März 17th, 2007

DEAN DIRG (#102, 10-2003)

Posted in interview by andreas

Wer kennt sie nicht, diese netten Nerds von Nebenan von denen spiessige Menschen immer behaupten aus denen wird doch doch später nie wirklich was. Genauso ist es auch mit den vier Jungs von Dean Dirg. Allerdings scheissen die den oben genannten Menschen mit ihrem neuesten Album direkt ins Gesicht und stellen erstmal klar wo der Hammer hängt.

Dean Dirg sind weitab von jeglichen Wellen im Punkrockbereich, sondern fahren einfach ihr Ding. Nämlich Hardcore Punk der alten Schiene wie es früher Circle Jerks und Adolescents z.B. gemacht haben und das der Kram noch lange nicht vergessen ist das zeigen begeisterte Kritiken wie auch meist positive Resonanz nach ihren Liveauftritten. Dean Dirg machen keine Show sondern sind die Show und wenn ihr euch deren Platte entgehen lasst dann jammert doch weiterhin über eure immer grösser werdenden Lücken im Plattenregal.

Dass die Jungs auch noch ne Meinung haben zu ihrem Scheiss, das bewiesen Sie mir neulich bei ein paar Bierchen in meiner Bude.

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Auf euren Platten habt ihr bis jetzt noch nie erwähnt, wie eure Namen sind. Hat das einen bestimmten Sinn oder denkt ihr das Namen eh nur Schall und Rauch sind ?

Börge: Auf der ersten Platte haben wir es schon nicht gemacht und auf der letzten haben wir es dann halt auch sein lassen.

Klaus: Bei total vielen Bands ging es mir auch einfach total auf den Sack, das manche Bands dabei dann auch oft total übertreiben. Am Ende hatte ich dann eigentlich auf gar nichts mehr dann grossen Bock.

Dean Dirg Elite Youth ist ja auch schon ziemlich Aussage kräftig. Wie viele Jahre liegen denn zwischen den beiden Platten ?

Torsten: Das müsste so zwischen 1 und 2 Jahren liegen.

Mir ist halt aufgefallen, was damals noch etwas holprig klang, klingt auf der neuen eher wie aus einem Guss. Gesanglich sind da echt grosse Fortschritte zu erkennen und auch musikalisch hat die neue mich echt überrascht. Wie seht ihr das denn ?

Börge: Wir haben gestern mal das alte Demo Tape gehört und da war der Unterschied noch krasser. Die neue ist schon homogener als die alten Sachen, da hast du wohl Recht.

Torsten: Irgendwann hat sich die ganze Scheisse auch eingependelt.

Wut und Angepisstheit ist schon ein Hauptbestandteil eurer Texte, alles nur Image oder steckt da wirklich was dahinter?

Börge: Ich finde es auch schon mal lächerlich auf seinem Losertum rumzureiten, aber es ist ja wirklich so. Wir sind jetzt mittlerweile so Mitte 20 und in dem Alter fängt es ja auch an so langsam haarig zu werden.

Torsten: Es geht einem so langsam echt der Arsch auf Grundeis, momentan scheisse ich total ab auf„s Leben. Wenn du mit 16 Jahren so auf Loser machst, dann hast du immer noch den Gedanken, dass es in 10 Jahren eh besser wird, aber so mit Mitte 20 geht dir der Arsch echt auf Grundeis.

Klaus: Ich mein wir leben ja einfach in unserer eigenen kleinen Welt, ich meine ich geh zwar zur Uni z.B. aber mit den Leuten will ich einfach nichts zu tun haben. In dieser kleinen Welt geht es mir ja auch gar nicht mal schlecht, wir fahren zu Konzerten, spielen Konzerte und sind total eingegrenzt.

Börge: Das ist ja auch der Grund warum wir den Scheiss überhaupt machen, weil das einfach Megaspass macht und es einfach geil ist mit den Spackos hier unterwegs zu sein.

Torsten: Mir gehen einfach sauviele Sachen in der Welt auf den Sack und im Punkrock Bereich hat man manchmal das Gefühl das diese Leute einen verstehen.

Ich glaube allerdings schon dass der ganze Punk Kram, wie Style, Buttonreunion und schlechte Punkrockkopien gerade ganz schön Trend sind. In der Tina stand letztens drin wie man sich als Punker zu kleiden hat und ich meine das ist ja schon fast wieder lustig.

Börge: Das ist ja genau der Trugschluss, man kann sich nicht auf Bewegungen, Subkulturen oder sonst was gehen um gute Leute zu definieren. Die Leute die ich cool finde kann ich an fünf Fingern abzählen und das hat leider nichts mit Punkrock oder Hardcore zu tun.

Klaus: Das uns das schon gefällt wie die Leute 1977 damals aussahen, das können wir auch nicht wirklich bestreiten.

