März 11th, 2007

SAPRIZE (#61, 12-1996)

Posted in interview by jörg

Weil Saprize eine neue, ziemlich okaye Platte gemacht haben, traf ich mich mit den Scherzkeksen, um ein bisschen gepflegtes Kackegeseiere zu veranstalten.

Saprize, Bremer Crossover-Pioniere zwischen Hiphop und Hardcore und diesem und jenem, sind (mittlerweile nur noch) drei Herren mit den Namen Greg Core (der schreibt die Musik und trommelt), The Menace (welcher seinen Plattenspieler benutzt, um auf Vinyltonträger herumzukratzen), sowie Ben (der die Vokal- und Verbalbeiträge gestaltet und mancherorts als der kleine Blonde mit den schlechten Witzen verschrien ist – einen Ruf, den er wenige Tage nach dem Interview bei der Saprize-Record-Release-Party im Bremer Lagerhaus nachdrücklich zementierte).

Mehr der Vorrede sei uns geschenkt, kommen wir zum Interview.

***

Zum ersten müssen wir natürlich über Eure neue Platte reden, klar, die ja nun doch etwas durchgängiger im Stil geworden ist. Man könnte, wenn man böse wäre, auch sagen, dass sie erwachsener klingt. Ich habe gerade nochmal „No“ (die letzte und gleichzeitig zweite Saprize-Platte) gehört, die ist auch deutlich fröhlicher.

Ben: Ja.

Menace: Das liegt daran, dass ich mich nicht mehr rasiere.

Stimmt, du trägst jetzt auch Bart…

B: Du darfst mit uns auf Kaperfahrt fahren.

M: Wen soll ich denn kapern?

B: Wohin weiss ich nicht, aber Wale kapert man (…) ’ne Kaperfahrt war ’ne Walfangfahrt. Du kaperst Wale und Robben. Mit hundertprozentiger Sicherheit.

– Allgemeine Skepsis –

Da sollte man Berufenere befragen. Wie kamen wir auf kapern?

M: Bärte.

G: Das liegt ’n bisschen daran, dass die ersten beiden Platten ja noch sehr spontan und chaotisch aufgenommen sind. Teilweise waren da echt Sachen, ’n Stück ’ne Woche vorher geschrieben und ’n Text und dann ins Studio, erst geguckt, passt der Text dazu, wie machen wir das, wie soll das gerappt werden, solche Sachen.

Bei der Platte ist alles vorher schon ziemlich klar gewesen, deswegen ist halt nicht soviel Chaos auf der Platte drauf, weils zu jedem Stück vorher ’n Plan gab, wie das umgesetzt werden sollte. Wie’s klingt, wenn man das so und so aufnimmt wussten wir auch schon, weil wir auch schon vorher aufgenommen hatten.

B: Das heisst, dieses Depressive war schon immer in uns und wir ham# es nur nich‘ rausgelassen, weil wir immer zu kurzfristig gedacht haben. Das wäre die Konsequenz der Sache.

– Gelächter –

M: Ich war eigentlich schon immer erwachsen. Ich habs nur nie gezeigt.

B: Eigentlich waren wir schon immer so um die dreissig. Auch als wir so siebzehn waren.

Aber eigentlich bist du insgeheim so’n Folkie. Leslie Crane (heisst ein, „von Stephen King inspirierter“(!!!) Akustik-Song auf der neuen Platte)…

G: Die Gitarre hat ja nicht Ben geschrieben, und auch nicht gespielt.

(zu Ben)

Also Du hast Dir da nur den Text ausgedacht?!

B: Das andere ist von Benni von Queerfish. Aber ich bin trotzdem ein Folkie.

Lo-Fi und so…

B: Ja, Lo-Fi.

M: Auf jeden Fall sind wir nicht funky.

G: Nee, den Funk ham wer nich‘, glaub‘ ich.

B: Den Funk ham wir echt nicht.

M: Uns fehlt echt der Funk, schade…

Tja, schade eigentlich, neech. Ihr könntet so funky sein.

M: Wär auch ’n super Werbeslogan: Saprize hat den Funk.

