März 20th, 2020

Lets go sidewalk surfin. The History of Skaterock Part 1 aus #94, 2002

Posted in artikel by Jan

LET`S GO SIDEWALK SURFING!

Dieser Mehrteiler über Skaterock erschien bereits in dem Skatermag „Boardstein“, er wurde uns freundlicherweise von Florian, dem Autor, zur Verfügung gestellt.

The History of Skaterock Part I: The 1960ies…. schlüüüüürf …. gluckgluckgluck ….. mmmmhh, echt ein guter Tropfen, dieser 1996er Rotwein aus Montevina, California den mir Mattl und Frank neulich zur WG-Party mitgebracht haben …. ooh, hallo Lesers! Der Artikel hat ja schon angefangen. Bekam ich gar nicht mit. Gerade wollte ich mir noch eine Einleitung überlegen, mit der ich euch am besten davon überzeugen kann, dass ihr diesen Artikel lesen müsst. Weil – wisst ihr – es ist so, wir alle lieben doch Skateboarding. Und Musik hört jeder gern. Rock and Roll – Yeah! Und deshalb lieben wir auch alle Skaterock. Soweit logisch. Oder hab ich da jetzt eure Türe eingetreten? Ungebeten?

Doch vielleicht, war der Reim zu seicht!?! (Stimme aus dem Off: „Ja, war er!“). Mmmh, ich merke schon, ihr hättet mir doch etwas Zeit lassen sollen. So wird das heute nix mehr mit ´ner guten Einleitung. Aber wisst ihr eigentlich, was Skaterock ist? Nein? Äämh, schade eigentlich. Dann hätte ich mir nämlich dieses Geschreibsl hier gleich sparen können. Aber, weil ich gerade einem äußerst entspannendem Vollbad entstiegen bin, bin ich verdammt gut gelaunt und erkläre euch, was Skaterock ist und so den ganzen Geschichtskrimskrams. Nicht den ganzen natürlich, sonst würde in der Überschrift ja nicht Part I stehen. Es folgt der Klartext, liebe Lesers.

Klartext: Skaterock, das ist die Verbindung von Skaten und Rocken. Eine ausgesprochen gute Verbindung wie ich meine. Mindestens so gut wie zum Beispiel Skaten und Pizza. Oder schönes Wetter und Skaten, Party und Rocken oder Skaten und Party … Wen pusht es nicht, wenn er auf einem Contest zu seinem Lieblingslied fährt? Richtig, den der auf keinem Contest mitfährt. Oder hey, was wäre ein Skatevideo nur mit Skategeräuschen? Kultig vielleicht, aber garantiert fad! Und dass das klar ist, wenn ich hier von Musik rede, meine ich nicht nur Punkrock und Hip-Hop.

Es gibt zig Möglichkeiten, wie man Skateboarding für sich selber interpretieren kann, cool findet und lebt. Und dass es weit mehr Musikrichtungen als Punk und Hip-Hop gibt, kann man nicht oft genug sämtlichen Skater-Schwachmaten entgegenschreien. Wenn man sich mal ein paar von den besseren Skatevideos anschaut, wird man feststellen. daß eigentlich die ganze Palette an Musikstilen abgedeckt wird.

Der Skaterock war schneller geboren, als Kassiererinnen bei Aldi tippen können. Und das wahrscheinlich zeitgleich mit der Erfindung des Skateboards selbstpersönlich. Nein, MILLENCOLIN waren nicht die erste Skateband. SUICIDAL TENDENCIES schrieben mit „Possessed to skate“ auch nicht den ersten Song übers Skaten und auch wenn J.F.A. glauben, als erste Band ein eigenes Board in die Welt gesetzt zu haben, so sind auch sie auf dem Holzweg. Um die wahren Pioniere des Skaterocks zu ehren, müssen wir schon nochmal gute zwei Jahrzehnte weiter in die Vergangenheit hinein reisen. Dass es in den 1950ern schon Skatemusik gab, ist unwahrscheinlich, aber nicht ganz ausgeschlossen.

Schließlich rollten damals bereits die ersten Surfer zum Teil mit selbstgebauten Skateboards durch die Gegend. Ob die auch Songs über ihr Alternativ-Hobby geschrieben haben, darüber ist mir bis jetzt allerdings noch nichts bekannt. Richtig los ging´s mit dem Skaten 1959, als die ersten Bretter in Serie produziert wurden. Als Rollenmaterial nahm man schlicht und einfach blanken Stahl. Im späteren Verlauf der 60er gab´s auch noch Rollen aus einem Tongemisch, genannt Clay Wheels. Wer schon mal auf so einem Teil geskatet ist, weiß daß es alles andere als einfach ist, erstens mal überhaupt auf diese schmalen Bretter drauf zu kommen und zweitens Kurven zu fahren ohne dabei wegzurutschen.

