März 28th, 2019

PANACEA (#69, 1998)

Posted in interview by Thorsten

Fragen an Panacea – Negative Elektronik Teil 2
– “ Fremd ist der Fremde nur in der Fremde” Karl Valentin –

In Nagano finden die Winterspiele statt, das heißt Fähnchen schwingen und lachen, in Augsburg feiert man auch, nämlich den 100 jährigen Abstand zwischen dem Geburtstages Bertolt Brechts und dem heutigen hier und jetzt, die nicht ganz so naheliegende Gemeinsamkeit zwischen beidem: Die Japaner wissen nicht was sie an der Olympiade, außer Junkies auf Brettern, und die Augsburger nicht was sie an Bertolt Brecht haben, mich eingeschloßen. Dummer Vergleich, doch schon wären wir beim Interview, zu welchem man sich in einem Eiscafé in einer dieser ekelhaften Plastik-Marmor-Einkaufspassagen traf.

Du gehst heute Abend in Bertolt Brechts die “Jasager” …

Ist das heute Abend die “Jasager”, keine Ahnung.

Du hast mir erzählt, daß das heute Abend käme.

Ich weiß, ich hab gesagt […] . Eine Freundin, die Alex Holsch vom WTF, einem Club in Berlin, die mich gefeaturet haben bervor ich bekannt war, vertont das. Da tauchen auch Sachen von mir auf.

Als was siehst du dich Jasager, Neinsager oder Vielleichtsager ?

Ich bin eher der Neinsager.

Dahinter steckt aber auch ein Prinzip.

Ja, sicher. Aber schau in meiner Szene sind wir ein Label, das einen vollkommen anderen Ansatz hat als die anderen Drum´n´ Bass Labels in Deutschland. Ich habe von vornherein gesagt, als ich mit meiner ersten Platte rauskam, daß ich kein Interesse habe mich mit irgendjemanden aus der deutschen Szene zu verbrüdern. Weil bevor ich zu Force Inc. gegangen bin war ich wirklich fünf oder fünfeinhalb Jahre nur in dieser Mannheimer Drum´n´ Bass Clique. Die nur immer jedes Wochenende Partys feierte, immer eine andere Party mit einem anderen englischen DJ. Ich hab jeden englischen DJ, der etwas größer ist, in meinem Leben gehört. Das hat mich damals so gelangweilt, daß ich mir sagte, du gehst jetzt in dein Studio, das war kurz nach meinem Abitur, setzt dich hin und schickst das Zeug wirklich einmal los. Ich hab es nämlich nie einem gezeigt, sondern nur für mich alleine gemacht. Ich dachte nie, daß es jemanden interessieren würde. Force Inc. hat sowieso einen ganz anderen Ansatz als der Rest, der Technolabel in Deutschland.

Mit Don Q arbeitet ihr dennoch zusammen.

(…Erzählt über verschiedene Projekte mit ihnen… Anm. vom Verf.) Mit Don Q arbeiten wir zusammen, weil … ich kann dir sagen, es gibt drei Kräfte in Deutschland die Drum´n´ Bass technisch eine Zukunft haben, oder meiner Meinung nach ernst zu nehmen sind, Makai/Megashira Hanau, Position Chrome (Unterlabel von Force Inc., auf dem er erscheint Anm. d. Verf.) und Don Q. Diese drei sind auch die bekanntesten im Ausland. Du kannst irgendeinen englischen DJ nach mir fragen und er wird dir sagen ist mir zu hart aber find ich okay. Goldie hat das auch erzählt … .

Das find ich sowieso komisch, denn du siehst dich doch selbst abseits von der D´n´B Szenen, doch sie akzeptieren dich trotzdem, obwohl du einen Strich zwischen ihr und dir ziehst.

Ich hab so das Gefühl, daß du es den meisten Leuten recht machst, wenn du es nur den wenigsten recht machen willst, das war zumindest mein Ansatz, Leute laßt mich in Ruhe, ich will bloß nicht im D´n´B Kontext gesehen werden. Und was war, mein erstes Album hat die deutsche Szene volkommen revolutioniert. Ein komplett neuer Stil. Sämtliche No-U-Turn Sachen waren danach noch mal 100% härter.

Deine Jugend verbrachtest du bei den Regensburger Domspatzen.

He, he, nein Winzbacher Knabenchor, das ist bei Nürnberg. Ich hab die Regensburger Domspatzen einmal … , nein ich hab sie nicht mal singen hören, die standen nur mit Playback auf der Bühne, ein Witz.

