März 12th, 2007

TEPHRA (#112, 08-2005)

Posted in interview by andreas

Tephra aus Braunschweig sah ich das erste Mal im Trierer Exhaus und wurde Live weg geblasen. Sie sind eine Band, der man ab dem ersten Song auf der Bühne ansieht, dass sie Spass an ihrer Musik haben und diese Musik auch gerne Live spielen – etwas meiner Meinung nach nicht selbstverständliches.

Fernab von Gepose la Metalcore spielen Tephra ihre Version von Hardcore und sind für mich derzeit eine der besten Nachwuchs-Bands im Harcorebereich und damit beschränke ich mich nicht nur auf Deutschland. Als Fan ihrer Musik möchte ich die Band hier vorstellen. Das Interview fand im Berliner Magnet Club statt, wo Tephra Support für die Red Sparowes waren und definitiv überzeugen konnten.

Aaron, Alex, Ercüment, Vinod und ihr neues fünftes Bandmitglied Dennis – der Mann für die Visualisierungen – haben mit mir nach dem Konzert gesprochen.

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Euere selbstbetitelte LP scheint auf recht hohes Interesse zu stossen oder?

Alex: Ja, das ist überraschenderweise so und es freut uns natürlich, dass das Album so vielen Leuten gefällt. Das liegt nicht zuletzt auch an den vielen Konzerten, die wir spielen. Die Konzerte auf der kurzen Tour mit Cult Of Luna waren sehr cool und da war dann die Nachfrage auch dementsprechend. Aber das alles hängt immer davon ab, wo man spielt. Mal Verkauft man zwei, ein anderes Mal einige mehr. In Bielefeld haben wir tatsächlich 15 LPs verkauft, was für eine Vorband recht gut ist und das freut uns natürlich immer.

Ercüment: Ja, es ist auch so ein bisschen das Familien-Ding – wir kommen aus derselben Stadt, hängen zusammen ab und haben früher schon die Platten, die wir gerne hören, immer in Timo und Chris` Laden gekauft.

Wie erklärt ihr euch, dass die Musik von euch so gut ankommt? Aufgrund der herauszuhörenden Einflüsse? Es gibt ja nicht so viele Bands, die in diese Richtung des düsteren, langsam treibenden – meinetwegen durch Doomeinflüsse geprägten Hardcores spielen. Oder jedenfalls sind mir nur eine Handvoll Bands bekannt.

Aaron: Ich denke eher, dass immer mehr Bands solche Musik spielen und das immer populärer wird und deswegen die Leute viel offener dafür sind. Klar, es spielt sich trotzdem im kleinen Rahmen, im Untergrund ab.

Alex: An Isis und Neurosis, die im letzten Jahr ja beide neue Platten rausgebracht haben merkt man schon, dass der Andrang auf solche Platten immer grösser wird, finde ich. Speziell bei Isis schätze ich auch, dass sie eine grössere Masse erreichen könnten, das aber gar nicht so wollen – was auch gut ist. Damit meine ich dass mehr im Untergrund bleiben und sein Ding durchziehen. Sicherlich spielen die auf ihrer nächsten Tour grössere Hallen, es wird immer schwieriger, ihre Platten zu bekommen, weil die sofort weg sind. Ich finde das schon okay, dass nun Leute die Band hören, die das vor ein oder zwei Jahren noch nicht taten.

Denis: Ich finde auch, dass der Anspruch des Publikums immer stärker divergiert zwischen dem Hören von Musik, die etwas ausgefeilter ist und solcher, die eher eingängiger ist. Es fächert weiter auseinander. Viele Leute legen mehr wert auf musikalische Raffinessen jedenfalls ist das mein Eindruck.

Alex: Solche Bands haben auch einen anderen Anspruch auf die Hörer als die eingängigeren. Von Isis usw. wird man als Hörer schon etwas mehr gefordert.

