Oktober 4th, 2011

STAGE BOTTLES (#138, 10-2009)

Posted in interview by jörg

Ich muss hier etwas weiter ausholen, denn es geht bei den Stage Bottles eigentlich um zwei Bands, denn Olaf und später Marcel spielen auch noch bei den BLAGGERS aus London (ja genau die).

Olaf spielte ein Jahr bei den Blaggers in London mit und danach wurden die Stage Bottles 1993 parallel gegründet. Blaggers waren und sind eine saugeile (live) und wichtige Band, vielleicht kennt man die Band nicht mehr so, deshalb hier ein wenig History von deren Homepage:

“ The Blaggers were formed in 1988 by members of London Anti-Fascist Action (AFA) to promote und raise money for AFA. The band achieved a fair amount of success, especially in 1993 when as Blaggers ITA we were signed by EMI und made it into the UK Top 50 with the single ‚Abandon Ship‘. The band were able to use the extensive media coverage at this time to promote AFA in a very positive way.

However during a tour with The Manic Street Preachers a journalist from the Melody Maker was given a slap for calling singer Matty Blag a fascist and saying the bands methods and imagery was no different to the British Movement. The band were blacklisted by most of the mainstream music press and in 1994 EMI dropped the band. In 1995 Matty Blag decided to quit and the following year Blaggers ITA split up.

In 2000 most AFA members had become part of a new group called the Independent Working Class Association (IWCA), a community based organisation set up to represent the interests of the working class and provide working class people with an alternative to the Labour Party who now openly admit to being a party of the middle class.

To help raise funds for the IWCA, the band was reformed under the name Blaggers AKA with original members Matt (bass) and Jason (drums) along with Olaf, who played sax with Blaggers ITA in 1992, on vocals, and Marcel, currently in The Stage Bottles with Olaf, on guitar. Any money raised from Blaggers AKA gigs will go towards helping the various campaigns that the IWCA are involved with around the UK.“

….und 1993 ging es los mit den Stage Bottles. Laut Homepage sind die Stage Bottles „aus einem grossen Freundeskreis in und um Frankfurt entstanden, der zunächst nur der antifaschistischen Skinheadszene und der Punkszene entsprang. Vorwiegend allerdings ersteres. Dies ist ohnehin ein weiterer sehr wichtiger Aspekt der Stage Bottles:

Unsere Freunde sollen immer an dem Spass der Band mit teilhaben können – die Band ist nur zufällig die Band. Diese Haltung gilt auch auf Konzerten. Unsere Haltung ist es, mit vielen verschiedenen Leuten, die unsere Lebenshaltung teilen, viel Spass zu haben, etwas zu bewegen und dabei auch unsere Freiräume offensiv zu verteidigen. Auch ist es uns sehr wichtig mit welchen Konzert-Veranstaltern wir zusammenarbeiten, welche Tonträger-Label unsere Songs veröffentlichen und welchen Fanzines wir Interviews geben.

Wir geben auch Soli-Konzerte, allerdings auch hier nur, wenn alles korrekt abläuft und es auch Sinn macht. …Der Musikstil und die in den Texten angesprochenen Sichtweisen in Bezug auf die von uns erlebte – und auf bestimmte Weise wahrgenommene – Umwelt, sind nicht zu trennen. Olafs Erfahrungen mit den Blaggers aus London und die Nähe zur SHARP-Bewegung („Skinheads against racial prejudice“ ) liessen gleich eine offen nach Aussen getragene antifaschistische Haltung erkennen. …

Die Auseinandersetzung mit den Nazis wurde bereits von jedem von uns vor der Gründung der Stage Bottles betrieben. So gibt es nach wie vor eine kritische Nähe zur Antifa in England und Deutschland, wobei die Stage Bottles sich niemals einer politischen Organisation zugeschrieben haben. Innerhalb der Band gibt es allerdings Tendenzen, die deutlich ausschliesslich nur in die linke Ecke gehen. …

Skinhead, und Punkrock insbesondere, aber auch andere Subkulturen, sind aus politischen Umständen, sei es eine Wirtschaftskrise oder die persönliche Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse, aber auch die Wahrnehmung imperialistischer Kriege usw., geboren worden. Warum sollte man diesen Ursprung leugnen und sich nicht entsprechend engagieren und dazu äussern. Ein „Way of life“ kann keine Komponenten, die einem persönlich im Leben begegnen und berühren, ausschliessen.

Wir glauben nicht daran, dass es einen bereits gefundenen Königsweg zum gesellschaftlichen Glück gibt, dennoch ist unserer Meinung nach völlig klar, dass man sich ein gewisses Mass an Freiheit immer erkämpfen muss, der jeweiligen Situation entsprechend. Wenn dabei sozialistische oder andere Argumentationszüge auftauchen, so soll es uns egal sein, Hauptsache, wir empfinden es als richtig, egal wie man es nennt.

