Dezember 31st, 2021

Raymond Pettibon (#206, 2021)

Posted in interview by Jan

„Yes, I do my own music which is motherfucking hardcore“.
34 Fragen an Raymond Pettibon

Ihr kennt ihn nicht, aber die vier Balken von Black Flag doch schon oder? Na dann, im Folgenden einige Infos über den nordamerikanischen Maler Raymond Pettibon.

Arizona, Los Angeles, New York
Er wurde 1957 als Raymond Ginn in Arizona geboren und begann seine künstlerischen Tätigkeiten im Punk-Untergrund in Süd-Los Angeles gegen Ende der 70er. Er zeichnete Plattencover, Flyer und Poster für die Bands des Labels seines Bruders, Greg Ginn’s SST Records. Dort publizierte er auch seine ersten Fanzines und vertickte die über den SST-Mailorder (eine Auswahl seiner Zines kann man online betrachten, Vgl. printedmatter.org/tables/459).

Menschliche Tragödie
Pettibon distanzierte sich später von SST Records, sein Verhältnis zu seinem Bruder und SST ist eine bis heute verwickelte Geschichte, die wir im Interview versuchen, nochmal zu beleuchten. Laut einem Ausstellungstext der Kunsthalle Wien begann Pettibon ab Mitte der 80er „in Büchern und Einzelblättern seine Tragédie humaine zu entwickeln, die in irritierender Verbindung von Bild und Text populäre Mythen kritisch hinterfragt. In seinen Arbeiten tauchen Superhelden und Superschurken (Superman, Jesus, Stalin, Charles Manson) ebenso auf wie etliche Schlüsselmotive (Zug, Baseballspieler, Penis), die in unendlichen Variationen immer wieder „remixt“ werden“.

Pettibon’s Anliegen war von Anfang an die Brechung des Mythos des glücklich zufriedenen, körbeflechtenden Hippie, der Verfall dieser Subkultur in Drogenwracks und Wahnsinn, er wollte aufzeigen, dass die Zeit der Hippies nicht mit dem Summer of Love, sondern mit den Manson-Morden und dem Altamont-Festival endete. Heute sind seine Arbeiten längst in weltweit bekannten Kunst-Institutionen wie im Museum of Contemporary Art in Los Angeles oder im New Yorker Museum of Modern Art zu sehen. Man kann gewiss viel über den in New York lebenden Zeichner, Musiker, Poet und Videokünstler Raymond Pettibon (RP) schreiben. Die Neue Züricher Zeitung bezeichnete ihn als „eine der bedeutendsten Figuren der zeitgenössischen Kunst in den USA“. Derweil die New York Times ihm die Rolle eines „scharfen politischen Kritikers” attestierte und die Los Angeles Times wiederum von seinen „dystopischen, der amerikanischen Kultur entnommenen Cartoon-artigen Zeichnungen und Malereien voller Zitate“ schwärmt.

10 PM Lincoln Boulevard
In meiner Besprechung aus Trust #161 (2013) von dem zweiten Film des Kölner Regisseurs Jürgen Heiter, den dieser mit RP machte – „10 pm Lincoln Boulevard“ (2012) – schrieb ich zu diesem in Köln und Los Angeles gedrehten Werk: „Mit seinen Tusche-Zeichnungen plus Text-Montagen über den alltäglichen Wahnsinn an der amerikanischen Westküste ist RP einer der bekanntesten Gegenwartskünstler.

Die Punkszene liebt ihn für seine SST-Albencover, das „bars“-Logo von Black Flag, das „Goo“-Cover von Sonic Youth und kürzlich wieder für OFF!-Zeichnungen“. RP hat übrigens einen Ökonomie-Abschluss von der Uni in Los Angeles (der berühmten UCLA) und wurde vielfach ausgezeichnet: 2001 erhielt er der Wolfgang-Hahn-Preis, 2002 nahm er an der Documenta11 teil, 2004 gewann er den mit 100.000 Dollar dotierten Bucksbaum Award der Whitney Biennale, 2007 war er auf der Biennale von Venedig und 2010 wurde er von der österreichischen Bundesregierung mit dem Oskar-Kokoschka-Preis geehrt.

Well, ich fand SST Records immer schon aufgrund ihrer totalen Open-Mindness geil, liebe daher auch natürlich Pettibon’s Werke bis heute und im Trust haben wir seit unser Debüt-Ausgabe #1 (1986) viel über unsere Obsessionen hinsichtlich der Bands des besten Punk-Labels (der 80er) geschrieben. Wir hatten/haben konstant Bands des Labels im Heft, sprachen mit SST Ende der 80er in Kalifornien und mit RP für die Trust-Nummer #34 (1993) anlässlich seiner Ausstellungseröffnung in Köln und das Artwork von Ray für OFF! war auf dem Cover vom Trust #153 (2012). Zu seinem Bruder Greg sagte er übrigens mal 2013 im englischen Guardian: „Ich versuche einfach, so fern wie möglich von ihm zu bleiben. Ich wünsche ihm keinen Schaden“ und in einem VICE-Interview äußerte er den bemerkenswerten Satz: “Ich bin verfickte 59 Jahre alt und meine Biografie wird von Wikipedia und Black Flag bestimmt”.

