Februar 15th, 2019

ES WAR MORD (#191, 2018)

Posted in interview by Jan

Wenn es letztes Jahr eine Band geschafft hat mich zu begeistern, dann sind das ES WAR MORD aus der ehemaligen Mauerstadt Berlin. Und gerade in Bezug auf neue HC Punkbands bin ich nicht einfach zu begeistern, aber ES WAR MORD haben es geschafft mit ihrem düsteren Sound und nachdenklichen Texten die richtigen Knöpfe bei mir zu drücken. Allerdings sind die Musiker von ES WAR MORD auch keine blutigen Anfänger, sondern waren damals in Bands wie z.B. VKJ, NO ALLEGIANCE, ZERSTÖRTE JUGEND und JINGO DE LUNCH um nur ein paar Namen zu nennen. Glücklicherweise versuchen ES WAR MORD aber nicht alte Glanztaten zu wiederholen, sondern überzeugen u.a. durch ihre Zeitlosigkeit. Mein Interviewpartner war Tom Schwoll, den einige Leser bestimmt noch von Bands wie ZERSTÖRTE JUGEND, MANSON YOUTH und natürlich JINGO DE LUNCH kennen dürften. Here we go!

Hallo Tom! Das letzte Jahr war ja recht erfolgreich für ES WAR MORD. Erfolgreich in dem Sinne von: Debut-Album veröffentlicht, dafür gab’s viel positives Feedback und natürlich ein paar Gigs gespielt. Was passiert momentan bei der Band? Gibt’s z.B. 2018 ne neue Platte?
Ja, das letzte Jahr hat wirklich Spaß gemacht, wir haben uns jede Woche zum Proben getroffen, ein paar Lieder gezockt, Bier getrunken, ein paar Konzerte gespielt, eine Platte veröffentlicht und tolle Resonanzen bekommen. Der Vorteil bei unserer „neuen“ Band war natürlich, dass wir uns alle schon sehr lange kennen und ziemlich schnell einig waren, wie es werden soll und was es sein will. Und ja, wir arbeiten gerade an einer 10″, die hoffentlich noch in diesem Jahr erscheint. Aus diesem Grund haben wir auch unsere Live-Aktivitäten  bis auf weiteres etwas herunter geschraubt, aber die sind ja eh überschaubar bei uns.
Das mit der 10″ freut mich sehr – das mit den heruntergeschraubten Live-Aktivitäten weniger. Schließlich hatte ich gehofft, dass ihr bald mal ins Ruhrgebiet kommt. Ok, ihr spielt beim diesjährigen Ruhrpott Rodeo,  aber das ist nichts für mich. Egal, mein Problem. Vor eurem Debut ‚Unter Kannibalen‘ hattet ihr nen Tape bei Wild Wild East rausgebracht. ‚Unter Kannibalen‘ ist dann bei Sounds Of Subterrania erschienen. Wieso habt ihr euch für S.O.S. entschieden und gab’s noch andere Label, die Interesse gezeigt haben an ES WAR MORD?
Wir spielen noch in Hannover auf dem Zytanien-Festival am 24.8. und am 22.9. in Peine auf dem „Power it up“- Labelfest, ok das ist nicht Ruhrgebiet, aber auch nicht so weit entfernt. Sounds Of Subterrania fanden wir von Anfang an gut, weil dort wirklich viele verschiedene Sachen veröffentlicht werden. Es war klar, dass er auf Dinge, wie Coverart sehr viel wert legt. Ich glaube ja er hätte die Platte schon allein wegen dem Cover gemacht. Gregor war dann tatsächlich der erste, den wir gefragt haben, und er hat gleich zugesagt. Wir haben uns zwei mal in Berlin getroffen und alles hat zusammengepasst.
Peine klingt gut….ich werd das mal im Auge behalten. Ja, dass Cover ist wirklich sehr schön geworden. Mal was anderes. Und es passt prima zu eurem Sound. Du schreibst, dass euch S.O.S. aufgrund der musikalischen Vielfalt als Label zugesagt haben. Kann ich daraus schliessen, dass euch heutzutage das Punkding eher einengt – also mehr von der Geisteshaltung – als von der Musik? Oder anders gefragt – würdet ihr euch auf nem reinen HC Punklabel unwohl fühlen und wenn ja, warum?