Wir gehen auch zweifellos davon aus, dass der sogenannte Kapitalismus der Ursprung des Grossteils von Unrecht und Leid auf der Welt ist. Und da wir Respekt vor der Menschheit an sich haben, allerdings nicht vor dem, was die Menschheit teilweise anstellt, interessieren wir uns für Alternativen, und versuchen, andere aufzuwecken, anzusprechen und zu interessieren, auch damit wir nicht allein dastehen.“

Es gibt 5 Platten, diverse Singles und Samplerbeiträge, die Band spielte in fast ganz Europa und auch schon in Kanada. Lest euch das Interview durch, auch wenn euch Begriffe wie „Oi!“ oder „Skinhead“ erstmal abschrecken. Die Band hat viel erlebt und (nicht nur dementsprechend) interessantes zu sagen, gerade auch zum aktuellen unpolitischen Grauzonen-Oi.

Dieses Interview mit Sänger und Saxophonist Olaf (O) und Gitarrist Marcel (M) fand an einem Freitag Abend im März 2009 in Olafs WG in Frankfurt-Fechenheim statt. Enjoi! Unser erster Interview-Versuch fand Ende 2008 in der gleichen Konstellation statt.

Wir machten es uns an einem warmen sonnigen Samstagnachmittag am Mainufer auf einer Parkbank bequem, die ersten Biere bzw. Apfelweinflaschen waren geköpft und ich wollte gerade mit meiner ersten Frage beginnen, als das Handy von Olaf klingelte und eine schlimme Nachricht alle Interviewpläne als unwichtig erschienen liessen: Carsten, ein guter Freund der Band, wurde im Rahmen eines Eifersuchtsdramas erstochen und starb in der Nacht davor. Stage Bottles spielten später einige Benefizkonzerte für die Familie von Carsten.

***

Hi Olaf und Marcel, 16 Jahre Stage Bottles in 2009, Glückwunsch! Euer 15 jähriges habt ihr ja letztes Jahr mit einer Kurztour zusammen mit den Angelic Upstars gefeiert, das war in Berlin im So 36 und dann das echte Jubiläumskonzert im Exzess in Frankfurt am Main wie war es?

Olaf (O): Danke! Ja, das ist alles sehr gut gelaufen. Im Exzess war nen Haufen Leute! Vorher spielten wir in Berlin und.. wo war das noch?

Marcel (M): Auf dem Ruhrpott Rodeo.

O: Ja, genau, halt beides Mal mit den Upstarts und wir waren positiv überrascht… Mensi, also der Sänger, war ja mit dabei, er hat Bock gehabt, wir haben Spässken gehabt, ich hab noch ein paar Lieder mitgedudelt…

Bei den Upstarts?

O: Ja genau, ich soll auch dauerhaft dabei sein, aber: mal gucken.

Der Auftritt beim Ruhrpott-Rodeo war der Freitag oder?

M: Ja genau, Freitag da und Samstag der Abschluss im Exzess in Frankfurt.

Haben an dem Tag nicht auch Reagan Youth auf dem Ruhrpott Rodeo gespielt, habt ihr die gesehen?

M: Ja, leider. Die waren grauenhaft. Wer richtig geil waren, waren die Adolescents, die haben echt Gänsehaut bei mir hervorgerufen. Reagan Youth waren ganz grausam und hat den posigsten Gitarristen, den ich seit langen auf der Bühne gesehen habe.

O: Die waren aus irgendwelchen Gründen begeistert von Stage Bottles, oder der Sohn von einem von denen… war das nicht Reagan Youth? Der hat mich angemailt und Fotos von unserem Auftritt geschickt…

M: Oh, dann bitte das mit Reagan Youth streichen, die waren natürlich super super geil, ha ha.!

Ha ha. Kann man denn über die Angelic Upstarts nicht irgendwie nur noch müde lachen, was ist denn an denen Working Class, wenn man an die Gagen der Band denkt?

O: Gemessen an anderen Bands in der Grössenordnung ist das gar nicht so viel Geld und ich mein, das sind teilweise alte Herren… In Russland haben sie sich bereit erklärt (leider hat es bisher doch nicht geklappt), dass sie umsonst spielen und kein Geld verdienen, um die Leute politisch zu unterstützen, ich hoffe, das war nicht im überschwang gesagt, wegen den guten Konzerten, die wir mit ihnen letztes Jahr im Juni gespielt haben. Na ja, Mensi hat von sich aus die Sache angesprochen… Aber auch da wieder: mal schauen.

Ich denke mir nur halt immer, die Band macht auf Working Class, und die echte Working Class, wat weiss ich, der Kfz- Mechaniker, muss erst mal zwei Monate plackern, um deren Konzertgage von einem Abend zu verdienen…

O: Ja gut, die Sache ist die: man kann da natürlich unterscheiden: im Exzess waren jetzt auch genug Leute da, so dass der niedrige Eintritt die Veranstaltung mit dem Getränkeverkauf gedeckt hat. Es gibt Konzerte, die sind noch mal viel, viel teurer und im Exzess ist ein gewisser politischer Rahmen, der faire Preise voraussetzt, gegeben…

und den politischen Rahmen hatten wir mit den Exzess-Leuten als Veranstalter (wobei die uns bei eventuellen Verlusten auf jeden Fall unterstützt hätten, was ganz toll war, sonst hätten wir nämlich auch wegen der Gage Probleme bekommen, falls was schief gegangen wäre, ist es aber nicht)… also im Prinzip können die Upstarts dieses Geld schon nehmen. Natürlich gibt es auch Bands, die auch anders oder extremer handeln und eine gewisse Profitgier voll ausreizen. Das ist jetzt aber bei den Upstarts nicht der Fall.

