März 27th, 2021

Wir können unsere Gene steuern! – Die Chancen der Epigenetik für ein gesundes und glückliches Leben, Isabelle M. Mansuy, Jean-Michel Gurret, Alix Lefief-Delcourt

Posted in bücher by Dolf

Berlin Verlag/Piper, Damaschkestraße 4, 10711 Berlin, www.piper.de

Leider ist es nicht so, wie der Titel vermuten lassen könnte, das wir unsere Gene so steuern wie wir den Griff der Hand fester oder locker machen können. Genaugenommen lassen sich die Gene auch nicht wirklich steuern, aber es scheint beeinflussbar ob und wie die Gene aktiviert oder deaktiviert werden, da es sich um keinen starren Code handelt. Was wiederum bedeutet das durch die unterschiedliche „Programmierung“, der DNA durch das Epigenom andere Eigenschaften im Erbgut aktiviert werden können. Was wiederum heißt, das gute wie schlechte Besonderheiten aus ein und derselben DNA entstehen können, abhängig davon wie die Eltern und sogar Großeltern gelebt haben.

Klingt erstaunlich, es scheint aber wirklich so zu sein, das der Lebensstil, Stress, Traumata, Ernährung und Umwelteinflüsse darüber mitentscheiden was aus Kindern und deren Kindern Schicksal wird. Mit anderen Worten ein „gesunder“ Lebensstil ist nicht nur für jeden einzelnen entscheidend für ein langes erfülltes Leben, sondern auch für die Nachkommen. Genauso kann es sein das man für bestimmte Defizite trotz eines gesunden Lebensstil eben nichts kann, weil man es von den Vorfahren vererbt bekam. Und gleichzeitig ist diese Vererbung kein unveränderliches Schicksal, weil, wie eben beschrieben, zwar die DNA starr ist (außer sie mutiert), aber eben unterschiedlich aktiviert werden kann. Das wäre so meine, kleine unwissenschaftliche Zusammenfassung eines Laien – vielleicht stimmt es nicht im Detail, aber wer es wirklich genau wissen will kann zu diesem Buch greifen. Dort ist nämlich alles sehr präzise und eben auch theoretisch wissenschaftlich erklärt. Das ist für den durchschnittlichen Leser (wie für mich) grade im zweiten Teil zu viel, dennoch ist das Buch spannend zu lesen. Nach einem Vorwort geht es mit dem ersten Teil „Das Genom ist kein unabwendbares Schicksal“ los, hier wird unter anderem über die Ursprünge der Epigenetik und Genetik berichtet. Der zweite Teil erklärt sehr genau wie das alles funktioniert: Genexpression, Transkription, Translation, DNA-Methylierung, Histonmodifikation, Resilienz….und ob und wie es beeinflussbar ist. Im dritten Teil lernen wir wie man konkret das Epigenom positiv durch unsere Ernährungsweise verbessern kann. Kein Wunder also das auch hier, vereinfacht gesagt: die bekannte zu bevorzugende Ernährung (viel Gemüse und Obst, keine industriell verarbeiteten Lebensmittel), gute familiäre und soziale Beziehungen und Kontakte, Meditation, Bewegung, Musik, wenig oder positiver Stress und so weiter besser für den Menschen sind. Das ist ein wirklich spannender, relativ neuer Forschungsbereich und vieles ist auch noch nicht ganz klar – außer das der Mensch in der Lage ist viel mehr von seinen Vorfahren zu erben und an seine Nachfahren zu vererben als bisher allgemein bekannt. Dies wird auf hohem wissenschaftlichen Niveau beschrieben und ist meistens gut verständlich. Nochmals vereinfacht gesagt, wenn die Großeltern durch Krieg, Hungersnöte oder Naturkatastrophen traumatisiert sind, dann kann das Auswirkungen auf die Kinder und Enkel haben, positive wie negative. Wie dies sein kann – für die LeserInnen die jetzt angefixt sind, kann man das Buch empfehlen um noch viel mehr fesselnde neue Erkenntnisse vermittelt zu bekommen. Und ansonsten bleibt es abzuwarten was die epigenetische Forschung uns in Zukunft noch so alles erklären wird. Auch im Bezug auf Krankheiten und deren Behandlung durch ganz neue Methoden, Stichwort mRNA. 240 Seiten, gebunden, 22,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3827014115

[Trust # 206 Februar 2021]

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