Juli 15th, 2019

MYKEL BOARD (#118, 2006)

Posted in interview by Jan

„Unknown towns are fun. That’s when and where it’s possible to imagine that everybody you meet is nice.“ (Celine)

Interview mit MYKEL BOARD

Mykel Board schreibt seit 1982 seine Kolumne im Maximum Rock´n´Roll; es sind lange und lesenswerte eigenständige Texte, die der alte Mann aus New York da jeden Monat raushaut. Da ich mit ihm wegen seines Textes für die TRUST Sex und Musik Ausgabe im Email Kontakt war und es kurzfristig so aussah, als ob ich nach New York fahren würde (was aber nicht geklappt hat), dachte ich mir, dass ich dem guten Mann mal ein paar Fragen per Email stelle, die dann auch sehr schnell im März 2006 beantwortet worden. Viel Spass, see you on board.

Lieber Mykel Board, danke, dass du die Zeit für ein Interview mit dem TRUST nimmst; wie würdest du dich selber unseren Lesern beschreiben?
Wow! Das ist eine harte Frage. Ich denke, ich bin einer von denen, wo man sagen kann “If you don’t know by now, you never will“. Aber da es ja immer neue Leser gibt und ich fair sein sollte, versuche ich es mal. Ich sollte sagen, dass ich ein 56 Jahre alter Punk Schreiber bin. Ich spielte auch mal für 16 Jahre in einer Punkband namens Artless. Momentan habe ich zwei Bücher veröffentlicht und schreibe seit mehr als 20 Jahren für das Maximum Rock´n´Roll. Wahrscheinlich stimme ich mit den meisten Dingen, die ihr, die Leser, für richtig und für wahr haltet, nicht überein.
Du bist ein Aktivist für das Maximum Rock´n´Roll Fanzine, wo du deine Kolumne “You´re wrong sez Mykel Board“ veröffentlichst; wann hast du beim MRR angefangen? Wie hast du die Leute kennen gelernt, weil du lebst ja in New York und das MRR kommt aus San Francisco?
Aktivist? Ich denke nicht, dass mich das beschreibt. Vielleicht wolltest du Asshole sagen…auf jeden Fall, ich bin ein Schreiber. Ich habe ungefähr 1982 beim MRR angefangen. Die ursprüngliche Verbindung zum MRR war meine Begeisterung von Zines. Ich habe eines, das Ripper, gelesen, wo ein Interview mit dem MRR Editor, Tim Yohannon, drin war. Ich habe dem Ripper geschrieben, dass ich denke, dass Tim ein Faschist ist und sie haben mein Brief abgeduckt. Kurz danach habe ich Urlaub in Kalifornien gemacht und Tim getroffen. Er hat mich dazu eingeladen, für das MRR zu schreiben. Ich habe ihm gesagt, dass ich das machen würde, so lange sie alles drucken, was ich sage. Mit einer Ausnahme (eine Erwähnung des Kartoonisten John Crawford, ein Feind von Tim), haben sie das auch gemacht.
Wie hat sich dein Kolumnenbuch, “I, a me-ist ode The Portable Board“ verkauft?
Seitdem das Buch rausgekommen ist, habe ich von dem Herausgeber nichts mehr gehört. Das Buch ist auf Nummer 1,000,000 bei Amazon. Ich bin ein bisschen enttäuscht, aber arbeite immer noch daran, Werbung dafür zu machen. Die Punk Zines Reviews waren nicht gut, speziell im MRR nicht. Andere Reviews waren gut, ich weiß es nicht. Ich denke, nicht besonders viele Leute werden Geld für ein Buch ausgeben, wo sie wissen, dass sie angepisst werden.
Was macht deine Kolumne deiner Meinung nach außergewöhnlich?
Ein paar Sachen. Erstens arbeite ich daran; jede Kolumne wird mindestens viermal umgeschrieben. Zweitens habe ich einen anderen Standpunkt als die Leser, manchmal greife ich sie an. Drittens schreibe ich in der Gegenwartsform. Und als letztes möchte ich darauf hinweisen, dass ich die Kolumnen Endnote erfunden habe.
Was hat es eigentlich mit dieser “vermissten Norb Kolumne“ auf sich?
Norb ist ein anderer wirklich großartiger und einzigartiger Schreiber. Er hat eine Kolumne geschrieben, worauf hin er vom MRR rausgeschmissen wurde. Es war etwas ziemlich unwichtiges, „calling Oriental twat the Cadillac of vagina’s.“ Aber es führte zu seinem Rausschmiss beim MRR. Die Kolumne wurde niemals gedruckt, deshalb habe ich sie auf meine Homepage getan.
Kannst du uns die Fakten sagen, warum der ex-MRR-Koordinator, Mike Thorn, das Heft verlassen musste?
Nope. Ich weiß nur das, was ich gelesen habe. Ich lebe an der anderen Küste und bin in Interna nicht involviert.
Wie hast du eigentlich Dolf vom TRUST kennen gelernt?
Oh, dass ist eine harte Frage. Es sieht so aus, also ob ich ihn immer schon kenne. Er hat viele Nächte auf meiner Couch verbracht, und wir haben uns auf den drei Europa-Touren meiner früheren Band, Artless, gesehen. Aber ich weiß wirklich nicht, wie wir uns kennen gelernt haben. Ich habe das Gefühl, dass es in New York war. Es ist ein bisschen vage, und hat mit einer Menge Bier zu tun. Ich mag Dolf sehr gerne, bis auf zwei Angewohnheiten: Erstens: Constant nose picking, zweitens isst er Zwiebeln, als ob es Äpfel wären. Es tut mit leid, dass ich seine Hochzeit verpasst habe. Wir haben uns eine lange Zeit nicht mehr gesehen, und sind in einem “occasional“ Email-Kontakt.
Du lebst ja in New York, wo du als Englisch-Lehrer arbeitest; was magst du an der Stadt, vielleicht die Brooklyn Brauerei 🙂 (Anm: ich hatte auf seiner Homepage gesehen, dass das seine Lieblingsbiermarke ist), wo sind nette Ausgehmöglichkeiten, was magst du nicht an New York? Ich war neugierig, als ich auf deiner Homepage die Links zu dem Eat und dem Drink Club gesehen habe, was hat es mit diesen beiden Clubs auf sich?
Ich habe eine Menge Brooklyn Bier getrunken, mache es aber nicht mehr. Ich habe mich einem Boykott angeschlossen, weil die Brauerei große Unterstützer eines bescheuerten Stadium Projekts sind, dass eine Menge armer Leute in Brooklyn vertreiben wird. Was ich an New York nicht mag, ist dass die Stadt mehr Raum einnimmt, sich mehr vergrößert, als ich persönlich mag. Die Stadt ist sehr teuer, die Mieten in Manhattan gehen bis zu $ 25,000 für einen Monat hoch!

