Juni 13th, 2019

BAMBI DAVIDSON (#83, 2000)

Posted in interview by Thorsten

September 1999: Fugazi geben sich die ehre und weihen den Z-bau in Nürnberg ein. Mit von der partie u.a. eine lokale formation, die zum einen auffallen wegen ihrer geringen personellen stärke – ein duo – zum anderen wegen des sound, der den instrumenten entlockt wird. Die formation hört auf den namen BAMBI DAVIDSON… Nach ihrem auftritt ein paar wohlwollende worte zu Dolf und die sache ist vorerst vergessen… bis vom chef eine mail kommt: mir hätten doch Bambi Davidson recht gut gefallen und ob ich interesse hätte anlässlich ihres neuen, respektive ersten albums ein interview mit ihnen zu machen. Warum eigentlich nicht…
April 2000: nach einem – wiederum beeindruckenden – auftritt der beiden im rahmen ihrer release-party mit den labelkollegen von Stale trifft man sich um ein paar klärende worte im backstagebereich der Desi auszutauschen.

Bevor sie jedoch richtig in angriff genommen werden konnte, mussten wir (Robin – „ich bin Robin und spiele gitarre und bass und singe dazu. Und das mach ich, weil ich nix anderes kann.“ – und ich ) noch auf Hans-Christian – kurz Hansi -, den schlagzeuger warten. Bei dieser gelegenheit konnten wir die eindrücke des eingangs erwähnten konzertes vergleichen. Resümee: es hatte sich dabei um einen wirklich klasse abend gehandelt. Für mich, weil ich drei wirklich gute bands erleben durfte. Für die „Bambis“, insofern, als sich die „befürchtungen, dass wir als letzte den soundcheck machen könnten und so alles recht stressig werden würde“ als unbegründet erweisen sollten. „Genau das gegenteil war der fall. Alles war perfekt“.
Wohl auch nicht zuletzt, weil sie meines erachtens auch musikalisch da recht gut reingepasst. Gerade mit Fugazi gibt´s es ja durchaus leichte überschneidungen, was den sound und die musik betrifft.
Eine einschätzung, der auch Robin durchaus zustimmen kann. “Es war schon ein lustiger abend. Ich hab auch Ian von Fugazi eine cd geschickt, weil er die unbedingt haben wollte. Und ein paar wochen später kam eine postkarte von ihm, weil er von der cd total begeistert war.“ Vielleicht kommt ja dann eure nächste bei Dischord raus… „Ja genau! So als erste nicht Washington band auf Dischord…“ spricht Robin, der eigentlich aus Holland kommt und vormals mit Megakronkel schon auf sich aufmerksam gemacht hat.
Als sich auch Hansi schliesslich zu uns gesellt, kann auch der „offizielle“ teil des interviews beginnen.

Was auffällt: ihr seid nur zu zweit. Kommt das, weil ihr so schwierig seid, dass niemand mit euch zusammen arbeiten will? Oder könnt ihr nicht mit anderen zusammenarbeiten?
R: Wir stinken *gelächter* nein wir haben versucht, mit einem bassisten zu spielen, aber der ist dann kurz nachdem wir angefangen – so nach drei monaten …
H: Anderthalb monaten…
R: … hat er angefangen in Hamburg zu studieren. Wir haben dann schon noch versucht mit ihm zu proben wenn er hier war und wir wollten auch tapes hin und her schicken. Nur das hat dann überhaupt nicht geklappt. Hansi und ich haben in der zwischenzeit dann halt alleine geprobt und songs gemacht, die zu zweit schon komplett waren.
H: Und die auch spass gemacht haben zu spielen. Eigentlich war es ja nicht so geplant. Wir haben auch nur versucht an ideen zu arbeiten, haben aber dabei sachen gespielt, die sich auch zu zweit gut angehört haben. Da war dann im endeffekt auch kein richtiger platz mehr für ein drittes instrument. Vor allem für nen bass halt. Und als wir dann realisiert hatten, dass es im endeffekt halt darauf hinausläuft haben wir einfach beschlossen, zu zweit weiter zu machen.

Ich hatte auch nicht den eindruck, dass noch ein instrument fehlt.
H: Das kann ich jetzt nicht beurteilen. Aber es gibt schon leute, die sind zwar in der minderheit, aber es gibt schon leute, die sagen, sie könnten sich da ’nen guten bass vorstellen. Kann ich beides nicht nachvollziehen… * gelächter*

Wie viel improvisiert ihr eigentlich, wenn ihr live spielt?
R: Eigentlich gar nichts. Das meiste ist schon festgelegt. Es gibt zwar minimale improvisationen, z.b. bei der länge oder irgendwelche übergänge. Aber die strukturen und die parts sind festgelegt.

