September 6th, 2014

NRA – TOE TO TOE – APARTMENT 3G (# 63, 04-1997)

Posted in interview by Jan

Amsterdam ist immer eine Reise wert! Besonders wenn man weichen Drogen nicht völlig abgeneigt ist und noch mehr, wenn es dazu noch ein nettes Konzert zu sehen gibt. So geschah es, daß ein gewisser Aziz, Sänger der besten Käskopcombo überhaupt, Ende letzten Jahres ein Konzert mit Apartment 3G, Toe To Toe und drei jungen, lokalen Straight Edge Bands veranstaltete.

Das war dann auch genug Grund um sofort auf die Autobahn in Richtung Krachten zu fahren. Treffpunkt war der Plattenladen „Independent Outlet“, den Aziz mitten in Innenstadt, nahe dem „Dam-Platz“, betreibt. Ist schon eine eigenartige Sache, wenn man in der absoluten City, 300 Meter vom Virgin Megastore, in einer Seitenstraße plötzlich in einem Punkplattenladen steht.

Nachdem man sich bekannt gemacht hatte und ich das mir fehlende Minor Threat-Video gekauft hatte, gings weiter zum Headquarter von N.R.A., wo wir noch Gitarristen Sven und Azizes Freundin Mireille kennenlernten. Daß diese Menschen gute Musik machen ist ja schon bekannt, aber wer sie näher kennenlernt, wird dazu noch merken, daß sie alle super-hilfsbereit und freundlich sind.

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Ein Gespräch mit NRA

Nach ein paar Bier fragte ich Aziz, wie das jetzt genau mit den Epitaph Deal gewesen sei, und er gab ein für Epitaph sehr peinliches Statement.

Aziz: „Also Epitaph trat an uns heran und sagte, daß sie daran interessiert seien uns, also NRA, auf ihrem Label zu haben. Wir antworteten, daß man sich gerne zusammensetzen könne um dies zu besprechen. Es kam für uns schon ein bißchen überraschend, weil wir eigentlich kein Label suchten. Also haben wir uns mit den Leuten hier in Holland unterhalten, auch mit Brett, und uns wurde gesagt, daß Epitaph sich sehr um ihre Bands kümmern würde, alles auch vom Standpunkt der jeweiligen Band aus betrachten würde. Sie erzählten, daß die Bands eigentlich die Bosse seien, bla, bla, gaben uns das Gefühl, wirklich an uns interessiert zu sein. Wir hatten an dem Punkt eigentlich ein ziemlich gutes Gefühl bei der Sache und haben ernsthaft überlegt, zu Epitaph zu wechseln. Auf einmal war es so, daß Rancid hörten, daß Brett sich um uns bemühte. Sie hatten ein paar Jahre vorher mit uns einige Shows gespielt, und ich kann mich errinnern, daß sie sich nach 6 Wochen Euro-Tour über alles beschwerten und Europa hassten.

Von unserer Seite kann ich nur sagen, daß nichts gravierendes passiert ist, es gab Reibereien, das war alles. Rancid war aber einfach nur sauer auf alles, was auch nur in irgendeinerweise mit Europa zu tun hatte. Wir wissen nicht warum, aber aus irgendeinem Grund gaben sie uns die Schuld daran, daß die Tour ihnen nicht gefallen hat. Der Sänger von Rancid hasste uns dann so, daß er Brett sagte, wenn du diese Band unter Vertrag nimmst, bekommen wir Schwierigkeiten. Er hat nicht gesagt, daß sie dann zu einem Major gehen, oder so, aber im Grunde hat er genau das impliziert. Als wir das dann hörten, dachten wir, daß das doch wohl ein Witz sei, denn das ist doch so was von lächerlich. Nun Epitaph erklärte uns dann, daß wir das verstehen müßten, daß Rancid damals ihre bestverkaufte Band sei, wir jetzt unter diesen Umständen natürlich nicht zu Epitaph könnten.

