Punk Rock – Die ganze Geschichte – John Robb
Ventil Verlag, Augustinerstr. 18, 55116 Mainz, www.ventil-verlag.de
Was kommt dabei raus wenn man mit 112 Leuten die zum Grossteil bereits 76/77 (und zuvor) bei der Entstehung von Punk dabei waren (also Fans, Fanzine Schreiber, Musiker, Veranstalter, Manager…) Interviews zum Thema führt und diese dann in Themenblöcken zusammenfasst? über 500 Seiten meist sehr seichte Kost, leider. Stellenweise sind die Aussagen der Leute einfach sowas von belanglos…. gut, das war auch ein Ansatz von John Robb [der Autor spielte selbst 77 bei den The Membranes und seit den Neunzigern bei Goldblade] mal „die anderen“ und nicht immer nur John Lydon, Captain Sensible, Malcom McLaren usw. zu Wort kommen zu lassen – das ist ihm gelungen.
Der Vorteil ist das es oft sehr leicht zu lesen ist „wir trafen uns dann bei X im Keller um ein bisschen rumzuhängen und Bier zu trinken“ sowas kann man lesen wollen, muss man aber nicht. Ansonsten, wenn man es dann geschafft hat sich durch das Buch zu kämpfen, gibt es immer wieder mal interessante, oft auch sehr widersprüchliche Aussagen und Informationen über eine Zeit in der es bei Punk offensichtlich oftmals drum ging bei Top of the Pops aufzutreten, in die Charts zu kommen und ein vernünftiges Management zu haben das einem einen tollen Plattenvertrag bei einer grossen Firma besorgt.
Klar, da waren auch Inhalte, Revolution – zumindest sang man davon und kleidete sich auch schonmal anders – diese aber auch zu leben? Bei sehr vielen weit gefehlt, die Drogeneskapaden sind da wohl noch am authentischsten… aber wer weiss, ich war damals nicht vor Ort. Zum Glück tauchten dann relativ schnell Crass auf und redeten Klartext. Ansonsten gibt`s viel Gesülze von irgendwelchen Mulitmillionären zu hören, welches, ich zumindest, nicht mehr hören kann. Interessant da in diesem Buch ja nur Briten (ausser Rollins – warum grade der?) zu Wort kommen, das der US Punk hier ziemlich aussen vor gelassen wird. Eines wird deutlich, Punk gab es max. 2 Wochen oder vielleicht 6 Monate, dann war die Luft raus… sagen die, bei denen sie raus war bzw. die dann mal mit dem Geldverdienen anfangen wollten.
Ob in so ein Buch dann so Quatsch wie „New Romance“ auch reinmuss – wahrscheinlich, warum sonst der Untertitel „Die ganze Geschichte“. überhaupt ist auffällig das der Autor, der hin und wieder mal wirklich kompetente Texte zu den Themenblöcken schreibt, nicht wirklich Stellung bezieht (ausser das er natürlich gegen Nazis ist und war… wer nicht), das muss auch nicht seine Aufgabe sein, könnte es aber. Grade wenn man sich einige der Aussagen der Leute die damals „Oi“ erfanden oder in entsprechenden Bands spielten reinzieht. Hätte Robb einfach den ganzen überflüssigen Füllmüll weggelassen und das ganze auf wichtige Aussagen gekürzt wäre ein sehr viel interessanteres und spannenderes Buch daraus geworden.
So ist es halt wieder einmal eine leicht strukturierte Ansammlung von „Oral History“ und die Länge des ganzen nimmt einem wirklich den Spass am lesen. Immerhin ist es wirklich gut übersetzt, sonst wäre es ganz unerträglich geworden. Ich bereue nicht das ich das Ding durchgeackert hab, aber ob ich das guten Gewissens wirklich anderen Leuten raten soll…. befürchte nicht. Kommt drauf an wie wichtig dem Leser die Geschichte ist. Was mich stört ist das nach den Namen nicht immer steht welche „Funktion“ die Person hat, klar, man muss nicht unbedingt bei Glen Matlock in Klammern Sex Pistols dazuschreiben, aber das John Watford bei Argy Bary sang – kann ich mir einfach nicht merken… und jedesmal vorne in der Beteiligten-Liste nachzusehen kostet auch immer Zeit und nimmt Lesespass. Naja, immerhin bekommt man für 19,90 Euro 528 Seiten zu lesen, viel Wort fürs Geld. Broschur. (dolf)
Isbn 13:9783931555764
[Trust # 129 April 2008]