Also warst du im Internat.

Ja, da war ein richtiges Internat dabei.

Katholisch ?

Ne, evangelisches Pfarrjugendheim oder sowas.

Das hatte Auswirkungen auf dich ?

Der große Vorteil der Sache war, daß es total streng gewesen ist (?). Vormittags Schule, Nachmittags zwei Stunden Chorprobe, dann hatten wir frei, mußten natürlich dazwischen noch Hausaufgaben schreiben. Morgens Andacht (Nur Montags oder so, versteht man aber auf Band nicht mehr Anm. d. Verf.) und Donnerstags Andacht mit Kirche und allem drum und dran (Jetzt verstehe ich seine musikalsiche Aggressivität, S.). Dabei habe ich gelernt, mich selbst zu disziplinieren. Wenn mir z.B. einer sagt du hast den und den Remix am 23. Fertig, dann hab ich den am 23. fertig. Nicht eine oder zwei Wochen später sowie die meisten Künstler, die zu Hause liegen und stundenlang kiffen und sich nicht mehr ans Equipment bewegen. So gesehen hat es mir sehr viel gebracht, Musikalität ist eine ganz wichtige Sache, ich singe immer noch als Hobby und habe da viel hinübergerettet, Klavier spielen kann ich ein bißchen, Harmonielehre, so harmonisch ist meine Musik nicht, ich arbeite sehr viel mit Disharmonien, die ich aber auch wirklich umsetzen kann, ich drück da nicht einfach rum und mach irgendeinen Lärm, ich weiß schon, was ich tue.

Im Internat schon am Synthesizer gebastelt ?

Meinen ersten Synthesizer habe ich ´91 bekommen, da war ich noch auf der Schule, genau (es folgte viel Namedropping und Zurückblicken auf seine roots, die altem, konfusen Zeiten, Anm. d. Verf.). Super konfus. Den benutz ich heute noch zu Sequenzen. Ich sequenze nur mit Midi, große Ausnahme, ohne Computer.

Elektronische Musik besaß lange Zeit keine wirklichen politischen Aussagen.

Allerdings. Zu lange.

Aus diesem Grund sollten doch eigentlich Vocals auf dein neues Album.

Ich denke, es gibt leider keine, doch es gibt Vocals auf dem Album, auf einem der Tracks, der “Tobsucht” heißt: Ich bin der Zorn Gottes die Erde auf der ich gehe sieht mich und bebt. Aus so einem ganz üblen 40-iger Jahre Jesus-Christi-Movie. Auf der Tour haben wir es versucht, Problem Child, Heinrich at Hart und unser MC Schreihalzz waren dabei. Timo/Schreihalzz ist ein sehr guter Texter, der sehr viele diffizile, nicht zu offensichtliche Texte geschrieben hat. Das Problem war, wir hatten bei der Umsetzung …, nicht Probleme, aber es ist ungewöhnlich für das Publikum, viele denken dann, was geht´n mit den Punks und finden es zu krass. Ich hab es weitestgehend auf Eis gelegt, jetzt nicht weil die Leute schlecht drauf reagiert haben, was mir scheißegal ist, ich hab nur gesehn das sie es getan haben sondern weil der Timo grade sein Abitur macht, weswegen er mit mir fürs Album keine Mikroaufnahmen machen konnte.

Wie dann politische Aussagen ?

Politische Aussagen versuche ich in der Musik immer noch den Leuten offensichtlich darzulegen. Ich hab das im Vorfeld schon mit meiner Musik alleine versucht. So, daß du wirklich nur das Produkt siehst und schon erkennst, daß es nicht dem normalen, in Anführungszeichen, daß es nicht dazu da ist, dem Einheits-Elektronische-Musik-Hörer zu gefallen. Ich versuchte immer auf meinen Platten einen Kampf auszutragen, egal ob mit oder ohne Texte. Es geht um eine Einstellung. Sicherlich ist Force Inc. das einzige links-radikale technomäßige Label. Wir haben eben den Anspruch p.c.-Musik zu machen und korrekte Art, dies auch an Land zu ziehen.

Wer von der gitarrenlastigen Musik kommt achtet aber nun mal vor allem auf die Texte.

