März 14th, 2007

Kolumnen Dolf, Dietmar (#108, 10-2004)

Posted in kolumne by andreas

DOLF

Wir haben das Jahr 2004, gibt es keine überlebenden mehr, gibt es keinen Nachwuchs? Gibt es nur noch Horden von Konsumenten die sich Punk (ich nehm jetzt mal das Wort der Einfachheit halber, meine auch Underground, Hardcore, usw.) auf die Fahne, bzw. die Visitenkarte schreiben. Gibt es keine Leute mehr die Dinge aus Leidenschaft oder dem Drang nach Veränderung tun, sondern nur noch um in erster Linie Geld zu verdienen, bzw. in zweiter Linie Spass zu haben. Ist die Hülle einer Lebenseinstellung tatsächlich nur noch im Mainstream als Umsatzanheizer zu gebrauchen? Wo ist der Kern, der alte Harte, bzw. wo sind die jungen Sprossen die der neue Kern sind oder zumindest werden könnten? Man kann ja schon so ein wenig frustriert sein, heutzutage – zumindest wenn man zu denen gehört die den Wald entdeckt und die Strassen gebaut haben.

Die „Strassen“ die heute wie selbstverständlich von Leuten be(ausge)nutzt werden für die sie am Anfang nicht bestimmt waren. Aber hey, so ist das, man muss mit dem Monster leben das man selbst mitkreiert hat. Findet wieder jemand das ich mich wiederhole? Korrekt! Muss sein. Wissen andere nicht, wovon ich spreche? Fragt nach!

Halb schlapp gelacht hab ich mich hingegen mal im August, als das MMF (Music Managers Forum) in London – im Jahre 2004 – zu dem Schluss gekommen ist das ihnen die ganzen Umsonst CD-Beilagen bei allen möglichen Print-Publikationen ein Dorn im Auge sind, denn: “ Konsumenten erhielten so den Eindruck, Musik sei nichts wert, ein Wegwerfprodukt.“ Und sie empfehlen nun – im Jahre 2004 – das alle ihre Klienten keine Songs mehr für beigelegte CDs freigeben.

Unglaublich, das sind also nun die „Profis“, die überhauptnix Merker, und dann, wenn alles zu spät ist, wenn die Musik für den Grossteil der Leute nämlich tatsächlich nichts mehr wert ist, weil die Industrie es verpennt hat, dann kommen sie auf einem Forum – im Jahre 2004 – zu einer Erkenntnis die so offen auf der Kralle liegt…. warum das Trust wohl keine beigelegte Cd hat könnt ihr euch wohl hoffentlich denken und es ist bestimmt nicht weil es nicht „im Interesse der Musikindustrie“ ist. Und gehört hier eigentlich in dem Zusammenhang auch gar nicht her…. aber man kann so schön weiterspinnen.

Man stelle sich vor, wenn in ein paar Monaten tatsächlich KEINE Cds mehr den entsprechenden Gazetten beiliegen würden! Was dann? Deutlich weniger Leute würden die „reinen“ Hefte kaufen, der Verkaufspreis müsste nach unten angepasst werden (wenn nicht, kaufen die Leute es noch weniger) und ebenso die Anzeigenpreise und der ganze Printmarkt würde wieder komplett durcheinandergewirbelt und auf irgendeinem „Forum“ würde dann irgend ein ganz schlauer „Medienprofi“ feststellen das die Leute die gedruckten Hefte wohl noch nie wirklich wegen dem dort stattfindenden Journalismus bzw. den Inhalten gekauft haben, sondern nur wegen der beigelegten Cd, dies wohl ein Fehler war (nämlich ein Produkt, durch den Anreiz eines völlig anderen Produktes zu verkaufen –

leg deinem Fanzine eine Kiste umsonst Bier mit bei und du „verkaufst“ Fanzines ohne Ende…) und man jetzt wohl wieder versuchen müsse sich eine Leserschaft/Zielgruppe neu aufzubauen – oder so. Das ist mir sowieso alles latte und bringt mir letztendlich nur Spass den Affen zuzugucken. Beim Trust ging es eben noch nie in erster Linie darum den potentiellen Käufer zum Konsum anzuregen. Nur scheint das heutzutage nicht mehr so viele Leute zu interessieren… well, dann ist das eben so, fuck it. Aber aufgegeben hab ich lange nicht! Leider ist aber eben die Vermittlung „unserer Sache“ again – im Jahre 2004, nicht mehr so leicht.

Wenn man als Konsument Zeitschriften, Plattenfirmen, LiveLäden, Bands, Booking Agenturen, usw. usf. nur noch als das betrachtet was sie natürlich auch sind – aber eben nicht nur – Dienstleister, Serviceleister, die einem Musik, Spass, Getränke, Informationen und Unterhaltung präsentieren, weil das eben ihr „Job“ ist. Mann, es gibt so viele von diesen Dienstleistern, das es kein Wunder ist das diejenigen die das ganze aus anderen Gründen machen schwerer zu erkennen sind.Und das es den meisten Leuten mittlerweile egal ist, ob sie ein Produkt kaufen das geschaffen wurde um es zu verkaufen oder ob sie was erstehen das aus anderen Beweggründen entstanden ist.