Das Fordern des Hörers und die Atmosphäre in euren Songs – ganz ohne Samples, Keyboard usw. – erschafft ihr aufgrund des vielen Wiederholens von Riffs?

Ercüment: Wir arbeiten viel damit, Riffs oft zu wiederholen und da auch lange drauf rumzureiten – anders baut sich die Atmosphäre auch nicht auf. Uns macht es Spass, sich auf der Bühne mit dieser Musik quasi in Trance zu spielen und es ist auch erfreulich vom Publikum nach der Show zu hören ey man, ich habe mich während der Show wie in Trance gefühlt.

In Bielefeld kam einer, der meinte, er habe sich in der Musik schwelgen können. Und da denke ich mir wow, toll. Da liegt auch unser Anspruch. Solche Musik, wie auch die von zum Beispiel Isis und Neurosis ist ja schliesslich keine, die du auf irgendeiner Party anmachst und sagst, jetzt trinken wir mal genüsslich einen, sondern da sitzt man eher so, wie wir jetzt, zu Hause und hört sich die neue Platte einer solchen Band an. Man sitzt da und achtet auf die Musik und träumt zum Beispiel vor sich hin. Das ist etwas, was wir auch erreichen möchten, wo wir uns in der Musik wohl fühlen, in diesem Sound, in dieser Wand. Es ist schön, wenn dann der Hörer auch sagen kann, er habe dies und das dabei gefühlt und wir denken, hey, das ist bei uns auch so, wenn wir die machen.

Vinod: Das war ja erstmal nicht für das Publikum gedacht, sondern wir gehen da in den Proberaum und spielen bei der Probe ein bestimmtes Riff 10-15 Minuten, was wir dann im Song kürzen müssen. Da ist das geniale beim Live spielen, dass dann das Publikum die Chance hat, das zu fühlen, was wir im Proberaum gefühlt haben. Das kommt daher, dass wir das ja nicht für das Publikum machen, sondern für uns.

Und wie funktioniert das Live?

Ercüment: Live ist verlass auf jeden. Jeder weiss was der andere spielt und auch, wenn man sich verspielt – was erst einmal sowieso live scheiss egal ist – ist das okay, denn da kommt man schnell wieder rein und im nächsten Moment passt das wieder. Das sehe ich auch an Bands, wie Motorpsycho, die ich schon mehrmals Live gesehen habe und die so was von geil live improvisieren können auf der Bühne.

Vinod: Wir spielen auch live oft einen Part viel länger als normalerweise, was sehr viel Spass macht auf der Bühne.

Erzählt was über eure Texte.

Ercüment: In den Texten geht es um viele Dinge, die mich im Alltag beschäftigen, also Dinge, die ich täglich erfahre, sehe und erlebe. Während der Aufnahme der LP habe ich mich viel mit mythologischen Dingen beschäftigt, sprich Urmonstern und solchen Sachen. Ich fing an, meine Gefühle mit diesen mythologischen Dingen zu verbinden, was zu einer Art Traumwelt für mich wurde, ich aber trotzdem sagen kann ok, das trifft irgendwo auf uns alle zu in der Band.

Sind die tiefgründig?

Ercüment: Die sind manchmal so tiefgründig für mich, dass ich sie sogar selbst nicht mehr ganz verstehe. Das läuft schon mal so, dass ich zu Hause sitze und einen Text schreibe, den ich mir ein paar Tage oder eine Woche später noch einmal durchlese und denke krass, was hast du da geschrieben, wie hast du dich gefühlt, als du das aufs Papier gebracht hast? Das sind natürlich Dinge, die mich in diesem Moment sehr bewegt haben und somit für mich auch sehr wichtig, sonst hätte ich die ja nicht geschrieben.