Ihr wart in Russland auf Tour, Balkan-Tour, jetzt im Februar 2009 ne Kurztour in Frankreich mit Metz und Paris, ich komm gar nicht mehr mit, läuft also alles, auch mit Konzerten im Ausland?

M: Pro Jahr spielen wir 40 – 60 Konzerte. Wir wollen in der Regel immer ein paar Sachen kombinieren und Dinge machen, die wir vorher noch nicht gemacht haben. Das war z.B. letztes Jahr Russland, was wir 2009 eigentlich wiederholen wollten, aber wie gesagt, das haut wohl nicht so hin. Ende 2008 war das die Balkan-Tour, Slowenien, Kroatien, Serbien, das Jahr davor Frankreich und Spanien. Wir sind eigentlich relativ weit rum gekommen.

O: Letztes Jahr waren wir mit Stage Bottles, glaube ich, in 12 oder 13 verschiedenen Ländern… mit Deutschland.

M: Ha ha, gestern sah ich ein Scoprions-Interview bei Stefan Raab und die erzählten dann, „Wir haben dieses Jahr 60 Konzerte in 12 Ländern gespielt“, und da hab ich nur da gesessen und gedacht, „Wir auch, ha ha“. Ok, wenn man unsere Zuschauerzahlen zusammenzieht, dann kriegt man noch nicht mal ein Konzert von denen ein bisschen voll, die haben ja da irgendwo in Bali vor 100 000 Leuten gespielt.

In England spielt ihr ja auch oft auf dem Wasted Festival?

M: Ja, früher Wasted -, heute Rebellion-Festival. Das kam über die Blaggers…

O: Als wir mit den Blaggers in Bristol gespielt haben, war jemand von den Festival-Organisatoren da. Der Veranstalter hat mich dann angemailt. Die Blaggers wollten allerdings erstmal nicht in Morecambe (Wasted Festival) spielen, sondern die Stage Bottles sollten das erstmal vorchecken. Beide Bands wäre auch gegangen, die Veranstalter wussten auch wegen der Stage Bottles-Blaggers-Verbindung sofort Bescheid, aber wir sollten trotzdem erstmal vorchecken, wir wussten auch nicht genau, was uns bei dem bunten Volk da erwartet, wie gefährlich es sein wird, wenn da 100 Faschos vor der Bühne stehen.

Blaggers waren in den 90er ja mit die meistgehassteste Band von den englischen Faschos. Wir haben dann gedacht, okay, wir machen das, wir kennen da auch Leute, die uns unterstützen und helfen können. Dann haben wir auch mit den Blaggers mitgemacht, das haben wir dann inklusive Morecambe ohne Blaggers vier Jahre hintereinander gemacht. 2009 machen wir eine kleine Pause und sind nächstes Jahr wieder dabei.

Ist das nicht bizarr, da mit den ganzen Altersheimbands? Klar, man ist auch Fan, es sind dann Jugendkultbands, aber dann werden die extra für dieses Festival wieder ausgegraben?

M: Witzigerweise treffen wir die meisten dieser Bands nicht auf diesem Festival, sondern woanders wieder, viele sind das ganz Jahr unterwegs,

Ach, ich dachte, die treten dann nur für dieses Festival auf?

M: Ja, ein paar, aber die meisten nicht. Ich habe da schon völlig unterschiedliche Bands gesehen, manche kickten mich total, andere waren die von dir genannten Altersheimbands, ich denke da speziell an Eddie And The Hot Rods.

Ja, gut…

M: Aber irgendwie ist das auch wieder lustig, wenn du die da so live siehst, und der Sänger sieht aus wie Rod Stewart.

O: Do anything you wanna do, yeah

M: Yeah, auf der anderen Seite, bestes Erlebnis musikalisch waren die Newton Neurotics. Das war genial!

O: Es ist ein schönes Gemisch von Bands, mit einigen sind wir befreundet und von den alten Bands haben wir auch viele persönlich kennen gelernt… gerade was feiern, was „Anti – Straight Edge – Parties“ angeht, sind wir da sehr aktiv und… das macht eigentlich ziemlich viel Spass. Peter von Peter And The Testtubebabies ist ein sehr guter Backstage-Host…

Ha.

O: Ha ha, naja, also, das Altherrentreffen… Na ja, man muss ja auch sehen, dass zumindest ich da teilweise auch schon selber ein bisschen wegen dem Alter dazugehöre. So von der Ausstrahlung und vom Alter sind viele aber trotzdem jugendlich, und wie Marcel schon sagte, viele sind auch oft unterwegs und das regelmässig… das sind nur manchmal einmalige Ausgrabungen.

Gibt es Bandfreundschaften? Klar, Blaggers, Angelic Upstarts denke ich mir auch…

O: Ja klar, Upstarts, Blaggers, Los Fastidios. Oh Gott, jetzt vergessen wir nachher noch ganz viele Bands, also lieber aufhören mit dem Aufzählen. Es sind schon viele internationale Bands, z.b. in Kanada, meistens Bands, mit denen wir schon ein paar mal zusammen gespielt haben oder für die wir Konzerte organisiert haben oder die für uns.

