April 21st, 2010

THE DEATH SET (#130, 06-2008)

Posted in interview by jörg

Schlachthof, ein Montagabend im Februar. The Death Set spielen im Magazinkeller. Massgebliche Checker wussten: Diese Band ist heiss. Aber trotzdem waren vielleicht zwanzig Leute gekommen, um sich zu verbrennen. Was sie sahen, war in der Tat hinreissend.

Ein hyperaktiver Gitarrist, der auf Schlagzeug, Fussboden, Verstärker sprang, ein unermüdlicher Schlagzeuger, ein zweiter Gitarrist, ein Haufen elektronisch unterfütterter Punk-Rock-Songs, die so unverschämt nach New York klangen, dass es nicht erst der falschen Meldung einer Pressemitteilung bedurfte, um das Gerücht zu nähren, daher kämen sie auch.

Weil es technische Probleme gab, musste ein Teil des eigenen Repertoires durch ausgewählte Fremdkompositionen ersetzt werden, was gleichsam einen Teil der Wurzeln der Band offenlegte, die bis hierhin eine wahre Odyssee hinter sich hatte, aber dazu gleich mehr. Ein Album namens „Worldwide“ ist soeben bei Counter, einem Sublabel des Elektronikfachhandels Ninja Tunes erschienen. Ob das was für euch ist? Ihr kennt doch Myspace, oder vertraut mir einfach. Die sind wirklich gut, vor allem live.

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Was ist die Geschichte von Death Set, ihr scheint in New York recht aktiv zu sein…

Johnny Siera: Wir touren soviel wie können, in den USA, in Australien.

Wann habt ihr euch gegründet?

Johnny Siera: So ungefähr 2005. Es gab ein paar verdammt verrückte Gelegenheiten und Hindernisse zur gleichen Zeit. Wir wollten immer in den USA leben, aber offensichtlich gibt es da eine Menge Hindernisse, die man überwinden muss, Visa und so weiter.

Ihr kommt also nicht aus den USA?

Johnny Siera: Nein, wir begannen mit der Band in Sydney. Und merkten dann, dass es kein echtes DIY-Netzwerk gibt wie in Amerika. Ich wollte einfach Mengen von Shows spielen und ich sah Bands, die 30 oder 40 Konzerte hintereinander spielten und das machte mich wirklich eifersüchtig. Also wollten wir zuallererst in die USA ziehen.

In Australien geht das nicht, wegen der Entfernungen?

Johnny Siera: Genau, es gibt eine Szene, aber die ist viel kleiner. Also gingen wir in die USA bis sie mich rauswarfen. Also kam ich wieder. Wir spielten ungefähr 200 Shows in dieser Zeit, und angesichts der Umstände ist das eine Menge. Dann nahmen wir unser erstes Album auf, und die neue kommt jetzt bei Counter, dem Ninja Tunes Rock-Label heraus. Sie haben Big Dada, ein HipHop-Label, und seit ein paar Jahren Counter. Ja, ich bin psyched. Ich bin mit elektronischer Musik aufgewachsen.

Es ist ein ziemlich grosses Projekt, mit der ganzen Band auf einen anderen Kontinent zu ziehen…

Johnny Siera: Einerseits ist es das, andererseits ist es nicht so schwer, wenn du Leute hast, die das gleiche Ziel haben. Aber es gab viele Hindernisse. Manchmal erscheinen mir die Hindernisse jetzt grösser, damals hat mich das einfach nicht interessiert. Ich wollte einfach verrückte Shows spielen, jetzt muss ich über viel mehr verrückten Shit nachdenken. Aber ich will es immer noch. Und jetzt ist es auch einfacher eine Tournee zu spielen.

Habt ihr normale Jobs?

Johnny Siera: In der Art. Ich arbeite als Soundmann in einem Club, wenn ich kann. Ich darf nicht arbeiten in den Staaten.

Was ist dein Status?

Johnny Siera: Es ist irgendwie legal. In ein paar Monaten sollte das aber geregelt sein. Ich denke es ist ziemlich schwer, als DIY-Band in die Staaten zu ziehen und einen legalen Aufenthaltsstatus zu haben. Also musst du über den illegalen Weg gehen und dann daran zu arbeiten, legal zu werden.

Wie werden The Death Set in New York wahrgenommen? Ich könnte mir vorstellen, dass es eine Menge Bands in New York gibt, die an etwas ähnlichem arbeiten…

Johnny Siera: Es sind nicht so viele, um ehrlich zu sein.

Es gab doch in den letzten Jahren viele Bands, die so in Richtung Punk, No Wave, Disco und so weiter gearbeitet haben.

