März 17th, 2007

DAS KLOWN (#73, 12-1998)

Posted in interview by andreas

eines schönen montags erhielt das bunte haus das angebot, in celle ein konzert für DAS KLOWN zu veranstalten. problem war nur, dass das konzert schon den darauf folgenden sonntag sein sollte und es sowohl mit der beflyerung der veranstaltung sowie der pa beschaffung reichlich eng wurde…

…ein paar tage später befanden sich die band aus long beach und wir, die organisationstalente, im celler loch, wo es anders als im bunten haus nicht viel werbung braucht. wie das dann so ist unterhält mensch sich dabei eben auch ein bisschen über satan und die welt. aber dazu gleich mehr. den bandnamen hatte ich vorher ja schon mal irgendwo aufgeschnappt, nur gehört hatte ich eigentlich noch nichts von ihnen.

hmmm, nach dem einschub der cd wunderte mich das doch gewaltig. war es doch astreiner LA punk ala ANGRY SAMOANS und DI der meine trommelfelle erfreute. live ging das ganze nach diversen unabhängigen ohrenzeugen der stiftung konzerttest zwar etwas mehr in die dead kennedys richtung, aber auch dagegen ist ja nichts einzuwenden. bei bester laune erfreuten sich dann auch rund 50 besucherINNEN in der sardinenbüchse celler loch an den darbietungen der kalifornier. überhaupt, was für eine kult verdächtige veranstaltung.

noch während des Konzertes fuhr ein hippielaster vor, von dem aus lecker volkxküchen-falaffel verkauft wurden. die strasse war voller menschen, erfüllt von herrlicher musik. yiess, so schön kann sonntag sein. nur der döner laden direkt neben dem celler loch hat wohl nicht so gefeiert. blieb er doch diesen tag auf seiner ganzen ekeligen fleisch schmocke hängen. nun ja, wie gesagt, gab es auch ein gespräch. und wie das manchmal so ist nähert mensch sich über so originelle themen wie das wetter an.

***

na frierst du dir hier in deutschland schön den arsch ab? bei euch in kalifornien habt ihr ja wohl nicht so eine sau kälte wie hier, oder?

A.J.: ahh, du täuscht dich. dieses jahr ist es gar nicht so warm. wir hatten diesen el nino sturm, sehr seltsame geschichte…

das ruft dem tipper seinen eigenen trip in diese region wieder ins gedächtnis, und er erinnert sich an die sau kalten stürme in venice beach ende märz diesen jahres.

dieses „das“ eures bandnamens `ähnelt` ja nun nicht gerade unwesentlich einem deutschen wort. was soll`n wir`n davon halten?

A.J.: ach, eigentlich bedeutet das gar nichts. das haus in dem wir damals lebten hiess club klown. und als ein freund von mir den film „das boot“ gesehen hat, strich er club durch und schrieb fett DAS an die wand. meine güte, das sah so cool aus… so sind wir zu dem namen gekommen.

so den überblick wer hier bei euch wer ist habe ich ja ehrlich gesagt nicht. vielleicht stellst du mir einfach mal alle vor und erzählst mir was ihr sonst so macht.

A.J.: ich bin a.j., 33 jahre und singe. ich arbeite in der filmindustrie in hollywood im kulissenbau. das sind dann so sachen wie batman und dieser ganz kram, weisst du? dann ist da noch jimbo, auch 33 jahre alt, der gitarre spielt und ansonsten karate unterricht gibt. jayson, ebenfalls gitarre, ist 27 und schweisser von beruf. unser drummer heisst justin, er ist 19 und gärtner. ach ja, und nicht zu vergessen, nate unser bassist, 17 jahre, schüler und sex offender. er ist auf dieser tour allerdings leider nicht mit dabei, weil sein dad es ihm verboten hat. eigentlich war alles klar, es gab keine probleme. doch dann hat er wohl in den augen seines vaters richtig scheisse gebaut. das war wohl so, dass er die schule geschwänzt hat, und dafür lieber sex mit seiner freundin hatte.