Das die Leute keinen Unterschied mehr sehen ob sie in einem Club der nur dafür eröffnet wurde um damit Geld zu verdienen, gehen, oder in ein Juz, wo Leute ein Konzert veranstalten weil sie da Bock drauf haben, usw. usf. Könnte man beliebig weiterführen. Findet wieder jemand das ich mich wiederhole? Korrekt! Muss sein. Wissen andere nicht, wovon ich spreche? Fragt nach! Ach, da ich es grade benutzte BELIEBIG, es scheint alles ist heutzutage beliebig. Keiner hat mehr ne eigene Meinug die vertreten wird, geschweige denn einen eigenen Plan an dem Festgehalten wird. Aber ich schweife ab, was ich ja immer sehr gern tu!

Wo sind die Entwicklungen wenn man sie braucht? Leider ist ja die Aufgabe der AntiFa (für den Fall das Leute mitlesen die mit der Abkürzung nichts anfangen können: steht für Anti Faschistisch) ja weder hier in Deutschland, geschweige denn im Rest der Welt erledigt. Derzeit könnte ich mir aber mindestens genauso dringend eine AntiFu (das ist neu, deshalb hier eine kurze Erklärung für alle: steht für Anti Fundamentalistisch) vorstellen. Und zwar natürlich aus den Reihen der Damen und Herren Muslims, hier in Deutschland und im Rest der Welt. Und nicht nur bei denen – weil es da grade so akut ist – ich sehe die AntiFu auch gegen verbohrte Christen und orthodoxe Juden zu Felde ziehen und dem ganzen anderen Gesocks da draussen.

Mann müsste da natürlich vorsichtig sein, sonst kämpft einer der grade noch von AntiFa’s verfolgt wurde, plötzlich auf der Seite der AntiFu’s, unberechtigt natürlich. Aber im Ernst, das ist nicht meine Aufgabe, hier irgendjemand zu sagen wie er mit irrgeleiteten seinesgleichen umzugehen hat, das müssen alle selbst rausfinden.

Würde mich halt nur freuen wenn sich das endlich mal entwicklen würde und zur Abwechslung in die richtige Richtung! Findet wieder jemand das ich mich wiederhole? Korrekt! Muss sein. Wissen andere nicht, wovon ich spreche? Fragt nach!

Schliessen will ich mit dem irgenwo aufgeschnappten Satz über den jeder mal nachdenken sollte: „In einem Job den man wirklich liebt, arbeitet man keinen Tag seines Lebens….“ So gesehen habe ich in meinen Leben noch nicht viel gearbeitet, dafür umso mehr getan……..

***

 

DIETMAR

Die Geschichte war etwas peinlich. Ein flüchtiger Bekannter von mir, der noch gar nicht so lange in seiner Firma tätig war, hatte sich auf dem Computer auf seinem Arbeitsplatz ein Programm zum Filesharing installiert. Und so lud er Tag ein, Tag aus nebenbei ein paar Lieder illegal aus dem Netz. Sogar nachts lief der Computer – bis ihn irgendwann der Technikchef seiner Firma dabei erwischte. Da war der ärger dann gross, alle Mitarbeiter wurden ermahnt, das bloss nicht zu tun, und der Bekannte hatte Glück, weil er gerade ein paar Tage aus der Probezeit war.

Einige Wochen vorher: Endlich kam die lang erwartete neue Converge-CD als Promo ins Haus. Lange währte die Freude aber nicht: Alle paar Minuten quatscht irgendein Idiot in die Musik rein – die CD sollte so unbrauchbar gemacht werden fürs Filesharing. Leider wurde sie damit auch unhörbar, und eigentlich sollte man die Promo-CD als „Sammlerstück“ schon aus Prinzip auf Ebay zum Verkauf anbieten. Genützt hat es der Band ohnehin nicht (und ihr neues Label Epitaph legt Wert darauf, dass die Band diese „Voice over-Version“ gefordert hatte).

Die CD war noch nicht an Schreiberlinge verschickt, da war „You Fail Me“ offenbar bereits im Netz zu finden. Was wiederum die Mär von den „bösen Journalisten“ widerlegt. Es sind offenbar ganz andere, die Musik vorfristig ins Netz stellen. Dabei birgt das illegale Laden aus dem Internet natürlich weiterhin seine Gefahren – aus den USA hört man immer wieder von Prozessen, und auch hierzulande werden grosse Plattenfirmen immer aggressiver gegenüber Downloads. Und da, wer im Netz nach Songs sucht, Spuren hinterlässt, ist die Möglichkeit durchaus vorhanden, dass man dabei erwischt wird.