„A reader“ und Pettibon-Editionen „Texte zur Kunst“
Es gibt viele Ausstellungskataloge von RP und auch zahlreiche Medienberichte über ihn, in meiner Sammlung befinden sich die folgenden: Ende der 90er kaufte ich mir „Raymond Pettibon: A reader“, herausgegeben 1998 vom Philadelphia Museum of Art. Man sieht da immer auf einer Seite ein Bild von RP und auf der anderen Seite ein Auszug aus einem eventuell korrespondierenden philosophischen Text wie z.B. von Francis Bacon.

Dann konnte man 2002 in der Texte zur Kunst-Ausgabe #48 eine Edition (limitiertes Kunstwerk) von RP kaufen (in der #70 (2008) kam eine zweite RP-Edition). Dort wurde sein Stil so charakterisiert, dass er „bei seinen oft großformatigen Zeichnungen Verfahrensweisen aus der amerikanischen Popkultur“ übernimmt und „seine Bildsprache bedient sich der Techniken und Strukturen von Cartoons, Comicstrips und dem Kino. Film Noir-Reminiszenzen, kunsthistorische Verweise und assoziativ wirkende Textpassagen werden zu komplexen Bild-Text-Assemblagen. In lakonischen Drastik erkunden diese Ensembles aus Assoziationen, Referenzen und narrativen Andeutungen die dunklen und traumatischen Aspekte, gescheiterten Versprechen und latent bedrohlichen Mythen amerikanischer Politik und (Sub-)Kultur, die Texte werden in vorwiegend schwarzweißen Tuschebilder eingearbeitet und funktionieren häufig als deren paradoxaler Widerspruch. Mit Stift, Aquarell und Kreide kombiniert, führt RP seine auf Papier oder auf die Wand gezeichneten Arbeiten zu labyrinthischen Installationen zusammen. Die Nebeneinanderstellung und Überlagerung verschiedenster Einzelbilder und Texte über eine ganze Wand verteilt erzeugt komplexe Bilder, die sowohl als Ganzes als auch in ihre einzelnen Elemente aufgesplittert gelesen werden können“. Für weitere Literaturhinweise (auch neueren Datums): siehe Anmerkung „Literatur“.

„Der einsame Surfer“, „No title“ und „Alltäglicher Wahnsinn in Tusche“
Dann gab es in der Ausgabe #4 (2005) der Kunstzeitschrift Monopol ein fettes Special namens „Der einsame Surfer“. Von meiner Freundin bekam ich später den tollen Katalog „RP: No title” von der Ausstellung in dem Contemporary Fine Arts Berlin von 2005 geschenkt. Das posthum erschienene Buch im Ventil Verlag mit Texten von Martin Büsser bietet auch einen tollen Text zu RP (Martin Büsser: „Alltäglicher Wahnsinn in Tusche. Raymond Pettibon“, in: Emde, Annette (Editorin): Doppelung und Deutung. Kritische Kommentare zur zeitgenössischen Kunst, Mainz 2012, S. 220 – 225).

Kunsthalle Wien, Maximum RocknRoll und die Hamburg-Retrospektive 2016
Später legte ich mir den Ausstellungskatalog aus der Kunsthalle Wien von 2006 zu („Whatever it is you’re looking for, you won’t find it here“). Im MaximumRocknRoll Fanzine gab es in der Ausgabe #304 (September 2008) ein langes Interview mit RP in seinem Atelier in Venice/CA. Dort sagte er übrigens zur amerikanischen Demokratie, dass diese für ihn „die schlimmste von allen anderen Systemen“ ist und das die USA und Israel die „most evil forces in the world“ repräsentieren. Das Interview ist online mit tollen Bildern aus seinem damaligen Studio (Vgl. maximumrocknroll.com/blast-from-the-past-raymond-pettibon). Und dann gab es da ja noch 2016 die Mega-Ausstellung zu seinem kompletten Werk auf vier Stockwerken in Hamburg zu sehen.

Das war faszinierend und natürlich braucht ihr den Ausstellungskatalog („Homo Americanus. Collected Works“ aus der Sammlung Falckenberg, well, für einen Maler, der nicht nur als Punk-Künstler wahrgenommen werden will, war es doch interessant, dass auf dem Cover des Katalogs ein Punk mit Iro und dem Black Flag-Logo auf dem T-Shirt zu sehen war).

Seit Ende der 1970er über 20 000 Werke
In den Deichtorhallen wurde laut Webseite „die größte jemals präsentierte Ausstellung des Werkes“ gezeigt, d.h. mehr als „1.200 Werke, darunter 700 Zeichnungen, dazu hunderte von Flyern, Plattenhüllen und Fanzines sowie Filme, Malereien und Wandzeichnungen“.