Aber zurück zur Musik. Die ältesten mir bekannten Songs über´s Skaten sind von 1964/ 65, also lange bevor Punkrock geschweige denn Hip-Hop geboren waren. Da das Skaten seinen Ursprung im Surfen hat, ist es nicht verwunderlich, daß die ersten Skaterocker eigentlich Surfrocker waren, die auch das ein oder andere Lied zum Thema „Surfbrett der Straße“ hatten. Die Formation, die mit dieser Masche am erfolgreichsten war, heißt JAN & DEAN. Zwei Sunnyboys, die sich ständig mit Brian Wilson und dem restlichen Haufen der BEACH BOYS trafen. Zusammen schrieben sie auch einige Songs und im Prinzip spielten sie auch ein und dieselbe Musik: Surfpop mit Falsett-Gesang. Nur war Brian Wilson das größere Genie und somit auch erfolgreicher.

Dean O. Torrence: „By late 1964 Jan and I were hopelessly hooked on skateboards. We loved our skateboards so much we sat down to write a song about them, but we couldn´t come up with a melody that knocked us out.“ Daraufhin bot ihnen Brian Wilson seinen alten Song „Catch a wave“ an und schrieb ihn gemeinsam mit J & D in „Sidewalk Surfin´“ um. „We wanted to put a sound effect of a skateboard in the beginning of the record but nobody had recorded a skateboard yet. I was elected to skate my skateboard on the sidewalk out in front of the recording studio. Our engineer, Bones Howe ran a microphone with a very long chord out to the sidewalk. He turned on the tape recorder, and signaled me to start my run. I did a couple of perfect passes but crashed on the last one. Everybody loved the crash, so that was the take they used for the record.“

Heraus kam der Skaterock-Klassiker schlechthin, mit dem im Oktober 1964 das Brett mit den vier Rollen den amerikanischen Massen nahegebracht wurde. Von dem Song gibt es mehrere Versionen. Mal spielen die Beach Boys mit, mal nicht, mal mit Skategeräuschen, mal ohne usw. usf. In den 70ern wurde der Text entsprechend den neu entwickelten Tricks und Trends aktualisiert. United Artists, das Label, das 1975 die neue Version als Single veröffentlichte, hatte überhaupt keine Ahnung von welchem Ausmaß der Skate-Boom war. So waren sie der Meinung, Bahne Skateboards sollten um den Werbeeffekt dankbar sein, wenn United Artists für sie 1.000 kostenlose Bahne Skateboards verteilt.

Aber, wer braucht noch so eine Werbung, wenn täglich 10.000 (!!!) Boardbestellungen eingehen. Es gab in den 60ern übrigens ein Skateboard von Jan & Dean zu dem Hit „Little old Lady from Pasadena“. Auf der „Command Performance – live in person“ LP befindet sich eine geniale und äußerst schnelle Live-Version von „Sidewalk Surfin`“, bei der scheinbar ein paar Skater mit auf der Bühne stehen und einige Kunststücke zum Besten geben. Jan & Dean geben dazu folgende Kommentare von sich: „… what was that thing that you brought? … what´s it? What iiiis that thing? … a skateboard!!! … Can you do anything on that? Let´s see what you can do, fellow! Heeey!!! That is called the Quasimodo. Let´s see you do a 180°. Alright. Anyway, well, we wrote a song about those things and we like to do it for you now …“.

Gesagt, getan, ab geht die Post. Der Song gehört auch heute noch zu den Hits von Jan & Dean und ihr könnt ihn auf fast jeder Best-Of CD finden, von denen es jede Menge gibt. Etwas schwieriger wird es bei den anderen drei Songs, die die zwei Blondköpfe noch hatten. Als da wären „Skateboard Surfin` USA“ (7″ von 1978), „Skateboarding Pt. 1“ (auf „Ride the wild surf“ LP) und „Skateboarding Pt. 2“ (auf „Little old lady“ LP). Bei beiden Parts von „Skateboarding“ handelt es sich um eine beschleunigte, rockige Instrumental-Version des Kinderliedes „Bruder Jakob“ mit dazugemischten Skategeräuschen.

Humor hatten die Jungs definitiv. Und dass der ziemlich abgedreht war, stellen sie auf der „Jan & Dean meet Batman“ LP bestens unter Beweis. Übrig geblieben sind heute zwei bierbäuchige, Hawaii-hemd tragende Hausfrauenunterhalter, die immer noch Konzerte geben, aber soweit ich weiß keine neuen Songs schreiben. Dennoch erzählt Dean Torrence heute nicht ohne Stolz, daß er bei einer Tour in China als erster Mensch auf der chinesischen Mauer Skateboard gefahren ist. Wenn man im Internet nach Skaterock aus den 60ern sucht, muß man nur „Sidewalk Surfin`“ eingeben und es erscheinen tonnenweise Songs. Meistens handelt es sich um Coverversionen von Jan & Dean, wie z.B. Anette Funicello.