Oh, ich hatte eigentlich den eindruck, dass die musik so angelegt ist, dass für improvisationen noch platz ist…
H: Es ist eigentlich nur bei „ventilator“, das ja so ambient-mässig ist, so, dass recht wenig festgelegt ist. Das ist eigentlich ganz offen. Das ist aber auch das einzige stück in dieser richtung; wo keine struktur da ist. Es gibt nur eine gewisse organisation, halt dass es gewisse dynamische vorgaben gibt, aber das ist alles. Der rest ist aber festgelegt… manchmal muss man aber improvisieren, wenn man irgendwie fehler macht oder nicht mehr weiss, was los ist oder heim zu seiner mama möchte…

Spielt ihr lieber live oder lieber im übungsraum? Ich denke es ist ja schon recht stressig, zwischen den liedern immer die instrumente zu wechseln, das umstöpseln oder irgendwelche effekte zu wechseln.
R: Nein, wir spielen eigentlich schon gerne live. Darum geht es bei einer band ja letztlich. Na ja, das wechseln der instrumente ist schon stressig. Aber das hat sich jetzt halt so ergeben. Ich glaube auch nicht, dass es für das publikum so nervig ist.
H: Für mich ist es sogar essentiell, dass ich zwischen den liedern wenn Robin seine gitarren wechselt ein wenig luft holen kann.

Du (Hansi) hast beim zugaben teil mal gefragt, ob es nicht noch einen anderen song gäbe, den ihr spielen könntet.
H: Echt, das hast du gehört?
Ja, ich stand ja gleich neben dir…
H: Ich hatte da nur gerade keinen bock drauf – den song der als nächstes kommen sollte. Aber das war nur blabla… ich wusste ganz genau, dass wir den song jetzt spielen müssen. Es war also eine rein rethorische frage, die nur ausdrücken sollte, dass ich eigentlich viel zu fertig bin…*gelächter*

Ihr habt ja recht viele instrumentalstücke… also erst mal die frage, wie wichtig sind die texte die ihr habt?
R: Die sind eigentlich schon wichtig. Zumindest für mich. Weil wenn ich schon was singe, dann soll das schon ein guter text sein. In der regel spielen wir einfach drauf los. Wir versuchen dann zwar schon immer einen text zur musik zu finden. Meistens passt dann aber der gesang nicht so richtig zur musik und dann wird er einfach weggelassen.
H: Es ist so eine grundtendenz, alles, was den song nicht wirklich weiterbringt einfach weg zulassen. Daher wohl auch die entwicklung zur zweierbesetzung. Manchmal ist gesang echt geil, aber ich seh es nicht ein, ihn grundsätzlich zu verwenden. Nur weil es zur rockmusik gehört einen sänger zu haben, der dann den wichtigsten part in der band hat.
R: Es kommt aber auch vor, dass man was spielt und gleich dazusingt. Da ist dann gleich klar, das gehört dazu und da passt alles.
H: Aber genauso ist es manchmal klar, dass es keinen gesang braucht.

Ist es euch eigentlich lieber, wenn die leute sich bei einem konzert hinstellen und euch einfach nur zu hören und sich auf die musik konzentrieren; oder sollten sie eher tanzen und abgehen (was ja nicht so ganz leicht ist, bei der musik)?
R: Na ja, heute abend war es ja mehr so ein zuhörpublikum fand ich. Aber das war auch in ordnung. Für unsere verhältnissse war das heute auch eher ein introvertiertes konzert, wo wir halt einfach nur versucht haben, so gut wie möglich zu spielen. Wir haben aber auch manchmal konzerte, die rauer sind. Da wird dann zwar unter umständen manches etwas schiefer, aber das ganze ist einfach explosiver. Das geht dann halt auch auf das publikum über.
H: Ich hab´s aber ehrlich gesagt noch nicht erlebt, dass die leute so richtig abgehen. Mag sein, dass es einen pusht. Andererseits: mehr als alles geben kann ich nicht. Und das mach ich, wenn die leute nur zuhören genauso, wie wenn sie tanzen.
R: Bei „ventilator“, das ja eher ein ruhiges stück ist, merkt man wenn es die leute nicht interessiert, weil du dann das gelaber hörst. Heute war es aber bei dem stück total ruhig. Das ist dann schon ein gutes zeichen, weil die leute halt total bei der sache sind und auch richtig zuhören.