Allerdings, aber das ist eben das Ding. Ich denke, ähm, es steht auf deinem Zettel, es geht um das Anti-Prinzip. Unser, Problem Child, Schreihalzz, und ich, als Aushängeschild, Anti-Prinzip ist es immer zu versuchen, nicht das zu sein, was die Leute von uns erwarten. Wenn ich sage, ich bin links-radikal, ich will das Deutschland stirbt, oder ich will irgenwie, wenn man das auf so wenige Slogans reduziert, was eine eigentlich meiner Meinung nach völlig überholte Punk-Attitude ist, man muß da natürlich die Themen genauer fokussieren, und dann hast du eine Person wie mich dahinter, die nicht aussieht wie der normale Punk, und sich auch nicht gibt wie der normale Punk.

Was ein Klischee ist.

Richtig, aber ich meine es ist die Verdrehung vom Klischee. Du hast einmal das Punk Klischee … .

Das in die Jahre gekommen ist.

Ganz genau, wo findest du denn noch den richtigen Punk, wie sieht der denn aus … .

Den gibt´s überhaupt nicht.

Deswegen sehe ich Atari Teenage Riot, uns und die kommerziele Variante Prodigy, die Punk sind, weil es ein super – cooles Konzept ist, das ihnen um so viel Millionen mehr Verkäufe einbringt … .

Punk für die Massen.

Sie haben auch keine Aussage, was sie selber sagen. Wer Göhring-Zitate verwendet, das ist ja so krank und meiner Meinung nach so daneben.

Sie dürfen das, sie sind auch keine Deutschen … .

Mit den Deutschen, die Kultur ist das Schlimmste … .

Wenn du Nazi-Zitate in´s Booklet drucken würdest.

Wir haben einen Track auf der neuen Electricladyland, den ich zusammen mit Hanayo aufgenommen habe. Eine japanische Junior-Geisha, sie singt in diesem Lied, wie sie in Hamburg von den Bullen überfallen wurde, weil sie ein Bullen-Kostüm trug, weil sie eine Theatervorstellung gegeben hat, in der sie es gebraucht hat. Sie wurde angefallen von denen, also festgenommen, und der Polizeihund hat ihr ins Bein gebissen. Sie ist im Krankenhaus aufgewacht, sie hatte total Angst, weil sie ist so zierlich und die Bullen sind wirklich super-übel mit ihr umgegeangen, so das fieseste was man sich vorstellen kann. Der track heißt “Hallo Hitler” und wir haben wirklich überlegt ihn “Heil Hitler” zu nennen, was eigentlich sowieso nicht gegangen wäre, wegen der Zensur. Solche Sachen, um ein Provokation bei den Menschen zu erregen. Ich versuche ja auch ihnen eine breite Angriffsfläche gegen mich zu geben, ich werde von der linken Szene kritisiert, Mann, du trägst Lacoste, irgendwelche Marken, bist im Grunde ein reiches Bonzenschwein, das unser Image oder/und unsere Denkweise nicht versteht. Andrerseits … .

Du willst Mauern bei ihnen aufbrechen.

Genau, ich sehe viel Leute, dadurch, daß ich auf zwei Internaten war, und auf dem zweiten war die linke Szene ziemlich groß, daher kann ich dir sagen, daß die so verbohrt sind, im Grunde genommen verbohrter als die reichen Pinkel, ich finde das super daneben. Es war zumindest auf meinem alten Internat so, daß die, deren Eltern die reichsten, die schlimmsten Linken waren, die haben sich nie gewaschen, haben sich nie die Zähne geputzt [zum Glück verstehen die meisten unter Links etwas anderes]. Die haben dem klassischen Klischee, haben die absolut entsprochen. Im Endeffekt war’s doch nicht, weil sie niemals durchfallen werden in der Gesellschaft, einfach weil die Eltern soviele Millionen angehäuft haben, daß sie gar nichts anderes machen müssen. In einen Internat ist das bloß ein Mikrokosmos, du kannst es genauso übertragen auf die große Welt.

Aufs Internat gehen aber mehr Reiche.

Nicht so bei uns, wir hatten größtenteils Sozialfälle, es war vierzig zu sechzig, 40% Bänkerkinder und 60% Sozialfälle, das heißt vom Sozialamt ausgewählte schlimme Fälle, die auf einer normalen Schule nicht mehr zu halten waren, weil sie überaggressiv waren, weil sie drogenabhängig waren, weil die elterlichen Verhältnisse so unerträglich für die Kinder waren, daß sie sich nicht mehr zurechtgefunden haben. Ich bin kein Sozialpädagoge, oder hab´ das irgendwie studiert, oder bin da irgenwie drin, aber sowas kriegst du halt einfach mit im Internat.