Das sind oft ganz spezielle Erlebnisse, gerade was das politische angeht. Das man einfach auf etwas heiklen Konzerten in heiklen Städten in heiklen Ländern zusammenspielt. Das schweisst auf jeden Fall zusammen.

Inwiefern jetzt heikel, also weil es eine sehr rechte Gegend ist und man da Präsenz zeigen will?

O: Ja klar, in Städten wie Bratislava oder Novi Sad, oder so, wo die Hooligans die Security sind, obwohl die jetzt auch nicht unbedingt hochpolitisch sind, aber die sind für uns dabei, wenn die Faschos kommen.

Und die Organisatoren, dass ist für die was ganz besonders, dass das Konzert so stattfindet, und da unterhält man sich natürlich auch drüber, und tauscht sich ganz anders aus, das sind dann einfach keine normalen Konzerte, dass haben wir mit den Los Fastidios oft gehabt und mit denen haben wir auch schon sehr oft zusammen gespielt. Insgesamt hatten wir bei Konzerten bereits 4 Bombenalarme ausgelöst durch Faschos. Ist aber nie was passiert.

War nicht einer von Los Fastidios Straight Edge?

O: Nee, Veganer. Und er ist es immer noch.

Ach stimmt.

O: Ich hab jetzt ja auch nicht von allen geredet.

M: Sprach er, und nippt an seinem Glas Orangensaft.

Hah ha.

M: Es hat sich über Jahre ergeben, mit Bands persönliche Beziehungen aufzubauen.

Ihr habt ja mit Simon Brunner einen neuen Schlagzeuger, wie läuft es?

M: Es rollt, ja.

Was war den mit dem alten los?

M: äh, es war ihm zeitlich zu viel geworden.

O: Er schreibt gerade an seiner Magisterarbeit… das war jetzt für die Leute für die East Coast.

Ha ha, ich glaube, ich hab mal durch Zufall den ersten Trommler von euch in der U-Bahn getroffen, der erfreut meinte, als ich ihm sagte, dass ich euch fürs Trust interviewe, ob SB nicht zu hart fürs Trust wären, weil wir ja nur At the drive in?? hören?

O: Häh, wann soll das denn gewesen sein?

(Einwurf Setfotograph Moritz: Jan, das war ein ganz anderer, das war der Till.)

Oh, ach so, ja, das war letztes Jahr.

O: Dann muss das ein anderer gewesen sein, weil unser erster Schlagzeuger leider seit zwei Jahren tot ist.

äh… gut, dann… war der das nicht. Das geht jetzt auf meine Kappe, also ich habe einen Toten getroffen, ok, jetzt wird`s makaber…

O: Schon ok.

Die Reaktionen auf euer fünftes (und aktuellstes) Album, „Mr. Punch“, sind ja ziemlich gut oder?

M: Ja, durchweg positiv, gerade bei der Platte gibt es keine einzige negativen Kommentare, die ich gehört hab.

Mir gefällt die nette Mötorhead Anspielung bei „We are the Rude Crew“, fand ich super.

O: Motörhead?

Ja hier, „We are the road Crew“

O: Ach so, ja, das kommt schon eventuell da her, aber man muss sehen, dass die Original rude crew eigentlich in England von Original-Mitgliedern der Blaggers und deren Umfeld gegründet wurde … es ging darum, sich wirklich daneben zu benehmen und „rude“ kommt u.a. von Rude Boys… und wir haben uns irgendwie gedacht, dass es mal dazu ein Lied geben muss.

Ganz interessant, als ich mal Klarinette gespielt habe, hatte ich eine Aufnahmeprüfung hier am Konservatorium in Frankfurt gehabt und den zweiten Satz vom Klarinettenkonzert von Mozart gespielt. Die Chorus-Melodie von „We are the rude crew“ ist eines der Hauptmotive aus dem zweiten Satz.

Ach komm.

M: Was den musikalischen Zusammenhang zu Motörhead noch mal unterstreicht!

Ha ha. Stage Bottles und Fussball… Ihr habt mit „Das Herz von Frankfurt“ nen neuen Fussballsong gemacht.

O: Ich hab den nicht gemacht.

M: Aber du hast mitgesungen.

Ist Fussball nen Thema für euch?

M: Nicht für alle, aber für die meisten.

O: Aber eigentlich schon für alle oder? Ich meine…

M: Ach stimmt, wir haben ja jetzt nen neuen Schlagzeuger.

Dann die Eintracht oder was?

M: Wir haben fünf Bandmitglieder, drei tragen ein schwarz-rot gestreiftes Herz, einer weiss-rot gestreift (Düsseldorf) und einer unterstützt den nach Düsseldorf/Offenbach auch noch nächstschlimmeren Verein im Rhein-Main-Gebiet: nämlich Mainz.

Die Heimat der Stage Bottles ist aber schon Frankfurt?

O: Ja, das wird irgendwie so wahrgenommen, ich glaube, von uns auch. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass der Proberaum zentral in Frankfurt, nämlich in der Nähe vom Offenbacher Hauptbahnhof, liegt.

Ha ha.