Eigentlich schon.

B: Wir könnten aber schreiben, dass Saprize nicht den Funk haben. Das wär cool, weil wir ham ihn wirklich nich.

G: Ist auch noch nicht ganz geklärt, was das ist. Funk ist, wenn man sich so’n bisschen Scheisse bewegt.

B: Orgiastisch auch.

M: Funky heisst doch eigentlich beschissen.

B: Seltsam!

M: Nee, beschissen.

G: Irgendwas dazwischen wahrscheinlich.

M: Im Langenscheidt steht noch beschissen.

Echt? Im Langenscheidt?

M: Mhm!

Ohne Pünktchen oder bieeep?

M: Nee, „beschissen“, wirklich, original, ohne Balken und so.

B: Also man kann das auch lesen?

M: Mhm. Und auch nicht irgendwie so…

Ihr habt mittlerweile fast nur noch englische texte, bis auf drei, vier zeilen in Deutsch.

G: Wir haben das Gerücht vernommen, dass die Platte allein deswegen auch besser ist, weil wir jetzt Ben aus London haben, neuerdings…

– Gelache –

G: Also das Produzententeam Gregcore und The Menace haben die Rapper Uzi und A-Tak rausgeschmissen und dafür Ben aus London geholt (Anm. d.V.: Uzi heisst auch Alex und hat sich für seine andere Band Queerfish entschieden, A-Tak heisst auch Ben und hat sich für seinen anderen Namen, Ben, entschieden). Seitdem ist es auch richtig gute Musik, nicht deutsche Nachmachermucke, sondern man merkt, der kann auch Englisch im Gegensatz zu Tak vorher, also Ben kann richtig Englisch…

Ich zitiere: „I can’t no freestyle“…

– Gelächter –

Also die Platte kommt gut an mit dem neuen Rapper?

G: Sehr zweischneidig. Also, ich wundere mich, dass die Leute so’n Kontrast zu den andern beiden Platten sehen, den sehe ich nicht.

– Widerspruch ausdrückendes Gemurmel, ooch, nun, äh… –

G: Also, die Statements, die die Leute bringen, sind meistens: die ersten beiden Platten fand ich nicht gut, aber die Platte find ich jetzt super, oder andersrum.

B: Aber es gibt auch Leute, die die ersten beiden nicht mochten und die jetzt auch nicht mögen. Es gibt aber auch Leute, die die ersten beiden Platten mochten und die jetzt auch geil finden.

M: Es gibt also vier verschiedene Käufergruppen, bzw. Nichtkäufergruppen.

G: Sehr viele Leute finden jetzt das gut und früher nicht, oder andersrum.

Aber man kann doch Unterschiede hörn, oder nich?

– Zustimmung bis auf bei –

G: Jaa, aber die sind irgendwie… Ich find der Stil, die Stücke und auch die Vielfalt auf der Platte ist gar nicht mehr oder weniger geworden. Es gibt Leute die sagen, es ist viel vielseitiger geworden, und andere sagen, es ist einfacher geworden. Finde ich nicht. Die Stücke sind immer noch genauso verschieden, nur anders umgesetzt.

Ich finde, es bewegt sich, bis auf Leslie Crane, alles in einem engeren Rahmen als auf den alten Platten. Und der Folksong fällt voll raus, der wäre auf den anderen Platten nicht so aufgefallen.

B: Stimmt.

Und düsterer ist es auch im Ganzen. Dann singt auch nur noch einer. Ausserdem sind die Stücke auch nicht mehr so voll gepackt mit irgendwelchen Samples…

G: Das sind aber nicht unbedingt weniger Samples. Die Samples sind nicht mehr so collagenmässig zusammengehauen, sondern eher ineinander gefrickelt. Es wäre mir nicht aufgefallen, wenn wir weniger verschiedene Samples in ein Stück packen, eher mehr aber dann…

B: …kürzere und…

M: …zusammenhangvolle…

G: Dadurch dass wir länger daran gearbeitet haben, haben wir alles, was rausfällt und so’n bisschen gehakt hat, eher weggelassen.

