Januar 26th, 2020

LIFE ENDS #152/02-2012

Posted in interview by Jan

„Merkel, du Hurensohn“
Interview mit LIFE ENDS

Ab durch die Mitte! LIFE ENDS sind eine neue Band aus Freiburg mit teilweise alten Bekannten. Es gibt bislang eine CD-R mit allen Songs und seit einiger Zeit durch Ralf von Kink Records das Ganze als Tape.
Matze schrieb in der Trust # 146 dazu: „ Waaah, ich hatte schon einmal die Cdr dieser Aufnahmen hier in die Hand gedrückt bekommen, das ganze wurde nun verdientermaßen nochmals als schmuckes Tape mit sehr tollen selbstgebastelten Kartoncase und geilem Minibooklet rausgebracht. Das Tape ist so großartig, ich bekomm mich kaum ein! Life Ends spielen crustigen PunkGrind, der gerade durch die größtenteils deutschen Texte einen sehr angenehmen Deutschpunkanstrich bekommt, hier wird so extrem wütend und zynisch abgekotzt, dass die Frustration wirklich greifbar ist. Aber hallo, Hut ab, ‚Merkel Du Hurensohn‘, ‚Hartz IV Terrorcamp‘ oder ‚Hahahahardcore‘ usw. sind die genialsten Songtitel, die ich seit langem gehört habe, das meine ich ernst. Das ist alles so dermaßen ehrlich und nihilistisch und die badischen Worteinsprengsel zum Liebhaben, ich sag nur: ‚Im Bettle there is no law‘. Die Produktion ist angemessen für ein Demo Tape und wie gesagt, ich finde den Stil wirklich sehr eigenständig, jemand sagte mal: Infest auf Deutschpunk und das kann man so stehen lassen. Das Tape meine eindringliche Empfehlung, besorgen! Life Ends, ich will ein Vinyl von Euch. Arbeit ist scheiße und wird es immer bleiben.“

Dem kann ich mich nur anschließen. Life Ends sind auch live eine absolute Granate und „auf Platte” ebenfalls sehr gut. Warum immer nach USA gucken, wenn doch hier auch coole Bands am Start sind, deren Message zudem auch noch schön ist (siehe Überschrift)? Das Interview führte ich mit Sänger Daniel…

Hi Daniel, was geht?
Hey Jan. Was Füße hat!

Gerade heute kam von Kink Records die Tape Version, wie kam es zu der Zusammenarbeit, ist das die gleiche wie eure Demo-CD?
Ralf kam auf uns zu und hat gefragt, ob er ´ne Tape Version machen darf. Hat uns gefreut, zum einen, das sich jemand für uns interessiert und auch noch sein Geld für uns ausgibt, zum anderen, da er promo-mäßig halt mehr aufm Kasten hat als wir. Er schickt die Tapes rum (siehe dein Exemplar), was wir halt gar nicht gemacht haben. Wir haben immer, wenn wir Konzerte hatten, am selben Tag noch schnell zehn Stück gebrannt und auf´m Weg zum Konzert noch am Copyshop gehalten, um ein paar Cover zu kopieren, haha…Das Tape ist bis auf das Layout identisch zur CD-R.

Cool, sehe auch gerade, ihr plant ne Split mit den alten Säcken von Corrosive, großartig, alt und jung work together.
Ja, alt und jung UND Badener und Schwaben auf einer Single. Bin gespannt, wie man das noch toppen kann, ha,

Sehr schön! Seid ihr so misanthropische Leute, wie es der Bandname (Schriftzug an Lifes Blood angelehnt) und die (ausnahmelos guten) Texte vermuten lassen?
Eine gewisse Abneigung zu so manchen Subjekten kann man uns sicher nicht streitig machen, aber im Großen und Ganzen stehen wir alle voll (und gerne) im Leben und sind zu unseren Mitmenschen höflich und freundlich. Den Schriftzug haben wir nicht an Lifes Blood angelehnt, wir wollten halt diese beliebte gotische Schriftart benutzen, weil wir die geil finden. Den Namen haben wir von Excruciating Terror geklaut, eine meiner Lieblingsbands. Ich finde den Namen sehr negativ und das war für mich auch der Hauptgrund, ihn benutzen zu wollen. Die Texte sind alle, bis auf einen, von mir. Ich finde sie eigentlich gar nicht alle so gut, meistens muss halt irgendwas her.

