März 21st, 2020

CAVE IN aus #86, 2001

Posted in interview by Jan

Cave In

Stone schrieb an einem anderen Ort eine Kritik zu „Jupiter“, der neuen Platte von Cave In, in der er betonte, dass die Popband Cave In noch nicht so überzeugend sei wie die alte Version der Gruppe auf dem Debüt „Until Your Heart Stops“. Sebastian schrieb in der letzten Ausgabe sogar was von „Abneigung“ gegenüber den letzten Tracks auf der „Until your Heart Stops“-CD, die gerade mit Bonusmaterial auf Relapse wiederveröffentlicht wurde. Man kann sich gut vorstellen, dass Cave In eine Menge solcher Kritiken bekommen haben.

Die Band hat vor gut zwei Jahren auf Hydra Head eben jene „Until Your Heart Stops“ herausgebracht, die aus der Masse aller neueren Metalcore-Bands eindeutig herausragte. Keine Notwendigkeit also, dass Ruder komplett herum zu reißen. Aber die Gruppe fühlte sich offensichtlich nicht wohl in ihrem Becken, in dem mittlerweile zu viele zu ähnliche Fische umher schwammen. Also macht die Gruppe jetzt auf „Jupiter“ weit ruhigere Musik. Pop würde ich das noch nicht unbedingt nennen, eher eine seltsame Variante von Artrock (aber so ganz passt das auch nicht). Und es stimmt: So richtig überzeugend ist „Jupiter“ noch nicht geworden. Aber auf alle Fälle gut. Und die Band scheint auf dem besten Weg dahin, sich eine schöne eigene Nische einzurichten. Und das ist mir allemal lieber, als die x-te neue Metalcore-Scheine. Befragen wir also Gitarrist Adam McGrath dazu.

Ihr habt jetzt gleich zwei „neue“ Platten in Europa veröffentlicht. Die alte LP „Until Your Heart Stops“ und die eigentlich neue „Jupiter“. Ziemlich verwirrend, das Ganze. Warum habt ihr denn überhaupt die alte Platte über Relapse noch mal neu in Europas herausgebracht?
Wir hatten ganz einfach das Angebot von Relapse und hielten das für eine gute Idee. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie bekannt wir bisher in Europa waren oder wie viele Platten wir verkauft haben. Kennen uns die Leute überhaupt in Europa?

Ich habe die Platte jedenfalls als Vinyl schon ziemlich lange. Wie alt ist die Platte denn schon? Und was hältst Du jetzt von ihr?
Sie kam im Sommer 1998 heraus. Wir sind jetzt vier Leute in der Band. Damals waren wir zu fünft, wir hatten noch einen weiteren Sänger. Viele der Lieder sind auch für fünf Leute geschrieben. Ungefähr einen Monat, bevor wir ins Studio gingen, verließ uns der andere Sänger. Wir mussten also alles neu arrangieren. Wir schrieben außerdem noch einige zusätzliche Songs. Wenn ich jetzt zurückblicke, sehe ich schon, dass die Lieder ganz anders geschrieben sind als die neuen Sachen. Wir waren damals sehr jung und haben noch nicht besonders viel live gespielt. Für eine erste Platte war es eine gute Erfahrung. Es hat Spaß gemacht, so lange im Studio zu sein.

Das Album ist im Vergleich zu „Jupiter“ relativ extrem. Hat sich denn eure Einstellung so stark verändert seither?
Die Platte ist ein Teil von uns. Aber wir wollen heute ganz einfach andere Sachen machen. Es ist nicht so, dass wir „Until Your Heart Stops“ heute nicht mehr mögen würden. Immerhin haben wir uns die Ärsche für diese Platte aufgerissen. Aber wir sind begeisterter, wenn wir in die Zukunft schauen als in die Vergangenheit.

Wie würdet ihr denn „Jupiter“ bezeichnen? Was ist das für Musik?
Wir haben definitiv einen Hardcore-Background. Den kann man uns nicht nehmen, schließlich hat uns das geformt. Aber als wir „Jupiter“ schrieben, wollten wir nicht mehr unbedingt so extrem harte Songs spielen. Wir fanden einfach, dass unsere persönlichen Einflüsse mehr durchkommen sollten. Bands wie Nirvana zum Beispiel, mit denen wir aufgewachsen sind. Was auch noch wichtig war, dass wir einander mehr und mehr vertrauten und Spaß hatten, zusammen Musik zu machen, so dass wir uns trauten, einfach mal ganz andere Dinge auszuprobieren. Wir wollten einfach mal tun, was wir wollten.

