durch einen indirekten Weg kam: er Grindcore-Freund von mir sah 1992 in einem Leverkusener Plattenladen die „Boogada Boogada Boogada“-Platte mit ihren fast 30 Songs und kaufte sich die in Erwartung einer schönen Krachplatte. Später stellte er die Platte dann seinen Freunden vor, mit den Worten „Ok, es ist nicht Anal Cunt, aber es ist toll“.

Screeching Weasel machten am Anfang ihrer Laufbahn, Mitte bzw. Ende der 80iger, auf ihrem ersten Album noch teilweise derbe Punk-HC Attacken und vollendeten diese Mischung auf ihrem zweiten Machwerk „boogada boogada boogada“ zu einem genialen Kunstwerk aus fast 30 hyperschnellen und hoch melodischen Songs. Die Band hatte mit Lookout Records einen Plattenvertrag, auf denen einige echte Poppunk-Manifeste, wie das 91er Album „My brain hurts“ entstanden sind und mehrere geniale Singles, die zwar immer Ramones beeinflusst waren, sich aber durch das „Wir lieben zwar die Ramones, singen aber nicht über das, über was auch die Ramones gesungen haben, sondern über unsere eigene Welt“ von dem Rest der ihnen folgenden Ramones-Klons abgehoben haben.

Später zerstritt man sich mit Lookout (heute verklagen sie das Label), die Band wechselte 1995 zu Fat Wreck und veröffentlichet bis zum dritten und leider wohl endgültigen Split Anfang 2000 kontinuierlich klasse Alben. Parallel zu Screeching Weasel gab es von den beiden Original- Mitgliedern, dem Gitarristen Jughead und Ben Weasel, Theaterprojekte und Bücher (Jughead) bzw. zwei Bücher, ein Solo-Album und eine neue Band, The Riverldals, (Ben) letztere waren dann nur noch ramonesk und haben inzwischen drei klasse Alben rausgehauen, wobei ich die ersten zwei toll finde.

Nachdem ich seit April an dem Interview dran war, kam im September 2005 dann auf Fat Wreck die „Weasel Mania“ Best of raus und Ben Weasel gab dann wieder offizielle Interviews, so dass das hier vorliegende Interview teilweise aus dem Trust-bekannten „out going“-Journalismus, also ein Fan geht raus und befragt seine Lieblingsbands, und dem normalem „in-coming“-Journalismus, ein Label bietet einem Musikheft Interviews zur Promotion neuer Veröffentlichungen an, besteht. Ben lebt in Oak Park im Bundesstaat Illinois. Viel Spass mit dem Interview.

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Lieber Ben, danke, dass du dir Zeit für ein Interview mit dem Trust nimmst; hast du eigentlich vom Trust schon mal was gehört? Kennst du irgendwelche deutschen Wörter?

Ben: Ja, vom Trust hab ich schon mal was gehört …. deutsche Wörter? Die sehen aber gut aus. Guck mal.

Du warst ja mal als Kolumnist beim Maximum Rock`n`Roll tätig und hast damit Mitte der 90iger Jahre aufgehört – mal daran gedacht, wieder Kolumnen fürs MRR zu schrieben? Warum hast du beim MRR eigentlich aufgehört?

Ben: Das war so, dass Tim Yo mich rausgeworfen hat, als meine Band (Anm: The Riverdals) auf Tour mit Green Day ging.

Bist du denn noch in Kontakt mit Green Day, Mike Dirnt hat ja auf euerem Album „How to make enemies and irritate people“ Bass gespielt? Kanntest du die durch eure gemeinsame Green Day und Riverdals Tour? Was behälst du von der Tour in Erinnerung und warum war eigentlich der Auftritt vor dem Plattenladen Texas Rose in Düsseldorf so besonders?

Ben: Wir haben in den späten 80igern und den frühen 90igern einige Konzerte mit Green Day gespielt, daher kennen wir uns. Ich haben von den Leuten seit Jahren nichts mehr gehört. Die Tour war für den ersten Monat oder so okay, aber dann wurde es sehr monoton und die Riverdales sind miteinander nicht mehr gut zurechtgekommen. Der Texas Rose Gig war schön, weil wir die ganze Zeit in Stadien gespielt haben, und es so eine echte Erholung war, für ein kleines Publikum zu spielen. Ich habe es immer gemocht, tagsüber draussen zu spielen.