Instrumentale Musik funktioniert größtenteils im Bandkontext, es gibt Streit und schließlich ein Mischung aus verschiedenen Einlüßen, was die Musik spannend hält. Du sitzt alleine vor deinem Equipment, läuft da die Musik nicht schnell Gefahr für andere langweilig zu werden?

Ich muß ganz ehrlich… dieses Band-Prinzip könnte ich nicht … . Das ist immer eine Sache von Kompromissen machen, sicherlich hast du ein Input von anderen Leuten, ich hab es probiert und es hat mit Problem Child auch sehr gut geklappt. Bei dieser Don Q Kollaboration, bei der ist die eine Seite von der Picture Disc von Don Q von Future Boy, die andere von dem Projekt von mir und Problem Child, Disorder. Das lief auch ganz gut, weil wir uns vom Internat kannten, die gleichen Gedanken haben und auf die gleich Musik stehen, nein, standen, denn ich hab an Weihnachten letzte mal mit ihm zusammen aufgelegt. Mit ihm lief es ganz einfach, da mußte man keine Kompromisse machen, da ging es einfach. Ich kanns mir aber sonst definitiv nicht vorstellen.

Mehr so ein Ego-Problem?

Auf jeden Fall, ich setz mich halt einfach dran, und hab meine Abläufe, hab mein Studio in dem ich mich super auskenne, ich kann eben die Gedanken die ich habe sehr schnell auf´s Equipment übertragen. Es arbeiten soviele Leute alleine, das geht vom Aphex Twin bis hin zu mir, ha, ha, es gibt schon viele Musiker die allein arbeiten.

Wer alleine arbeitet braucht eine Mindestqualität.

Klar, bei mir gibt´s auch andere Inputs. Ich hör z.B. zu Hause keine einzige D`n´B Platte, sondern Atari, Merzbow, Realed Electronica, sprich Parzek, Sounds Never Seen und viel Old School Hardcore.

Hip Hop?

Überhaupt nicht. Find ich gar nichts dran.

Auch nicht zum samplen?

Nein, ich hab noch nie von einer Hip Hop Platte gesampelt soweit ich weiß.

Du hast vorher vom Anti-Prinzip geredet, wobei ich finde, daß das Cover von “Low Profile Darkness”, ein zerschrotteter Polizeiwagen, genau das ist was ich von jemanden wie dir erwarte.

Ha.

Denn bei einer Einstellung wie der deinen ist das das übliche.

Der Erfolg für uns, für mich war nie so gedacht, meine erste Platte auf Chrome, “Tron”, hat mittlerweile Kultstatus, hat sich 3500 mal oder so verkauft. Heißt wie der Disney Film, kennst du den?

Nein.

Niemand hat an den Erfolg gedacht, ich meinte “machste mal´ne Platte ist lustig irgendwie”, aber das das so hoch, unglaublich.

Hast du dich parallel zu Alec Empire entwickelt, oder bist du ihm eher nachgekommen?

Selbstverständlich.

Du bist nachgefolgt?

Als ich klein, hö, jung war, war er der erste, der Breakbeat gemacht hat in Deutschland. Nein nicht die erste, die war ja von Space Cube, welche mittlerweile total weg sind von Breakbeat. Er hat danach seine Suicide Sachen gemacht. Das war schon großartig finde ich, wie die Jungfrau zum Kind. Auf der einen Seite kam das einigermaßen brave englische Zeug und dann kam er mit so einem Krach daher. Er hat mich auf jeden Fall maßgeblich beeinflußt, ich respektiere ihn heute als großartigen Musiker.

Wieso bist du dann nicht auf DHR ?

Gute Frage, weil ich die Adresse nicht hatte. Ganz einfach. Ich bin mit Force Inc. sehr zufrieden, die stehen 100 % hinter mir, es läuft gut. Ich hab auch mit Alec Empire schon zweimal drüber gesprochen was für DHR zu machen, muß halt bloß die Zeit dazu finden. Wir haben schon einen verschiedenen Ansatz, er ist vollkommen raus aus D´n´B, meine Sachen kannst du im Ansatz noch mit D´n´B mixen. Er hat eine Musikrichtung für sich erfunden, das ist sein Ding dieses Punk-Breakbeat Teil, das ist er, da hat es von meiner Seite aus keine Konkurrenz zu zu geben, genauso wenig wie er meine Produktionstechniken auf der Hardcore-D´n´B Schiene verwendet.