Ein paar Monate später, als Rancid ihren Vertrag verlängert hatten, waren Brett und die anderen von Epitaph auf einmal wieder bei uns und meinten doch ehrlich, nun würden wir gerne wieder mit euch verhandeln, denn der Rancid-Deal ist ja unterschrieben. Ich dachte mir nur, von euch habe ich mehr erwartet. Einfach mehr… wie soll ich es sagen…. BALLS! Ja genau, einfach mehr BALLS (wörtlich übersetzt – Hoden, gemeint ist Schneid, Mut, A.d.Ü.), oder Kraft in dem was ihr macht. Es ist doch völliger Bullshit zuerst eine Band verpflichten zu wollen, dann passiert so eine Scheiße, und später kommen sie wieder angeschlichen. Das geht doch nicht! Wir halten uns nicht für die größte Band der Welt, wirklich nicht, wir lassen uns aber nicht wie Scheiße behandeln. You can’t fuck with people like that!! Naja, da ist die Epitaph-Story.“

Tja besonders Punk-Rock ist das jetzt wirklich nicht. Da können sich Rancid noch so schöne Iros kämmen. Im Laufe des Gesprächs zeigten uns Aziz und Mireille noch die Räume, die sie angemietet haben um bald einen Platten-Vertrieb für Holland aufzubauen. Danach wurden dann die Pennplätze, die Anfahrt zur Halle am nächsten Tag, etc. klargemacht und nachdem man noch groß einkaufen war machten sich drei hessische Touristen auf in den nächsten Coffeeshop.

Das war aber nicht irgendein Coffeeshop, sondern das sagenumwobene „Green House“, Insidern als bester Coffeeshop Amsterdams 1993, 94 und 95, sagt zumindestens High Times, bekannt. Der Rest des Abends ist was meine Errinnerrung betrifft leicht verschwommen, ich weiß nur noch, daß Käsebrote eine wichtige Rolle spielten.

Nächster Tag, das Konzert. Hierbei handelte es sich um das, was früher in New York „Matinee“ genannt wurde, der Gig fing um 12 Mittags an. Ort war ein alter Lagersilo am Hafen, in einem Nebengebäude gibts ein Cafe, der Raum mit der Bühne fasst ca. 300 Leute, gefiel mir sehr gut, nur leider war es schweinekalt. Die beiden ersten Bands waren typische S.E.-Bands, alle um die 16 Jahre alt, aber sie machten Spaß, hatten ihre eigene Fangemeinde mitgebracht, warscheinlich von ihrer Schule, nur mit verkatertem Kopf morgens um 12 schon NYHC, ich weiß nicht.

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Interview mit Toe to Toe

Irgendwann war es soweit mit Scott und Justin, Sänger und Gitarrist von Toe To Toe zu sprechen. Ihre CD auf Kangaroo hatte mir gut gefallen, musikalisch eine Mischung aus Leatherface und altem Hardcore. Die beiden hatten warscheinlich noch weniger als ich geschlafen und sahen aus wie der lebendige Tod.

Scott: Ich muß mich entschuldigen, ich weiß im Moment eigentlich gar nichts, da ich gestern auf einer Party war, fürchterlich betrunken und scheinbar alle Anwesenden beleidigt habe, denn heute spricht komischerweise niemand mit mir.

Ja, so änlich gehts mir auch. Egal, ich dachte lange, daß ihr Holländer seit, oder zumindestens in Holland lebt, denn soweit ich weiß sind alle eure Veröffentlichungen auf Kangaroo erschienen.

Scott: Ja, die Platten erscheinen zwar bei Kangaroo, aber wir sind alle vier richtige Australier und kommen aus Sydney und haben auch unsere ersten beiden Singles dort veröffentlicht. Dies ist nur eine Tour für uns.

Seid ihr eine dieser Bands, die in Europa bekannter sind als in ihrem Heimatland?

Justin: Nein, in Australien sind wir richtig bekannt, obwohl uns natürlich nicht alle mögen. Es gibt uns jetzt schon seit knapp fünf Jahren, zwar nicht in diesem Line-Up, und auch sonst hat sich bei uns einiges geändert.

Aber die CD „Threats And Facts“ ist euer aktuellstes Release?

Scott: Naja, das sind die beiden australischen Singles an denen Hank von Kangaroo ein bißchen rumgemischt hat, die Songs haben auch zum Teil andere Namen, plus ein paar andere Songs. Das neueste, was wir gemacht haben, ist eine Single auf Kangaroo, die „No God“ heißt.

Fühlt ihr euch als Teil einer Australischen Szene mit der Musik…..