RP wird hier als Mythologe gezeigt, „der die prägenden Narrative der amerikanischen Kultur von Woodstock über die Präsidentschaften bis zum Krieg gegen den Terrorismus aufgreift und unterläuft. Sein Mittel sind Zeichnungen, in denen er Bild und Text uneinheitlich miteinander verbindet. Seit Ende der 1970er Jahre dürfte er etwa 20.000 Werke geschaffen haben. In den 1980er Jahren sind Pettibons Themen der Verfall der Hippie-Kultur, Mord und Selbstmord in der Drogenszene sowie die Repression der etablierten Gesellschaft. Hinzu kommt die Auseinandersetzung mit Familien-, Rassen- und Geschlechterbeziehungen, Religiosität und dem Krieg in Vietnam. In den frühen Zeichnungen arbeitet er mit bitteren, präzise gesetzten Pointen. Später tritt die literarische Dimension des Werkes mit Bezügen zur Dichtung des 19. Jahrhunderts in den Vordergrund, bis das Werk schließlich einen neuen Höhepunkt in großformatigen farbigen Zeichnungen findet, in denen er, desillusioniert und wütend, scharfe Kritik an der Politik von George W. Bush und dem amerikanischen Krieg im Irak übt“.

„Labyrinthisch und undurchdringlich“
In einem Interview des Monopol-Magazins mit dem Sammler Harald Falckenberg über die Kunst von RP in den Hamburger Deichtorhallen beschreibt Falckenberg die Botschaft von RP so, dass er „mit seinen Arbeiten nicht belehren oder der Gesellschaft den Spiegel vorhalten“ will, denn: „das kann schnell in den falschen Hals geraten. Er ist kein Berichterstatter. Er spielt als freier Künstler mit Phänomenen dieser Welt, das ist ein riesen Unterschied. Warum brauchen alle immer diese Patentformeln? Pettibon der „Punk-Künstler“, Pettibon der „Gesellschaftskritiker“. Wie soll man da jemandem erklären, dass er häufig auch Lokomotiven zeichnet? Das ist doch nicht Punk. Lassen wir diese Kategorien, diese Schubladen“.

Im Deutschlandfunk wurde diese Ausstellung ganz interessant rezensiert, besonders gut beobachtet und korrekt ist die Bemerkung, dass RP sich später in seinen Zeichnungen und Zeichenstilen so sehr verdichtet, „dass man kaum mit dem Blick hinterherkommt. Denn neben der figürlichen Brillanz seiner comicartigen Szenerien collagiert er alle möglichen Textbausteine, politischen, sexuellen und persönlichen Anspielungen mit hinein“. Weiter heißt es noch: „Die Anwendung von Beispielen aus der medialen Massenkultur ist nur eine Tarnung, ein Lockstoff, um gerade die kommerzielle Ästhetik zu demontieren, sie als das zu überführen, was sie ist: Entmündigung des Betrachters in wahrhaft mittelalterlicher Dimension“.

RP inkorporiere in seinen Werken „Figuren und Sujets, die ihm nach und nach wichtig wurden: Die männliche Erektion als Machtsymbol, der Krieg, Eisenbahnen, fiktive Figuren, sozioökonomisch marginalisierte, abnorme Charaktere, die das Leben im spätkapitalistischen Kultur-Elend repräsentieren. Auch wenn dieses Werk seinem Wesen nach labyrinthisch und undurchdringlich ist – dieser Versuch, es durch eine gewisse Ordnung für den europäischen Betrachter ein wenig aufzuschließen und vor allem Einblicke in seine beeindruckende Größe zu geben, war das Wagnis wert“.

Vavoom, Gumby, Surfer, Baseball, Bibel, In My Head
Die Hamburger Ausstellung wanderte dann weiter in das Museum der Moderne in Salzburg, dort hieß es: „Um 2000 wurde RP’s Art zu zeichnen roh und expressiv. Homo Americanus konzentriert sich auf zwei Phasen in Pettibons Werk, die mit kritischen Perioden der amerikanischen Geschichte übereinstimmen: dem Aufstieg der Vereinigten Staaten zur alleinigen Supermacht in den 1980er-Jahren und dem Bruch ihrer Vormachtstellung in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts.

Zudem befasst sich die Ausstellung mit verschiedenen Motiven, die Pettibon seit Mitte der 1980er-Jahre immer wieder aufsucht: seine Alter Egos Vavoom und Gumby sowie Surfer, Baseball, Bibel und andere. Sie fungieren als Bruchstücke eines umfassenden amerikanischen Mythos, dessen subversive Rekonstruktion Pettibon sich vorgenommen hat“. Mit mein allererstes Punk-T-Shirt mit 13 Jahren 1991 war eins von Black Flag, ihr „In My Head“-LP-Cover mit der Knarre und dem Spruch „I’ve been good too long“ (gekauft im damaligen „Normahl“-Plattenladen in der Kölner Weidengasse am Hansaring). Ich dachte damals so etwas wie „Krass, die Punks können ja schon ganz gut malen“. Das 1991 der besagte „ganz gut malende“ Künstler schon längst dabei war, zum Superstar der Kunstwelt aufzusteigen, das verstand ich dann erstetwas später.

