Juli 10th, 2018

CLAIRMEL (#73, 12-1998 )

Posted in interview by Jan

clairmel, clairmel, clairmel…? kennst du nicht? schön dumm. solltest du mal dieses interview lesen. dann könnte diesem mißstand nämlich abhilfe geleistet werden. gainsville ´91, eine bandgrün­dung. die stadt haben sie längst gen tampa ver­lassen, doch die musik ist die gleiche geblieben. leicht dilettantischer college rock mit einem gesun­den bein im hardcore (dischord style) und so wundervollen text zeilen wie ”when I think of this town this town sometimes gets me down”.
schön, klingt irgendwie nach celle. clairmel hört sich ein bißchen wie ein frauenname an finde ich, aber das ist wohl nicht ganz richtig. …das ist eine kleine stadt in der nähe brandons, florida. das ist die stadt, wo dieser typ namens billy ferry durch einen supermarkt geschossen ist, die leute mit benzin übergossen und angesteckt hat… clairmel sind weißgott nicht die perfekte band. aber genau das, dieser leicht unfertige touch der songs macht ihren reiz aus. ja ja, ich weiß es klingt komisch. daniel hat es auch nicht verstanden und meinte ich spinne. aber es ändert doch nichts daran, clairmel sind toll…

 

immer wieder gerne gefragt, immer wieder gerne gelesen. das ”wer ist wer” der band.

don sizemore – gitarre und gesang

dave decker – gitarre und gesang

richie lawler – baß

und ich, paul arcos – schlagzeug

was treibt ihr´n so neben der band?

don wird dieses semester die universität mit einem abschluß in kunst beenden, um danach als lehrkraft in diesem bereich tätig zu werden. dave ist ein fahrrad mechaniker. richie arbeitet in einem lagerhaus und ich bin bei einer bail bond company (das ist wohl so eine firma, die mit kautionen geschäfte macht) juchu, es lebe das proletariat.

verfolgt ihr mit dem schreiben eurer musik und texte ziele wie die beeinflussung von leuten, auf welche art und weise auch immer? was sind clairmels grundsätzliche ziele als band?

ich glaube nicht, daß unsere musik irgend jemand beeinflussen soll. unsere texte erzählen aus unserem leben. es ist unsere sichtweise von dingen , die wir erlebt oder beobachtet haben. und natürlich unsere reaktion auf dinge, die uns passiert sind, sowohl gute wie schlechte. möglicherweise finden sich leute in unserer musik wieder. wenn dem so ist, ver­stehen sie auch worum es geht. alle anderen werden diese songs wohl nicht interessieren. man kann schon sagen, daß wir mit dem schreiben unserer musik uns selbst am glück­lichsten machen.

könnt ihr damit leben, in die emo schublade gesteckt zu werden?

wir haben uns nie als emo band verstanden. wenn die leute uns so sehen, dann sei dem so. wir sind weder erfreut darüber noch löst es bei uns ein stirnrunzeln aus. es ist uns absolut egal wie du uns kategorisierst. wir werden aber mit sicherheit nicht anfangen lieder zu schreiben um zu beweisen, daß wir nicht ”emo” sind. würdest du uns kennen, dann wüßtest du was ich meine.. und überhaupt, ist ”emo” nicht eh nur gerade the flavor of the week…

müßt ihr euch oft mit dieser tough guy scheiße bei konzerten rumärgern. soweit ich weiß scheint das dieser tage ein sich ausbrei­tendes problem zu sein. redneck pimmel, die zu hardcore shows kommen und alles in grund und boden slammen was ihnen körperlich nicht gewachsen ist.

wenn ich mich recht erinnere (damals) ging das doch damit los, daß sich leute bei konzer­ten wild durch die gegend geschmissen haben. und was red neck tough guys angeht, ich bin mir ziemlich sicher, daß es einige von denen da draußen gibt. aber was willst du dagegen machen? kürzlich wurde eine unserer shows in orlando florida von skins gestürmt. das ganze war im wesentlichen ein großes albernes wort­gefecht, eine geworfene bierflasche und ein bißchen rumgeschubse. bei jeder show gibt es idioten. man sollte ihnen aber nicht noch die aufmerksamkeit schenken nach der sie so verzweifelt schreien. wenn wir es aber doch mal tun müssen, treten wir ihnen in den arsch.

was kotzt euch am meisten an EURER szene an? und was würdet ihr auf der anderen seite über alles vermissen wenn ihr dem ganzen hier einen schönen tag wünschen würdet?