Johnny Siera: Klar, aber viele Bands sind weggezogen, New York ist zu hart, um dort von der Musik zu leben, es ist zu teuer. Eine Menge Bands wie wir leben in Baltimore. Ich habe eine Zeit lang in Brooklyn gelebt und wir haben sehr viel dort gespielt, vielleicht denken die Leute deshalb, dass wir aus New York sind.

Wie seid ihr auf diesen DIY-Trip gekommen? Es gibt diese Tradition von Bands wie Black Flag, die ihr Netzwerk erst geschaffen haben…

Johnny Siera: Es ist ein Erbe dieser Bands. Es gibt eine Band, die uns sehr beeinflusst hat, sie heissen Japanther, und die haben mir gezeigt, dass man es auch selbst machen kann, mit der Hilfe von besonderen Leuten. Wir waren auch mit ihnen auf Tour in Australien, und sie haben uns eingeladen, bei ihnen in Brooklyn zu wohnen, bis wir etwas gefunden hätten. Es gibt definitiv auch eine ähnliche ästhetik, ein bisschen Heavy Metal, aber mit einem sehr positiven Gefühl.
Wir sind wohl elektronischer in Sachen der Produktion, aber es ist definitiv ähnlich.

Wer hat den Begriff Club-Punk geprägt? Es steht auf eurem Poster…

Johnny Siera: Ich nicht!

Ihr habt die Posters nicht selbst gestaltet?

Johnny Siera: Doch, haben wir. Ich glaube es kam, als ich durch Myspace-Schlagzeilen blätterte und Bands sich als PUNK bezeichneten. Und ich hatte es satt, wenn Leute meinten: Ihr macht doch elektronische Musik. Okay, dachte ich, wir sind eine Art Club-Act, aber ehrlich gesagt ist es eher der Mix aus beidem. Ich mag keine Elektro-Clubs. Ich denke nicht, dass die Kids, die in diese Clubs gehen, schätzen das nicht so sehr wie die Punk-Kids. Die sind offener.

Sie kommen, um eine Punk-Band zu sehen, und wenn sie etwas Elektronik hören, sind sie immer noch offen dafür, während es andersherum nicht funktioniert. Sie wollen sich schick anziehen, und wenn sie Punkrock hören, mögen sie es meistens nicht. Aber, im gleichen Atemzug, spielten wir eine Ninja-Tune-Nacht, und es war geil. Aber meistens raffen die Punk-Kids es eher. Als ich anfing, Musik zu machen, wollte ich Tanzmusik machen, aber heraus kam Punkrock.

Wie alt bist du?

Johnny Siera: 29.

Ihr habt die Buzzcocks und Nirvana gecovert…

Johnny Siera: Das war, weil unser Equipment kaputt war…

Aber ihr konntet das mal eben spielen. Und die elektronischen Anteile waren nicht wirklich spezifisch elektronische Musik im Sinne von Techno oder House, wie The Rapture. Was bedeutet elektronische Musik in eurer Musik jetzt?

Johnny Siera: The Rapture wollten elektronische Musik aus akustischer Musik, und bei uns ist es andersherum: Wir machen Punk und beziehen elektronische Musik ein. Wenn ich elektronische Musik höre, mag ich die wirklich grimey, schmutzigen Sachen, aber als ästhetik ist das langweilig für mich. Es ist langweilig für mich, in Clubs zu gehen und Leute aus den Vorstädten mit viel Geld zu beobachten, die Drogen nehmen.

Das ist okay, das ist cool, aber ich finde das nicht interessant. Ich mag es, visull stimuliert zu werden. Deswegen nehme ich die Produktionsseite der elektronischen Musik und benutze sie als Hintergrund für die Energie von Punk. Du erwähntest The Rapture. Ich liebe sie, jetzt nicht mehr so sehr, aber am Anfang. Ich will die Punkenergie, aber mit Elektronik dahinter.

Dass ihr auf dem Boden inmitten des Publikums spielt, was bedeutet das?

Johnny Siera: Es macht einfach viel mehr Spass Als ich anfing, auf Konzerte zu gehen, liebte ich es, als Teil einer Menge abzugehen. Und ich denke, ich versuche, das einfachste Medium zu erschaffen, damit Kids das auch können. Es ist viel schwerer, zu einer Band auf einer zwei Meter hohen Bühne abzugehen. Es ist offensichtlich einfacher, wenn zehn Kids um dich herum stehen. Das ist diese ganze Lightning Bolt ästhetik und so.

Auf eine Art limitiert es dich aber auch. Wenn hundert Leute kommen, sieht fast niemand mehr die Band.

Johnny Siera: Du bist nicht der erste, der das sagt, und um ehrlich zu sein, geb ich eine Scheiss darauf. Wenn die hundertzehnte Person nichts sieht, ist es mir egal. Ich spiele lieber vor hundert Kids, die abgehen, und wenn jemand hinten sich aufregt, soll er abhauen.

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Interview: stone

Links (2015):
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