Liest du eigentlich noch Fanzines und was denkst du immer die aktuelle Fanzine-Situation in den USA?

Ben: Oh, das einzige Fanzine, was ich von Zeit zur Zeit lese, ist das Jersey Beat Zine, so dass ich wirklich keine Ahnung habe, wie die Situation hier ist.

Gib uns doch mal ein kleines Update in Bezug auf diese wundervolle Band Screeching Weasel die es leider noch nie auf Tour nach Deutschland geschafft hat und den aktuellen Status der Riverdales? Gibt es Pläne für ein neues Album?

Ben: Beide Bands sind seit Jahren aufgelöst. Irgendwann werde ich auch noch mal ein Solo-Album machen, vielleicht nächstes Jahr. Die auf Lookout erschienenen Screeching Weasel Platten wurden gerade auf Asian Man wieder veröffentlicht und Fat Wreck hat gerade „Weasel Mania“, eine 34 Songs umfassende Anthologie, rausgebracht. Das erste und das dritte Riverdales Album wird 2006 auf Asian Man neu veröffentlicht werden, aber wir müssen noch extra Songs für „Phase three“ aufnehmen, wobei beide Outpus Bonus Songs haben werden.

Als ich das Bookelt zu der „Weasel Mania“ gelesen habe, kam es mir so vor, dass einer der Hauptgründe für die lange Existenz euer Band die Freundschaft zwischen dir und eurem Gitarristen Jughead ist … passt da der alte Spruch „Gegensätze ziehen sich an“ oder stimmt es eher, dass Freundschaft nur wirklich lange existieren kann, wenn sich beide doch sehr ähnlich sind?

Ben: John und ich sind sehr verschieden, aber ich weiss nicht, ob es daran liegt, warum es funktioniert hat. Er hatte immer andere Sachen neben der Band zu tun, so dass er die Band nicht als einzige Hauptbeschäftigung im Leben hatte. Manchmal haben die Leute nichts anders und so werden sie sehr verspannt, wenn es um die einzige Sache geht, die sie haben. Das ist mit John nicht passiert.

Bist du mit der „Weasel Mania“ zufrieden?

Ben: Oh, ich bin sehr zufrieden mit der Zusammenstellung. Wenn nur ich die Lieder ausgesucht hätte, würde was anderes rausgekommen sein, aber das gilt für jeden, der so was zusammengestellt hätte. Deshalb denke ich, dass unsere Idee, die Lieder durch ein Komitee auszusuchen, wahrscheinlich der beste Weg war.

Ok, ich liebe ja wirklich eure Split-Single mit Born Against – was war eigentlich der Hintergrund dafür, wolltet, ihr den Leuten zeigen, dass die ganzen Vorurteile, ihr die Klischee-Band, die nur über Frauen singt, und Born Against als die hyper-Klischee-politisch-Band, die total unwitzig sind, falsch sind?

Ben: Ja, wir wollten unser jeweiliges Publikum ärgern. Es war auch sehr lustig für mich, einen Song um die Lyrics von jemand anderen herum zu schrieben, was ich sehr selten gemacht habe.

Was würdest du auf die typischen Statements gegen Screeching Weasel äusseren, z.B. dass die Queers einfach besser sind, dass ihr nur noch schlechte Platten nach dem „Anthem for a new tomorrow“ gemacht habt, oder das ihr nach dem „boogada“-Album zu poppig wurdet?

Ben: Ich würde auf alle drei äusserungen „Ho Hum“ antworten. Es ist doch so, egal was du machst, es wird immer Leute geben, die nicht mit deinen Entscheidungen glücklich sind. Du musst das tun, was du willst, und nicht was andere Leute wollen, was du tun sollst.

Ich bin ja durch das „Boogada“- Album auf Screeching Weasel gekommen, deshalb würde ich dich gerne mal nach dem Hintergrund von drei Songs von dem Album, bzw. zu einem Kommentar zu „Sunshine“, „Hey Suburbia“ und „Holy Hardcore“ bitten.