We give thanks to Köln and New York
Das Interview dauerte von der ersten Anfrage an Greg Ginn in Los Angeles 2004 bis hin zu finalen Zusage von Sozita vom Raymond Pettibon Studio in New York 2020 exakt 16 Jahre, ich bot nun 2020 als Interview-Optionen „live in Deutschland beim nächsten Besuch“ oder „per E-Mail“ an, es wurde per E-Mail gewünscht. Pettibon antwortete gewohnt „to the point“ und mir machte es einfach großen Spaß, das Interview noch etwas anzureichern ohne mich in der Vordergrund zu stellen, ich hoffe, mir ist das gelungen. Für mich persönlich ist es die Sensation überhaupt, dass ein Interview mit meinem absoluten Lieblingskünstler für unser Punk-Fanzine doch noch zustande kam.

Bedanken möchte ich mich bei Dolf für Motivation, Jürgen Heiter für das feucht-fröhliche Treffen in Köln und Sozita Goudouna, die seit 2019 als „Head of operations“ von Rays Studio in New York fungiert (sie ist eine „Adjunct Professor at CUNY City University of New York“) und die uns wegen der Bilder mit Julia von der New Yorker David Zwirner-Gallerie verband. Einige RP-Aussagen ließ ich im Original, da ich mir bei der Übersetzung nicht ganz sicher war.

Lieber Raymond Pettibon, willkommen zum Interview, ich bin so froh, dass es klappt, ich finde dich so verdammt toll, vielen Dank für deine Zeit. Jürgen Heiter hat zwei Filme mit dir gemacht, dort habe ich erfahren, dass dein Lieblingssong von Elvis „Suspicious Minds“ ist, ist dem immer noch so? Überraschte mich, denn ein Elvis-Song, den du im „10 PM Lincoln Boulevard“-Film gesungen hast, war „Wooden Heart“. Beide Stücke sind natürlich groß!
Ich bin nicht so sehr Fan von Elvis, so dass ich jetzt seine Zehennägel sammeln würde und seine Vorhaut und seinen linken Kiefer in einem Glas aufbewahre. Ich bin auch mehr oder weniger mit Elvis und den Beatles aufgewachsen, so many of the songs just grow stealth to me. Ich möchte das sein, was Elvis gespielt hat. Offensichtlich bin ich ein größerer Songschreiber als er. Stimme? Nun, das ist ein umstrittenes Thema, das noch heute und noch viele, viele Jahre lang diskutiert wird. Wir haben in Deutschland einen Film gedreht, ich glaube, in Berlin oder Frankfurt. Ich habe in Venedig gelebt, und dann haben wir in Palm Springs einen Film gedreht. Ich bin nicht der Cutter, ich bin nicht der Autor, ich bin nicht der Regisseur, nicht jeder Film wird von den Schauspielern gemacht.

Wo ist der Lincoln Boulevard und was passiert dort um 22:00 Uhr abends?
Ich hatte ein Studio am Lincoln Boulevard.

Und was genau ist Burma Shave?
Das ist eine Rasiermittelfirma, die seit – ich glaube – den frühen 30er Jahren eine geniale Art der Werbung für das Produkt hatte. Zu dieser Zeit hatten die USA its rubber on the road, Autos waren das dominierende Transportmittel und die Burma Shave-Werbe-Abteilung hatte Schilder, die man lesen konnte, wenn man mit 60 Meilen pro Stunde daran vorbei fuhr and no more than 4 or 5. Aber die Schilder, wenn man sie aus dem Auto am Straßenrand las, zeigten dann Wackelbilder oder Gedichte, die Burma-Shave-Rasiercreme von ihrer besten Seite darstellten. Eine Zeit lang schrieb ich meine eigenen Burma Shave Wackelbilder auf Twitter.

Meine Lieblingssong aller Zeiten ist „Da Doo Ron Ron“ von The Crystals, ich habe online gelesen, dass du „Sugar, Honey Honey“ von den mächtigen The Archies liebst, also hast du auch ein Faible für „Oldies“, haha?
„Sugar Baby Love“, weil ich die hohen Töne gemacht habe.

Der erste Film von Jürgen Heiter mit dir von 2010 handelt von dem Lied „Long live the people of the revolution“, dessen Text auf einem Fragment zur Erinnerung an Karl Liebknecht von 1920 basiert. Was wolltest du mit dem Film ausdrücken?
Es war ein deutsches Arbeiterlied aus der prä- Nazi-Ära. Many, many things with each shot.

2019 habe ich mit alten Adressen, die ich von Joe Carducci hatte, meinen persönlichen SST-South- Los-Angeles-Trip gemacht, ich war in Hermosa Beach und Redondo Beach, schaute mir das Ginn-Elternhaus an, den ersten Panic- bzw. BF-Proberaum auf dem Aviation Bloulevard und war sogar beim Calimex; Joe erzählte mir, es sei das beliebteste mexikanische Restaurant der SST-Leute in den 80er gewesen, haha. Du lebst seit einigen Jahren in New York, vermisst du deine alte Heimat Los Angeles manchmal?
Ja, ich vermisse L.A., ich vermisse Joe Carducci, Calimex und den Artesia/Aviation Blvd. Ich bin seit vielen Jahren in New York lahmgelegt und kann nicht mehr zurück.

