März 14th, 2007

URHEBERRECHT (#75, 04-1999)

Posted in artikel by andreas

Verschiedene Musikfans haben die nachfolgende Szene schon miterleben dürfen. Während man gerade eine neuerworbene CD hört, klingelt es an der Haustür und völlig überraschend bitten mehrere Herren in Zivil und Uniform um Einlass. 

Noch völlig verdattert angesichts der geballten Staatsmacht, wird einem eröffnet, dass der Verdacht besteht, dass man gegen das Urheberrechtsgesetz (nachfolgend mit UrhG abgekürzt) verstossen habe. Bei einem anderen Musikfan seien verschiedene persönliche Briefe beschlagnahmt worden, aus denen hervorgehe, dass man diesem Musikkassetten mit Live-Mitschnitten verkauft habe.

Sofort beginnen die Beamten, die Wohnung nach Musikkassetten zu durchsuchen. Schnell werden die Beamten fündig, packen einige Dutzend Tapes mit Live-Mitschnitten und zusätzlich zwei Kassettendecks zusammen, lassen sich noch ein Durchsuchungsprotokoll unterschreiben und verschwinden wieder.

Kurz nachdem die Polizeibeamten die Wohnung verlassen haben, tauchen bei einem die ersten Fragen auf. Durften die Beamten die Wohnung überhaupt betreten? Musste man das Protokoll unterschreiben? Hat man mit dem Kassettenaustausch überhaupt etwas strafbares getan?

Diese und einige weitere fragen sollen in dem nachfolgenden Artikel geklärt werden. Insbesondere möchte ich kurz anreissen, was man sich eigentlich unter dem Urheberrecht vorzustellen hat, wann man das Urheberrecht verletzt und wie man sich verhält, sollten die Ermittlungsbehörden doch einmal tätig werden.

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Urheberrecht – was ist das eigentlich?

Als Urheber wird im allgemeinen Sprachgebrauch meist derjenige bezeichnet, der etwas erschaffen oder etwas verursacht hat. Beim Urheberrecht im speziellen geht es um die Rechte der Komponisten, Schriftsteller, Maler usw. an den von ihnen geschaffenen werken. Nur der Urheber soll z.B. das Recht haben, zu bestimmen, wann seine Werke vervielfältigt oder verbreitet werden sollen.

Eine Musikband kann somit allein bestimmen, wann sie neue Songs der öffentlichkeit zugänglich machen will oder in welcher Auflage ein Song überhaupt veröffentlicht werden soll.

Der Grundsatz, dass ausschliesslich dem Urheber die Verwertungsrechte zustehen, gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Die wichtigste Einschränkung für den Musikfan findet sich in 53 Urheberrechtsgesetz. Hiernach sind Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch erlaubt.

Gerade um die Grenze von erlaubter Vervielfältigung zur illegalen Tonträgerpiraterie ziehen zu können, sollte man diese Vorschrift einigermassen kennen. Grundsatz des 53 ist, dass man zum privaten Gebrauch fast alles vervielfältigen darf. Beschränkt ist dieses private Vervielfältigungsrecht jedoch auf einzelne Vervielfältigungsstücke.

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ( BGH, in GRUR 1978, S.476 ) liegt die Grenze für einzelne Vervielfältigungsstücke bei 7 Exemplaren, andere Juristen sehen allerdings die Grenze bereits bei 3 Exemplaren. Danach ist es zumindestens ohne Probleme möglich, dass man sich zur Schonung seines Originals drei Kopien auf Kassette überspielt.

Aber aufgepasst: Man kann seine CD nur dann kopieren, wenn das überspielen von vornherein mit der Absicht geschieht, das Zweit- oder Drittexemplar für die eigene Sammlung anzufertigen! Das Anfertigen auch nur einer Kopie mit der Absicht, die Kopie oder den Mitschnitt zu verkaufen oder zu verschenken, verstösst gegen das Urheberrechtsgesetz.

Wichtig ist jedoch zu wissen, dass man eine ursprünglich selbst benötigte Kopie später ohne weiteres verkaufen oder weitergeben darf, wenn man sie nicht mehr brauchen sollte. Löst man z.B. seine Kassettensammlung auf, können die einzelnen Kassetten ohne Bedenken verkauft werden.