blöderweise hat ihn sein dad dabei erwischt, was zwar an sich gut peinlich für ihn ist, aber auf der anderen seite auch nicht weiter schlimm. das dumme daran war nur, dass nate sich selbst eine entschuldigung für die schule schrieb und die unterschrift seines vater darauf fälschte. als das dann rauskam war der ofen aus. da war der alte herr so sauer, dass nate eben nicht mit auf tour kommen konnte.

da half es auch wenig, dass ich zu nates vater bin und ihm gesagt habe, dass sein sohn bei mir in guten händen sei, dass ich auf ihn genau so gut aufpassen werde wie auf meinen eigenen sohn, wahrscheinlich besser als er es selbst jemals könnte. im endeffekt hat ihn das wohl nur noch ärgerlicher gemacht. deshalb spielt jimbo jetzt einen grossteil der bassparts. für uns war das natürlich auch recht beschissen, so kurz vor der tour noch umzustellen und den bass von jemand anderem spielen zu lassen.

ihr seid ja nun auch alle nicht mehr so ganz jung. wie lange treibt ihr euch schon als band rum?

A.J.: oh, lass mich mal überlegen. seit 1989. aber ich bin das einzige übrig gebliebene gründungsmitglied. es gab eine reihe line up wechsel. obwohl, die anderen sind eigentlich auch schon so 6-7 jahre dabei.

ich sehe da gerade jemanden mit einem skunk records kapuzen shirt. ach, die long beach dub all stars sind auch auf diesem label? dann ist euer derzeitiges label ja wohl eher ein grösseres, oder? seid ihr direkt von triple x zu skunk gewechselt?

A.J.: nein, wir waren irgendwann mal bei triple x und auf diversen anderen labels. unter anderem haben wir eine platte für poshboy rausgebracht, aber der typ hat uns total abgezogen. er hat das bereits in den achtzigern mit leuten gemacht, als er dieses ganze LA punk zeugs veröffentlicht hat. deshalb wollten wir eigentlich gar nichts mit ihm machen. aber die leute von damals haben uns erzählt, dass der typ kürzlich mit der kohle rübergekommen sei und das alles paletti sei. bei uns aber hat er die gleiche scheisse wieder abgezogen. wir sind so von label zu label gependelt. ein guter freund von mir bat mich dann eine platte auf seinem label „know records“ herauszubringen. in dieser ganzen pre-skunk zeit hatte das klown einen recht schweren stand. wir sind mehr so vor uns hingekrepelt.

es war nicht leicht shows zu bekommen und ständig musstest du plattenfirmen die tür einrennen. offspring haben mal für uns eine show eröffnet, als sie noch niemand kannte. und nachdem sie diesen riesen erfolg hatten und deren sänger sein eigenes label gegründet hatte, schickte ich ihm unser demo. keine resonanz, nicht mal eine absage, gar nichts. also rief ich dort an und fragte was mit unserem demo sei. alles was ich wollte war ein einfaches ja, wir machen eure platte, oder eben ein simples nein. doch das schien für die zu schwierig. also fragte ich sie, was sie überhaupt für eine band suchen? die meinten dann so bands wie tsol oder offspring?

ich wollte wissen, wie das denn gehen solle, da es sich hierbei musikalisch um völlig unterschiedliche bands handele. das führte alles zu nichts und endete darin, dass ich mit einem fuck you den hörer auflegte. uhhh, schlecht für uns. denn von dort an hat uns das offspring lager richtig angekackt. die haben ihrem vertrieb gedroht, ihn zu verlassen, sollten sie weiterhin DAS KLOWN vertreiben. und genauso ging es uns mit einigen bookern. in riverside bekamen wir jahrelang keine shows mehr, da ich mich mit einem „wichtigen“ menschen dort angelegt hatte. wie ich später rausfand ging er mal mit meiner jetzigen frau, was ich zu der zeit aber nicht wusste, aber auf der anderen seite erklärt das natürlich auch einiges. ach scheisse, ich bin einfach ein offener mensch, der den leuten eben seine meinung sagt, auch wenn klar ist, dass es nicht mit ihrer konform geht.