2016 gab es deine ganz tolle Ausstellung in Hamburg, warst du damit zufrieden? Der Katalog ist so großartig.
Yeah.

Wir haben 2008 die Schwerpunktausgabe über 30 Jahre SST Records gemacht und interviewten Ray Farell, Michael Whittaker, Joe Carducci, Mike Watt und andere. Denkst du manchmal auf nostalgisch-romantische Weise an diese Zeit zurück, auch wenn wir alle wissen, dass es „Schwierigkeiten“ gibt, um es vorsichtig auszudrücken? Entschuldige bitte diese dumme Frage, ich weiß, dass du es hasst, in diese„Punk-Künstler“-Schublade gesteckt zu werden.
Nein, nicht zuletzt liebe ich Ray Farrell, Michael Whittaker, Joe Carducci und Mike Watt. I was run out of SST; were you? How are you doing with Greg Ginn? Is it nostalgia?

Du hast einmal über deine Beziehung zu Greg gesagt, dass er paranoid geworden ist und du zuletzt 1986 mit ihm gesprochen hast, seht ihr euch denn nicht an Weihnachten mit den Familien oder so?
Nein. Als er sich 1986 gegen mich wandte, wandte er sich gegen seine Familie, also gegen seine Mutter und seinen Vater, und dann folgte wie ein Dominoeffekt jeder kriecherische SST-Groupie.

Pettitbon war der Spitzname deines Vaters, wirst du von Familienmitgliedern immer noch so genannt?
Es gibt da keine Bedeutung. Mein Vater hatte Spitznamen für alle seine Kinder, wie zum Beispiel Kafka und Kierkergaard. Meiner war eben Pettibon, gut, schlecht, was auch immer… der schlimmste. Pettibon spielte für „Notre Dame“, of course every Irish was with this football team. Es war Jon Pettibon, es war nicht Richie Pettibon, der nach Tulane ging. Kein Kommentar, lassen wir das beiseite.

Ich musste neulich lachen, als ich online die OFF!-Crowd-Founding- Kampagne sah, bei der Geld für ihren geplanten Bandfilm gesammelt wurde, jemand kommentierte: „Pay For Your Own Shit“, haha. Du hast dafür auch einige Bilder gestiftet und sowieso tolles Artwork für OFF! gemacht, wie kam es dazu?
Ich liebe OFF!.

Ich hatte dieses Black- Flag-Shirt, auf dem man eine Hand sieht, die eine Patrone in einen Revolver steckt, mit dem Text „Ich war zu lange gut“, sehr cool! Danke.
Danke, aber tu es nicht!

Du hast einmal gesagt, dass Punk für dich zu dogmatisch und engstirnig geworden ist und dass es immer mehr darum ging, was man nicht tun darf, anstelle dass es darum geht, was man tun darf. Ich war überrascht, dass du dann für OFF! aktiv wurdest, denn die Band basiert sehr stark auf dem gesamten musikalisch-ästhetischen Konzept der ersten Black Flag-EP.
Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Sprachen in der Musik. Ich komme eher aus dem Jazz und dem Musiktheater anstelle von Punk. Meine Lieblingsbands? Nun, Black Flag, Germs, OFF!, Charlie Parker, Lester Young, Warne Marsh, Ellington, ABBA… Lass uns hier nicht streiten.

War Fluxus jemals wichtig für dich? Ich habe kürzlich Greil Marcus die Frage gestellt, die sich auf die mögliche Verbindung von Fluxus zu Punk bezieht.
Ja, ich komme aus L.A. und bin eine Generation von FLUXUS entfernt, obwohl sie mich genauso wie die Neandertaler beeinflusst haben. Greil Marcus? Die wahrscheinlich schlimmste Zeichnung, die ich jemals gemalt habe, war Elvis am Kreuz and that’s what you are going to define me by?

Oder die Designerin Gee Voucher (Crass) oder der Designer Jamie Reid (Sex Pistols)?
Crass? Nein.

Wie sieht ein normaler Tag in deinem Leben aus oder hängt alles vom „flow“ der Kreativität ab? Was ist ein glücklicher Tag für dich?
Antworten zu den beiden Fragen: Warum willst du das wissen? Frag meine Wohltäter, ich liebe das Leben. Selbstmord? I don’t give a fuck.

Dein erstes Fanzine überhaupt, das „Captive Chains“-Zine von 1978, das du als Student an der UCLA gemacht hast, ist im Museum of Modern Art in New York, was ist es wert? Oder interessiert dich das nicht? Ich habe kürzlich gelesen, dass du dich nicht für Geld oder Ruhm interessierst, ok, ich bin einfach nur neugierig. Nochmals Entschuldigung für diese blöde Frage.
Das muss dir nicht leid tun. Ich bin nicht an Geld oder Ruhm interessiert, weil jeder Cent, den ich von meinen Kunstwerken bekomme, an Anwälte usw. geht. Und ich bin kein materialistischer Mensch, so dass ich einfach nicht wüsste, das wenn ich Geld hätte, wofür ich es dann verfickt nochmal ausgeben sollte. Und das Geld ist nur auf meinem Bankkonto und ist ein verdammtes Konstrukt. Ich arbeite für meinen Sohn. Ruhm? Ich will in Ruhe gelassen werden, wie Greta Garbo.