Also in erster Linie fanden wir Gregor gut und sein krass breit gefächerter Katalog hat uns auch zugesagt. Wenn alle mit der gleichen Uniform in eine Richtung rennen und dabei die Arschbacken zusammenkneifen ist das nicht so unser Ding. Wir gehen alle am liebsten auf kleinere Konzerte. Stunk, Dietmar und ich treffen uns öfter in der K19, wo ich auch selber wohne. Da spielen Bands, die ich persönlich sehr beeindruckend finde, vor 70 bis 100 leuten. Die  Bands sind alle komplett verschieden, aber der Standard ist trotzdem anspruchsvoll. Wir, also die Konzertcrew, nehmen manchmal auch Ton und Bild auf und veröffentlichen Bands, die wir besonders gut finden auf einem Youtube-Channel, die sogenannten K19-Kellersessions. Na ja, zurück zum Thema: Ich glaube nicht, dass das Punkding einengt, sondern das viele Leute in dieser Szene sich darauf reduzieren hinterherzulaufen und dann Rebellion mit Konfektion verwechseln.
Inwieweit findest du, dass sich die Punkszene im Laufe der letzten 38 Jahre verändert hat? Hat heutzutage Punk überhaupt noch was mit Rebellion zu tun? Gibt es Dinge, die dir heute besser gefallen als früher oder umgekehrt?
Die Szene war früher kleiner und nicht so anonym, deshalb waren die Konzerte auch exklusiver und jeder kannte sich zumindest vom sehen. Aber es gab auch viele verschiedene Cliquen mit einem Mitmachfaschismus, schlimmer als auf  jedem Betriebsfest. Egal, ob beim Saufen und Drogennehmen oder beim Schulmeistern. Ich finde man kann die Szene von heute nicht mit früher vergleichen, weil es das Punkding noch nicht so lange gab. Obwohl in Berlin schon mehr los war, war es doch wesentlich überschaubarer als heutzutage. Allein bei uns im Kiez gibt es in laufweite bestimmt 7 bis 10 Veranstaltungsorte, die eigentlich nur Underground-Veranstaltungen machen ohne große Promo. Da stehen über all Menschen, die mit dem Kopf nicken und dem Fuß wippen, billig saufen, fachsimpeln und sich über eine gute Band  freuen. Ich glaube, da steckt auch eine Haltung mit einer Attitüde hinter, die einen anderen Hintergrund hat als die oft übliche HM-Rebellion.
Was meinst du mit HM-Rebellion? Heavy Metal? H&M?
Ich meinte tatsächlich H&M ….
Ok. Was mir gut bei ES WAR MORD gefällt sind die Texte. Frei von irgendwelchen stumpfen Parolen, sondern z.T. eher kryptisch mit viel Platz zur Interpretation. Daher will ich auch garnicht erst nach der Bedeutung von Song A oder B fragen, weil ich sowas überflüssig finde, sondern mich würde interessieren wer bei euch die Texte schreibt und ob das von Anfang so geplant war?
Wir haben uns darauf geeinigt, dass es keine Rolle spielt, wer die Texte schreibt, weil es „Es war Mord“-Texte sind, dass betrifft auch die Musik der Lieder. ES WAR MORD sind eine Punkband und in genau diesem Zusammenhang werden sämtliche Urheberrechte komplett kollektiviert. Wichtig allerdings zu betonen, dass bei ‚Schlecht ist besser‘ Oli Overdrive von den LOVE LANES den Haupteil des Textes verfasst hat und bei ‚Hirn‘ die Berliner Autorin Jutta Blume beteiligt war. Geplant war nur deutsche Sprache zu verwenden, alles andere hat sich dann so entwickelt.
Lass uns mal ein wenig in deiner musikalischen Vergangenheit rumstöbern. Du hast in den 1980ern in diversen Bands gespielt, von denen wahrscheinlich JINGO DE LUNCH am bekanntesten sind. Meine persönlichen Favoriten sind allerdings ZERSTÖRTE JUGEND. Du kamst 1984 als zweiter Gitarrist zur Band nach der Veröffentlichung der ‚Tanz aus dem Ghetto‘ LP. Wie sind deine Erinnerungen an diese Zeit und an die Aufnahmen für die ‚Spastic Nightmare‘ 12″ EP? Und woran lag es, dass sich ZERSTÖRTE JUGEND 1985 aufgelöst haben?