Kassettenkopien darf man jedoch niemals öffentlich zum Verkauf anbieten! Dieses ist eine Verbreitungshandlung i.S.d. UrhG und nicht zulässig.

Hat man sich deshalb irgendwann in der Vergangenheit für den Eigengebrauch eine CD auf Kassette überspielt und bietet dieses Kassette nunmehr in einer Kleinanzeige einer Musikzeitschrift an, würde man ebenfalls gegen das Urheberrechtsgesetz verstossen, da man ein Werk unerlaubterweise verbreitet. Ebenfalls ist es unzulässig die Kassette durch einen Aushang an einem Schwarzen Brett in der Schule oder der Universität anzubieten oder die Kassette gegen eine andere bespielte Kassette tauschen zu wollen.

Das Mitschneiden von Live.Konzerten ohne Zustimmung des Urhebers ist immer unzulässig. In  53 Abs.6 UrhG steht ausdrücklich, dass direkte Aufnamen von Konzerten nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig sind. Hat deshalb eine Musikband das Mitschneiden ihres Konzertes nicht ausdrücklich erlaubt, verstösst die Aufnahme des Konzertes automatisch auch immer gegen das Urheberrechtsgesetz – auch wenn der Mitschnitt nur für die persönliche Sammlung bestimmt sein sollte.

Mancher Leser fragt sich sicherlich, warum nicht auch der Besitzer eines Copyshops gegen das Urheberrechtsgesetz verstösst, wenn man sich von ihm ein Buch in Auszügen kopieren lässt. Nun, dieses liegt daran, dass die Vervielfältigung für den privaten Gebrauch auch durch Dritte vorgenommen werden darf.

Der Musikfan, der deshalb seine CD auf Kassette überspielt haben möchte, kann hiermit auch einen guten Freund beauftragen, z.B. weil nur dieser die geeigneten Tapedecks zum überspielen besitzt. Wichtig ist jedoch, dass das überspielen durch den Freund unentgeltich erfolgt! Im Gegensatz zum Kopieren von Büchern im Copyshop darf das Kopieren von Tonträgern nur unentgeltlich erfolgen. Sobald der Freund sich das überspielen der CD bezahlen lässt verstösst das Anfertigen der Kopie ebenfalls gegen die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes.

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Das Urheberstrafrecht

Verletzt man nun in der ein oder anderen oben beschriebenen Weise das Urheberrecht, begeht man zugleich eine Straftat. Im Urheberrechtsgesetz selber gibt es mit den  106 bis 108a UrhG spezielle strafrechtliche Vorschriften, die die Sanktionen einer solchen Urheberrechtsverletzung regeln.

Derjenige, der in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des berechtigten ein Werk vervielfältigt oder verbreitet, wird nach 106 UrhG mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Auch der Versuch solcher Handlungen ist bereits ausdrücklich mit Strafe bedroht.

Handelt man darüber hinaus gewerbsmässig, ist die Strafandrohung Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Gewerbsmässig handelt man, wenn man CD`s vervielfältigt, um sich eine fortdauernede Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen.

Bis auf die gewerbsmässige unerlaubte Verwertung, wird ein Verstoss gegen das Urheberrechtsgesetz strafrechtlich nur auf Antrag des Betroffenen verfolgt, es sei denn, die Staatsanwaltschaft, die den jeweiligen Fall behandelt, bejaht ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung und hält ein Einschreiten von Amts wegen für verboten.

Ein solches besonderes öffentliches Interesse wird beispielsweise immer dann angenommen, wenn der Täter einschlägig vorbestraft ist, ein erheblicher Schaden droht oder eingetreten ist oder die Tat den Verletzten in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht. Es liegt im Ermessen der Staatsanwaltschaft, ein öffentliches Interesse anzunehmen, zu ermitteln und möglicherweise Anklage zu erheben. Oftmals wird die Strafverfolgungsbehörde im Zweifel jedoch schon deshalb ein öffentlich Interesse bejahen und die Ermittlung aufnehmen, um zu sehen, ob eine Hausdurchsuchung möglicherweise neues belastendes Material zu Tage fördert.