Justin: Überhaupt nicht! Wir kümmern uns darum gar nicht. Ob du es nun Punk oder Hardcore nennst, ist uns völlig egal. Wir spielen einfach das, was wir spielen. Schau dir doch den Scheiß an der unter dem Aufdruck Punk verkauft wird. Biohazard, dieses Zeug ist doch schrecklich. Wir haben Punk das erste Mal miterlebt, damals. Heute ist es ein Produkt, Du kaufst dir ein T-Shirt und bist Punk.

Scott: Warscheinlich der einzige Grund warum ich noch Punk mache, oder mich damit beschäftige, ist, daß ich ein Gewohnheitstier bin. Ich mache das schon so lange, also mache ich weiter. Ich bin aber immer noch sehr leidenschaftlich Punk. Ich habe nur keinerlei Beziehung zu den ganzen Kiddies heutzutage. Sie sind mir egal, ich bin ihnen egal. Ich finde, daß sie sich zu sehr um Mode und Trends kümmern und nicht um Aussagen und die Wurzeln dieser Musik. Ich habe mich schon damals nie wie ein Punk angezogen.

Ich habe zwar die Circle Jerks und all die anderen Bands geliebt, aber wir wohnen ca. 5 Minuten vom Strand entfernt, da kannst du nicht mit der Motorradlederjacke und Jeans rumlaufen, es ist viel zu heiß in Australien. Ein T-Shirt von deiner Lieblingsband ist schon O.K., aber diese Maskerade, nein danke. Ich war ziemlich erstaunt, als wir in Europa ankamen……..

Justin: Ja, es ging in Australien nie um eine Uniformierung, es ging darum, was du im Kopf und im Herzen hast. Es ging um die Musik, und nicht darum das neueste Hemd, oder teure Dr. Martens zu besitzen.

Scott: Unser Sound ist ja auch nicht gerade trendy. Wir sind um einiges härter geworden. Die „Threats And Facts“ ist doch schon etwas älter. Was bei uns nicht passiert, ist das wir unsere Musik kalkulieren. Wir klingen nicht wie NoFx. Wir haben uns damals, als sie groß wurden nie gesagt, hey jetzt schreiben wir auch mal ein paar NoFx-Riffs.

Nicht so wie die ganzen Bands in Schweden jetzt….

Scott: Nicht nur in Schweden, in Australien machen das auch alle…

Justin: Das machen sie auf der ganzen Welt. Abgesehen davon, wir scheißen auf NoFx, das sind absolute Arschlöcher! Wir haben mal mit ihnen zusammen gespielt, die unsympatischten Menschen, die ich je in meinem Leben getroffen habe.

Scott: Ja, wir haben es echt erlebt, die haben sich so dermaßen wie Rockstars benommen, Fuck! Ich meine der Australier ist von Natur aus freundlich, macht Späße, aber die waren so was von hochnäsig. Blöder tätowierter Abschaum.

Justin: Das soll jetzt keine Kritik sein, aber ich glaube, daß in Europa die Leute viele Bands bewundern, weil sie aus Amerika kommen. In Australien geht es um die Bands, nicht darum, wo sie herkommen.

Keiner sagt die oder die Band sei besser, nur weil sie aus New York, oder Kalifornien sind. Bei uns bist du Musiker, entweder es klingt toll, oder es klingt Scheiße. Und als Mensch bist du entweder nett, oder ein Wichser. So, da wären wir wieder bei NoFx. Ich finde sie nicht besonders aufregend, und verhalten haben sie sich wie Wichser.

Ihr spielt hier gleich in einem ehemaligen Lagerhalle, wie sehen die normalen Auftrittsmöglichkeiten in Australien aus? Gibt es viele alternative Clubs, Juzen, oder Squats?

Scott: Nein, überhaupt nicht. Es gibt ein paar Jugendzentren, aber selten.

Justin: Die Regierung toleriert auch keine Clubs oder Hallen, die ohne Profit arbeiten, sie besteuern die Läden, zwingen sie teure Konzessionen oder Lizenzen zu bezahlen. In den letzten Jahren haben viele kleinere Clubs zugemacht, nicht nur solche für Punk oder Hardcore, sondern auch „normale“. Hinzu kommt noch das Problem, daß du in Sydney zwar 6 Milionen Menschen leben hast, aber die nächste größere Stadt in der du spielen kannst mit dem Auto zehn Stunden entfernt ist.