Meine Erinnerung an diese Zeit hält sich in Grenzen, ich hatte damals nämlich ein ernsthaftes Drogenproblem. Ich glaube aber nicht, dass die Band sich deswegen aufgelößt hat, sondern eher das wir uns mit der ‚Spastic Nightmare‘-EP musikalisch verlaufen haben. Heiland wollte unbedingt auf Englisch singen, dass Schlagzeug sollte langsamer spielen, man wollte rocken und meine uninspirierten Endlossolos haben der Sache dann den Rest gegeben. Nach der vielversprechenden ‚Tanz aus dem Ghetto‘ war es leider ein eher dürftiges Ergebnis, in dem jeder positive musikalische Ansatz durch fehlende Cleverness im Arrangement vernichtet wurde.

Irgendwie langweilig und verhersehbar…na ja, wir haben noch eine Italien- Tour gemacht, an die ich auch kaum Erinnerung habe, außer dass es ein Riesen-Desaster war und wir nicht den Eindruck hatten, dass dort irgendwer auf uns gewartet hätte. Trotzdem war es eine wichtige Zeit für mich, weil mir eine Menge Vertrauen entgegengebracht wurde und das hat mir auch später geholfen meine Probleme in den Griff zu bekommen. Aufgelöst haben wir uns tatsächlich aus Antriebslosigkeit ohne das groß zu komunizieren. Ich habe mit Finne, Uwe und Yvonne MANSON YOUTH gestartet, Heiland fing mit VELLOCET an und Sepp ging zu PLAN B.
Bevor wir über MANSON YOUTH reden nochmal eine letzte Frage über ZR. Wie du ja selber weisst hat Weird System die komplette ZERSTÖRTE JUGEND-Diskografie im Jahr 2003 wiederveröffentlicht. Wurdet ihr an den Verkäufen der LP / CD beteiligt oder wie lief das ab?
Au weia, das ist eine super Story… ich habe ne Weile mit dem Typen telefoniert, Nicknam hieß der oder so ähnlich. Irgendwann kam er dann mit der Information um die Ecke, dass ich eine einmalige Zahlung von 300,- Euro kriege und damit alle Rechte abgebe und er auch keine Abrechnung mehr vorlegen muß. Na ja es gab ein Riesengeschrei am Telefon und wir haben die Kommunikation dann abgebrochen. Er hat dann gar nichts gezahlt, eine Myspace- und eine Wikipedia-Seite erstellt und meinen Namen einfach nicht erwähnt, quasi so getan als hätte ich nie etwas damit zutun gehabt. Ich hätte warscheinlich rechtlich dagegen vorgehen können, aber das war mir dann doch irgentwie zu kleinkariert, allerdings: Ich finde das Label Weird System seitdem extrem unseriös. Der Typ ist knallhart, und ich eben nicht.
Eine krasse Geschichte, Tom! Dieses Verhalten unseriös zu nennen ist in diesem Zusammenhang noch eine sehr diplomatische Wortwahl. Aber es ist nicht das erste Mal, dass Weird System so unglaublich unseriös agiert – spontan fällt mir da gerade ein Interview von Greg Sage (THE WIPERS) ein, wo er sagt, dass er ‚Is This Real?‘ und ‚Youth of America‘ niemals an Weird System lizenziert hat und das ihm diese Platten sozusagen „gestohlen“ worden sind. Aber wo wir gerade beim Thema Plattenlabel sind – wie waren denn deine Erfahrungen mit Destiny Records, We Bite und Hellhound?