Wie wichtig ist Respekt vor anderen für dich?

Es ist für mich eigentlich gar keine Frage, solange jemand hinter dem was er macht steht, es ist egal, wenn DJ Bobo denkt, der Dancefloor Techno kommt aus seinem Herzen, der macht das nicht aus kommerziellem Sinne, dann ist okay für mich, dann respektiere ich ihn dafür, wenn er wirklich denkt das ist das richtige, das ist das was ich machen will und das ist hinter dem ich steh. Es gibt genügend Leute in der Szene die meiner Meinung nach nicht 100%-ig hinter ihrem Kram stehen, weil sie denken “ich mach mal eine D´n´B Platte, is ja irgendwie voll cool”. Oder es gibt noch wesentlich mehr Leute in Deutschland die meine Arbeit in keinster Weise respektieren.

Macht zu viel gegenseitiger Respekt nicht faul?

Sehe ich nicht so, wenn du mal nach England rüberkuckst, die respektieren sich sehr wohl untereinander, und bringen es in einer Form immer wieder weiter. In Deutschland haben wir das Problem, daß die Szene so krank ist, gerade die D´n´B Szene, ich weiß nicht wie es in den anderen aussieht, da sind so danebene Gestalten unterwegs, die so neidisch sind auf meinen Erfolg. Wenn ich wohin komme zum Auflegen, werde ich z.B. von einem im halb besoffenem Zustand zugetextet, der mir sagt, “ich hab gehört, du hast dein eigenes Haus, ey, du hast ja geerbt, sag doch mal wieviel du geerbt hast, du mußt ja voll das fette Studio haben”, sowas muß ich mir dann anhören. Was hat das mit meinem eigentlichem künstlerischen Anspruch oder meiner Musik zu tun.

Trennst du zwischen Musik und Privatleben?

Mhm, ja.

Was nimmst du von der Künstlerseite mit in dein Privatleben?

Nein, ich trenn das nicht. Doch es hat doch niemanden zu interessieren wieviel ich geerbt hab, Mann, oder?

Eigentlich nicht.

Oder wieviel Kohle ich verdiene. Alec kommt aus einem sehr guten, sehr reichen Haus.

Was symbolisiert der Puma im Position Chrome Zeichen?

Ne, wir können schon noch mal auf das Trennen eingehen. Wenn du normalerweise einen 18 Stunden Tag im Musikstudio hast, kannst du nicht mehr soviel trennen zwischen Arbeit und Privatleben, zumindest, ah, ich hab im Moment kein Privatleben. Der Puma ist Layout, mußt du Force Inc. fragen.

Paris gebrauchte den als Zeichen.

Hi, genau. Hat aber keinen konkreten Zusammenhang, obwohl Paris sehr gut ist.

Doch Hip Hop?

Im Internat wirst von allen Musikformen beinflußt, da hab ich ihn auch immer wieder mitgehört, aber ich hab keine CD von ihm alleine.

Deine neuen Outputs bestehen immer mehr aus diesem 1-2-1-2 Beat.

Two Step.

Genau, wollt ich jetzt nicht sagen, Modeausdruck. Der bleibt immer fest und über ihn legst du es alles mögliche und krasse.

Sehr gut beobachtet.

Er ist ziemlich monumental, wie in einem billigen historischen Film, das römische Heer marschiert zum Angriff auf. Wieso, willst du monumental sein?

Auf, jeden Fall. Du solltest mein neues Album hören (War zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht auf dem Markt. Das ist zum verrückt werden, ich schreib das Teil hier auf und im Radio läuft im Moment der Winzbacher Knabenchor, wirklich Anm. d. Verf.). Das ist eine Technik, die mir in letzter Zeit sehr gut gefallen hat. Eigentlich ziemlich technoid.

Du fügst aber noch anderes dazu.

Ich break den Beat halt irgendwann, normalerweise hast du halt vier Viertel, duum, duum, duum, duum (Dadaistische Lautsprache rules ! Anm.), auf der neuen LP “Twisted Design”, gibt´s ein Stück, “Manhater”, da hab ich versucht den Rythmus gar nicht mehr zu breaken, duch dch duch dch. Das ist sehr geil, hat so einen super techno Flavour, wie bei “Anti-Sozial” kommt außer der Hi-Hat gar nichts mehr. Irgenwann wenn du viel Two-Step Zeug auflegst bist du im Groove drin. Ich schaue natürlich als Producer, was ist für mich das nächste Ding, ich hab zum Beispiel für Don Q einen Remix gemacht der ist super monoton, das ist vielleich das nächste Ding für mich, reduzierter. Auf der LP sind Tracks mit nur acht Sound, andrerseits hat “Anti-Funk” 200, da siehst du die extremen Unterschiede.