Bist du ein wenig eifersüchtig auf Gerhard Richter, weil „er noch berühmter als du“ ist? (siehe Anmerkung „Sonic Youth“)
Zum Teufel, nein! Und wir legen uns auch nicht mit Baader Meinhof oder den Roten Brigaden in L.A. an, ich meine das ernst.

Gehst du noch immer auf Gigs? Welche aktuellen Bands gefallen dir?
OFF!, Lee Konitz… Ich kann mich nicht dran erinnern, es war nicht laut genug.

Was war dein Gefühl, als du mitbekommen hast, als Charles Manson 2017 gestorben ist?
Ich kann mich nicht einmal daran erinnern. Ich war nicht mit Manson und seiner Familie verlobt. Ja, ich war für seine Freilassung vor 40 Jahren, nicht der schlechteste Mensch auf der Welt, obwohl ich nicht für Charlie bin und es auch niemals gewesen war.

Stimmt das, dass du ein Hakenkreuztattoo hast? Warum?
Nein, das habe ich nicht. Meine Mutter hat während des Krieges sowohl die Nazis als auch den Kommunismus erlebt. Auch mein Vater hat gegen die Nazis gekämpft. Du willst mich wohl verarschen, wenn du mir diese Frage stellst. Nein, ich habe kein Hakenkreuz auf meinem Körper.

Welchen Maler bewunderst du am meisten, Dalí, Goya? (so stand es im Flipside #33 von 1982)?
Goya, Turner, Caravaggio, Constable.

Du scheinst gerne einen zu trinken, was ist dein Lieblingsbier oder eher Wein und „Spirtis“ (ich meinte Hart-„Sprit“)?
Spirits? Ich weiß nicht.

Kannst du gute Kunst machen, wenn du betrunken bist?
Ich war seit Jahren nicht mehr betrunken, so you ask me.

Kennst du den Dead Milkmen-Song „Art Fags“ aus den 80ern, ich weiß nicht, ob dieses Phänomen immer noch existiert, dieses „hohle“ Gerede über Kunst…
Ich habe das schon erlebt, und es ist mir scheißegal, was Punkrock-New Wave (d.h. die Dead Milkmen) über mich oder einen anderen Künstler sagen. Ich habe versucht, der Punkrock-Musik zu entkommen. Ja, ich mache meine eigene Musik which is motherfucking hard core.

Wo ist Raymond Pettibon in zehn Jahren?
Tot.

Kennst du die Band PETTYBON, sie rocken, vier Frauen aus England machen Punk Noise? (siehe Anmerkung „PETTYBON“)
Nein, ich kenne sie nicht, but they are probably hot, can I get with all of them?

Oh, es gab 2015 einen Lacoste-Parfüm-Turm mit deinem Entwurf?
Ich habe es erst dann gesehen, als mir Aida davon erzählte, jeder Cent wurde von mir abgezogen und ich habe nie einen Cent damit verdient.

Gibt es neue Film-Projekte mit Jürgen Heiter?
Zukunft.

Eine letzte Frage und nochmals Entschuldigung, ich will dich wirklich nicht mit SST nerven, aber: ich kam 1990 mit zwölf Jahren über meine ältere Schwester und ihre Black Flag „First Four years“-Platte zum Label und ja, wir alle kennen die Anschuldigungen von Bands, dass sie von SST nicht bezahlt wurden. Ich frage mich da nur immer, ich war zu jung für diese Ära, aber war es nicht eher so, dass das Label durch den Erfolg von Black Flag es sich leisten konnte, andere Veröffentlichungen herauszubringen? Veröffentlichungen, die damals damals per Handschlag gemacht wurden und von denen niemand wissen konnte, dass sie so erfolgreich sein würden, vielleicht waren Leute auch auf Drogen und alles Geld, das SST dann hatte, wurde Ende der 80er dann in „obskure“ Jazz-Platten investiert? Ich bin wirklich ambivalent: Ich liebe das Label. Ich hasse es, zu hören, dass SST ihre Künstler nicht bezahlt hat – dann wiederum scheint es so, dass SST das gesamte reinkommende Geld in echte „Fan“-Platten investiert hat und nicht in ihren eigenen persönlichen Wohlstand… Ach fuck, es ist ein Rätsel! Du sagtest kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung“, dass du deinen Bruder liebst, „aber… es ist kompliziert“. Meine Frage ist: immer noch „Fuck SST“ oder „Na ja, jede Geschichte hat zwei Seiten, zumindest ist ihre Open-Mindness in einer „verengten“ Punk-Szene immer noch erstaunlich“?
Ich liebe SST, ich verachte paranoide Schizophrenie.

