März 27th, 2021

Befreiung Neu Denken – Mit erzählungsbasierten Strategien Kampagnen gewinnen und die Welt verändern, Patrick Reinsborough & Doyle Canning

Posted in bücher by Dolf

Unrast Verlag, Fuggerstraße 13 A, 48165 Münster, www.unrast-verlag.de

Die englische Originalausgabe (Re-Imagine Change) ist 2017 bei PM Press in den USA erschienen. Canning ist Mitbegründerin des Center for Story-based Strategy (CSS) im kanadischen Vermont, ebenso ihr US-amerikanischer Mitautor Reinsborough, der bereits seit 25 Jahren in den verschiedensten sozialen Bewegungen aktiv ist. Auf Seite 190 fassen die beiden die ersten Teile des Buches ziemlich gut zusammen: „ Bis hierhin wurden in diesem Handbuch verschiedene Aspekte des Ansatzes der erzählungsbasierten Strategie dargestellt. Die Grundlage ist dabei die narrative Machtanalyse ein Verständnis für die wichtige Unterscheidung zwischen Wahrheit und Bedeutung und die Betrachtung von Machtverhältnissen durch die Brille der Erzählungen.

Wir haben Konzepte wie Framing, Kontroll-Mythen und Memes untersucht, die Erzählungen auf das wesentliche zusammenfassen und verbreiten können. Wir haben gezeigt, das die Elemente einer Erzählung geeignete Werkzeuge darstellen, um diejenigen Narrative zu dekonstruieren, die wir verändern wollen, und um diejenigen Narrative zu konstruieren, welche Teil unserer eigenen Kampagne sind. In Kapitel III haben wir zwischen Narrativen zur Mobilisierung und Überzeugung unterschieden und verschiedene Techniken aufgezeigt, mit denen die Elemente einer Erzählung genutzt werden können, um den Kampf um die Erzählungen zu gewinnen. In Kapitel IV wurden die Interventionspunkte behandelt und Ideen vorgestellt, wie Aktionen am Interventionspunkt der Annahme zur Veränderung von Narrativen und zu einer veränderten öffentlichen Wahrnehmung eines Themas führen können.“ Es handelt sich also um ein Praxishandbuch das einen theoretischen Rahmen, sowie die dazugehörigen praktischen Werkzeuge liefert um sozialen Bewegungen zum Erfolg zu verhelfen. Denn der Macht der Erzählung kann sich niemand entziehen, das wissen PR-Profis, Politiker und Kommunikationswissenschaftler seit langem nur allzu genau. Deshalb schlägt das Autorenduo vor, Menschen nicht (nur) mit den Fakten zu überzeugen – da dies oftmals einfach nicht gelingt. Sondern alles in eine gute Geschichte zu verpacken, welche die Leute erreicht und ein Umdenken bewirkt. Also eigentlich genau das, was die Gegenseite schon seit jeher praktiziert und das deshalb eigentlich verpönt war. Da sich aber nun raus stellt das die Masse der Menschen nicht durch Wissen und Fakten zum Umdenken angeregt werden kann, muss man sie eben über gut gemachte Geschichten mit den richtigen Inhalten erreichen. Das widerspricht zwar dem „Think for yourself“ Gedanken, aber wenn es dann zum Ziel führt ist es wohl, so sieht es aus, leider notwendig. Zumal es ja auch bedauerlicherweise so ist das viele falsche Geschichten bei den meisten Menschen so eingebrannt sind, das sie eben nur durch neue, bessere Geschichten verdrängt werden können. Vieles davon ist natürlich eigentlich überhaupt nicht neu: das eine gute Geschichte, flankiert von einem geilen Slogan mit einer Klasse Pointe die prima erzählt ist, besser ankommt als staubtrockene theoretische Fakten ist ein alter Hut. Aber all das wird hier mit neuen Begriffen in Worte gefasst und somit eine eigene Erzählung geschrieben. Es gibt massig Beispiele von erfolgreichen Kampagnen, viele davon vom CSS begleitet, auf der ganzen Welt (ergänzt mit praktischen Beispielen aus Deutschland von Herausgeber Timo Luthmann). Zum Ende hin zieht sich das dann doch sehr in die Länge und man hat das Gefühl immer und immer wieder das gleiche zu lesen – aber es geht eben immer um das gleiche: es soll Basisaktivisten geholfen werden effektiver für gesellschaftliche Emanzipation und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen zu streiten. Und das ist natürlich heute genauso wichtig wie schon immer. Und da ja mittlerweile alle mit diesen „Tricks“ arbeiten, ist es wohl auch legitim wenn wir diese auch anwenden, für die gute Sache. Das Buch macht einerseits Mut es weiter anzugehen, andererseits ist es natürlich traurig zu lesen wie weit die Zerstörung des Planeten schon vorangegangen ist. Und gleichzeitig macht es natürlich auch wütend. Interessantes Buch zum Thema, welches wegen mir gern etwas kompakter zusammengefasst sein könnte. Wie so oft bin ich am Ende dann aber doch froh es bis zum Schluss gelesen zu haben. Also, bemüht Euch und packt unsere Anliegen in Zukunft in Geschichten mit einem entsprechenden Framing, gespickt mit einer guten Meme und bringt sie zu den richtigen Interventionspunkten. 298 Seiten, Taschenbuch, 18,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3897712706

[Trust # 206 Februar 2021]

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