An Nirvana hätte ich jetzt nicht unbedingt gedacht, eher an Seventies-Rock.
Auf jeden Fall. Jedenfalls waren wir mit „Until Your Heart Stops“ auf Tour. Und wir spielten mit so vielen Metalcore-Bands. Teilweise haben bei den Shows fünf dieser Bands gespielt. Es gab keine Abwechslung, nichts Aufregendes bei diesen Shows. Das Problem ist halt, dass es so viele Metalcore-Bands gibt, so dass die Musik völlig verwässert ist. Dillinger Escape Plan, Isis oder Converge – diese Bands sind natürlich großartig. Das sind auch Leute, die die Musik machen, die sie wirklich möglichen. Aber es gibt so viele Gruppen, die ganz einfach stagnieren. Es war so ermüdend. Wir mussten einfach etwas anderes machen.

Einige dieser Gruppen werden aber langsam richtig groß, wie Dillinger Escape Plan zum Beispiel. Eigentlich war es doch dumm, nicht mehr solche Musik zu machen…
Ja, aber wir wollten natürlich die Musik spielen, an die wir Lust haben. Klar, wir hätten noch einmal „Until your Heart Stops“ aufnehmen können. Und vielleicht wäre die Platte weit größer geworden als die erste LP. Aber so macht es uns mehr Spaß.

Was für Reaktionen habt ihr denn bisher auf „Jupiter“ bekommen?
Erst dachte ich, dass es schwierig werden würde. Aber nachdem die Leute uns live gesehen haben und die Platte anschließend gekauft haben, scheint es sehr gut zu laufen. Wir haben mittlerweile auch schon einige Kopien verkauft. Wir haben bei Konzerten allerdings auch schon schlechte Reaktionen gehabt. Wir haben vor kurzem mit Vision Of Disorder gespielt. Und das Publikum beschimpfte und bewarf uns. Dann bekamen wir enttäuschte Briefe. Ich habe zum Beispiel Sachen gehört wie „Ihr seid kein Metal mehr. Ich mag euch nicht mehr“. Das ist ja nicht einmal eine richtige Kritik. Ich finde das ziemlich enttäuschend, dass Leute so engstirnig sind.

Im Info stand, dass ihr in den College-Rock-Charts seid. Was heißt denn das überhaupt?
Das sind nur die Charts, was in den Radiostationen der Colleges läuft. Es ist schon cool, dass wir da drin sind. Aber das heißt auch nur, dass sich die Leute dort unsere Song anhören müssen, ob wir deswegen mehr verkaufen, kann ich dir auch nicht sagen.

Und warum heißt die Platte „Jupiter“? Hat das Deiner Meinung nach was mit der Musik zu tun?
Die Idee kam von unserem Sänger Steve. Er meinte, es sei einfacher Lieder zu schreiben, wenn man einen Titel hat. Wir interessieren uns alle für diese Dinge: Planeten, Satelliten, Raketen und so. Ich habe irgendwann mal einen Artikel darüber gelesen, dass Jupiter eigentlich ein verhinderter Stern ist, der dann doch zu einem Planeten wurde. Keine Ahnung, ob das wissenschaftlich richtig ist, aber ich mochte einfach dieses Zitat. Also entstand der Titel „Jupiter“. Leute nannten unsere Musik auch schon „Spacerock“. Was ich faszinierend finde, ist, dass es um Planeten und den Weltraum etwas Mysteriöses gibt. Das findet sich hoffentlich auch in unserer Musik wieder.

Ist die Platte denn eigentlich auch ein Schritt weg von Hydra Head, die ja schließlich auch für Metalcore stehen?
Natürlich eröffnet uns „Jupiter“ eine Menge neuer Türen. Aber sie haben uns bisher immer sehr geholfen. Wir haben eine unglaublich gute Beziehung zueinander. Also hoffe ich ganz einfach, dass wir gleichermaßen wachsen. Bisher haben sie uns auf jeden Fall sehr geholfen.

Ursprünglich hieß es ja, dass ihr mit Dillinger Escape Plan und Botch auf Tour kommen würdet. Warum hat das eigentlich nicht geklappt?
Ich gehe noch zur Universität und kann selber nicht vor nächstem Sommer so lange auf Tour gehen. Dann habe ich meinen Abschluss. Also schlug ich den anderen vor, dass die anderen einen Ersatzgitarristen mitnehmen sollten, um auf jeden Fall touren zu können. Die anderen haben es probiert, aber letztlich wollten sie keinen Ersatzgitarristen nehmen. Was ich sehr nett finde. Immerhin haben wir vier immer zusammen gespielt, so dass innerhalb der Band eine bestimmte Atmosphäre entstanden ist. Die ginge dann natürlich verloren. Außerdem wollten wir lieber hier ein paar Konzerte spielten, um „Jupiter“ zu promoten.

Interview: Dietmar Stork

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