Die offensichtliche politische Frage am Ende: selbst in deinen wildesten Albträumen, hast du jemals die Realität des derzeitigen amerikanischen Präsidenten erahnen können? In Deutschland wissen wir über Trumps Vergangenheit Bescheid, aber als ich damals las, dass er kandidierte, da kam es als ein sehr sehr guter sarkastischer Witz rüber, es war für mich völlig ausgeschlossen, dass er Erfolg haben würde, leider war es ja dann so.
Ich habe es vorhergesagt. Nein, ich befürworte es nicht. Amerika verdient Trump, Amerika verdient den großen Satan, egal ob Trump, Obama, Clinton oder Bush

Nochmals vielen Dank für deine wunderbare Kunst und Musik in all den Jahren! Hast du noch Grüße an unsere Leser? (siehe Anmerkung „Kontakt“)
Luyv.

 

Anmerkungen:

– „Literatur“:
2018 erschien ein hübsches Foto-Buch namens „before Black Flag there was Panic“ über die frühen Tage von Panic bzw. Black Flag in Redondo Beach 1978 (Vgl. beforeblackflag.bigcartel.com). Bei Panic zockte Ray ja anfangs Ende der 70er als Bassist mit (er ist aber auf keinem der (tollen) Bilder zu sehen). Der Bildband kommt u.a. mit einem interessanten „Penis-“Foto von dem erstem Panic- bzw. Black Flag-, Circle Jerks- bzw. OFF!-Sänger Keith Morris. In der Berliner Kunstzeitschrift „BLAU” (Ausgabe #38 von November/Dezember 2019) gibt es auch ein schönes Interview mit Ray.

Dazu ist anhand der Bemerkung des Autors bezüglich „Westcoast-Bands wie Circle Jerks und Meat Puppets“ festzustellen: wir Punk-Fans schmunzeln da natürlich ein bisschen, denn wir wissen ja, dass die Meat Puppets aus Arizona kommen, was man meines Wissens eher nicht unter „Westcoast“ rubriziert (schon gut, ich habe bestimmt auch Fehler hier im Artikel, die „der Kunstwelt“ sofort auffallen, unentschieden, okay! *Smiley).

Das dortige Feature informierte mich auch, dass Rays David Zwirner Galerie (in Los Angeles war seine Galerie immer Regen Projects, meine ich) Ende 2019 eine Filiale in Paris mit einer Ausstellung von RP eröffnete. Übrigens immer noch erhältlich ist in der „Edition Fieber“ von Thomas Venker die Veröffentlichung mit Pettibon und Mike Watt (zwei Vinyl-Singles mit ihrer gemeinsamen echt supergeilen Musik, exklusives Artwork von Ray, signiert von beiden, limitiert auf 200 Exemplare, danke Thomas). Und wie erwähnt erschien Mitte 2018 im Heft #46 der Süddeutschen Zeitung auch ein tolles Special mit RP. Kürzlich legte ich mir das einfach „Pettibon“ betitelte Buch von Ralph Rugoff von 2016 zu, dort findet sich auf knapp 400 Seiten auch eine sehr imposante Werkschau – von Black Flag hin zu den heutigen riesen-Surfer-Bildern – und es gibt noch u.a. ein cooles RP-Interview von Mike Kelly und einen Essay von Byron Coley (Forced Exposure Zine).

– „Sonic Youth“:
Richter war ja bei der Platte vor der “Goo” als Cover-Künstler für Sonic Youth (“Kerze” auf der “Daydream Nation”-LP) tätig und auf dem “Goo”-Nachfolger, der tollen “Dirty”, gestalte hingegen Mike Kelly das Sockenpuppen-Cover. Übrigens war Kelly’s Assistentin bis zu seinem Tod die (ex-) Frau vom Razorcake Fanzine-Chef Todd Taylor in Los Angeles. Zu Mike Kelly notierte Sandra Smallenburg in der niederländischen Online-Zeitung ncr noch: „Bis in die 1990er Jahre war sein (RP) finsteres Werk vor allem Musikliebhabern und befreundeten Künstlern bekannt. Einer von ihnen, der Künstler Mike Kelley, hat Pettibons Zeichnungen in die Kunstwelt eingeführt“. Die Inspiration für das „Goo“-Cover war laut Wikipedia „ein Zeitungsfoto, das das Ehepaar Maureen Hindley und David Smith darstellt, die als Zeugen 1966 in einem Serienmordprozess der Moors Murderers aussagten“.

– „PETTYBON“:
Die Band interviewte ich 2011 für Trust #148, Auszug: Amy (Sängerin): „Der Bandname war nur teilweise von Raymond Pettibon beeinflusst, und sicher, wir alle mögen sein Artwork und auf eine bestimmte Weise stellen diese ein Symbol für Punk der damaligen Zeit dar, das respektieren wir sehr. Ich kenne nicht sein gesamtes Werk, deshalb könnte es sein, dass es da einige gibt, die ich nicht mag, ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen“. Ivona (Gitarristin): „Ich kenne nicht alle seine Artworks. Ich mag ihn sehr, weil sein Artwork für Black Flag als provozierend gedacht war und das inspirierte mich. Ich denke nicht, dass „Slip it in“ ein sexistischer Song ist, er ist sarkastisch im Black Flag Stil.“

– „Kontakt“:
Wie kontaktiert man eigentlich einen der bekanntesten Gegenwartskünstler als Punk-Fanzine? Es ist… komplex.