Liegt ein Verstoss gegen die strafrechtlichen Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes vor, kann ein nicht vorbestrafter Ersttäter damit rechnen, dass die Staatsanwaltschaft ein eingeleitetes Verfahren vielfach wegen Geringfügigkeit oder gegen Zahlung eines Geldbetrages vorläufig einstellen wird. Sobald der Geldbetrag bezahlt ist, wird das Verfahren endgültig eingestellt. Natürlich ist niemand verpflichtet, der Einstellung des Verfahrens zuzustimmen und die durch die Staatsanwaltschaft bestimmte Summe zu zahlen. Wer von seiner Unschuld überzeugt ist, kann sich in einer Gerichtsverhandlung rehabilitieren lassen. Wenn die Beweislage allerdings eindeutig gegen einen spricht ist eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung eines Geldbetrages meist die günstigere Variante.

Die Zustimmung zur Zahlung ist allerdings kein Schuldeingeständnis. Auch nachdem man die Auflage erfüllt hat, kann man sich stets noch als unschuldig bezeichnen. Zu bedenken ist ausserdem, dass nach einer Gerichtsverhandlung und Verurteilung zusätzlich noch die Gerichtskosten und möglicherweise Anwaltsgebühren zu tragen sind.

Sowohl bei einer Einstellung des Verfahrens als auch nach einer Verurteilung muss man regelmässig damit rechnen, dass die während einer Hausdurchsuchung sichergestellten Kassetten eingezogen werden. Oftmals regt die Staatsanwaltschaft an, das Ermittlungsverfahren einzustellen, wenn man mit einer aussergerichtlichen Einziehung der sichergestellten Gegenstände einverstanden ist.

Zu beachten ist, dass der Urheber wegen möglicher Verletzung seiner Rechte auch zivilrechtliche Schritte einleiten kann. U.a. kann er verlangen, dass rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht mehr verwertet, Beeinträchtigungen beseitigt und weitere Verletzungshandlungen unterlassen werden. Auch ist ihm Schadensersatz für sämtliche Verletzungshandlungen zu leisten. Im zivilrechtlichen Bereich können somit noch weitere nicht unerhebliche Kosten entstehen, wenn man eine Urheberrechtsverletzung begeht.

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Hausdurchsuchung – was darf ich erwarten?

Die Polizei darf niemals nach Gutdünken in die Wohnung eines Tatverdächtigen eindringen. Jeder hat ein grundgesetzlich garantiertes Recht auf seine heimische Privatsphäre. So macht sich jeder, der gegen den Willen des Wohnungsinhabers dessen „vier Wände“ betritt, wegen Hausfriedensbruch strafbar. Das Betreten der Räume beim verdächtigen ist den Ermittlungbehörden nur in zwei Fällen gestattet: Entweder die Polizei sucht den Verdächtigen und will ihn festnehmen oder sie vermutet in den zu durchsuchenden Räumen Beweismittel. Jeder Eingriff in ein Grundrecht darf nur durch einen Richter erfolgen. Deshalb muss ein Richter beim Amtsgericht prinzipiell vor einer Durchsuchung einen Durchsuchungsbeschluss erlassen.

Klopft die Polizei an der Tür und will die Wohnung durchsuchen, ist als erstes nach diesem Hausdurchsuchungsbeschluss zu fragen. Wird einem ein solcher Beschluss vorgelegt, sollte man ihn gründlich lesen, um zu kontrollieren, ob sich die Polizeibeamten im Rahmen der Erlaubnis halten. Denn in dem Beschluss muss eindeutig beschrieben sein, welcher Tat der Hausrechtsinhaber verdächtig ist, welche Räume durchsucht werden dürfen und welchen Zweck die Durchsuchung hat.

Nicht selten können die Polizeibeamten einen Duchsuchungsbeschluss nicht vorweisen. Dies ist allerdings auch nicht zwingend nötig. Ohne richterliche Erlaubnis kann eine Wohnung durchsucht werden, wenn „Gefahr im Verzug“ besteht.