Destiny war das erste Label in meinem persönlichem Umfeld, dass sich getraut hat Platten rauszubringen. Dave hat das damals im Alleingang gewuppt und dementsprechend chaotisch ist es auch teilweise gelaufen, aber er hat einen Haufen verschiedene Leute an einen Tisch gebracht, dass ist ja fast messbar wenn man sich den ‚What doesn’t hurt us makes us stronger‘-Sampler anguckt. Wer da alles mitgemacht hat… das war von der Mischung schon genial. Ich  war damals 17 oder 18 und die Vorstellung in einer Band zu spielen, die im Studio Lieder aufnimmt, die dann auch veröffentlicht werden, war für mich eine verselbständigte Assoziation von epischem Ausmaß. Heutzutage ist
Destiny ein sehr integeres Label und wird von Jacho geleitet, mit dem ich seit Ewigkeiten befreundet bin. Alles ist sehr korrekt, fast ein bißchen spießig im Vergleich zu früher. Ich würde die grundsätzlich immer weiterempfehlen. Auf We Bite wurde vor 30 Jahren ‚Perpetuum Mobile‘ veröffentlicht – die Platte mag ich sehr gerne… der typ hieß Thomas Issler. Ich habe kürzlich gelesen, er sei als Trainer für Internetmanagement unterwegs. Na ja, ich habe ihn schon damals für ne Flietzpiepe gehalten. Hellhound wurde damals extra für JINGO DE LUNCH gegründet, immerhin haben die dann noch ne Saint Vitus und auch ne Obsessed-Platte lizensiert (?)… aber wir mussten genau wie bei We Bite für jede Abrechnung den Rechtsanwalt bemühen.
Hellhound hatten sogar mehrere Alben von SAINT VITUS und THE OBSESSED veröffentlicht und anderen feinen Kram, aber das nur mal so am Rande. Wir hatten ja gerade über MANSON YOUTH geredet, welche man ja durchaus als JDL-Vorläufer sehen kann. Sehe ich das richtig, das Power It Up Records ne MANSON YOUTH-Compilation in Planung hat, wo u.a. die Songs der Split-LP mit H.O.A. drauf sind oder bringe ich das was durcheinander?
Ja, natürlich hat Hellhound gute Sachen rausgebracht. MANSON YOUTH ist eine Band, die ich mit Finne und Uwe gemacht/gestartet habe. Dann kam Yvonne dazu, die zeitgleich noch in Combat Not Conform war. Combat Not Conform war ihre Hauptband. Wir haben auch nicht besonders oft zusammen mit Yvonne geprobt, die hat ihre Texte hauptsächlich mit Tapes gemacht. Zum Studiotermin stieg dann noch Sepp ein. So gesehen war MANSON YOUTH eher ein Projekt. Es war dann ein ziemliches Aha-Erlebnis, als im Studio das Instrumentarium im Kasten war. Der Gesang kam erst ganz zum Schluß und war die große Überaschung – damit hatte keiner gerechnet. Yvonne hatte es einfach drauf Rhythmik, Phrasierung und Melodien zu entwickeln… absolut unausrechenbar. War schon eine verfahrene Situation, wir hatten tolle Aufnahmen, nur leider keine richtige Band. Und ja… genau – diese Aufnahmen werden neu veröffentlicht von Power It Up.
Danke für die Bestätigung bezüglich der MANSON YOUTH-Wiederveröffentlichung! Dann habe ich mich doch nicht geirrt. Und COMBAT NOT CONFORM habe ich damals in den Achtzigern sehr gerne gehört. Aber dafür, dass MANSON YOUTH mehr ein Projekt als eine richtige Band war, habt ihr sehr gute Songs abgeliefert. Zumindestens für meinen Geschmack. Nun gut, aus MY wurde dann JINGO DE LUNCH und ihr seit damals eingeschlagen wie eine Bombe und das zurecht. ‚Perpetuum Mobile‘ und ‚Axe to Grind‘ sind zwei absolute Klassiker, welche durch ihren erfrischenden, leidenschaftlichen Stilmix überzeugt und auch polarisiert haben. 2010 habt ihr noch das Album ‚Land of the Free-ks‘ herausgebracht und im gleichen Jahr gab’s auch noch ne Tour, wo ihr sogar in meiner Heimatstadt Oberhausen im Zentrum Altenberg aufgetreten seit. Etwas später habt ihr euch dann getrennt und mir kam diese Trennung recht abrupt und disharmonisch vor. Ist mein Eindruck falsch und wie kam es eigentlich zu der Trennung?
Wie gefällt dir eigentlich TREEDEON und hast du noch Kontakt zu Steve und Henning?