Es ist langweilig, das CBGB und das Continental schließen … du kannst zum Starbucks oder zum Burger King gehen und am nächsten Block hast du wieder die Auswahl zwischen Starbucks oder Burger King und manchmal sogar beides :). Es ist zu sicher, was reichen Abschaum dazu ermutigt, in früher einmal coole Nachbarschaften zu ziehen, und seit 9/11 ist New York eines der abgeschlossensten Städte weltweit, du brauchst zum Beispiel deinen Ausweis, um in viele Gebäude reinzukommen. Was ich mag, ist, dass ich immer noch ein Bier bekommen kann bis 4 AM, dass ist für viele amerikanische Städte nicht gewöhnlich. Ich mag es, dass es viele Restaurants und Bars gibt, auch wenn die meisten scheiße sind.

New York (und die moderne Welt) sind isolierend. Die Menschen bleiben zu Hause, gehen ins Internet oder schauen TV oder DVD oder iPod und kommunizieren und handeln nicht zusammen. Deshalb habe den DRINK CLUB (http://www.drinkclubnyc.org/) und den EAT CLUB (http://www.eatclub.org/) gegründet. Ich wollte einen Weg finden, mit anderen Menschen zusammen zu kommen, um über die Welt, das Leben, Booze zu reden. Ich wollte eine Chance haben, andere Menschen kennen zulernen und herauszufinden, wie sie ticken. Im Drink Club gehen wir jede Woche zu einer anderen Bar, die aktuellsten Infos sind auf unserer Homepage.