Scott: Hier schaffst du es in zehn Stunden durch drei Länder zu fahren. Um zu touren, mußt du ewig lange fahren, was aber eigentlich kein großes Problem ist. Wenn wir irgendwo spielen, und wir unsere Gage bekommen, und die Vorband zum Beispiel Freunde von uns sind, achten wir darauf, daß sie auch genug Geld bekommen, oder geben ihnen was ab, denn sie sind ja auch zehn Stunden gefahren.

Danach machen wir dann eine große Party, fertig. Es passiert schon relativ viel D.I.Y.-Zeug in Sydney, nur sagen alle immer, daß kein Geld rüberkommt, und das stimmt oft nicht. Es kommt immer Geld zusammen. Geld von Eintritt, Geld durch die Bar, ich versteh das oft nicht.

Justin: Ich weiß auch nicht wo es jemals stand, das es zun Ethos des Punk gehört, arm zu bleiben…..

Scott: Genau, ich bin schon arm geboren, ich bin nicht scharf auch noch arm zu sterben.

Justin: Darum geht es, die meisten sind so geboren worden, haben also gar keine große Wahl. Deswegen regen sich die Leute dann auf, wenn man dadurch, daß man in einer Band spielt, Sachen umsonst bekommt.

Aber mal ehrlich, wenn du jetzt die Straße runterläufst, und dir kommt ein Typ mit einer Schachtel entgegen, holt aus der Schachtel eine neue saubere Jacke heraus und will sie dir schenken, sagst du dann, ne will ich nicht, ich bin Punk? Was ein Schwachsinn!

Trägt sich diese Euro-Tour, finanziell meine ich, oder zahlt ihr jetzt drauf?

Scott: Ha, Ha, nein! Ich habe vorher etwas gespart und 250 Australische Dollar mitgenommen, aber die sind natürlich auch schon weg… Es ist gut, daß wir mit ein paar Freibier am Tag zufrieden sind, sonst würden wir anfangen uns zu beschweren. Sobald es aber soweit kommt, gibt uns immer irgendwer ein Bier und wir sind wieder friedlich.

Wir sehen uns ein bißchen zwischen den Stühlen. Wir sind keine Straight Edge Band, wie sind keine dieser Kalifornien-Sound Band, wir verbinden mit unserer Musik kein Image. Wenn du Toe To Toe magst, dann magst du nicht auch automatisch dies und das. Wir verstehen es ja selbst kaum. Es ist also richtig gut, wenn das Publikum uns mag, weil sie dann auch wirklich uns mögen, Toe To Toe, und nicht weil wir S.E. sind oder nach Fat-Wreck klingen.

Justin: Es ist doch auch so, daß die ganzen Schweden, oder wer auch immer, die auf die Bühne gehen und einen Melodycore-Song nach Schema F spielen, sich selbst betrügen. Ihnen müßte etwas fehlen. Wenn wir auf der Bühne einen unser Songs spielen, dann versuchen wir unser bestes zu geben, versuchen den Leuten etwas zu zeigen, in etwa das, was Punk mal bedeutet hat. Die anderen haben das nicht, ihnen fehlt das. Sie haben sich verkauft.

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Interview mit Apartment 3 G

Live waren Toe To Toe sehr schnell und sehr kräftig. Der Leatherface-Vergleich passt stimmlich nicht, aber die Power ist die selbe. Ich habe leider die zweite Hälfte des Gigs verpasst, weil ich mit Chris, Dean, Ian und Peter, Apartment 3 G plauderte.

An euch haftet immer noch dieses Etikett „Ex-Poison Idea“, stört euch das?

Chris: Ja, aber wir kommen sehr nahe an den Punkt, wo es nicht mehr passiert. Früher war es mir egal, aber jetzt möchte ich es eigentlich nicht mehr. Dies ist die letzte Tour, bei der ich es noch auf den Plakaten, oder Flyern lesen will.

Es hilft schon ein bißchen, aber wenn dann Leute nur deswegen auftauchen, fragen sie uns immer wo die fetten Typen sind. An uns errinnert sich niemand, wir sind 86, 87 von P.I. weg, das ist lange her. Und sogar die Leute, die „Kings Of Punk“ auf CD haben, erkennen uns nicht, weil unsere Fotos nicht mehr drauf sind, zumindestens nicht bei den Taang-Reissues.

