Februar 25th, 2015

NUNSLAUGHTER (#140, 02-2010)

Posted in interview by Jan

I would rather be a shark in a pond than a goldfish in the ocean

Die Idee das Interview zu machen kam eigentlich daher, dass wir diese Anti-Religionstextauszüge im Kolumnenteil hatten. Das war ja immer ein sehr analytischer und recht akademischer Ansatz. Deshalb fand ich es reizvoll, das Thema auch mal von einer vermeintlich schlichteren Seite zu betrachten und ein Interview mit NunSlaughter zu machen.

Die Band gibt es seit 1987 und ist zwar eine Death Metal Band, aber waren eben in meiner Wahrnehmung immer dem Punk zugewendet in Ausdruck, Haltung und Querverbindungen, der Drummer spielte auch in 9 Shocks Terror und Apartment 213.

Klar schimmern auch hier Metalklischees durch und was Don sagt, ist keine wissenschaftliche Abhandlung und er ist bekannt für seine Einsilbigkeit, aber es ist durchaus interessant in seinem pragmatischen Gestus.

Da passt einfach die Herangehensweise in Kombination mit der Musik, so richtig geiler oldschooliger Metal Punk a la Venom oder Bathory, und das mit einer Rotzigkeit vorgetragen, das es eine Wonne ist.

Interview: Matze
Kontakt: nunslaughter.com

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Hallo Don, wie geht es Dir? Vielleicht ist es nur mein persönlicher Eindruck, aber es war die letzte Zeit etwas still um NunSlaughter, oder? Wie sind eure Pläne derzeit? Ich habe gesehen, ihr spielt morgen, den 29. Oktober, eine Show in Chicago.

Don: Mir geht es gut, danke. Du hast recht, wir alle hatten mit anderen Projekten zu tun und waren daneben auch generell etwas eingespannt. Der Winter wird das alles etwas beruhigen und wir werden mehr Zeit haben, zu proben und Songs zu schreiben.

Wir haben gerade eine neue, noch unbetitelte 7“ fertiggestellt, wir nennen sie derzeit einfach BLACK. Sie sollte die nächsten Wochen auf Hells Headbangers rauskommen. Auch haben wir für eine andere 7“ und eine Split LP mit Sabbat aus Japan aufgenommen, die recht limitiert auf Heavy Metal Superstars kommen wird. Es ist wirklich einige Jahre her, dass wir in Chicago spielten, deshalb freuen wir uns wirklich darauf. Auch da wir mit Lair of the Minotaur spielen, was immer ein Spass ist. Danach spielen wir in Detroit, Pittsburgh, Philly und Baltimore. All diese Shows waren gedacht, um unsere 7“ zu promoten, die natürlich wie so oft noch nicht mal draussen ist, haha…

Wo wir gerade von Hells Headbangers sprechen: Ich habe letztens die NunSlaughter / Gravewürm Split 7“ bei denen gekauft, die ist so geil, musikalisch und natürlich von der Aufmachung (Anm.:Das Cover ist ein extrem aufwändiges Auffaltblatt in der Form eines Sargs). Hells Headbangers sind immer sehr nett, wenn ich mit denen zu tun habe, und haben auch so einen DIY Spirit, obwohl die doch recht groß sind. Ihr macht ja die meisten Releases dort, kann man sagen, dass sich da zwei gefunden haben?

Don: Hey danke, schön dass dir die Musik und die Aufmachung gefallen. Speziell dieses Release war eine Mischung aus meinen Ideen und denen der Hells Headbangers Leute. Es hat zwar einige Zeit gedauert, das Konzept zu entwickeln, aber ich denke das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wir arbeiten sehr gut zusammen und ich würde sagen, dass sie uns bisher wirklich jeden Wunsch erfüllt haben.

Es ist einfach über die Jahre eine immer bessere Zusammenarbeit geworden, auch weil ich nur eine Stunde von denen weg wohne. Wenn also etwas auszuarbeiten ist, fahr ich einfach hin, das ist so viel einfacher, als das alles über Emails oder Telefon zu machen. Hells Headbangers ist zwar unser Stammlabel, aber wir arbeiten natürlich gerne auch mit anderen Labels zusammen.