Torsten: Modebezogen ist ja jeder irgendwie z.B. lauft halt jeder in Chucks oder mit Buttons rum. Aber früher habe ich mir echt viel Gedanken über den Begriff Punkrock, aber mittlerweile scheiss ich darauf.

Was ihr da gerade so gesagt habt, das kam ja auch schon in dem Booklet zum Vorschein. Euer jetziges Booklet habt ihr mit alten Flyern gestaltet, in die ihr euren Bandnamen nachträglich reingeschrieben habt. Welches von den Konzerten, wäre denn der grösste Wunsch gewesen?

Torsten: Alle. Obwohl Misfits, Poison Idea und 7 Seconds das ist mein Favourit. Aber der wo Agnostic Front draufsteht den find ich scheisse, obwohl Adolescents, ne bei Adolescents da können wir einpacken und nach Hause fahren. Auf jeden Fall waren das geile Konzerte, so im Nachhinein erinnert man sich schon gern.

Wie kam es denn zu der Idee?

Börge: Es war ein bisschen so, dass es früher Stimmen gab die sagten, ihr wollt so sein wie Circle Jerks.

War das denn auch ein bisschen so?

Börge: Natürlich, wir fahren total auf so alte Sachen ab. Wir haben damals mit so Black Flag Cover Sachen angefangen, haben auch viel so Songs dann auch live gespielt und daraus ist dann auch die Booklet Idee entstanden. Auch um die Leute anzupissen die sich damals schon über unsere Sachen aufgeregt haben.

Heute auch noch viele Cover dabei?

Börge: Eins haben wir immer dabei, aber überwiegend eigene Sachen.

Gibt so ein Cover auch Sicherheit, man bekommt das Publikum schneller auf seine Seite oder ist das eher Quatsch?

Klaus: Wenn du nach einem schlechten Auftritt, ein Cover wie Reagan Youth „Degeneration“ bringst dann kann das ganz schnell peinlich werden.

Börge: Wenn du eine Band gesehen hast und es hat dir alles gefallen und am Ende kommt dann zur Krönung noch mal ein alter Kracher, dann fühlt man sich als Zuhörer auch einfach gut unterhalten.

Torsten: Punkrock ist mit Sicherheit mehr als nur eine Show, aber es ist auch eine Show. Wenn ich auf ein Konzi gehe, Kommunikation ist wichtig, aber man will auch eine Show haben und die bieten wie den Leuten.

Börge: Sobald eine Band die Bühne betritt sind die doch eh nur Schauspieler, das vergessen die meisten.

https://www.youtube.com/watch?v=6zLYfItU2JE

Momentan läuft es auftrittsmässig ja ganz gut, alles Schuld der Platte oder kümmert ihr euch mehr?

Torsten: Momentan läuft es besser, aber es ist ja auch klar, wenn du irgendwo gespielt hast und die Leute sagen „Geile Scheisse“ dann bekommst du auch schon schneller mal wieder einen Gig woanders.

Börge: Wir spielen in letzter Zeit super viel, deshalb mache ich ja die Scheisse auch, egal ob du vor 10 Leuten oder vor zig Leuten in einer grossen Halle und einer dicken PA auftrittst.

Klaus: Das ist ja auch das, was ich mit der kleinen Welt meine. Man zieht sich raus, ist auf Tour, hat Spass und kann am Ende auch noch Konzerte spielen.

Börge: Das Beste ist halt, man ist mit den besten Freunden unterwegs und mit denen will man abhängen und mit denen will man nur das in dem Moment machen. Jetzt gehen wir erst Mal zehn Tage auf Tour im Mai mit Columbian Neckties und Juni auch noch mal eine kleine Tour. Es läuft schon super, momentan.

Kennt ihr euch schon richtig lange oder seit ihr erst seit der Band zusammen?

Börge: Ach wir kennen uns schon seit der Schule, also schon seit mehreren Jahren…

Es ist doch dann auch einfacher zusammen Musik zu machen, oder?

Torsten: Ich glaube deshalb hat auch alles so gut bei uns geklappt, da bestand auch überhaupt kein Druck, wir fahren eh alle auf die gleiche Kacke ab und dann kam alles von selbst.

Als ich euch das erste Mal sah, da kamt ihr schon echt authentisch rüber, was ich bei Bands einfach immer echt wichtig finde. Bei euch gab es nicht diese Uniformiertheit, keine Posen oder Phrasengedresche, sondern einfach nur nach vorne ohne Rücksicht auf Verluste. Erzählt mir doch mal was über die Entstehung von „Try My Ass“.

Börge: Das ist ganz einfach, die Wörter sind alle aus der Zutatenliste eines Deostiftes und einer Waschlotion und wir haben dann die besten rausgepickt und in Versform gebracht.

Torsten: Man schmiert sich irgendetwas auf den Körper und weiss gar nicht was da eigentlich drin ist, ausserdem klingen manche Sachen echt gruselig.