Denkst du, daß sie enttäuscht sind weil ihr einen anderen Sound habt, nicht so metallisch seid…

Chris: Nein, darum geht es mir nicht, ich glaube nur, daß sich Leute betrogen fühlen, weil Jerry, oder Tom bei uns nicht dabei sind, weil das sind die Menschen, die sie erwarten.

Besteht noch irgendein Kontakt zu den anderen?

Dean: Naja…. ich habe sie ab und zu gesehen, aber es ist keine richtige Freundschaft, man trifft sich zufällig…

In Deutschland ist es oft so, daß die Leute entweder Ami-Hardcore, oder englischen 77er Punk hören, und das andere dann auch nicht mögen. Eure erste LP, „Punk Machine“ hat komischerweise gerade bei den 77er Punkhörern sehr gute Kritiken bekommen, obwohl es nicht nach alten englischen Sachen klingt.

Chris: Ja, ich weiß. Ich glaube, das lag zum einen daran, das es die Platte auch auf Vinyl gab. Die alten Punks haben keinen CD-Player, außerdem waren das unsere frühen Songs, die waren noch nicht so schnell. Wir sind immer schneller geworden, deswegen gefällt denen das neue Zeug dann auch nicht mehr.

Nach den beiden CDs bei Bitzcore gab es von euch nur noch die Doppel Single, „Double Woosher“, auf Kangaroo, die ich aber vom Sound her ziemlich mies finde.

Dean: Ja, das ist eigentlich ein Demo. Auf CD klingt sie nicht so schlecht, aber……

Chris: Der erste Track klingt auch auf CD nicht so besonders…

Dean: Die Pressung ist auch Scheiße, alle Platten haben eine Welle. Wir haben uns für „New Hope For The Dead“ viel Zeit gelassen beim Aufnehmen, auch viel Geld investiert. „Double Woosher“ haben wir in einem Tag eingespielt, ein paar Tage gemischt, es war auch viel billiger.

Wie kamt ihr zu Jürgen, und Bitzcore?

Dean: Er hatte die zweite Mule-Single, auf der wir „Land Of Trason“ von den Germs nachspielen, gehört und fing an, uns anzurufen. Das was damals, 1991, oder 92.

Chris: Ich glaube er hat Platten getauscht mit dem Typen, der die Singles rausgebracht hat.

Dean: Stimmt, er war in Kontakt mit jemanden aus Rhode Island, der das Highly Collectable Label machte, auf dem die Mule Singles rauskamen. So ein typisches Sammler-Label, alles in mindestens acht Vinyl-Farben.

Chris: Ja, und alle dachten es wären Bootlegs, weil die Platten keine Labels hatten, dabei waren wir bloß zu faul, welche zu machen.

Dean: Er hörte also unsere Germs-Version und dadurch kam er auf die Idee seine Germs-Cover-CD zu machen. Ich bin sicher, das er den Sampler heute bereut, aber so kam es zum Kontakt.

Ich stelle mir das komisch vor, ich sitze mit meiner Band in Portland, Oregon, und auf einmal ruft so ein seltsamer Typ aus Deutschland an und erzählt mir, er will Platten mit mir machen….

Chris: Nun er war nicht der erste seltsame deutsche Typ, der uns kontaktiert hat, eine paar Wochen vorher hatte uns Bernd von Lost & Found angerufen. Wir hatten aber schreckliche Sachen über L&F gehört, und mir kam es so vor, als ob Jürgen ein ehrlicher Typ sei, aber vor allem war die Zeit richtig. Wir hatten damals kein Label, waren gerade im Studio, um die erste LP aufzunehmen, es war perfektes Timing.

Aber dadurch, daß es die CDs in den Staaten nur als Euro-Import gibt, müßtet ihr in Amerika recht unbekannt sein?

Chris: Oh ja, in den Staaten sind wir obskur!

Dean: Viele Bands in Portland geht es so, daß sie in Europa größer sind als in Amerika selber.

Chris: Ja, Dead Moon, zum Teil die Wipers….

Wie sieht es mit einer neuen LP aus? „New Hope..“ ist jetzt schon gut zwei Jahre alt.

Chris: Ich weiß nicht, wie wir sie bezahlen sollen. Diese Band erwirtschaftet nichts. Es ist im Grunde genommen ein Hobby, wir verlieren Geld damit.

Dean: Wir verlieren nicht richtig Geld, die Tour wird uns ein Minus bringen, aber da wir immer selber produzieren, billige Studios nehmen……

Chris: Ja, wir haben es noch immer geschafft Platten zu veröffentlichen, nur im Moment sind wir zu faul.