Warum seid ihr eigentlich immer verhältnismässig Underground geblieben? Klar habt ihr unbestritten weltweit Erfolg und gar Legendenstatus, aber warum hat es mit NunSlaughter nie geklappt, so groß wie z.B. Obituary zu werden und jetzt Stadien zu füllen? Ich wette, da war zu einem Zeitpunkt in den Neunzigern zur Hochzeit des Death Metal die Möglichkeit dazu.

Don: Zuallererst würde ich sagen, dass das eine Entscheidung war, die ich sehr früh für mich getroffen habe, also mehr auf der Undergroundseite zu bleiben. Aber ich würde dennoch sagen, dass wir von den meisten größeren Labels übersehen werden. Ich habe auch nie Labels umworben, damit sie unsere Sachen rausbringen, aber wer weiss, vielleicht sollte ich das tun…

Die 90er oder „The Dark Ages for Metal“, wie ich sie gerne nenne, gab vielen Bands die Möglichkeit zu wachsen und populär zu werden, obwohl die Musik gähnend langweilig war. Ich möchte auch nicht in dieselbe Kategorie wie Obituary einsortiert werden! Die sind, waren und werden immer eine Witzband bleiben. NunSlaughter ist das was es ist allein durch unseren Verdienst.

Oho, das war jetzt ein eindeutiges Statement. Und exakt das wäre meine nächste Frage gewesen: Fühlt ihr euch übersehen und unterschätzt?

Don: Obituary ist doch wirklich ein Witz. Das beginnt mit deren Entscheidung, in Morrisound aufzunehmen, geht weiter mit dem ersten Album, wo ohne Lyrics gegrunzt wurde, und endet mit einem Death Metal-Rap-Song auf dem Comebackalbum. Ich dachte, das wäre bekannt. Ich bin nicht sicher ob wir übersehen oder eher gar ignoriert werden. Wir verdienen nichts, was uns nicht zusteht. Ich bin ganz zufrieden damit, wo wir sind und in welche Richtung wir gehen. I would rather be a shark in a pond than a goldfish in the ocean.

Dann zu etwas anderem: Verstehst du euren Satanismus oder die Art, wie Du mit dem Thema in den Texten umgehst, auf eine ethische Weise, zum Bespiel als eine Art Negation von bürgerlichen Werten?

Don: In meiner Jugend habe ich mit verschiedenen okkulten und satanischen Ritualen experimentiert. Es hat mich interessiert damals, weil es einfach gegen wirklich alles war, was mir beigebracht wurde zu respektieren. Als ich dann weiter nachforschte und mehr darüber lernte, habe ich gemerkt, dass Religion nicht für mich in Frage kommt. Ich glaube nicht an irgendeine höhere Macht als den Menschen und ich denke, dass man selbst sehen muss, dass die Dinge für einen gut laufen.

Gebete oder Flüche werden diese Arbeit nicht für einen übernehmen, man muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Der Satanismus, über den ich schreibe, verstärkt die Musik, weil es einfach ein Thema ist, das mich sehr interessiert. Ich schreibe aber auch Songs über Zombies und Geister, an die ich natürlich auch nicht glaube.

Würdest Du mir zustimmen, wenn ich NunSlaughters Primitivheit im Stil als ein Konzept verstehe, das in totalem Gegensatz zu christlichen Werten steht? Wie eine Antithese, wie ein umgedrehtes Kreuz, ein Umkehren der ganzen christlichen Dinge, wie Unterwürfigkeit und Tüchtigkeit? (Amn.: Ich hatte mal den Spruch „fuck technicality“ von NunSlaugther gelesen. Die Musik ist primitiv, aber nicht dumpf, Primitivheit hier also als positives Attribut.)