Woher sampelst du die ?

Sorry, kann ich nicht drüber reden, nie, ich rede nie mit jemanden über meine Produktionstechniken. Also eben keine Computer … . Ich hab mir mein Studio aufgebaut, als ich noch jung war und hatte nie jemanden der mir gezeigt hat, okay, du mußt das kaufen, mußt das kaufen, sondern habe eine ganz eigene Methode mir meine Sache zu erstellen.

Die Erfahrung willst du nicht abgeben.

Genau, nicht weil ich Angst hab jemanden meine Techniken zu offenbaren, nur ich will es für mich behalten. Z.B. Optical läßt niemanden in sein Studio rein.

Wie Goldie, der meint er würde ja auch nicht jeden an seine Frau ranlaßen. Was hältst du denn von Goldie?

Viele sagen ich sei der deutsche Goldie in Sachen Hybris, Selbsteinbildung und Selbsthype. Ich kann von mir behaupten, etwas geschafft zu haben, was vor mir kein Deutscher in dieser Form geschafft hat.

Ist es wichtig das es kein Deutscher geschafft hat ?

Ja. Sicher haben es Engländer geschafft. Es ist eben, ähm, … es nicht wichtig das es ein Deutscher geschafft hat. Sowohl presse- und verkaufstechnisch habe ich etwas vorgelegt, was noch nicht da war. Ich bin in England der einzige respektierte Ausländer.

Was steckt hinter dem Stück “VIP-Troture” ?

Es ist meine Mum, die da redet.

Hausgemacht.

War mehr ein Witz. Zuvor gab´s immer diese England-Dubplate Specials, Grooverider,…, Grooverider, Grooverider, das wollte ich mit einer Frauenstimme machen.

Als Verarschung auf die Dubplates?

Nicht wirklich verarscht. Aber Dubplates sind dann der größte Scheiß, wenn die Orginal-Tracks ein Jahr lang zurückgehalten werden. Ich hab aber kein Problem damit wenn ein Dubplate ein, zwei, drei Monate existiert und dann kommt die Platte. Als Tool halte ich es durchaus für angebracht, z.B. fürs Testen eines Studio Cuts auf einem großen Soundsystem. Doch wenn Ronisize und Krust ihre Tracks ein Jahr lang auf Dubplate haben, dann ist der eigentliche Sinn doch völlig verfehlt. Als Deutscher kommst du so gut wie nich an irgendwelche Sachen aus England früher ran. Natürlich ist es so ein Scheiß-Elite-Rumgekacke.
(Es ging noch lange weiter über Sounsachen und so weiter, interessanter wurde es später wieder.)
Für “Low Porfile Darkness” hab ich 4 und für die neue LP 3 Wochen gebraucht, ich mach die imer so um Weihnachten rum, weil da bin ich am agressivsten.

Warum nicht an Fasching?

Stimmt, Fasching ist auch was ganz fieses, naja ich muß noch ein paar Remixe machen … . Ich wohne aber auf einem Kaff, da geht das, gottseidank, an mir vorbei. Ich bin extra aus der Stadt rausgezogen, um Ruhe mit mir und meiner Musik zu haben.

Wird es dir da nicht langweilig?

Auf´m Kaff langweilig? Ich kann mich sehr gut selbst mit mir alleine beschäftigen (ich auch, mit dem Tippen von Interviews …Anm.). Ich bin eh so ein Typ, ich geh mal eine Woche gar nicht raus aus meinem Studio.

Eine Ausswirkung des Internats, wegen der aufgezwungenen Gemeinschaft?

Ja, auch. Ich sag selber schon, ich hab mittlerweile selber ´ne Sozial-Phobie. Ich komm nach Berlin und das sind 3 Millionen Menschen, tausende von Autos kommen auf mich zu, und hier labert einer und da und ich bin mittendrin und versuch freundlich zu sein. Ich will auch eine Distanz haben zu den Leuten.

Interview: Sebastian Unsinn

Both comments and pings are currently closed. RSS 2.0