Wie war der Auftritt mit Brutal Truth eigentlich, eure Helden?
Also, unser Auftritt war nicht so gut, ich denke, wir hatten schon bessere, aber Brutal Truth waren geil. Außerdem ist das AJZ Bahndamm, in dem das Konzert stattfand, einer der besten Läden hier in Deutschland. Ich bin immer sehr gerne dort. Brutal Truth sind für manche von uns allerdings Helden. Alex (Schlagzeug) hört die seit den frühen 90er, Philipp (Gitarre) hat mit denen angefangen, Krach zu hören und mir gefällt halt die erste sehr gut. Wir hatten schon mit unserer alten Band das Vergnügen, zweimal mit Brutal Truth zu spielen, so dass wir uns schon ein bisschen kennen. Danny Lilker hat schon auf meiner Couch gepennt und Rich Hoak hat bei mir morgens um fünf Uhr Haschkuchen gebacken, hehe.

Ha, nicht schlecht. Mit dem Bahndamm stimme ich dir zu, klar. Und, wie stehst du zu Danny und SOD?
Danny ist ein netter Kerl, der dir Hilfe anbietet, dich ungefragt auf Gästelisten setzt und sich für alles höflich bedankt. S.O.D. war ne Spaßkapelle. Ich mag die „Speak english or die“.

Erzähl doch mal was über Hellborn Messiah, das ist deine andere Band?
Ja, das stimmt, ich bin ebenfalls Sänger der Band Hellborn Messiah. Uns gibt’s seit knappen vier Jahren. Wir haben 2009 zwei Tonträger veröffentlicht, eine Split LP mit den Karlsruhern Post War Depression und eine split CD mit unseren chilenischen Kumpels von Electro Zombies, mit denen wir auch schon zweimal auf Tour waren. 2010 waren wir nicht so aktiv, das soll sich fürs kommende Jahr ändern. Wir schreiben wieder an neuen Songs und planen gerade ne Tour im April mit Gun mob aus Mannheim und drum rum.

Und natürlich, die obligatorische Frage, was geht an Szene in dem „Studentenghetto Freiburg“, haha. KTS, Cafe Atlantik, Walfisch, Bauwagenplatz Schattenpark, Swamproom, Eimer, Rangtenten…?
Eigentlich kommen wir aus dem 50 km nördlich von Freiburg gelegenen Lahr und dort hängen wir auch ab, in unserem Proberaum oder zu Hause auf der Couch. Szenemäßig ist Freiburg nicht so der große Wurf, erwähnenswert ist einzig die KTS. Ich denke, auf ihr liegt der Hauptfokus. Die anderen von dir aufgezählten locations sind keine DIY-Läden im eigentlichen Sinne, bis auf die beiden Wagenplätze Schattenparker und Kommando Rhino. Cafe Atlantik, Walfisch, Swamp, Räng Teng Teng, Crash, My Way, White Rabbit etc. sind alles Kneipen oder Discotheken, in denen gelegentlich auch mal ein Punk/HC/Metal/Indie/emo-Konzert stattfindet. Wer so Punk- und Bier-mäßig unterwegs ist wie du, wird sich wohl nur in der KTS und auf dem Schattenparkerplatz wirklich wohlfühlen, jedenfalls meine beiden faves.