Don: Ich würde sagen, der Stil hängt mit dem zusammen, was wir zu sein versuchen. Wir sind kein Teil des Musikbusiness. Wir hatten keine Eingebung und es war auch keine göttliche Vorsehung. Unsere Musik ist primitiv, und ich denke das ist ein gutes Wort dafür, weil das am anstössigsten und provokativsten ist. Niemand würde sich angegriffen fühlen, wenn wir Metal wie das Trans Siberian Orchestra spielen würden (Amn.: unsägliche Mischung aus Orchester und Rockband). Wir sind die Antithese zur Metal Musik Industrie.

Don, genau das interessiert mich. Auf wenn zielt denn diese Provokation? Was ist die Triebkraft hinter der Anstößigkeit?

Don: Hauptsächlich auf die Christenheit. Die Selbstüberhebung dieser Leute ärgert mich masslos. Es scheint, als ob es hauptsächlich in den Vereinigten Staaten so ist, dass wir eigentlich frei sein sollten, leider aber unterdrückt werden. Viele unserer Gesetze basieren auf Fundamentalismus, den die christlichen Sichtweisen hervorbringen.

Wir als freie Menschen sollten wachsam sein, uns gegen einschränkende Kräfte zu verteidigen. Sachen wie: das Recht auf Abtreibung, wo und wann ich meinen Suff kaufen kann, wer heiraten darf, ob man Gras rauchen darf. Das Klima in der USA wird zunehmend reppressiver. Daher kommt mein Zorn.

Diesen Faden aufnehmend jetzt zum Bandnamen und der recht drastischen und auch detaillierten Gewalt auf manchen eurer Cover, Stichwort NunSlaughter wortwörtlich: Denkst du, dass das heutzutage immer noch schockt und Berechtigung hat im Kontrast zu den 80er/90er Jahren, als es wirklich noch Christen schockierte und auf die Barrikaden brachte?

Don: Ich denke, das kommt daher, dass da eine neue Generation heranwächst, es wird immer wieder neue Menschen geben, die es zu provozieren und anzuekeln gilt. Die meisten „normalen“ Leute können die Artworks nicht verstehen und merken nicht, dass es Kunst ist. Einen Teufel oder Dämon zu sehen, mag Abscheu hervorrufen, aber in Wirklichkeit absorbieren sie ein Stück Kunst, ob sie wollen oder nicht. Dasselbe gilt für die Musik: Die Menschen mögen es eventuell nicht, aber am Ende ist es eine Kunstform, die nicht alle angemessen zu würdigen wissen und verstehen.

Hattet ihr jemals Probleme irgendwelcher Art mit dem Namen und der recht plakativen Gewalt? Gab es mal juristische Probleme oder wurdet ihr aus politisch korrekten Clubs verbannt oder ähnliches?

Don: Die Hells Unholy Fire LP wurde in Deutschland wie eine verbotene Platte behandelt, wegen der satanischen Vergewaltigungsszene auf der Rückseite. Wir hatten immer mal wieder Vertriebe oder Mailorder, die unsere Platte nicht führen wollten wegen Artwork oder Texten, aber insgesamt kein größerer Ärger. Ich weiss, dass Zeitungen manchmal unseren Namen etwas abändern, um die Leser nicht zu schockieren. Aber ich denke, je länger es jetzt die Band gibt, desto weniger anrüchig wird der Name aufgenommen, obwohl die Texte zunehmend offensiver werden.

Um nochmal auf die genannte Primitivheit und Provokation textlich und musikalisch zurückzukommen: Ist diese Haltung eure Verbindung zu Punk? Weil euer Schlagzeuger Jim Sadist spielt ja auch u.a. in 9 Shocks Terror oder Apartment 213 und ihr seid in der Punkszene keine Unbekannten, ihr wurdet auch ausführlich im Short, Fast and Loud interviewt… Fühlt ihr euch da wohl?

Don: Ja ich denke die Verbindung ist da durch unsere Haltung. Punk ist eine provozierende und aussagekräftige Form der Musik. NunSlaughter passt einfach zu dieser Mentalität. Als ich aufwuchs, mochte ich Punk mehr als Metal. Es war einfach weniger wichtigtuerisch und viel aggressiver, aber die Metaltexte interessierten mich mehr.