Aber vermutlich ist es bald nicht mehr der Download aus dem Internet, mit dem Songs getauscht werden. Seit ein paar Jahren schon besitze ich (als Apple-Nutzer) einen iPod. Das Schöne an dem Gerät: Man braucht im Auto keine Kassetten mehr. Ein Adapter reicht, und schon ist der iPod an die Anlage angeschlossen. Und selbst wenn man ein älteres Modell besitzt, kann man ein paar Tage lange fahren, ohne dass sich auch nur ein Lied wiederholen würde. Ich habe damals daraufhin sämtliche Tapes aus dem Autos verbannt. Da war schliesslich meistens eh nur Musik drauf, die ich mal interessant fand, aber schon länger nicht mehr hören wollte. Auf den iPod hingegen konnte ich gleich die neuesten CDs ziehen.

Das ärgerliche an dem Gerät: Lieder lassen sich nicht vom iPod zurück auf den Computer ziehen. Theoretisch. Praktisch gibt es nämlich auch dafür Software. Und dann wird das Kopieren ganz einfach: Den mp3-Player an einen Computer, wo das entsprechende Programm installiert ist, anschliessen und die Lieder rüberziehen. Dann nur noch den anderen Player an den Computer verbinden, und die Songs auf dessen Festplatte kopieren. Mehr ist nicht nötig. Erledigt ist das Ganze in wenigen Minuten (und es dauert auch nur dann so lange, wenn man gleich mehrere Alben kopiert). Man braucht halt nur eine Person, die eine CD auch tatsächlich besitzt, so wie früher eben, als man Kassetten tauschte. Nur komfortabler und mit besserer Soundqualität.

Aber vor allem die fehlende „Kontrolle von oben“ wird diesen Weg vermutlich irgendwann mal zu dem üblichen machen, um an Alben zu kommen. Ich steh der Kopiererei zwiespältig gegenüber. Einerseits ist es sehr „praktisch“, sich so ein Album zu besorgen. Man kann sogar hinterher eine CD mit den Liedern brennen. Und ich kenne auch eine Menge Leute, die sich sehr viel Musik kaufen und sich Songs aus dem Netz laden. Die hören dann sozusagen vorher „Probe“, um sicherzugehen, dass man das Album wirklich haben will, dass man sich später vielleicht doch noch kauft. Oder man merkt, dass die neue CD der Band XY eigentlich ziemlich langweilig ist und 17 Euro rausgeworfenes Geld wären.

Andererseits bin ich als Kleinstlabel-Betreiber darauf angewiesen, dass sich die CDs, die ich veröffentliche, gut verkaufen (was jetzt nicht heissen soll, dass es mir egal ist, ob Leute sich hinterher über eine gekaufte Platte ärgern, weil sie sie dann doch nicht gut finden). Und „gut verkaufen“ heisst in diesem Rahmen eben: Es macht einen gravierenden Unterschied, ob seine Veröffentlichung 1000 mal verkauft wird oder eben nur 900 mal – das kann dann schon der Unterschied zwischen Verlust und Break-even sein.

Und wenn tatsächlich 100 Leute irgendwo auf dieser Welt „meine“ CD nur deswegen nicht gekauft haben, weil sie sie aus dem Netz gezogen haben, dann würde ich die doch ganz gerne fragen, ob sie sich bewusst sind, dass gerade kleine Bands und kleine Labels auf Unterstützung angewiesen sind. Wenn Metallica ihre Fans verklagen, ist das ziemlich peinlich. Ob die eine Million Dollar mehr oder weniger haben, macht eigentlich keinen Unterschied. Das heisst für die Herren Rockstars offenbar schon, sonst würden sie nicht die Leute vor Gericht zerren.

Aber vermutlich übertreibe ich hier; vermutlich haben sich nur ein paar Dutzend Menschen die Lieder meiner einen bisherigen Veröffentlichung aus dem Internet runtergeladen. Und überhaupt: Es gibt viel schlimmere Dinge – Zahlungsmoral zum Beispiel. Ich war vor dem Start meines Labels so naiv zu glauben, dass ich nicht so lange auf Geld warten muss, auf Geld, das letztlich für die nächste Veröffentlichung bestimmt ist.

Während die beiden Hauptvertriebe da überhaupt kein Problem machen, gibt es andere, kleinere, die auf eine mehr oder weniger freundliche Mail mit dem Kernsatz „Wann kommt das Geld???“ ein lapidares „nächsten Montag“ antworten. Das nervt. Und da interessiert mich dann nicht mehr so richtig, ob ich eine CD weniger verkaufe wegen eines Downloads. Aber trotzdem: Immer schön daran denken – wer Bands und Indielabels unterstützen will, kauft gefälligst die Platten. Verstanden? 🙂

dietmar

Hier läuft zurzeit:

Isis -„Panopticon“

R.L. Burnside – „A Bothered Mind“

Temptations – „Get Ready: Best Of“

Lounge Lizards – s/t

Both comments and pings are currently closed. RSS 2.0