Ok, danke für deinen Einblick. Lust, mal über ein paar Texte von euch zu reden, ich hab´s ganz genau gemerkt, dass ihr bei dem Song „Ich nicht” HASS übernommen habt, da bei dem Reim, das ist doch von Hass oder, der Reim auf “Gesicht/ Nicht”, von “Bulle Bulle ich sags dir ins Gesicht, was du vertrittst, das mag ich nicht”, oder so, ha?
„Ich nicht” ist leider nicht von mir, Alex, unser Schlagzeuger, hat den geschrieben, aber kann schon sein, dass du mit deiner Vermutung recht hast. Alex hat ein Faible für Punk. Bei den Demo-Texten hab ich mich oft von Schlagwörtern oder irgendwelchen Sprüchen inspirieren lassen. „Leiharbeit macht frei“ beispielsweise hab ich in Freiburg an einer Hauswand stehen sehn, „Im bettle theres no law“ war mal ein Witz von einem Kumpel und „Merkel, du Hurensohn“ hab ich von Toni der Assi, so ein Mannheimer Rapper, nicht zu verwechseln mit Assitoni aus Offenbach, ha, übernommen.

Für solche Sachen war dann schnell und ohne große Mühe ein Text geschrieben. Zu persönlichen Texten inspirieren mich Situationen, die ich durchlebe oder Angewohnheiten von mir. Bei solchen Texten gehe ich schon anders zu Werke, da lasse ich mir lange Zeit und lese immer mal wieder rein. Ich will mir wirklich sicher sein, bevor ich sie jemandem zeige. Wie bereits erwähnt, find ich nicht alle Texte sonderlich gelungen, auf unserer kommenden Split mit Corrosive hab ich mich von diesem „lustigen“ Zeugs entfernt. Ich finde die neueren Texte allesamt viel persönlicher und düsterer. Life ends soll was negatives sein, ich will damit nichts Lustiges mehr transportieren. Zwar höre ich auch gerne lustige Sachen wie zum Beispiel „Die Kassierer“, aber ich will das für mich nicht mehr.

Ich war ja enttäuscht, dass es bei “Im Bettle there is no war” nicht um eine gewaltfreie Sexualität geht, sondern “nur” um kein Bock zu arbeiten, haha.
Haha. Das Lied heißt aber “im bettle theres no law” und ist eine Verunglimpfung des bolt thrower titels “ in battle theres no law”. Das ist alles. Ich wüsste nicht, was ich über gewaltfreie Sexualität schreiben sollte, mal davon abgesehen, dass Sexualität gewaltfrei sein sollte. Ich finde, politische Texte werden erst interessant, wenn der Verfasser einen persönlichen Bezug zum jeweiligen Thema hat. Stur jede Punk- Thematik abackern und zu allem einen Text schreiben…Na ja, kann man machen, aber mein Ding ist das nicht.

Vielleicht dennoch, worum geht es denn bei “Mann Stopp Wirkung” und “Deutschpunktexte”?
Alex hat das Lied „mann-stopp-wirkung“ geschrieben und er wollte, dass es so heißt. Ich hab dann halt schnell die paar Wörter erfunden. Im Grunde geht’s da um nix. Für „deutschpunktexte“ hab ich mir überlegt, den zu kurz kommenden textlichen Tiefgang selbst anzuprangern, um so besser beim Hörer (und Leser) weg zukommen…hehe.

Welche Bands haben dich den damals begeistert im Powerviolence / Grindcore und welche siehst du heute als innovativ an? Klar, wiederholt sich alles, aber eben auch da, finde ich…
Nasum, Yacopsae und Excruciating Terror haben mich damals umgehauen. Da hat für mich alles gepasst. Es ist schon so, dass sich fast alles gleich anhört, gerade die Grind-Bands aus Schweden zum Beispiel gleichen sich sehr. Was soll man aber auch anders machen und wie soll man Innovation im Bezug auf Musik/Grind definieren? Ich denke, Innovation muss etwas Neues sein, muss etwas auf eine neue Ebene heben. Das war im letzten Jahrzehnt kaum der Fall. Es gab zwar jede Menge dieser Gefrickelbands, von denen die ersten sicher innovativ waren und ein neues Genre geschaffen haben, aber ich finde wildes Riffing und wirre Breaks reichen nicht aus, um wirklich innovativ zu sein. Man hat sich lediglich bei verschiedenen Genres bedient, was ja okay ist.