Es gibt sogar einen Akkordeon-Sampler mit „Sidewalk Surfin´“!?!?! Die SIDEWALK SURFERS hatten ein Instrumental „Sidewalk Surfing!“ mit komplett anderen Melodien als der Song von J&D. Dann haben wir die MAD LADS mit „The Sidewalk Surf“ oder THE TURTLES mit „Santa and the Sidewalk Surfer“, wo es um einen kleinen Jungen geht, der dem Weihnachtsmann erzählt, daß er gerne ein Skateboard hätte und noch tausend andere Dinge. Als er sich zum Schluß irgendwelches Schonerzeugs wünscht, damit das Fallen nicht so weh tut, wird er erstmal kräftig von Santa ausgelacht und nach hause geschickt. Einen herrlich schnulzigen Lovesong schrieben THE HONDELLS mit „Little Sidewalk Surfer Girl“, dem Song, den Jahrzehnte später die QUEERS coverten. „Little Sidewalk Surfer Girl, show me how to shoot the curls, I´ll be watching you and all the things you do … No matter if you fall, I´ll be by your side … I´ll be by your siiiiiide“. Herrlich!!!

Eine weitere Band aus den 60ern ist die RINCON SURFSIDE BAND. Obwohl der Ausdruck Band eigentlich zuviel des Guten ist. Es handelt sich eher um ein Projekt, das Karaoke-Versionen von JAN & DEAN und den BEACH BOYS aufnahm. Wie krank muß man sein, um sowas zu machen??? Naja, 1965 kam „Surfing Songbook“ raus, eine LP auf der u.a. „Sidewalk Surfin´“ nur mit Backing Vocals aber dafür mit Weihnachtsglocken (!?!) und eine semi-instrumentale Version ihres eigenen Songs „Skateboard Craze“ mit drauf waren. Semi-instrumental darf man hier so verstehen, als daß der Refrain fehlt. Hört sich super beknackt an und ist es auch, v.a. auch weil man auf dem linken Kanal ewig laut die Sologitarre hört, die restliche Musik dann etwas abgeschwächt auf dem rechten. Obendrein ist dieser Song eine leicht umgemodelte Version von „Surfin´ USA“ der Beach Boys, was ja wiederum von Chuck Berry geklaut ist. Ein Phänomen, daß symptomathisch für die damalige Rock & Pop Szene zu sein scheint.

Man klaut sich seine Riffs zusammen oder covert einfach stumpf durch die Gegend, was von sehr viel Kreativität zeugt und meiner Meinung nach zwar die Existenz einer Tanzkapelle rechtfertigen kann, aber definitiv nicht die von ernsthaften Plattenaufnahmen. Naja, zurück zum Thema. Von „Skateboard Craze“ gab es auch mal eine vocal version als Single auf DUNHILL Records. Und dann wären da noch WILLIE AND THE WHEELS, die im Prinzip genau dasselbe sind, wie die R.S.B., nur mit anderem Namen. Auf die Frage, ob man dieses Zeugs braucht, würde ich glatt „Nein“ sagen, es sei denn, ihr steht auf Karaoke. Allerdings liegen – außer bei der Original LP, für die ihr schon mal $ 200 hinblättern könnt – keine Texte bei. Die „Skateboard Craze“-Voll-Version von W.A.T.W. mit Gesang, ist aber echt empfehlenswert.

Zwar nicht Karaoke, aber trotzdem instrumenal, das waren THE CHALLENGERS, die neben einem knappen dutzend Alben für die Wellenreiter auch eines für die Skater hatten. „Go sidewalk surfin´“ erschien 1965 und enthielt Songs wie „Asphalt Spinner“ oder „Sidewalk Surfer“. Ohne Gesang, wie bereits erwähnt. Den Challengers genügte es scheinbar auch nicht, nur einen Namen zu haben, und so nahmen sie als THE GOOD GUYS die LP „Sidewalk Surfing!“ auf. Es wäre aber auch denkbar, daß die GOOD GUYS der Vorgänger der CHALLENGERS sind. Die G.G. LP schweigt sich bezüglich Erscheinungsjahr aus. Dafür gibt es auf dem Backcover ein Foto von einem skatenden Affen, und das Cover ist auch nicht von schlechten Eltern.