Ich weiß nie, wie viele Leute auftauchen, 35 Leute war die grösste Anzahl, die kleinste war 1, nur ich. Beim Eat Club gehen wir zu verschiedenen Restaurants jeden Monat in alphabetischer Reihenfolge nach der Küche (afghanisch, belgisch, chinesisch, dänisch etc). Bei dem Eat Club müssen sich die Leute vorher melden, so dass ich eine Reservierung machen kann. Hier war die größte Gruppe 25 (bei einem chinesischem Essen) und die kleinste waren zwei (organisches Essen). Wenn einer der TRUST Leser in New York ist, schaut euch die Homepage an und kommt vorbei. Ich bevorzuge eine Anmeldung für den EAT Club, aber wenn du einfach auftauchst, wird sich auch keiner beschweren.
Sagen wir, du hast genug Zeit und Geld für den Rest deines Lebens, also wirklich genug Geld; was würdest du dann machen? Hast du eine “Traumstadt“ oder ein Land, wo du gerne leben würdest?
Meine Eltern halten mich in den USA, ich muss mich um sie kümmern …und ich habe ein billiges Appartment in NYC, dass aufzugeben, wäre eine harte Sache. Ich mag die USA nicht besonders. Meine Lieblingsstädte in der Welt sind Chang Mai in Thailand, Sao Paulo in Brasilien und Kopenhagen in Dänemark. Diese Städte sind weit auseinander, aber sie alle habe eine gute Einstellung zu Booze und Sex und sie liegen alle in Ländern, die der Welt (vielleicht ausser Cartoons) keinen Schaden zufügen.
Du hast eine Lesetour mit deinem neuen Buch gemacht, in dem es um deinen einjährigen Aufenthalt als Englisch-Lehrer in der Mongolei ging. Wie ist deine Tour gelaufen und was bleibt dir von der Mongolei in Erinnerung?
Die Tour geht nächste Woche weiter, deshalb verlasse ich wieder New York…um eigentlich aus beiden Büchern zu lesen. Ein paar Städte wie Providence und Rhode Island waren grossartig! Dann waren wiederum Städte wie Los Angeles der Horror. Eigentlich ist es wie mit einer Band aufzutreten, you never know. Bei meinem Mongolei-Aufenthalt blieb mir soviel in Erinnerung, dass ich darüber ein Buch schreiben könnte; und ich habe ein Buch darüber geschrieben! Die Leute in der Mongolei planen nicht für die Zukunft, sie glauben nicht daran, Dinge zu besitzen. Sie sind grossartige Leute, die ein hartes Leben führen. Mein Jahr dort war das Beste meines Lebens.
Diese Band, in der du warst, Artless, was war das eigentliche für Musik? Ich kenne die Band ja nur über die Erwähnung auf deiner Homepage.
Ich weiss, dass es auch eine deutsche Band namens Artless gegegeben hat, aber ich habe sie nie getroffen. Und ich habe auch keine einzige Platte von denen, obwohl ich sie echt mal gerne kennenlernen würde. Meine Band hat sich für den Namen entschieden, weil meine erste Band ART hiess. Artless war Punkrock, sloppy, manchmal interessante Musik. Normalerweise feindselig, aber auch lustig, ganz wie ich. Über iTunes kriege ich hin und wieder Geld, unsere meist runtergeladene Nummer ist „The Joy of Anal Sex“. You get the idea.
Was ist aus deinem Projekt The World for free geworden, warum gibt es das nicht mehr?
Ich wurde entmutigt, nachdem die Post eine grosse Briefausendung zurückgenommen hat, ohne zu sagen, warum. Das Projekt war sowieso auf einem Geld-verlierenden Ast, aber diese Sache hat zum Ende des Projekts geführt. Ich habe meine Mail-Liste dem HOSPITALITY EXCHANGE (www.hospex.net ) gegeben und wir haben unsere Mitglieder zusammengelegt.
Ok, dann noch kurze Fragen und kurze Antworten… Lieblingsbands?
Jetzt: Stackers, WWIX, Peelander Z. Jederzeit: Dead Boys, GG Allin, Velvet Underground.
Was ist der Sinn des Lebens für dich im Moment?
Es gibt keinen Sinn. Ich will nur zu Orten gehen, wo ich worher nicht war, „screwing people I haven’t screwed before, drinking beer I haven’t drunk before“ und Sachen machen, die ich vorher nicht gemacht habe.
Wo siehst du dich in 15 Jahren?
Wenn ich am Leben bin, dann lebe ich wahrscheinlich in Kopenhagen, Sao Paolo oder Chang Mai.
Was ist der Unterschied zwischen dem MRR 1986 und 2006?
1986 war MRR die Punk-Bibel, es bestimmte die Szene. 2006? MRR „is barely holding on“.
Hast du einen netten Witz für uns?
Nein, sorry, meine Witze lassen sich nicht so gut übersetzen, weil sie auf Wortspielen beruhen.
Grüsse an die TRUST-Leser?
Ich muss nach Deutschland wieder kommen. Ich habe fast alles fergessen. Schrib mir en Englisch oder Deutsch: god@mykelboard.com oder miene website besuch www.mykelboard.com. Tschuess, Mykel Board.

Interview: Jan Röhlk
Kontakt Mykel Board: god@mykelboard.com, http://www.mykelboard.com

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