Das ist wahrscheinlich das Ding.

G: Es hat auch irgendwo jemand geschrieben, dass Saprize eigentlich gute Musiker sind, aber sich nicht diesen Pop-Produzenten hätten holen sollen.

Greg core?

G: Wer auch immer das ist.

B: Das war so’ne Frau, die im Visions geschrieben hat, dass man auf jeden Fall ein musikalisches Potential bei den Jungs raushören könnte, allerdings hätte der Produzent voll die Scheisse gebaut. Der hätte halt alles Interessante weggenommen und ’ne Pop-Platte produziert.

G: Die hat nicht geschnallt, dass das ein und dasselbe ist, wir und der Produzent.

B: Die hat halt überhaupt nichts geschnallt. Du hörst halt raus, dass sie eben die Platte einmal durchgehört hat, sie hat ja auch noch geschrieben, dass ich die ganze Zeit nur über das Ghetto ‚Viertel‘ (Anm. d. V.: das Viertel ist ein Bremer Stadtteil mit der Postleitzahl 28203 und unendlich vielen Kneipen) rappen würde. Als wenn ich nur noch Ghetto erzählen würde.

M: Aber wir haben heute Fanpost gekriegt, wo drinsteht, dass wir echt Ghetto sind.

G: Mit dem Ghetto ist bis auf den Titel nichts auf der Platte drauf.

Naaaa, „hangin‘ out at the Eck“ (Anm. d. V.: das Eck ist eine Kreuzung im erwähnten Viertel, wo es unglaublich viele Döner-Buden gibt) und so, das kommt doch vor.

G: Jaa, aber es ist nicht so dieses representing Ding, was auch immer das ist, sondern es sind einfach Texte über das Leben…

Was soll denn dieses Representing sein?

– Schweigen, Zuweisen, „Ben, Du bist doch da Fachmann“… –

B: Representing ist im Prinzip, wenn sich son Hiphopper hinstellt, und sagt, ich komm‘ da und da her, und da ist es am härtesten auf der Welt. Und das ist halt überhaupt nicht Bremen, also wir sagen nicht einmal dass wir in irgendner Scheissgegend leben.

G: Es kommt bei den Texten nicht so sehr darauf an, darzustellen, wie toll das ist aus’m Viertel zu kommen, sondern weil Ben einfach aus seinem Leben Texte schreibt.

Es ist ja immer noch die Frage warum man das jetzt so speziell schreibt/sagt. Eigentlich ist es doch scheissegal…

B: Es ist wirklich das einzige Ding: „Now i come through the door, straight from the liquor store, i’m gonna bring some more, 28203 – that’s where my home be, eat at the ‚eck‘, but only when i’m hungry“ – Das ist die einzige Zeile, wo…

Neeneenee, das stimmt nicht, Du sagst auch noch, das Deine Stadt das beste Bier braut, worüber ja auch noch zu reden wäre, denn das ist ja Quatsch, und dann kommt noch irgendwo, wie Du siehst habe ich mich mit der Materie beschäftigt, die 24-Stundenkneipe kommt irgendwie vor…

B: „…like a bremen all night pub“, ja.

Also es ist doch schon häufiger, nicht nur einmal so aus Versehen.

B: Aus Versehen sag‘ ich auch gar nicht.

Was willst Du Deinen Fans mitteilen, dass du jetzt speziell über Deine Heimat singst und denen erzählst, dass Beck’s das beste Bier ist?

B: Ich bin sehr heimatverbunden und müsste eigentlich Volksmusik machen. In erster Linie schreibe ich halt Sachen die mich beschäftgen, oder die ich erlebt hab… Situationsbeschreibungen. Die spielen sich halt in erster Linie hier (meint: in Bremen) ab. Aber ich singe ja eigentlich auch nur über mich und hab‘ trotzdem noch nie das Wort Bremen in einem meiner Texte erwähnt.