Kontakt-Versuch I: Potsdam/Leverkusen/ Los Angeles 2003/2004:
2003 wohnte ich als gebürtiger Leverkusener zum Studium in Potsdam und praktikumierte 2004 bei Revelation Records südlich von Los Angeles. Ende 2003 rief ich bei SST an, ob ich dann in ihrem Long Beach- Büro zum Platten kaufen vorbeikommen könnte: „Hi, SST Records speaking, how can I help you?“ – „Bin Februar bis April 2004 für zwei Monate in Los Angeles, dürfte ich zum Platten kaufen bei euch vorbeischauen, ich liebe euer Label und würde als Fan gerne auch mal Greg „Hi“ sagen?“ – „Na klar, komm vorbei, wenn du in Kalifornien bist, kein Problem, ich bin im Frühjahr in L.A.“ – „Super. Verzeihung, aber mit wem spreche ich denn gerade?“ – „It’s Greg here!“ – „What?“ – “Greg Ginn“… 2004 wohnte ich wieder in meiner Heimatstadt und besuchte dann während des USA-Praktikums SST Records und plauderte ein gutes halbes Stündchen mit Greg Ginn. Gerne würde er seinem Bruder meinen Interview-Wunsch übermitteln. Nie Antwort.

Kontakt-Versuch II: Frankfurt am Main/Wyoming/ Los Angeles 2008:
Als ich das Special „30 Jahre SST Records in 2008: Herzlichen Glückwunsch, vielen Dank!“ fürs Trust #133 (2008) zusammenstellte (und mittlerweile nun in Frankfurt am Main wohnte), da schlug der frühere SSTMiteigentürmer aus den 80er, Joe Carducci, nun wohnhaft in Wyoming, vor, ob er denn auch RP mal fragen sollte, Titelbild malen/Interview? Nie Antwort.

Kontakt-Versuch III: Frankfurt am Main/Köln/New York 2017:
RP heiratete und zog in der Zwischenzeit von Los Angeles nach New York zu seiner Frau, der Videokünstlerin Aïda Ruilova und dem gemeinsamen Sohn (*2012). Zu Pettibon’s Umzug meldete 2014 die Los Angeles Times, dass Rays Besitz in Venice/CA für eine Millionen $ verkauft wurde. Ich hingegen traf mich vor einigen Jahren mit dem Filmemacher Jürgen in Köln, wir hielten seit meiner Filmrezi losen Kontakt und tranken einen sehr schönen Nachmittag lang im Stadtgarten. Und Jürgen probierte es dankenswerterweise dann auch nochmal bei Ray (unser Treffen war allerdings nicht „deswegen“), doch dann kamen die bedrohlichen Nachrichten stärker (wie zum Beispiel in der „New York Daily News“ von wegen “Artist behind punk band Black Flag’s iconic logo cuffed for violating wife’s restraining order during rocky divorce”). Falscher Zeitpunkt. Nie Antwort.

Ich schrieb dann auch ein letztes Mal an Ray. Viele Monate später Antwort, ein Interview wurde per Mail gewünscht, Fragen nach New York geschickt, etwas unsicher, ob die Fragen gut sind, weil es eben die Crux ist, einen Künstler, der zwar aus dem Punk kommt, aber sehr negativ gegenüber Punk eingestellt ist, als Punk-Fanziner für ein Punk Fanzine „adäquat“ zu interviewen. Abends dann die Rückmeldung vom Pettibon-Studio: „Danke dir! Die Fragen sehen sehr relevant aus und Raymond wird die Antworten so schnell wie möglich schicken. Es ist schön, ein Interview von jemandem zu lesen, der sich wirklich mit dem Thema auskennt.“

Pettibon benutzt online eine sehr eigentümliche Sprache – „Twiytter suycks. Just giveme th’mfckn mic“ – , die auch schon mal in dem Buch von Andrew Durbin namens „Spiyt Th’words: Rereading Pettibon’s Twitter“ aus dem David Zwirner Verlag untersucht wurde, ich glaube, er meinte mit seiner letzten Antwort „luvy“ einfach „love“, zumindest schreibt er auf facebook auch „Sugar, sugar baby luyv“, also „luyv“ für „love“, Sozita bestätigte dies auf kurze Verständnisfrage von mir.

Interview: Jan Röhlk
Kontakt: raypettibon.com, twitter.com/RaymondPettibon
Pics und Credits:
– Raymond Pettibon, No Title (I lost that…), 1986 © Raymond Pettibon Courtesy the artist and David Zwirner
– Raymond Pettibon, No Title (The war, now…), 2008 © Raymond Pettibon Courtesy the artist and David Zwirner

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