Ben: Oh, „Sunshine“, ich weiss wirklich nicht mehr, was da der Auslöser war und bei dem Song ist es mir auch egal. „Hey Suburbia“ hat sich im Prinzip von selbst erklärt. Damals war es in der Punkszene Standard, dass du dich voll tough verhalten hast und das du von den harten Strassen der Stadt kommst, deshalb haben wir uns dagegen verhalten und eine Homage an die Vororte geschrieben, wo wir lebten. So könnte man auch die Idee der Band zu der Zeit zusammenfassen – unseren eigenen Weg gehen, um den Leuten zu zeigen, dass wir nicht daran interessiert sind, dass zu machen, was als cool gilt oder ein bescheuertes Image zu haben, um Leute zu beeindrucken.

„Holy Hardcore“ war so eine ähnliche Sache. Jeder musste einen anti-Religion-Song haben damals, deshalb dachten wir, dass es lustig sein könnte, einen Song zu machen, der oberflächlich gesehen wie ein lächerlicher pro-Christenheit-Song aussieht und dass es noch offensiver sein könnte, das mit Punk zu verbinden, in dem man sagt, „it’s punk to be a Christian“. An diesem Punkt war die Band hauptsächlich darum bemüht, die Erwartungen der Leute zu zerbrechen, was zu dieser Zeit wirklich nicht sehr schwer war, da wir vor einem Publikum aufgetreten sind, dass durch Konformität geprägt war und mit einigen der humorlosesten Menschen bevölkert war, die man sich vorstellen kann.

Wie lebst du, was ist ein schöner Tag für dich?

Ben: Aufstehen, essen, Tee trinken, sich um Dinge und das Geschäft kümmern, Krafttraining, versuchen zu schreiben, daran scheitern, an Liedern arbeiten, kleinere Besorgungen machen etc. Ziemlich langweilig also. Ein glücklicher Tag für mich ist dann, wenn ich an Songs arbeite und es gut klappt, oder wenn ich schreibe und das funktioniert.

Wo siehst du dich in den nächsten 10 Jahren?

Ben: Ich werde die gleiche Sache machen, die ich jetzt mache, vermute ich.

Hast du eine Traumstadt, wo du gerne für länger etwas Zeit deines Lebens verbringen möchtest?

Ben: Nein. Ich werde wahrscheinlich irgendwo in Wisconsin enden. Es scheint so, dass die meisten meiner Familie dort irgendwo enden.

Am Ende dann noch kurze Fragen und kurze Kommentare bitte, was sind die drei besten Screeching Weasel Songs?

Ben: Science Of Myth, Every Night, The First Day Of Summer.

Die schlechtesten drei Riveldales Songs?

Ben: So was gibt es nicht.

Und, stimmst du noch mit dem Screeching Weasel Song „California sucks“ von euer ersten Platte überein, does california still suck?:)

Ben: Natürlich.

Wie haben sich deine zwei Bücher verkauft?

Ben: Sehr gut.

Ein Buch, was Menschen glücklich macht?

Ben: ?

Was denkst du über Punk 2005?

Ben: Ich habe keine Ahnung. Andererseits interessiert es mich auch überhaupt nicht.

Der beste und der schlechteste Witz, den du in der letzten Zeit gehört hast?

Ben: Coldplay.

Was sind deine drei Bücher für „die Insel“?

Ben: Ich kann man nicht vorstellen, nur mit drei Büchern zu leben.

Was sind deine Zukunftspläne im Hinblick auf Veröffentlichungen, Touren, Bands, Bücher?

Ben: Ich arbeite gerade an einem neuen Roman, die Arbeit geht jedoch sehr zäh und langsam voran. Ich denke, er wird unfertig bleiben für Jahre hinweg. Wie schon gesagt, dass erste und dritte Riverdales Album wird auf Asian Man wiederveröffentlicht, wenn wir es managen können, ins Studio zu gehen und die Bonus-Tracks dafür aufzunehmen und alles zusammenstellen zu können. Ich werde keine Band mehr machen, ich werde nur noch alleine Musik machen. Ich hoffe, ich werde nächstes Jahr ein neues Album machen, aber wer weiss. Keine Tourpläne.

Und, hast du noch ein Gruss an die TRUST-Leser?

Ben: Greetings, Germans. More leiderhosen, please.

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Interview: Jan Röhlk
Kontakt Ben Weasel: http://www.benweasel.com

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