M: Wie war die Aussage vom Ex-No Respect Trommler, der Sauer? „Ich grüsse meine Lieblingsstudentenband in Offenbach“? Worauf ich erstmal geantwortet habe, „Lieber Sauer, zwei von uns wohnen in Wiesbaden, einer in Mainz, zwei in Frankfurt, was haben wir mit Offenbach zu tun?“

Frankfurt ist ja irgendwie ne bizarre Stadt, Gründungsort der 68er radikalen Studenten, später der Grünen, einerseits also das Amsterdam von Deutschland, dann auch Gründungsort der Böhsen Onkelz… also irgendwie ist die Stadt ja voller Widersprüche, jetzt nicht hier so Klischee zwischen Bembel und Banken, aber… z.B. auch in der Szene: es gibt viele Auftrittsorte, aber kaum Bands…

O: Ich fühle mich hier trotzdem wohl, hier leben sehr viele verschiedene Leute, es ist politisch relativ gefestigt und die können sich gegenseitig ertragen, was in anderen Städten nicht geht. Man hat viele Möglichkeiten, irgendwo hinzugehen, unabhängig seinen Spass zu haben und das äußerliche der Stadt verbirgt die zum Glück auch guten Seiten für Aussenstehende etwas.

Meinst du, dieses Politische ist ein Erbe der alten Hausbesetzerszene, Startbahnwest 80er Jahre Protestszene?

O: Nee, nix Startbahn, da rede ich eher von der Subkultur, wie man irgendwann mal angefangen hat, miteinander umzugehen, das andere weiss ich nicht, das ist zu lange her, auch wenn man natürlich ein paar Startbahn-Veteranen persönlich kennt.

M: Denke ich auch, ja.

Ihr seid ja mit Stage Bottles so das gute Gewissen der linken Skinszene, ist das nicht ein bisschen so, wenn man im Metal immer Kreator heranzieht von wegen „Hier, Metal kann auch links politisch sein, gegen Krieg, Umweltverschmutzung, Religion“ und ihr seid das dann im Oi!-Bereich… das kann ja auch mal nerven, so Vorbildfunktion und so? Stimmt das so überhaupt?

O: Puh, also…in weiten Teilen mag das schon so stimmen, aber ich behaupte jetzt einfach mal frank und frei, dass das daran liegt, dass uns viele Leute auch ernst nehmen. Dass liegt aber nicht daran, dass Stage Bottles irgendeine Hippie-Scheisse machen würden, sondern… wir haben ja auch eine grosse Gefolgschaft an Hooligans, auch an älteren Hools, von daher denke ich schon, dass sich unsere Art, Dinge auszudrücken, schon davon unterscheiden.

Wie du es jetzt in der Frage formuliert hast, also so kommen wir, glaube ich, nicht rüber, also im Sinne der ständigen Mahner. Ok, es gibt schon mal einige Leute, die uns Vorwürfe machen von wegen „ja die Stage Bottles, immer Politik,….“ usw., aber eigentlich können wir uns sehr viele Freiheiten raus nehmen. Ich weiss nicht, ob es daran liegt, aber wir gehen bewusst mit Dingen, die wir in unserer Umwelt wahrnehmen – und wir nehmen sie wahr – um, und… es sind wie gesagt sehr unterschiedliche Leute, die uns hören und unsere Texte lesen. Also sind wir nicht nur das gute gewissen der Skinheadszene.

Ok, aber ihr habt ja schon ne Ausnahmeposition in der Oi!-Szene, also ihr seid ja nicht „your typical oi band“?

O: Ja gut, aber wir sehen uns in erster Linie auch gar nicht als reine Oi-Band. Uns gibt es ziemlich genau 16 Jahre, wir haben so viele Einflüsse, wir hatten Besetzungsänderungen und sehr unterschiedliche persönliche Einflüsse und Erfahrungen in der Vergangenheit . Und wie können wir unserem Bassisten, der nie Skinhead war, vermitteln, „hier, du spielst in einer Oi-Band?“, dass ist ja auch nicht wahr.

Natürlich, unsere Ursprünge kommen daher, die Musik auch, die Musik orientiert sich an dem, was wir gerne hören und das ist schon der alte klassische englische Oi und Streetpunk. Ja und… Mist, jetzt gerade den Faden verloren…

M: Hmh, das gute Gewissen… Also, wir haben im Gegensatz zu anderen Bands eine Aussage, und das ist auch eine relativ klare Aussage, es gibt viele Bands, die…

Stimmt.

M: Es gibt viele Bands, die… um mal einen Text von uns zu zitieren, die sind halt so „Talking much without saying anything!“ Das ist bei uns nie der Fall gewesen, die Texte haben einen Bezug zu unserem Leben, sie sind so gemeint, so gelebt. Das erkennen einige Leute, die das nachvollziehen können, aber sie müssen nicht politisch einer Meinung mit uns sein…aber sie respektieren das.

O: Das sind weniger als 50 % Skins, die uns hören oder uns so sehen, vielleicht sind es 30 % der Hörer, die uns als „die“ Skinband sehen, es ist sehr gemischt.

Euren Mottosong, „Sometimes antisocial, always Antifascist“ könnte man einerseits sagen, dass es eventuell etwas

M: Prollig rüber kommt?

Nee, zu…

M: Schade, ha ha.

Ha ha, nee, etwas zu plakativ rüber kommt bei euch, irgendwie ist das ja ne Selbstverständlichkeit, Antifaschismus… andererseits muss das wahrscheinlich so sein, bei diesen ganzen Grauzonen-OI! ?