Ein zehnjähriger Alfred E. Neumann-Verschnitt mit Lackschuhen, roten Socken, khaki Hochwasserhose, rotem Hemd und rotem Blouson fährt auf einem 5 cm breiten Stahlrollenboard an einer vorsinflutlichen Burgerbude und tausenden von stylischen Ami-Oldtimern vorbei. Songtitel wie „Roller Derby“, „Collision Course“, Kami-Kaze“ oder „Sidewalk Surfer“ sprechen für sich. Alles typische Surf-Instrumentals, aber wirklich solche der Oberklasse.

1966 erschien der erste Film zum Thema Skateboard, der „Skaterdater“ hieß. Der Film handelt von einer Kinder-Skate-Gang, deren Anführer sich in ein Mädel verliebt, aus der Gang geschmissen wird, wieder rein will, sich ein Downhill Duell mit dem neuen Anführer liefern muß, das Rennen verliert, aber das Mädel gewinnt. Und gleich darauf erwischts noch zwei andere Gangmitglieder, die auch das Skaten für ein Mädel hinschmeissen. Tststs, was waren das damals für Skater?!? Der Soundtrack wurde seinerzeit auch auf Vinyl gepresst, ist rein instrumental und einem Liebesfilm entsprechend eher sentimental als rockig. Ach ja, jetzt hätte ich fast NORMA TRACY & THE CINDERELLA KIDS vergessen. Ein Haufen kleiner Mädchen, die lieber skaten als Hausaufgaben machen.

Hier ein kurzer Auszug aus ihrem „Skateboard Song“: „every day get´s more and more than there was the day before … datin´boys and havin fun, skateboard´s now our number one“ oder etwas später im Text „… grab your skateboard join the gang …“. Solche Mädchen gibt´s doch wenn überhaupt nur in meinen Träumen, oder?!?
Oh, ich bekomme gerade von der Regie die Meldung, daß die Zeit um ist. Also macht´s gut! … hää, wie? Ach das Ende kam euch zu abrupt? Naja, wenn ihr´s unbedingt wissen wollt, es gab ein Happy-End und alle Skaterjungs und Mädels lebten glücklich bis an ihr Lebensende und wenn sie nicht gestorben sind, dann skaten und daten sie noch heute. Naja obwohl, zumindest das Skaten war Ende 1965 plötzlich vollkommen von der Bildfläche verschwunden. Warum? Das erfahrt ihr irgendwann anders. Ich hau jetzt ab und geh den Boardstein surfen. Peace.

… to be continued.

Text: Flow Hofmeister (alias Dr. Skaterock)

Hier noch eine Liste mit fast allen 60ies Skaterock Songs. Inwieweit sie vollständig ist, weiß ich nicht, da es dazu keinerlei Bücher oder Kataloge gibt. Zu manchen Titeln hab ich leider nicht mehr Informationen als den Bandnamen und den Songtitel, weil ich diese Songs als MP3s aus dem Internet habe. Leider war es in den 60ern auch noch nicht üblich, Singles mit Cover zu produzieren, weshalb auch relativ wenige davon abgebildet sind. Solltet ihr selber das ein oder andere schöne Stück haben, könnt ihr euch ja mal bei mir melden: skateandrock@hotmail.com

Anette Funicello – Sidewalk Surfin`
The Boppers – Skateboard Sue
The Challengers – Sidewalk Surfer (G.N.P. Crescendo Records)*
The Good Guys – Roller Derby*
The Good Guys – Kami-Kaze*
The Good Guys – Collision Course*
The Good Guys – Sidewalk Surfer (= The Challengers)*
The Hondells – Little Sidewalk Surfer Girl
Jan & Dean – Sidewalk Surfin` (mehrere Versionen: live, mit Beach Boys …)
Jan & Dean – Skateboarding Pt. 1*
Jan & Dean – Skateboarding Pt. 2*
Jan & Dean – Skateboard Surfin´ USA (ist eigentlich aus den 70ern, aber passt besser hier her)
Mad Lads – The Sidewalk Surf
Norma Tracy & The Cinderella Kids – Skateboard Song (auf v./a. – „Girls in the garage Vol. 8“)
Rincon Surfside Band – Sidewalk Surfin` (Karaoke-version) (Varese Records)
Rincon Surfside Band – Skateboard Craze (semi-instrumental version)
Sidewalk Surfers – Sidewalk Surfing!*
Sidewalk Surfers – Skateboard
The Turtles – Santa and the Sidewalk Surfer
Willy And The Wheels – Skateboard Craze (Vollversion)

sonstige 60ies Skaterock Bands/ Platten:
Wheely McSidewalk & The Ball Bearings (3 instrumentale Songs auf v./a. –
„Rare Surf Vol. 2“, AVI Rec.)*
Soundtrack LP „Skaterdater“ (MIRR Records)*

Songs bzw. Platten mit * sind rein instrumental

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