Die Texte unterscheiden sich übrigens noch in einem zentralen Punkt von denen der letzten Platte. Und zwar habt ihr Euch auf der letzten Platte immer über Sellout und so verbreitet, immer das rechtfertigend, dass man ’ne Platte macht, gewissermassen, und es theoretisch auch sein könnte, dass einem jemand zuhört und das kauft. Wo halt ständig versucht wurde zu erklären, dass das trotzdem okay ist. Die Texte von der Neuen sind völlig anders. Sowas kommt überhaupt nicht mehr vor. Das ist ja jetzt mehr typisch Hiphop, wo man ständig darüber redet, dass man besser ist und so.

B: Obwohl, ich sag doch eigentlich, dass ich schlechter bin. Meistens erzähl‘ ich doch dass ich schlechter bin, ausser bei ‚Evil Ben‘, da sage ich nicht, dass ich schlechter bin…

M: Naaa, ‚Element Of Saprize’….

B: Bei ‚E.O.S.‘ sach ich, dass mein Zimmer megamässig abstinkt…

Gut, das ist natürlich auch ironisch…

G: Also bei ‚Evil Ben‘ bezieht sich das ja nicht auf Hiphop, sondern auf Mortal Kombat Spielen. (Anm. d. V.: bei Mortal Kombat handelt es sich anscheinend um irgendein Nintendo (odersonstwas)-Kack mit „Blut und so“(O-Ton G))

B: Ich würde den Unterschied in den Texten gar nicht da sehen, sondern, dass die Texte um einiges mehr über normale menschliche Gefühle und nicht um Banalitäten gehen. Banalitäten ist jetzt vielleicht übertrieben… aber bei den ersten beiden Platten wurden viele Texte noch von mir so gechrieben, dass sie von Alex und mir gleichermassen nachzuvollziehen sind und es nicht so unglaublich persönliche Sachen sind.

Weil, es ist irgendwie komisch ’n superpersönlichen Text zu schreiben, den man dann mit jemand anders zusammen singen muss, da steht der Andere eventuell nicht hundertprozentig hinter, oder man selbst fühlt sich blöd, wenn’s jemand anders rappt, oder weiss ich was. Und jetzt sind die Sachen um einiges persönlicher, die ich schreib, weil ich jetzt die Möglichkeit hab‘, die Sachen so zu singen, wie ich sie haben möchte, und sie auch alleine zu bringen.

Also, dass ihr auch ‚politische‘ Texte hattet, hat damit zu tun, dass ihr keine persönlichen Texte für zwei Leute schreiben konntet?!

B: Ja.

G: Bei den Texten auf der neuen Platte gehts nicht darum, dass Saprize dahinter stehen, sondern es sind Bens Texte…

B: Da muss halt niemand anders mit klarkommen. Und ich hab Texte geschrieben und ich muss mit denen klarkommen. Und ich komm ich mit jeder einzelnen Zeile klar.

Ist es Euch dann auch egal, was er singt?

M: Ben würde zum Beispiel nie übers Karpfenangeln singen in dem Sinne, wie ich drüber singen würde…

G: Aber tut er auch gar nicht, von daher ist es auch egal.

M: Doch, er singt übers Karpfenangeln…

G: „…ingo is fishin’…“

M: Egal, auf jeden Fall…

B: Ich rappe gar nicht übers Karpfenangeln, ich rappe über Ingo, und das Karpfenangeln ist seine Hauptaufgabe.

M: Ich würde halt übers Karpfenangeln rappen.

G: Also solange Ben Sachen singt, die er vertreten kann, ist mir das ziemlich egal, was er singt. (zu Ingo/Menace) Also, wenn Du jetzt meinetwegen ’nen Text machen wolltest, übers Karpfenangeln…

M: Dann muss ich den auch selber singen, und da hörts dann spätestens auf.

Schade.

M: Ich hatte mal ’nen Karpfenangel-Song geschrieben, aber da haben Ben und Alex geweint, weil Karpfenangeln sei ja nich p.c..

Ihr wolltet mal p.c. sein, oder wie?

M: Weiss ich nicht, nee.

Naja, eigentlich will das ja niemand sein.

G: Hatten wir irgendwie schon bei der letzten Platte immer noch sehr stark dieses Ding, Angst vor Vorwürfen von Leuten, von Fans, die dann weglaufen, oder so. Dass wir uns da einige Sachen auch nicht getraut haben.