O: Auf der „Mr. Punch“ Platte haben wir uns mit dem Thema Rechtsaussteiger auseinandergesetzt, ansonsten gibts hier und da halt Textzeilen dazu, aber als „die immer alte Leier“ empfinden wir das Thema überhaupt nicht, weil wir das Thema immer in einer uns neu erscheinenden Art und Weise verpacken bzw. verarbeiten….

Der Song „Sometimes antisocial…“…das war noch aus der Zeit, als wir nicht die lustigen Antifaschisten waren, die aufs Plenum gegangen sind, sondern das war, als wir uns halt auch schön durch die Republik geprügelt haben, und zwar mit Faschos, und das in einer Art und Weise, die vorher nicht so bekannt war, das waren natürlich nicht nur wir Frankfurter, auch andere, die für Respekt gesorgt haben…

so was in der Art als „Antifa hooligans“ waren wir damals, obwohl es da noch nicht diesen Begriff gab, Autonome natürlich auch irgendwie, egal, auf alle Fälle, wurden Stage Bottles Verhaltensweisen nachgesagt, die nicht typisch Antifa waren, aber auch schon damals waren wir akzeptiert, wir hatten auch immer einen Anhang dabei, der sich total daneben benommen hat, wir waren ja auch noch jünger, da sind einfach total viele Faux-pas passiert, auch in Sachen „Sexismus“ – allerdings niemals ernsthafter Sexismus – , da wundert mich schon, wie tolerant die Leute uns gegenüber waren damals.

Aber wir haben uns so gefühlt und dementsprechend diesen Song gemacht, wobei der nicht nur gegen PC geht, sondern es geht darum, dass uns die Bürger als asozial ansehen, aber wir uns als eigenständigere und politischer denkende Menschen sehen und damit eine soziale Verantwortung übernehmen, als andere sogenannte normale Bürger, die als „sozial“ gelten. Auch deshalb steht das Wort „antifaschistisch“ als positiver überbegriff in dem Song da.

Du meinst auch so die andere Feierkultur der Skins?

O: Nein, in dem Falle des Songs geht es um das politische Denken und die Konsequenzen, die es gilt daraus zu ziehen.
Sagens, Hooligan Streetwear sponsort euch.

O: Ja, wir kriegen Klamotten von denen. Ich mache auch ab und an ein paar Jobs für die, wenn`s um Musik geht.

Du hast eben den Begriff Antifa-Hooligan erwähnt. Kennst du diesen Crass Song über Oi, „greatest working class ripp off“? Immer diesen Glorifizieren von Gewalt, ein Hauch von Machotum… finde ich tendenziell uncool….die normale HC Szene ist ja eher pazifistisch, von der Einstellung her …ok, und die Hools, also das sind jetzt „zum Glück“ nazi-verprügelnde Typen, die gerne saufen und feiern, aber jetzt irgendwie… Gegenkultur?

O: äh, den letzten Part habe ich jetzt irgendwie nicht verstanden?

Also, Hooligan, dass ist für euch halt positiv besetzt, so Outlaw-mässig?

O: Ja durchaus, weil Marcel und ich das näher kennen gelernt haben, und gewisse positive Gemeinschaftserlebnisse hatten… wir sind aber beide nicht mehr aktiv, aber es war schon eine gewisse Ehre vorhanden, was Fairness anging, die Gewalt, die ausgeübt wurde, die wurde untereinander, innerhalb der Subkultur-Gruppe ausgeübt.

Natürlich gibt es Ausnahmen, Typen, die nur prügeln wollen, aber es gibt auch Leute, die das mit Niveau bringen, diese Leute haben von der Grundtendenz gar nicht so die falschen Einstellungen, man muss ihnen bestimmte Sachen nur konkreter rüber bringen…

M: Und zum Thema Crass-Song, ich denke, dass es viel mehr Punkbands gab, die einen Ripp off mitgemacht haben, als Oi-Bands.

Ha, nicht schlecht, okay!

M: Dazu kann man jetzt Crass nicht unbedingt zählen, wobei…die leben da in ihrem Häuschen um London herum bestimmt auch nicht schlecht, hab ich gehört. Ich habe zu Crass nur mal den Spruch gehört, ich kann ihn nicht bestätigen, „Ah, those middle-class kids!“.

O: Ja aber noch mal wegen Hooligan, wir haben da Kontakte, Freunde, da sieht man die Sachen ganz anders und hat eine viel geringe Distanz dazu, aber: glorifizieren tun wir da jetzt auch nix!

Ein Fanzine-Macher sagte mal, er interviewt lieber langweilige Indi-Rock Bands als OI – Bands, bei den Indie-Bands wäre wenigstens nie einer früher Nazi gewesen. Da gab es ja jetzt auch die grosse Diskussionen mit Stomper 98 und dem Endstufe-Bild, es gibt die Initiative „Grauzone“, wo über unpolitische Skinbands aufgeklärt wird… kennt ihr die Oi the grauzone Leute?

O: Persönlich kennen wir einige der Leute schon ziemlich lange. Das Foto…

Kannst du noch mal sagen, was da passiert?