Ich finde nicht, dass die ‚Axe to Grind‘ ein großer Klassiker ist… ganz und gar nicht. Ich finde diesen aufgeblasenen Rambo-Sound knapp an der Grenze zur Peinlichkeit, fast alle Lieder sind zu langsam eingespielt und jeder Schmutz, Dreck, also das was Musik in diesem Genre eben sympathisch macht, wurde eliminiert und glatt poliert, aber das Schlimmste daran war: Es war meine Intention, das genau so zu machen. Bei ‚Land of the Free-ks‘ hast du schlecht recherchiert: Ich habe auf dieser Platte nicht mitgespielt. Als Sepp 2007 oder 08 ausgestiegen ist, habe ich noch 2 Konzerte mitgespielt und auch das Handtuch geschmissen im gegenseitigen Einverständnis mit den anderen. Ich will an dieser Stelle lieber nicht spekulieren, warum die sich getrennt haben, denn ich habe eigentlch zu allen ein positives Verhältnis. Ich habe mit Henning, Steve, Sepp und Yvonne warscheinlich mehr Zeit verbracht, als mit meinen Geschwistern. Das prägt irgendwie schon. Henning war auf der ES WAR MORD-Release-Party, Steve kommt sowieso öfter vorbei, wenn wir spielen und mit Yvonne habe jetzt gerade Kontakt wegen dem MANSON YOUTH Re-release und ihre Band Treedeon finde ich sehr beeindruckend. Das die nicht klingen wie Ulme oder Jingo De Lunch finde ich konsequent und logisch. Leider fallen sie ein wenig hinten runter, also ich meine, dass die nicht die Wahrnehmung bekommen, die sie eigentlich verdient hätten….aber ich bin mir sicher, über einen längeren Zeitraum werden sie sich durchsetzen.
Wenn ich an peinliche Plattenproduktionen denke, dann fällt mir sehr viel ein, aber nicht die ‚Axe to Grind‘. Klar, die Produktion ist ein wenig aufgeblasen, aber da gibt es Schlimmeres. Nun gut, zum Glück sind die Geschmäcker verschieden. Bezüglich der ‚Land of the Free-ks‘ hab ich überhaupt nicht recherchiert, sondern einfach nur geraten….hahaha. Ich habe nach der ‚Axe to Grind‘ das Interesse an JINGO DE LUNCH komplett verloren, da mir die nachfolgenden Alben absolut nicht gefallen haben und das hat sich bis heute nicht geändert. Themenwechsel – wie und warum bist du eigentlich bei Extrabreit gelandet?
Also, nach der vorletzten JINGO-Platte ‚Deja Voodoo‘ wurde klar, dass es für mich keinen Konsens mehr gab in der Band. Wir haben monatelang zu einem programmierten Schlagzeug die Gitarren, Bass und Gesang aufgenommen und zum Schluß wurden dann erst die richtigen Drums eingespielt. Im mix waren die Gitarren total leise, die Stimme war 5 mal gedoppelt, es hat mir überhaupt keinen Spaß gemacht und das Ergebnis hat mir nicht gefallen. Ich wollte gerne live spielen und auch so aufnehmen, aber wir haben es noch nicht mal geschafft regelmäßig zu proben, weil die Stimmung nicht gut war und keiner sich gekümmert hat. Ca. 2 Monate nachdem ich den Schlußstrich gezogen hatte, rief mich Kai Havaii an und fragte mich, ob ich Lust hätte bei Extrabreit einzusteigen. Ich dachte: „Wow, dass sind doch die Typen, die lieder wie, ‚Polizisten‘, ‚Alptraumstadt‘, ‚Der Präsident ist tot‘ und ‚Der Führer schenkt den Klonen eine Stadt‘ geschrieben haben. Na ja, wir haben dann zusammen ‚Jeden Tag jede Nacht‘ im Hafenklang aufgenommen und danach habe ich einen Vertrag unterschrieben…. so jetzt könnten wir doch eigentlich mal wieder über ES WAR MORD reden, oder? 🙂
Na klar, aber vorher würde ich gerne noch ein wenig über dein eigenes Studio ‚Schaltraum‘ reden. 🙂 Wann hast du das Studio gegründet und was war der Grund dafür? Warst du unzufrieden mit anderen Studios?