B: Es hatte bei mir nichts damit zu tun, dass ich mich nicht getraut habe, sowas zu machen, sondern ich hatte einfach noch um einiges andere Ansichten bestimmten Sachen gegenüber. Mittlerweile denk ich mir, solange ich bei der ganzen Scheisse Spass hab, kann ich machen was ich will. Da kann mir jemand noch zehntausendmal sagen, dass das nicht p.c. ist.

G: In der Art meinte ich das auch, dass wir inzwischen nicht mehr so Rücksicht drauf nehmen, was könnten die und die Leute denken und uns reinwürgen. Wenn man sich erst von den Leuten abhängig macht, dann danken die einem das auch nicht. Die Erfahrung haben auch viele Bands gemacht.

(Anm.: Chumbawamba werden als Beispiel angeführt, bei deren Tour mit Consolidated die Eintrittspreise höher waren, u. a. weil die Band inzwischen neben der Musik nicht mehr auf andere Jobs angewiesen sein will. Andere Bands ecken mit den gleichen Eintrittspreisen nicht an. Bei Chumbawamba stösst das dennoch vielen Leuten sauer auf, weil sie jahrelang Non-Profit-Touren mit Indie-Agenturen veranstaltet haben)

G: Es ist halt ein Fehler, auf die Leute Rücksicht zu nehmen. Wenn man selber bestimmte Massstäbe anlegt, sagt, über das und das möcht ich nicht spielen, weil mir das zuviel ist, sollte man das mit seinen eigenen Massstäben klarmachen, aber nicht draufhören, was irgend’ne Szene dazu sagt. Das ist ein Ding was ich erlebt hab, dass das einem wirklich nichts bringt in punkto Credibility oder sowas.

(Anm.: Fazit: Eine Band will möglicherweise Geld verdienen. Mögliches Mittel wäre eine kommerzielle Agentur, woraus dann in der Regel wiederum höhere Preise resultieren, klar. – Wir einigen uns darauf, dass es schön für das Publikum ist, wenn ein Konzert wenig kostet.Moralische Erwägungen seien uns hiermit erspart.)

Sucht Ihr Euch jetzt eigentlich wieder einen zweiten Rapper?

B: Wir haben tierisch viel zu dritt geprobt und rausgefunden, dass es prima funktioniert, wenn die beiden (zeigt auf Greg und Ingo) teilweise noch Backings machen.

G: Der schwierige Punkt ist immer der Chorus. wenn Ben ’ne Strophe durchsingt und sich beim Chorus dann noch was steigern soll, Ben aber schon von der Strophe ausser Puste ist, ist das ’n echt schwieriger Punkt, wo jetzt jemand eingreifen müsste. Den Chorus können Ingo und ich dann auch supporten. Dass wir dann den Chorus alleine bringen und Ben Luft holt…oder so.

B: Da wir gemerkt haben, dass es irgendwie ’ne bessere Einheit ist, wenn wir zu dritt so bleiben, weil wir voneinander genau wissen, was wir voneinander erwarten können und erwarten wollen. Vor allem ist es um einiges mehr zusammen jetzt.

G: Das war ein Problem, was wir mit neuen Leuten immer hatten. Dass die in eine ziemlich eingespielte Dreiergemeinschaft reinkommen. Saprize ist seit drei Jahren ziemlich eingespielt, und ich und Ben machen schon viel länger Musik zusammen und es ist für Aussenstehende eine Fremdsprache – Saprize. So völlig eingespielte Verhaltensweisen, oder wie Sachen zu entscheiden sind, oder Sachen, die einfach klar sind.

Und dann gabs noch den Typen, der sowieso nicht unsere Sprache gesprochen hat, nämlich englisch (Anm. d. V.: er meint Chris, der zwischen den beiden Platten Alex ersetzt hatte und sich dann auf eine ziemlich unkorrekte Art verabschiedete, bzw. nicht verabschiedete, aber trotzdem ging). Das war dann noch ’n bisschen schwieriger.