anscheinend vertragen das viele leute in kalifornien nicht. aber dann stand urplötzlich skunk records auf der matte. wir sind mit einigen der long beach dub all stars befreundet, und sie haben dem label wohl gesteckt sich bei uns zu melden. ich konnte es erst gar nicht glauben und hielt es für einen scherz. denn eigentlich passen wir nicht in ihr labelprogramm, wir sind die einzige LA punk band. für uns ist dieser deal mit skunk eine super sache, da wir das erstemal einen richtig guten vertrieb bekommen, endlich.

und all diese offspring & co. kacker können uns mal. das ist schon seltsam. plötzlich wollen alle etwas von uns, wir haben uns nicht verändert, machen das gleiche wie zuvor, aber die leute rennen uns schon ein bisschen die tür ein, im vergleich zu vorher. ständig klingelt das telefon und meine frau guckt mich bereits ganz komisch an. ich kann dann auch nur mit den schultern zucken, da ich es ja selbst nicht verstehe. unter anderem rief jemand an, der fragte ob wir shows mit FEAR spielen wollen? du kennst doch fear, oder?

neeeeeeeeee, was für eine frage…

A.J.: …und ich fragte ihn, wie mit FEAR? wie ist denn da der deal? der typ meinte, es würden lokale bands vorweg spielen, dann wir und dann FEAR. wau, klar machen wir das. und als er dann noch sagte, es handele sich um 10 gigs in ganz kalifornien fiel mir wirklich nichts mehr ein. endlich haben wir mal die chance vor richtig vielen leuten zu spielen. in los angeles beispielsweise treten wir in diesem billboard laden auf.

das ist total der rocker schuppen, riesig gross. der gehört diesem amerikanischen billboard magazin, von dem du vielleicht schon mal gehört hast. die veranstalten dort immer ihre partys. und wir werden in riverside spielen, das erste mal seit vielen jahren, und all diese arschlöcher können nichts dagegen machen. kennst du das label community?

du meinst das hier in deutschland? ja das kenne ich wohl. die sind recht gross und werden seit kurzem über den major virgin vertrieben. wieso?

A.J.: die haben unsere neue platte lizensiert. sie wird in kürze hier erscheinen. wollen mal sehen, ob das dann hier bei euch genauso einen positiven schub gibt wie drüben bei uns. ich hoffe, das klingt jetzt nicht so sell out mässig, so als wollen wir jetzt das ganz grosse ding landen oder so. das wäre nämlich total falsch. ein bisschen erfolg wäre sicher schön, solange wir alles andere beim alten lassen können.

wir werden so bleiben wie wir sind, denn dafür kennen wir uns erstens zu gut und zweitens machen wir unser ding dafür auch einfach schon zu lange. wenn wir das nächste mal nach europa kommen wollen wir immer noch mit den gleichen leuten zusammenarbeiten, in den gleichen läden spielen, hier im celler loch oder im bunten haus. es gibt auch überhaupt keinen grund daran etwas zu ändern. klar wenn wir ab und zu mal ein paar grosse shows spielen können, fein, machen wir. aber das bedeutet auf der kehrseite ja nicht, dass wir alles andere dafür aufgeben müssen.

was trinkst du denn da, jever fun?

A.J.: ja, das ist alkoholfrei.

das hätte ich ja jetzt bei so LA punkrockern nicht unbedingt erwartet. trinkst du nie?

A.J.: nein, nicht mehr. ich hatte mal grosse probleme mit alkohol und drogen. in dieser zeit habe ich sowohl meine freunde wie auch meine familie richtig schlecht behandelt. ich war bestimmt ein totales arschloch und das konnte einfach nicht so weiter gehen.

eigentlich solltet ihr euch doch gerade auf grosser polen tour befinden. warum wurden die daten so kurzfristig gecancelled?