was uns am meisten an der szene hier in tampa ankotzt ist, daß es keine gibt. nicht daß ”szenen” als solche immer eine gute sache sind, aber hier gibt es so gut wie keine bands. gainsville ist da noch am dichtesten dran, wenn es um eine szene geht in der wir uns tummeln. das liegt wohl daran, daß dort alles für uns angefangen hat. wenn wir zu alle dem lebewohl sagen müßten? wir würden nur die musik vermissen. szenen kommen und gehen und haben oft die angewohnheit konkurrenz zu schaffen. und so etwas tötet letztendlich eine szene.

was haltet ihr eigentlich davon, daß clinton seine kampfbomber nach den anschlägen auf US botschaften in afrika eingesetzt hat? wenn überhaupt, hätte so ein ”gegenschlag” doch auch sicher auf eine weniger spektaku­läre und effizientere art und weise von statten gehen können, oder? wenn da man nicht nur jemand das öffentliche auge von der aufkommenden lewinsky affäre ablen­ken wollte…

wer weiß? die ganze sache ist ein großer hau­fen mist.

wie sieht es denn mit eurer politischen motivation aus? interessiert euch was so um euch herum passiert? macht es sinn sich näher über politische themen mit euch zu unterhalten?

ich würde mal sagen, daß wir politisch nicht sehr motiviert sind. vielleicht sind wir ignorant gegenüber der politischen welt, vielleicht ist es uns aber auch einfach nur egal. politik scheint im wesentlichen ziemlich evil zu sein. nun, auch auf die gefahr hin, daß ich hier wie ein idiot klinge werde ich jetzt nicht weiter da­rüber reden.

in einem songtext eures letzten albums heißt es ”when I think of this town this town sometimes gets me down”. diese zeile paßt schon fast zu sehr zu der kleinen stadt aus der ich komme. eigentlich ist es dort ganz nett und angenehm weil im grunde jedeR jedeN kennt. auf der anderen seite schiebst du auch viel zu häufig frust, weil nicht wirklich etwas passiert. trifft das auch auf tampa zu?

dave hat das geschrieben. er sagt, der song wäre über jede stadt, gainsville, tampa, welche auch immer. wenn du lange genug an einem ort bist, wird dich früher oder später etwas runter ziehen.

warum seid ihr überhaupt von gainsville richtung tampa abgewandert? ist gainsville kein cooles fleckchen erde zum leben? ich meine, immerhin kommen hot water music von dort. und was kann es cooleres geben :-)?

gainsville ist ein großartiger ort, wahrschein­lich meine lieblingsstadt. aber nur mal neben­bei, hot water music sind von sarasota dorthin gezogen. ich denke nicht, daß sie gainsville zu etwas gemacht haben, zu dem was es heute ist. sie sind dort hinggezogen, weil es schon etwas war.

eure platten erscheinen bei no idea records. in letzter zeit sind einige florida bands wie hot water music oder hankshaw zu doghouse records gewechselt. haben die euch auch schon angesprochen?

var, der master mind hinter no idea records, war immer großartig zu uns. er ist wie ein bruder für uns, ein wirklich guter freund. und wir haben nicht die geringsten bestrebungen uns anderweitig umzusehen. er ist einer der wichtigsten menschen, die in gainsville über­haupt erst einmal etwas zum laufen gebracht haben. er und das hardback cafe. var hat wirklich vielen bands aus gainsville geholfen und sehr viel dafür geopfert. und wir respektie­ren das.

genau wie meinem lieblingsAXEL sagt man euch nach, große simpson fans zu sein, richtig? tscha, axel hat mir ehrlich gesagt bis heute nicht klar machen können, was so spektakulär an den simpsons sein soll. vielleicht habt ihr damit ja mehr erfolg.

sorry, wir sind keine großen simpson´s fans, schon seit jahren nicht mehr.

tscha, klassischer fall von fehlinformation würde ich sagen… ich möchte nächstes jahr mit ein paar leuten nach florida kommen, nette menschen besuchen usw. habt ihr vielleicht noch ein paar reisetips abseits der ganzen tourie grütze? so richtig cooler insider tips wären cool.

fahr nach gainsville, schau dir im hardback eine show an und du wirst garantiert coole leute treffen.

habt ihr freundinnen, seid ihr vielleicht sogar verheiratet? oder ist clairmel die perfekte groupie band?

wir sind alle vergeben, sorry groupies. als ob sich´s je darum gedreht hätte.

 

interview: torsten meyer

 

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