Aber Du musst ja dann die ganze Zeit auf der Bühne quasi den Hampelmann machen.

B: Das hab ich bisher auch noch nicht gemacht.

M: (ungläubig) Das hast du bisher noch nicht gemacht??!

B: Jedenfalls noch nicht allein. Wir ham halt noch keinen wirklichen Auftritt zu dritt gemacht. Das wird jetzt am Freitag der erste (Anm. d. V.: er meint die oben auch schon angesprochene Record Release Party).

G: Aber da ham wir auch Sandra noch bei. Die auf der Platte drauf ist.

B: Dreiviertel der sachen wird aber alleine gemacht.

M: Ziemlich viel machen wer da alleine.

Bei den Stücken gibts auch nicht viel Instrumentalparts, es wird eigentlich die ganze Zeit geredet.

Zustimmendes gemurmel

G: Stimmt, das ist auch noch ein wesentlicher Unterschied, der vielleicht zum tragen kommt bei der Platte, dass wir die Stücke durchgängig geschrieben haben, gleich mit Text drauf.

(Anm.: An dieser Stelle folgte dann Diverses zum Kompositionsprozess. Wir beschränken uns auf ein paar Anmerkungen zu den verwendeten Samples, wobei sich das, hinter dem ich „Theo, wir fahrn nach Lodz“ vermutet hatte, als Teil einer Janacek-Komposition entpuppte. Es folgte sodann ein kurzer Exkurs über Vicky Leandros, deren funkige Phase, Jingo de Lunch, die auch gesamplet wurden, ebenso wie Stravinsky, der bei den Sat 1 News Tantiemen eingeigt, Kiss, von denen nur noch die Hallfahne übriggebliehen ist, die Tatsache, dass ich nie eine einzige Kiss-Platte besessen habe, die Beach Boys und die Fat Boys, Good Vibrations, 40 jahre Bravo (integraler Bestandteil der Saprize-Welt) und zuvieles mehr um es alles zu erwähnen.)

Ein Song auf der Platte heisst „I hate myself and i want to die“…

B: Da hat mich wirklich eine gefragt, ob ich mir meiner Verantwortung bewusst wäre. Ich könnte doch nicht irgendwelchen Leuten erzählen, dass ich mich umbringen möchte, weil meine Füsse stinken.

Warum habt Ihr eigentlich die Platte nicht „I hate myself…“ genannt anstatt „28203“ (Nirvana wollten ja ihre letzte so nennen und haben bekanntlich dann einen Rückzieher gemacht)…

B: Das reimt sich sogar…

– Nun wird skandiert: „Achtundzwanzig Zwei Null Drei – I hate myself and i want to die…“ bis allgemeines Gackern ausbricht –

Also mir fällt jetzt keine Frage mehr ein…

M: Uns fällt auch keine Antwort mehr ein, sehr praktisch.

Wollt Ihr unseren Lesern noch etwas mitteilen?

B: Brot statt Böller, kannst Du schreiben.

Dann kommen die Typen auf die Idee, Witze vom Kaliber „Kommt ’ne hochschwangere Frau zum Bäcker und sagt, Ich bekomm ein Weissbrot..“ pruust, dann wird mir noch kurz das Boygroup-Konzept erläutert, mit dem Denker, Gary (Greg), dem Spassvogel, Ian (Ingo/Menace) und dem Draufgänger, Benjamin (Ben, klar). Dann fällt letzterem noch ein:

B: Nur die Harten komm‘ in Garten!

Ich denke, das wär ’n schönes Schlusswort.

***

Ihr merkt, eine Band mit hoher Kalauerdichte. Das kommt auch live voll zum Tragen, aber auch musikalisch ist die Band durchaus partytauglich, wenn sie mächtige Slayer-Riffs mit schweren Hiphop-Grooves vermengt, oder in anderen Genres wildert, nichts ist wirklich sicher vor Saprize, auch der gute Geschmack muss manchmal dran glauben. Wer’s nicht kennt, sollte es zumindest mal anschauen, okay?!

Worte: Stone-Loc

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