Es gibt ja tatsächlich bands, die es nicht mögen, wenn sich das publikum mit tanzen ablenkt, statt auf die musik zu hören…
R: Gut, wenn mir das wer sagen würde, würde ich zum pogotanzen amfangen *lach*…
H: Solange die leute nicht zum stage-diven anfangen ist alles ok.
R: Jeder soll das machen, bei dem er die musik am besten aufnehmen kann. Ob er dann tanzt oder lieber auf dem bauch liegt … *lach*

Was hört ihr eigentlich daheim?
R: In letzter zeit hab ich Guided By Voices und Teletubbies gehört…
H: Stale hab ich in letzter zeit ein paar mal gehört. Auch die neue Jim O´Rourke finde ich sehr gut…

Ich hab jetzt eigentlich nur gefragt, weil sich in eurer musik schon sehr viele verschiedene einflüsse finden. Drum wollte ich jetzt neugierdehalber schauen, ob das mit den persönlichen hörgewohnheiten übereinstimmt.
H: Teilweise vielleicht. Aber ist halt was ganz anderes, musik zu machen und sie sich anzuhören. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob ich mir eine Bambi Davidson platte kaufen würde. Auch wenn ich, während ich die musik mache, ich das gefühl hab, dass es die wichtigste musik für mich ist. Manchmal erkenne ich sachen schon wieder, aber meistens kann ich keinen bezug dazu herstellen. Es ist wohl mehr die summe der eindrücke die man im laufe eines lebens hat, die dann in der musik reflektiert werden. Ohne dass es eine bewusster prozess ist.

Ihr habt ja jetzt ein neues album draussen. Leider kenne ich es noch nicht, kann also keinen schlauen fragen dazu stellen. Aber vielleicht könnt ihr ja trotzdem was dazu erzählen.
R: Hmm… Also es heisst „el flaco“ und wurde bei Guido Lukas in Troisdorf bei Köln auf genommen. Das ganze hat drei tage gedauert. Guido war von unserer musik so überzeugt, dass er uns anbot, sie auf seinem label (Blunoise) zu veröffentlichen.

Ihr habt vorhin nur cds verkauft. Gibt´s das album auch auf vinyl?
R: Ja, das gibt´s auch auf vinyl. Allerdings auf einem anderen label nämlich 12pylons. Da hat sich allerdings die veröffentlichtlichung etwas verzögert. (Mittlerweile ist sie aber wohl schon erhältlich – Seb..)

Bleibt noch die gartenpartyfrage: ihr feiert eine gartenpartyfrage und dürft dazu jeweils 3 bands/musikerInnen einladen. Auflösung oder tod sind kein hinderungsgrund. Wer würde bei eurer gartenparty frage spielen?
R: Auf jeden fall Peter Parrot (?) von The All New Ones (??) einer wahrscheinlich eher unbekannten band (ich kenne sie jedenfalls nicht, aber das heisst natürlich gar nix… – Seb..).
Dann würde ich wohl noch nen toten einladen… Ian Dury, der vor nem monat oder so verstorben ist. Musikalisch sicher nicht der hammer, aber aber er war einfach ein sehr sympathischer mensch.
H: Joy Division…
R: Joy Division? Nein, ich denke ich würde noch Captain Beefheart einladen.
H: Also ich würde zum einstieg, dass sich die stimmung etwas lockert und die leute sich ein bisschen näher kommen … Birthday Party …
R: Stimmt!
H: … und dann … Poison …
R: Poison??
H: Ja, diese glamrockband … nee lieber Roxy Music. Das ist auch ne glamrockband, nur das ganze in gut. Und dann würde ich noch einladen … Suicide. Genau, die drei würden bei mir spielen. Oder? Minutemen wären auch der hammer, vor allem für ne gartenparty. Lieber Minutemen.

Wie sieht´s mit plänen für die zukunft aus?
R: Na ja, soviel live spielen wie möglich. Im herbst werden wie eine kleine tour durch Holland und Belgien machen und ansonsten abwarten, wie das album so angenommen wird.
H: Und ich werde versuchen, mein leben in den griff zu bekommen… *lacht*

Bleibt noch die frage: was bringt einen holländer dazu, sich in Nürnberg niederzulassen? Da gibt´s doch sicher spannendere orte …
H: er wohnt in Bubenreurth (sorry – Seb..)
R: ich hab mal mit meiner früheren band in Fürth gespielt. Bei der gelegenheit haben die veranstalterin und ich uns dann gleich verliebt und ich bin hier geblieben.
H: Das war die zusammenfassung * gelächter*.

Irgendwann im laufe des gesprächs hatte ich die befürchtung geäussert, die musik von Bambi Davidson würde evtl. auf konserve nicht so gut kommen, wie es live der fall ist. Dem von mir angeführten beispiel, Melt Banana – live der hammer, auf cd dann doch sehr nervig bis fast unanhörbar -, konnte Hansi durchaus folgen. Allerdings würden die japanerInnen sich als soundtrack eignen, wenn man „unter zeitdruck aufräumen muss“ oder nach beendigung einer beziehung mal „zur abwechslung nicht langsame musik hören möchte“. Wofür sich „el flaco“ als soundtrack eignen würde, konnten sie mir jedoch nicht sagen. Nun da ich mittlerweile das album kenne, weiss ich jedenfalls, dass es sich bestens zum anhören eignet, wenngleich ich mir über etwaige nebenbeschäftigungen auch nicht im klaren bin.

Text: sebastian w.
Fotos: Bambi Davidson + sebastian w.

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