Torsten, hat Straight Edge zu sein für dich auch Auswirkung auf die Band?

Torsten: Irgendwie schon

Börge: Das ist doch einfach mal ein Zeichen für die ganzen Spansen, die eh nur Saufen und auf dicke Hose machen. Der Torsten ist mein bester Freund und einfach das Beispiel dafür, dass nicht saufen, nix mit einem Stock im Arsch zu tun hat.

Torsten: Wie oft sehe ich Edger die immer sagen, ich kann auch ohne saufen abgehen und Spass haben, aber nüchtern doch gut stockig und unsicher Macho sind. Das finde ich dann eher traurig.

Wie lange seid ihr denn jetzt so dabei Instrumente zu spielen?

Klaus: Meine Eltern wollten mich immer überreden und letztendlich habe ich mich dann mit 13 Jahren für die Gitarre entschieden.

Börge: Ich spiele nichts mehr von der Scheisse die mir meine Eltern andrehen wollten, Schlagzeug habe ich mir komplett selber beigebracht mit 16 Jahren.

Torsten: Meine Eltern waren nie auf dem Musik Trip, ich habe mich irgendwann mal selber fürs Bass spielen entschieden und damit war gut.

Klaus: Doof hat am meisten mit Instrumenten gemacht, aber nie etwas richtig gelernt und deshalb kann er jetzt auch nichts.

Börge: Letztes Jahr wollt er noch Musik studieren, aber jetzt ist er Schreiner. Ein durchgeknallter Schreiner.

Der ist schon ein bisschen durchgeknallt, euer Sänger, oder?

Börge: Doof ist einfach ne abgefuckte Scheissratte..

Torsten: Auf der Bühne kommt der schon am abgefucktesten rüber, aber…

Klaus: Sonst putzt der eher seine Wohnung.

Börge: Einmal war ich auf einem überraschungsbesuch bei ihm, da hat der zu megalauten Suicidal Tendencies seine Küchenschränke geputzt.

Die Frage nach den Instrumenten bezog sich darauf, ob man nicht irgendwann auch mal Bock hat mehr als nur Geschrammel zu machen, sondern den eigenen Anspruch zu erhöhen.

Börge: Das ist ja eigentlich immer so der logische Schritt, irgendwann ist dann halt das Punkgeschrabbel out. Aber wir haben einfach vor, aus der billigsten Musik das Beste rauszuholen und ohne dabei nur zu dreschen.

Da sind ja auch noch andere Projekte am Start bei euch, worum handelt es sich denn da?

Börge: Klaus und ich spiele noch in so ner 77 Cover Punk Band.

Klaus: Allerdings eher nur auf Parties und manchmal Geburtstagen. Alles viel ruhiger, eher so Vibrators, Buzzcocks usw.

Wo spielt ihr denn am liebsten, eher so besetztes Haus, Juze oder auch schon mal der grosse Club?

Börge: Mittlerweile ist mir das echt egal, ne gute PA hat auch ihre Vorteile, genauso macht es aber auch Spass das ganze unabgemischt in die Menge zu rotzen.

Was war denn so das netteste was Dean Dirg in seinem ganzen Bestehen mal so passiert ist?

Börge: Das geilste war, da hatten wir an einem Tag zwei Konzerte, eins in Mühlheim und später dann in Schwerte im Rattenloch. So ein kleines altes Kinderschwimmbad, wir kamen zu spät und haben nicht mitbekommen, dass Doof schon eine Flasche Jägermeister auf der Fahrt getrunken hatte. Beim ersten Song fing Doof dann an Bierflaschen in’s Publikum zu wixen, und nach dem zweiten Song war der dann so dicht, dass er nur noch mit dem Kopf am Bühnenrand lag.

Torsten: Die letzten Songs mussten wir dann singen, die Techniker waren teilweise schon am abbauen und der Sound war eh Scheisse, gehört hat sich auch keiner mehr von uns. Es war einfach gottgleich.

Börge: Den anderen Bands stand das Maul offen und die haben gar nichts mehr gerafft.

Wenn’s euch mal richtig scheisse geht, was liegt dann auf eurem Plattenspieler?

Klaus: Also ich höre dann am liebsten Murder City Devils.

Börge: Shirley Bassey ist so meine absloute Sonntags-Down Platte und Vipers sind auch gut.

Torsten: Ich höre dann lieber Krach, Black Flag ist dann echt immer ne gute Wahl.

Findet ihr es wichtig Platten zu sammeln?

Torsten: Sammeln als Status Objekt ist Schwachsinn, aber einfach Sammeln um immer neue Bands kennen zu lernen ist okay.

Wieso guckt uns Clint Eastwood auf dem Cover an?

Börge: Wir brauchten einfach einen geilen Typen der ne Knarre in der Hand hält.

Torsten: Clint Eastwood kann ja wohl mal alles, oder?

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Interview: Sascha Klein

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