Peter: Wenn wir zurückkommen werden wir wohl schon anfangen an der LP zu arbeiten.

Gerade wegen des blöden „Ex-P.I.“ Etiketts dachte ich, daß größere Labels vielleicht an euch interessiert wären, schon weil es die Promotion erleichtern würde. Würdet ihr euch an ein großes Label, einen Major verkaufen, oder ……..

Dean: Also ich hätte da keine Probleme, wenn die Musik so bleibt…

Peter: Wir sind immer sehr ehrlich mit dem, was wir tun, die Möglichkeit ergab sich nicht, aber wenn, warum nicht.

Chris: Also wenn man sich schon ficken lassen muß, dann lasse ich mich lieber von einem großen Schwanz ficken, als von einem kleinen, du weißt, wie ich das jetzt meine.

Peter: Wir sind viel zu blöde um uns einen guten Deal an Land zu ziehen.

Dean: Außerdem ist mir gerade hier in Europa aufgefallen, daß sich alles in zwei Lager gesplittet hat. Einen Abend spielen wir zusammen mit NoFx- Klonen aus Schweden und am nächsten Tag in einem besetzten Haus mit einer NYHC-Band. Wir passen aber zu keinem der beiden. Wir haben einige schnelle Hardcore-Nummern, einige einfache Punksongs und sogar ein paar Melodytracks.

Peter: Und alle beschweren sich, daß wir nicht nur die eine Art Songs spielen. Wir haben sowieso mehr das Oldtimer-Publikum, 25 and over.

Wie war das mit dem Namen Mule, mußtet ihr ihn ändern, oder wolltet ihr?

Chris: Das ist eine blöde Geschichte, die immer noch einen faden Nachgeschmack bei mir hervorruft. Also wir mußten nicht, wir wollten auch zuerst nicht. Der Name wurde uns ganz klar gestohlen. Wir hatten mit den Laughing Hyenas gespielt, die haben sich dann ein paar Monate danach aufgelöst, und zwei von denen haben dann als Mule weitergemacht.

Wir haben sie dann kontaktiert, haben auch versucht mit einem Anwalt etwas zu regeln, nur allein der Anwalt, der uns gesagt hat, was wir damals hätten tun konnen, hätte unsere Bandkasse total geleert. Wir wollten nach Europa, sie aber auch, also dachten wir, das ist zu kompliziert, also wechseln wir halt den Namen.

Und warum 3G?

Peter: Keine Ahnung. Warum Mule?

Dean: Ich weiß auch nicht, was mit uns los ist, aber ich mag den Namen.

Chris: Außerdem gab es schon eine Band, die Crime hieß.

Ihr habt warscheinlich auch gerade die 16 jährigen S.E.-Kids gesehen die abgingen wie wahnsinnig. Aziz hat mir erzählt, das die eine Band erst seit zwei Monaten existiert, heute ihr zweites Konzert hatte. Ich habe mich verdammt alt gefühlt. Wie erging es euch, wie lange wollt ihr das noch machen.

Peter: Die Kids waren doch klasse! Was mich betrifft, ich denke jeder, der mit dreißig noch Punk macht, hat lebenslänglich. Ich meine, wer bis dahin noch nicht den Absprung geschafft hat, bleibt den Rest seines Lebens dabei. Schau mich an ich bin angezogen wie ein 12 jähriger, bin aber 35. Dann kann ich das doch auch machen bis ich 65 bin.

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Das Konzert von Apartment 3G danach war mehr als Klasse, selten habe ich so viel Spaß am frühen Nachmittag gehabt. Überhaupt, ein richtig guter Gig, auch wenn es mich arg genervt hat, daß es im Umkreis von 10 km keinen Zigarrettenautomaten gab. Später gab es dann noch mehr Spacecakes bzw. Käsebrote und noch später 6 Stunden auf der Autobahn.

Fazit: Nette Menschen kennengelernt, gute Bands gesehen, ein weiterer schöner Plattenladen und noch einiges mehr. Vielen Dank noch mal an dieser Stelle an Aziz und Mireille, die uns ertragen haben und ein hallo an Sven und die anderen. (Und NRA im August in Köln-Kantine Daniel)

Text, Interviews, Photos: Al Schulha

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