Was ist mit dem Kompliment von Cult Of Luna, nach denen ihr die beste Band seid, mit denen sie seit Jahren gespielt haben (übrigens kam der Bassist von den Red Sparowes während des Interviews in den Raum und meinte, er wünschte, sie würden jedes Mal mit so einer guten Band spielen können. Wenn das nicht noch ein weiteres grosses Kompliment war)?

Alex: Auf jeden Fall. Das ist für uns ein riesiges Kompliment – gerade auch, weil wir die Musik von Cult Of Luna sehr mögen und es sehr nette Leute sind.

Ercüment: Es waren aber auch tolle Konzerte und eine gute Mischung die Tage, die wir zusammen gespielt haben. Wir haben die vielleicht etwas härtere Schiene gespielt und Cult Of Luna die etwas ruhigere. Wir schauen uns alle lieber Konzerte an, bei denen es ein bisschen gemischt ist in Sachen Musik. Wenn du zum Beispiel den ganzen Abend nur das Brett vor die Nase kriegst, kannst du irgendwann nicht mehr und hast vielleicht auch nicht mehr so den Spass an der Hauptband oder achtest gar nicht erst auf die Vorbands.

Jetzt einmal etwas ganz anderes: Warum habt ihr gleich eine Bookingargentur (2 For The Road), noch bevor ihr euer Album fertig hattet und was ist da dann aus dem guten alten DIY-Vorsatz geblieben? Warum das nicht selbst in die Hand nehmen?

Ercüment: Timo und die Jungs von 2 For The Road kannten sich schon alle und als wir das Demo fertig hatten, hat Timo das vorbei geschickt und das hat die wohl umgehauen und dann meinte der Matze wohl, dass er da Bock drauf hat. Probeweise buchte der dann mal ein paar Shows für uns und die Resonanz war wohl recht gut. Danach kam der dann zu uns und meinte, dass er wirklich Lust habe, uns zu promoten. Da sind wir den Jungs von 2 For The Road auf jeden Fall dankbar. Das finden wir toll.

Alex: Es sind auch sehr viele tolle Bands bei 2 For The Road, die wir mögen und gerne hören und das war auch ein Grund, weshalb uns das gefreut hat, dass die Jungs Interesse an uns gezeigt haben und für uns Shows buchen. Der Vorteil an einer Bookingagentur liegt auf der Hand: die kümmern sich um das Buchen von Shows.

Normalerweise ist man das gewohnt selbst zu machen. Ausserdem kommt man eher an Konzerte, wie das heute mit den Red Sparowes oder die mit Cult Of Luna – die wir anders wohl nicht hätten spielen können. Oder jedenfalls wird so etwas dann immer schwerer. Matze und die Jungs kennen sich da aus und machen das auch wirklich gut.

Das ist natürlich die Frage, ob das so Vorteilhaft ist mit der Agentur. Ihr gebt natürlich momentan viele Konzerte…

Ercüment: Wir geben uns da Mühe. Das Problem ist momentan, dass Alex hier in Berlin studiert und Vinod und ich machen gerade unser Abitur im zweiten Bildungsweg. Wir beide sind in einer Klasse gelandet, was das Konzerte geben natürlich noch mal etwas erschwert, denn jedes mal, wenn wir beide fehlen, fällt das auf und dann wissen die natürlich alles klar, die Jungs spielen wieder da kommen dann Fehlstunden zusammen und solche Geschichten.

Aaron macht jetzt zudem noch ein Praktikum und da wird das schwer, längere Zeit am Stück hintereinander Konzerte zu geben. Ist ja klar, dass die nicht sagen ok, ihr eine Band, das pushen wir, sondern zu viele Fehlstunden und es ist Schluss oder ihr müsst kündigen und solche Sachen. Ganz klar. So läuft das darauf hinaus, dass wir mehr oder weniger hauptsächlich die Wochenenden komplett nutzen.

Was haltet ihr von der Hardcore-Szene – wenn man überhaupt von einer sprechen kann?

Ercüment: Zu viele Metalcore Bands.