O: Sebi, der Sänger von Stomper 98, hat sich in Hildesheim auf dem Konzert von „Indecentd Exposure“ (ein grenzwertiges Konzert in einem grenzwertigen Laden) mit Jens, dem Sänger von Endstufe, in Partypose fotographieren lassen. Ich hab dazu jetzt mehrere Versionen gehört…

Diese Grauzone an sich, diese unpolitische, wird teilweise sehr stark gepredigt, das heisst, die Leute werden entpolitisiert bzw. ist der Nachwuchs dann gar nicht mehr politisch, das breitet sich ja auch auf die Punkszene aus, ficken, blasen, saufen. Das Niveau sinkt, es gibt dann mehr Toleranz nach rechts, es kommt zur Aggression gegen Linke, die ein gewisses Niveau in der Szene haben wollen und als Spassverderber gelten…

Antifa-Idioten gibt`s ja auch…

O: Ja klar, aber darum geht`s ja gar nicht, dieses Schubladendenken ist ja Quatsch, nichts desto trotz… diese unpolitischen haben einen negativen Effekt auf die Szene und das droht teilweise sich zu vergrössern, auf grossen Festivals spielen solche Bands dann als Headliner… mir gefällt das nicht.

Diese unpolitischen Tendenzen, woher kommt das, also mehr Akzeptanz Bands gegenüber, die nen paar Titten auf dem Cover haben und denen das wichtigste ist, dass ihr Fussballverein gewinnt… als ich 15 war, war das ja auch schon ein Streit in der Skinszene….

M: Es gibt einen grossen Teil der Skinszene, der nicht besonders politisch ist, ja, aber es gab jahrelang durch die 90er ein ganz klares Standing innerhalb der Nicht-Nazi-Skinszene, es gab eine bestimmte Toleranzgrenze, gewisse Leute wollen wir nicht haben, die werden auch auf Konzerten nicht rein gelassen, oder kriegen auf die Nase.

Das war SHARP, aber eigentlich auch die unpolitischen Skins in den 90er, und da hat wirklich eine Entpolitisierung stattgefunden, du hast immer mehr Bands, die plötzlich so ein Riesenfollowing haben, die gar nichts mehr sagen, die singen über eine Szene, die sie kennen gelernt haben, als es sehr leicht war, in dieser Szene etwas zu machen ohne sich gleich über Politik Gedanken machen zu machen, dazu möchte ich aber nicht den Sebi von Stomper 98 zählen…. und von den Bands kannst dir dann regelmässig anhören „Ach hier, die ganzen politischen Bands, alles linke Spinner“.

Ende der 90er im Punk war ja dieser Punk`n`Roll gross, also Bands mit Ramones-Musik, völlig sinnfrei und unpolitisch, hedonistisch ja, aber vielleicht ist das in den Skin/Ska-Bereich übergeschlagen…

M: Das kann gut sein und das ist ja alles parallel gelaufen. Das Ende des Skin up Fanzines könnte auch ein Grund sein, warum bestimmte Konsenspunkte innerhalb der Skinszene einfach nicht mehr so da sind, wie sie es mal waren.

In der Punk-HC-Szene, zu der das Trust gehört, ist man immer sehr schnell mit Vorverurteilungen, was sind denn für euch so Bands wie Rabauken, Stomper 98, sind das „nazi“-Bands, sind das „problematische“ Bands, wie seht ihr das?

O: Faschos sind sie ganz sicher nicht, man kann sicherlich von den Leuten politisch erheblich mehr erwarten. Diesen reinen Partymacher-Bands können gefährliche Tendenzen nach sich ziehen, davon abgesehen, die anti-politischen Tendenzen, die da besungen werden…

Von den Bands, die du angesprochen hast, die auch dieses Jahr mit Punkbands auf diversen Festivals spielen werden… da gibt`s dann keine Hasstiraden gegen Punks, da wird halt munter gesoffen, das ganze ist irgendwie… ambivalent… es ist die Frage, ob man diese Leute abschiessen sollte oder sich mit ihnen auseinandersetzen muss… wir haben gewisse Erfahrungen mit Einstellungen von Leuten wie diesen und inwiefern man positiv darauf einwirken kann, wir haben gewisse Gesprächsthemen, die trotzdem verbinden, und sei es nur Musik.

Wenn man weiss, dass man einen ambivalenten Typ vor sich hat – kein Fascho, da gibt es Grenzen -…. für Leute, die keine Gesprächsthemen mit so einer Person haben, entwickelt sich dann folgerichtig keinerlei Gesprächsbereitschaft, aber so ist es auch schwer einzuschätzen, wie die Person wirklich tickt…. wir bekommen es manchmal aus einem etwas anderen Blickwinkel mit, und können es dann eventuell besser einschätzen, ob sich etwas ins Positive wandelt, sich dass Bewusstsein ändert…

Du sprichst von klaren Grenzen… ist das halt zum Beispiel eine, die überschritten ist, wenn man sich mit seinem rechten Ex-Kameraden auf einer Party zusammen fotografieren lässt?

O: Das ist eine klare Grenze und wir würden momentan mit Stomper 98 nicht zusammenspielen. Der Sebi soll da mal schön selber raus kommen, wir haben ja mit Stomper 98 auf Festivals zusammen gespielt, da muss man natürlich auch sehen, soll man die ganze Diskussion diesen Bands überlassen oder soll man da nicht selber Bewusstsein schaffen und durch Anwesenheit dafür sorgen, dass Faschos abhauen oder so.