Nasum sollen ja den Grind auf eine neue Ebene gehievt haben, von Grind 2.0 ist die Rede, aber ich denke, ohne ihre brutale Produktion wäre das in der Form nie passiert. Von daher ist es vielleicht so, dass eine Band beim Aufnahme-Prozedere, durch die vielen neuen Möglichkeiten, durchaus innovativ sein kann, die musikalischen Zutaten aber sind die altbewährten: Metal, Punk, Crust und Bier.

Ihr macht ja ne geile Mischung aus Capitalist Casualities und Capitalist Casualities? Ein Hauch von Poison Idea?
Wir wurden schon mit Righteous Pigs, Napalm Death, SSD und Hammerhead verglichen, Poison Idea sind neu. Musikalische Einflüsse für life ends waren für Alex und für mich definitiv Powerviolence- Bands der frühen 90er und Excruciating Terror. Philipps Einflüsse sind Brutal Truth, total fucking destruction und solche Sachen. Maze ist neu am Bass dabei, hat also am Demo noch nicht mitgewirkt, aber er mag es gerne laut, tief, verzerrt und langsam.

Verstehe, sorry mit dem falschen Songnamen. Eurer Auftritt in Frankfurt war echt klasse, was mir da noch mal auffiel, soll jetzt nicht falsch rüber kommen, war ja angenehm sympathisch und unprollig, ist mehr so generell gemeint: bei der Wucht und Intensität, die diese Musik hat, warum sind Grind-Bands eigentlich immer so schüchtern live, du weißt schon, totales Geknalle und dann leise „danke“ sagen, am besten noch nicht ins Mikro und wieder 30 Sekunden auf die Fresse, „danke“… Seein Red machen ja noch lange Ansagen dabei, die Poppunker reißen dann immer dämliche Witze, muss man alles ja nicht übernehmen, mir fällt es nur bei dieser mitreißenden Musik auf, dass da wenig „Interaktion“ von Band und Publikum ist, klar, die Musik spricht für sich alleine und darum geht’s ja, aber… kommt mein Punkt irgendwie rüber?
Ja, verstehe schon, was du meinst. Es ist halt, so das man als unbekannte DIY-Band kaum Leute zum „tanzen“ bringen kann, von daher find ich´s besser, ordentlich abzuliefern als nen Hampelmann zu spielen. Es fetzt halt auch besser, wenn man ohne Gelaber durch ballert. Das was du ansprichst, mit den verschiedenen Genres, ich denke, da wird halt viel nachgemacht. Es gibt ja Unmengen junger Bands (in allen Genres), die stehen auf die ganzen hipster Bands, sehen coole Amis auf Konzerten und versuchen auch so rüberzukommen. Ist ja auch okay. Man muss erst mal ein bisschen ausprobieren, irgendwann wird man sein Ding finden.

Am Ende noch die beliebten kurzen Fragen und kurzen Antworten bitte. Danke dir schon mal für deine Zeit. Let´s go(re) (höhö): Cat Stevens oder Steve Wonder?
Bin überfragt.

KISS oder AC/DC?
AC/DC! Mit Brian Johnson.

Earache oder Epitaph?
Beide (die jeweiligen frühen Releases).

Noch nen Gruß an unsere Leser und bis bald hoffe ich!?
Ja Grüße an alle, die dieses Interview lesen und vielen Dank an dich. Hoffe, man sieht sich bald mal wieder. Prost bis dahin…

Kontakt: myspace.com/lifeendsgrindcore

Interview: Jan Röhlk

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