Eine solche Gefahr ist gegeben, wenn der Weg zum Richter für die Polizei einen nicht wiedergutzumachenden Zeitverlust mit sich brächte. In einem solchen Fall wird dem Hausherrn nichts Schriftliches präsentiert. Man sollte also ausdrücklich fragen, welcher Tat man verdächtigt werde und welchen Zweck die Durchsuchung verfolgt. Der bequemste Weg für die Ermittlungsbehörden, sich aller Formalien zu entledigen, ist die Zustimmung des Hausherrn. Häufige Frage der Polizeibeamten ist deshalb, ob man etwas dagegen habe, dass sie sich in der Wohnung ein wenig umsehen. Wenn man nicht laut und deutlich widerspricht, wird später im polizeilichen Protokoll notiert, dass man der Durchsuchung zugestimmt habe. Auch auf dem Hinweis der Polizei: „Sie wissen ja, dass wir uns jederzeit einen Durchsuchungsbeschluss holen können“, bleibt nur die entschlossene Antwort des Hausherrn: “ Dann tun Sie dies bitte!“

Die Beamten müssen sich selbstverständlich auch an den vom Richter im Durchsuchungsbeschluss gestellten Rahmen halten. Bezieht sich der Beschluss deshalb nur auf bestimmte Räume, ist das Betreten anderer Räume nicht erlaubt.

Wichtig ist auch, dass die Polizei gesetzlich verpflichtet ist, als Zeugen andere Personen hinzuzuziehen, wenn man sich allein im Haus befindet. Hierauf sollte man stets bestehen. Ein naher Angehöriger oder Nachbar sollte schnell erreichbar sein. Man selber hat das Recht, sich während einer Durchsuchung in der Wohnung frei zu bewegen und auch zu telefonieren.

Schriftstücke, beispielsweise Briefe geniessen einen besonderen Schutz. Die Polizeibeamten dürfen sie nur sichten, nicht jedoch näher zur Kenntnis nehmen. Die Lektüre steht allein der Staatsanwaltschaft zu. Polizeibeamte haben ebenfalls das Recht, Papiere einzupacken, zu versiegeln und mitzunehmen. Von den Durchsuchungsbeamten wird regelmässig ein Protokoll erstellt. Dort werden auch diejenigen Gegenstände aufgelistet, die von der Polizei mitgenommen wurden. Um später Unklarheiten zu vermeiden, sollte der Betroffene darauf dringen, dass die Gegenstände so genau wie möglich beschrieben werden.

Polizeibeamte verlangen häufig von dem Betroffenen, dass man das Protokoll zu unterschreiben habe. Hierzu ist man allerdings nicht verpflichtet. Hat man das Protokoll allerdings doch unterzeichnet, gilt das Dokument später als Legitimationpapier dafür, dass bei der Durchsuchung alles seine Ordnung hatte.

Die eigentliche Vernehmung des Beschuldigten unterliegt einem strengen Ritual. Dazu gehört insbesondere die Belehrung des Beschuldigten über seine Rechte und welche Tat ihm vorgeworfen wird. Noch bevor er irgendwelche Aussagen macht, hat der Vernehmende – egal ob Polizist, Staatsanwalt oder Richter – ihn darauf hinzuweisen, dass er das Recht hat, nichts zur Sache auszusagen. Die Angaben zur Person sollen allein zur Feststellung der Identität dienen. Der Beschuldigte muss über Vor-, Familien- und Geburtsnamen sowie Ort und Tag der Geburt Auskunft Geben. Weitergehende Fragen kann er verweigern.

Unterbleibt zu Beginn der Vernehmung die Belehrung zum Schweigerecht, hat das Konsequenzen für den gesamten späteren Strafprozess vor Gericht. Die Angaben des Angeklagten, die aus dieser ersten Vernehmung stammen, dürfen nicht gegen ihn verwendet werden.

Natürlich konnte ich in diesem Artikel nur einige Punkte des Urheberrechts ansprechen. Wer selbst von einem Ermittlungsverfahren betroffen sein sollte oder weitergehende Fragen zum Urheberrecht hat, kann sich direkt an mich wenden.

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Text: Reiner Palma

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