Richtig, wie ich schon angedeutet habe, war ich oft unzufrieden und ich habe mich oft ausgeliefert gefühlt. Ich habe mir 1993/94 ein kleines Pult und eine ADAT gekauft, so eine Art frisierter Videorecorder, mit dem man 8 Spuren gleichzeitig aufnehmen konnte. Damit habe ich erstmal rumprobiert. Richtig los ging es dann 2002 – da habe ich mir einen G4-Rechner und das Digi 001 von Pro Tools besorgt und ein paar gute Preamps. Das fand ich genial, kaum Aufwand, man kann das Ding überall auf den Tisch stellen, bisschen verkabeln und los gehts. Gefährlich ist allerdings, dass man alles 1000mal aufnimmt und sich denkt, das sortieren wir später… . Alles quatsch, macht eh keiner. Also haben wir wieder angefangen Bandmaschinen einzubauen, klingt besser und es hat den Vorteil, dass man früher gezielter Entscheidungen treffen muß.
Kannst du denn durch das Studio deinen Lebensunterhalt finanzieren oder hast du noch einen Job? Und gibt es eigentlich eine Band oder einen Musiker / Musikerin, mit dem / der du unglaublich gerne mal zusammenarbeiten würdest?
Ja, ich habe bis vor einem Jahr das Schaltraum-Studio im Berliner Funkhaus gemacht, dass lief finanziell ok, mal besser mal schlechter. Das Funkhaus hat dann den Besitzer gewechselt und danach mußte ich raus, bzw. alle Studiobetreiber sind raus, weil die Mieten einfach zu teuer wurden. Im moment bin ich dabei mit Thomas Götz ganz in der Nähe, also auch in Rummelburg, neue Räumlichkeiten zu gestalten, wo man aufnehmen kann und ebenso proben. Im Juli schaffen wir es dann hoffendlich dort die ES WAR MORD 10″ aufzunehmen. Ansonsten hätte ich gern die zweite Scream-Platte ‚This Side Up‘ aufgenommen, aber da war ich erst 19 und hatte nur einen Kassttenrecorder. Ich würde zum Beispiel gerne mit den New Bomb Turks arbeiten, aber die machen wohl keine Platten mehr. Akuell fallen mir die Monsters aus der Schweiz ein; eine fantastische Band mit zwei Drummern.
ES WAR MORD war das Stichwort, womit sich der Kreis schliesst und wir so langsam aber sicher auf das Ende dieses Interviews zusteuern. Eure erste Veröffentlichung war ein Tape auf Wild Wild East. Kann man dieses Tape als Demo sehen und wie kam es zu der Entscheidung z.B. keine 7″ EP rauszubringen?
Wir haben zu dem Zeitpunkt im Schaltraum geprobt und haben immer mal mitgeschnitten. Die Aufnahmen von dem Tape sind entstanden, als wir eine Session mit der Bandmaschine hatten und alles schon verkabelt war. Die Band hat Feierabend genacht und ich habe die gefragt ob wir ihr Schlagzeug für die EWM-Probe benutzen dürfen… wir haben dann komplett live alles mitgeschnitten, also auch den Gesang. Es wurde auch nicht groß gemischt, sondern ich habe nur Levels gemacht und alle Spuren auf eine Stereospur runtergezogen und dann eher als Info an die anderen weitergeleitet…Stunk hat das Maciek von Wild Wild East vorgespielt und der wollte das dann so rausbringen. Es war eigentlich nicht als Demo gedacht und eine Entscheidung ist auch nicht wirklich gefallen, sondern es hat sich eben alles so ergeben. Die erste Auflage hatte auch nur 50 Stück, die war dann aber sehr schnell weg, danach hat er noch eine gemacht die lag bei 150 und ist auch vergriffen.
Gibt es evtl. noch mal ne dritte Auflage von dem Tape?
Nein, Maciek meinte das es reicht. Vielleicht macht sich irgendwann mal einer die Mühe das bei Youtube hochzuladen, dann kann sich jeder seine eigene Cassette aufnehmen, aber bei dem schicken Siebdruckcover wirds schwierig. Es kann aber gut sein, dass es nochmal zu einer Zusammenarbeit mit Wild Wild East kommt, z.b. ein ‚Livetape/Platte‘ oder wir machen unseren eigenen Bootleg. Die 10″ wird ja auch limitiert sein, da würde es sich fast anbieten…haha.

https://de-de.facebook.com/eswarmord.official/
https://soundsofsubterrania.bandcamp.com/album/unter-kannibalen

Interview: Klaus Kleinowski

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