Vielleicht lag es auch daran, dass sich die Bands auflösten, die ich mochte, oder dass sie sich in eine Richtung entwickelten, die ich nicht mochte, dass ich zum Metal kam. Jim und ich und sogar Zack (Gitarre) sind grosse Fans von spätem 70er bis mitte 80er Punk. Bands wie GBH, Zero Boys, Negative Approach, Discharge, Misfits, 7 Seconds, Minor Threat, RKL, JFA, Attitude Adjustment, Dead Kennedys und ne Million mehr. Das ist essenzielle Musik!

Wenn ich jetzt an euch und andere Bands wie z.B. Abigail denke, es scheint, als ob es ein kleines Revival gibt, dass Fans und Musik von Metal und Punk sich wieder kreuzen, wie es damals bei DRI oder Corrosion of Conformity war. Stimmst Du mir zu oder ist das nur mein Eindruck? Arbeitet ihr auf eine Art mit Punks zusammen?

Don: Deine Theorie könnte stimmen, aber ich persönlich denke, dass diese Verbindung nie weg war. Gute Musik ist gute Musik und ich glaube nicht an Grenzziehungen, das und das ist der und der Stil von Musik. Wenn es ein Gefühl in Dir auslöst, ist es gute Musik.

Unsere erste Show war mit 9 Shocks Terror in Lakewood Ohio, deshalb würde ich sagen, dass wir von Anfang mit Punkbands verbunden waren. Sie sind größtenteils weniger überheblich und es ist einfacher Shows mit ihnen klarzumachen. Wir haben einige Split 7“s mit Punk/Grind Labels und denke, dass ist gut, dass Leute auf NunSlaughter aufmerksam werden, die sonst nicht davon Notiz nehmen würden. Ich mag Grind und Punk genauso wie Heavy Metal und Classic Rock.

Wenn wir über den späten 70er bis mitte 80er Punk sprechen, magst Du auch die frühen Cleveland Bands, wie Pagans, Dead Boys oder Styrenes? Die kommen ja alle aus eurer Heimat. Oder ist das alles längst vergessen?

Don: Cleveland wurde aus Musik gebaut. Verdammt, der Begriff „Rock and Roll“ wurde in Cleveland geprägt. The Pagans sind eine musikalische Legende, dasselbe gilt für die Dead Boys und so viele mehr. Ich lebe erst 10 Jahre in Cleveland, deshalb hatte ich keine Chance, diese Bands zu sehen, aber deren Vermächtnis lebt weiter, es gibt so viele Bands, an die die Fackel weitergegeben wurde. Da gibt es Upstab, 9 Shocks Terror, Gordon Solie Mother Fuckers, The Crunky Kids, Cider, The Flying Trachecos und The Homostupids. Die Liste ist ellenlang…

Verdammt, ich wusste nicht dass die Homostupids auch aus Cleveland sind, gute Band! Ok, jetzt werde ich Dir eine Reihe Bands aus Cleveland bzw. Ohio nennen und Du kommentierst diese. Keine Regeln, ob kurz oder lang, einfach spontan. Spudmonsters

Don: Ich habe die mal gesehen, als sie Vorband für Slayer machten und ich dachte, dass sie wohl eine der furchtbarsten Bands überhaupt sind.

Hemdale

Don: Die sind ok, aber nix besonderes. Die waren eine Szenegröße für ein paar Jahre, aber das war bevor ich nach Cleveland gezogen bin. Ich vermute, die waren gut in dem was sie machten, aber es war einfach nicht meine Musik.

Fistula

Don: Ich kenn den Namen, aber hab die noch nie gehört.

Midnight

Don: Eine meiner liebsten Bands aus Cleveland und sehr gute Freunde.

Sloth

Don: Ich mag Sloth sehr. Die werden grade zu einer Underground Legende.

Ok, Don, ich denke wir sind durch, ich habe keine weiteren Fragen. Letzte Worte?

Don: Thank you for the interview and I hope to see all the Devil Metalers on tour in the near future.  Metal is Death Death is Metal NunSlaughter Death Metal.

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