Alex: Ercüment und ich sind in Salzgitter gross geworden, wo es eine grosse Hardcore-Szene gab und waren dort früher ständig auf diversen Hardcore Konzerten. Aber mittlerweile sind wir da etwas raus. Es gibt viel Metalcore und damit kann ich nicht viel anfangen. Natürlich spielen wir auch mal mit entsprechenden Bands aber da sind auch viele super nette Leute dabei, die wir kennen lernen. Aber trotzdem sind wir da etwas raus.

Letztens haben wir mit Children Of Fall gespielt, die ja sehr in die Hardcore Richtung gehen und ich schon mag – höre ich persönlich auch zu Hause – und da ist schon noch der Bezug zur Hardcore-Szene ein wenig vorhanden. Im Prinzip entspringt das ja alles dem Punk/Hardcore-Bereich und wir finden das super in diesen Jugendzentren spielen zu können. Es ist toll, dass es das gibt. Da ist der DIY-Gedanke schon vorhanden. Kleinere Bands wie wir könnten anders gar nicht spielen. Auch wenn wir nicht in dem Metalcore drin sind, hören wir uns die Bands, mit denen wir spielen schon an.

Die Metalcore Konzerte dürften auch den grössten Zuwachs an Konzertgängern haben.

Alex: In Salzgitter hat sich das überraschenderweise mit Konzerten ziemlich gelegt aber wenn da dann Metalcore Bands wie Destiny spielen, dann ist das echt voll dort. Klar, schön, dass es das noch gibt aber unser Ding ist das nicht unbedingt. Wir hören eher Sachen, wie Isis und Neurosis – aber nicht nur. Unser Musikgeschmack ist recht breit gefächert. Ich denke auch, dass das sehr wichtig ist, einen breiter gefächerten Musikgeschmack zu haben. Das kann nämlich nur positiv sein, seine Einflüsse auch noch woanders her zu nehmen.

Das mit den verschiedenen Einflüsen war ja auch in den Anfängen von Tephra

Vinod: Ja, angefangen haben wir mit Stoner, Doom und Sludge so Richtung Eye Hate God und den ganzen Kram, da wir das auch selber gerne hören. Das hat sich dann gewandelt in das, was wir nun machen und wofür wir leben. Eine einfache Entwicklung.

Ercüment: Wir fingen zwar mit diesen Stoner/Sludge Sachen an, aber wenn wir im Proberaum Session hatten, lief das immer mehr in die momentane Richtung, immer doomiger, immer krasses. Irgendwann ergab sich das einfach, dass wir uns sagten, lasst uns das machen, wofür unser Herz schlägt, denn wir sind nicht die bekifften Typen und eine Wüste haben wir auch nicht vor der Haustür. Das hier passt einfach zu uns, was wir nun machen.

Alex: Natürlich hört man auch unsere Einflüsse heraus aber versuchen schon unser eigenes Ding zu machen.

Vinod: Aber es ist nicht so, dass wir musikalisch auf diese Schiene festgelegt sind. Wir spielen noch in Jason Experience, wo die Musik ganz anders ist so At The Drive-In oder Shellac meets irgendwas. Ercüment spielt noch in einer Grindcore Band.

Ercüment: Ja, wir spielen noch in verschiedenen anderen Bands aber Tephra ist das Ding, wo es momentan gut läuft und in das wir momentan unsere Energie stecken. Aber ob es gut läuft oder nicht, darum geht es eigentlich auch gar nicht. Das Ding ist, wir haben uns so zusammen gefunden, kennen uns schon lange und das zählt.

Alex: Ist von Herzen, haha

Zack! Tape zu Ende. Danke für das Interview.

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Tephra Diskografie:

2004 – Demo CD-R

2005 – Tephra LP (Riptide Rec)

2005 – Irgendwann noch die CD (Riptide Rec)

Interview: Andreas Lehnertz

Links (2015):
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