Aber es gibt klare Grenzen: wenn da irgendeine Nähe zu Faschos ist. Oder wenn es um Leute geht, die in der Szene etwas repräsentieren, dann hat das auch noch mal eine ganz anderer Qualität, als wenn ich irgendein Hool beim Fussball treffe, von dem ich ganz genau weiss, er ist kein Fascho, aber säuft halt mal mit denen.

Da unterhalte ich mich trotzdem mit dem Hool, ich weiss, er hat eine andere Meinung, er weiss das natürlich auch, ich weiss, er würde mir niemals mit einem Haufen Faschos in den Rücken fallen oder so, aber Leute, die Verantwortung für junge Leute tragen, ich weiss, wir sind alle Pädagogen, egal in welcher scheiss Band wir spielen, ha ha, ähem, ja, solcher Verantwortung soll man auch Rechnung tragen, und wenn man das ignoriert, weil man nicht intelligent genug dazu ist oder weil man ein Arschloch ist, dann sollte man dafür sorgen, dass solche Bands ihre Haltung nicht noch anderen näher bringen können.

Ich habe mit dem Sebi gesprochen und wir wurden im Ox-Online mit den selben Fragen in gewisser Weise gegenüber gestellt. Die Folge, dass man Sebi nicht subjektiv abschiesst und in der öffentlichkeit eine Diskussion geführt wird, hat sicherlich sein Gutes. Und bei Stomper haben auf alle Fälle Denkprozesse eingesetzt, die offen ausgesprochen auch eine sehr positive politische Wirkung in der Szene entwickeln können. Mal sehen, wie`s weiter geht.

Gibt es bei euch nicht auch mal so Ankumpeleien von den unpolitischen Bands, so hier „Marcel, ihr seid ja voll die Linken, aber lass uns jetzt mal schön zu Endstufe abpogen.“

M: Nee, das kenne ich überhaupt nicht. Also, das so Leute bei Stage Bottles in den Backstage kommen und so „Hier, lass uns mal schön auf die Onkelz Party gehen“.

O: Was mir manchmal gesagt wird, ist eher „Mensch Olaf, du denkst viel zu sehr politisch, wir sind doch am Ende alle Skinheads“, so was gibt`s durchaus, aber… also… ja. Dazu bin ich einfach zu sehr eine eigene Persönlichkeit neben dem Skinhead-Sein und ich gehe immer danach, was in der Person drin ist, oder was sie tun, nicht, wie sie aussieht.

Es gibt genug Leute, für die Skinhead sein über alles geht, weil sie keine richtige Identität heranbilden können, das vereinfacht die Sache natürlich… man kann auch noch stolz auf sich sein, warum auch immer, jeder kann sich als Skinhead verkleiden, dass ist für mich kein Massstab.

Glaubt, durch so Grauzonenforschung ändert sich was, wird dieses unpolitische weniger werden?

M: Durch dieses Partybild letztes Jahr sind einige Leute wieder wach geworden, dass ändert sich jetzt gerade schon, ja. Nicht viele, aber einigen ist der schmale Grat bewusst geworden. Wie die Zukunft aussieht, keine Ahnung, die Spass-unpolit-Grauzonen-Bands, wie du sie nennst, haben viele Zuhörer, auf der andere Seite kann es schnell nach hinten losgehen, wenn auf so einem Konzert mal was abgeht… Und es gibt ja Bands wie Freiboiter oder Loikämie, deren Mitglieder sind ja sehr bewusste Skinheads.

O: Es gibt eine kleine Tendenz der Spaltung, Festival-Boykotte von Bands, Veranstalter setzen sich davon ab, Booking-Agenturen stellen Zusammenarbeiten ein…ehrlich gesagt, finde ich das schade… wir Stage Bottles sind ja Teil des Ganzen, und werden so szeneintern auch manchmal zu Schritten gezwungen, die nur auf kurzfristige Schock-Wirkung aus sind, aber nicht auf eine langfristige positive Entwicklung abzielen.

M: Oft sind wir aber auch die einzige als explizit politisch wahrgenommene Band, die auf so einem Festival spielt, dann versalzen wir wenigstens denen die Suppe, die uns da nicht sehen wollen.

O: Und wir haben einen bunten Fankreis, dass beeindruckt Leute, das kann auch eine Vorbildfunktion haben!

***

An dieser Stelle wechselten wir das Thema und es ging um leichtere Dinge wie welche Zines die beiden so lesen, was die wichtigsten Skinhead-Reggae-Platten sind, was die beste Scheibe der Stage Bottles selber ist („All“), das Thema „Doppel-OI“ wurde angeschnitten, AC/DC auch… aber ich finde, hier ist ein guter Schlussstrich zu ziehen! Ihr habt viel über die Band erfahren und über das gerade aktuelle Thema des „unpolitischen Grauzonen-Oi!s“. Checkt die Stage Bottles mal aus und bleibt wachsam, im Kopf.

Interview: Jan Röhlk

Links (2015):
Stage Bottles
Homepage
Stage Bottles auf Wikipedia
Stage Bottles auf Discogs

 

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