A.J.: wie uns freunde erzählt haben sind dort in letzter zeit dinge passiert, die wir uns nicht geben müssen.

lass mich mal raten. die generators haben euch von dem erstochenen typen erzählt. (kürzlich ist dort ein hannoveraner von faschos erstochen worden. superscheisse das ganze**) nachdem die generators davon wind bekamen, hatten die so die hosen voll, dass sie mit zittrigen knien alle auftritte dort abgesagt haben.

A.J.: ja, das stimmt. wir haben den polnischen promoter gefragt, ob er uns dieses und jenes garantieren könne wenn wir kommen, aber das schien nicht so. deshalb sind wir jetzt hier. mir ist natürlich klar, dass dort nicht alle nase lang leute erstochen werden. aber wenn man uns nicht mal ein paar wesentliche zusicherungen machen kann, brauche ich solchen mist nicht.

und politisch so, seid ihr interessiert?

A.J.: ach nee, ich versuche mich aus dem ganzen scheiss rauszuhalten. einige sachen die laufen mache ich mit, weil ich sie ok finde und andere versuche ich so gut es geht zu umgehen und nicht zu unterstützen. jeder hat halt so seine sachen die ihm am herzen liegen, du kannst dich in meinen augen nicht um alles kümmern. mir zum beispiel liegen tiere sehr am herzen.

ich liebe tiere, im grunde sogar mehr als menschen. wo immer ich hinkomme erzähle ich den leuten von dieser gorilla foundation in san diego. dazu findest du auch informationen in unserer neuen cd. das ist eine organisation, die mit gorillas arbeitet. die haben herausgefunden, dass diese tiere mit menschen über handzeichen kommunizieren können. diese gorillas haben quasi einen wortschatz von 500 begriffen, den sie durch handzeichen wiedergeben können.

das ist ja alles ganz gut und schön. aber wozu soll das gut sein, ist das so eine art super attraktions zoo, oder was? und woher stammen deren tiere eigentlich?

A.J.: nein, das hat überhaupt nichts mit einem zoo zu tun. diese organisation nimmt tiere auf, die aus welchem grund auch immer in anderen zoos nicht bleiben können. sie arbeiten mit diesen tieren und sammeln geld für ein riesiges freigehege auf hawaii, was im grunde einer auswilderung gleich kommt.

im augenblick haben sie 5 gorillas in san diego von denen das weibchen koko das älteste ist. mit ihr gibt es sogar einen werbespot im fernsehen für diese organisation. ich kann dir jetzt hier auch nicht alles über die gorilla foundation erzählen. am besten du schaust einfach mal auf ihre webpage im internet (http://www.gorilla.org), oder schreibst ihnen bei konkreten fragen eine e-mail (hanabiko@earthlink.net)

***

nach dem auftritt im celler loch hatte die band einen day off, den sie für einen besuch der kz gedenkstätte bergen belsen genutzt hat. der gute a.j. kann ja tausendmal erzählen, dass ihn politik und dieser ganze kram nicht interessiert.

wenn man aber mit ihm zu diesem ort fährt und er einem seine gedanken zu rassismus schildert und wie er diesen in der gesellschaftsform begründet sieht etc. etc. bekommt man schon einen anderen eindruck über ihn. sicher interessiert ihn politik genau so wenig wie mich wenn es darum geht ob schröder kanzler wird oder nicht, oder ob bill mit monika was am laufen hatte.

all dieser ganze dreck ist so was von egal wie nur was egal sein kann. wenn er einem aber von seinem 13 jährigem sohn erzählt, bei dem er plötzlich hakenkreuzgekritzel findet und sich so lange ernsthaft mit ihm über dieses thema auseinander setzt bis er den eindruck hat, dass sein sohn begriffen hat wie scheisse das ist, dann spiegelt das sehrwohl das bild eines politisierten menschen wieder, dem eben doch nicht alles so egal ist, wie es im interview den eindruck erwecken mag. das klown haben auch eine homepage, das sollte ich noch erwähnen.

http://www.skunk.com

interview: torsten meyer

Links (2015):
Wikipedia
Discogs

 

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