Januar 2nd, 2018

LAURA VEIRS (#143/08-2010)

Posted in interview by Jan

Hochschwanger tourt die Mutter des Erwachsenenpop gerade durch die Gegend um ihr neues Album „July Flame“ vorzustellen. Wie viele Solokünstlerinnen wechselt Laura je nach Album vielleicht nicht gerade das Genre, aber immer sehr stark die Besetzung, die sich natürlich auf die Atmosphäre des Gesamtwerkes überträgt. Nachdem sie bei Kill Rock Stars als auch Nonesuch veröffentlicht hat, gründetet sie diesmal ihr eigenes Label, Raven Marching Band.

„Selbstveröffentlicht ist das Album ja nur in den USA, und einfacher war es sicher nicht, diesen Weg zu gehen, aber ich hatte keine Lust mehr, mich mit Labels rumzuschlagen, die alle selber um’s überleben kämpfen müsen. Ich konnte so einfach die Fäden in der Hand behalten. Der Typ, der sich um alles kümmert, wohnt eine Straße weiter, da sind die Wege natürlich kürzer.“

Nicht nur Laura hat Nonesuch verlassen, auch Slim Moon, der Gründer von Kill Rock Stars hat nicht gerade einen Karrieresprung erlebt, als er wechselte. „Ich habe Slim geholfen diesen Job zu bekommen, weil er meine Musik auch immer unterstützt hat. Unser Gehen ist aber unabhängig voneinander. Er hat immer schon ein Ohr für Punk gehabt, aber gleichzeitig für Folk im weitesten Sinne, und das sind auch die beiden Genres, denen ich mich zugehörig fühle. Sie sind einfach näher als man denkt. Wer weiß, vielleicht werde ich auch wieder zum Punk zurückgehen“.

Dorthin war es für Laura nämlich auch ein langer Weg. Die Legende will es, dass sie als Archäologin in China so gelangweilt war, dass sie zur Gitarre griff. Mittlerweile gibt sie auch Unterricht, wann immer es die Zeit erlaubt um andere Menschen zu motivieren, sich kreativ auszuleben. „Ich war nie eine Musikfanatikerin, es lief nebenbei was eben im Radio lief. Wenn ich zu Hause bin arbeite ich gerne im Garten, lese, oder koche, aber natürlich haben wir auch ein Studio zu Hause und dort enstehen dann eben die Songs“.

Wir meint ihren ehemaligen Schlagzeuger, Vater ihres sich noch in der Gebärmutter befindlichen Kindes und zu Hause heißt Portland, Oregon. Eine ganze Zeit lang hat Laura die Besetzung der Band nicht geändert, jetzt aber ist sie mit ganz anderen Leuten aus dem Nordwesten unterwegs, zwei Multiinstrumentalisten, die jeweils vorneweg auch ihr Soloset spielen, und einer Violaspielerin, die Laura schon länger immer mal wieder begleitet hat. „Die Szene in Portland ist klein und harmonisch, anders als in Seattle sind die Leute sehr aufgeschlossen neue Sachen auszuprobieren und neue Leute in der Szene zu akzeptieren“.

Sonst ist Laura oft auf ihren Platten abgebildet, und das auch immer mit Brille. Bei July Flame ist diese selbst auf den Pressefotos nicht zu sehen. „Ich hatte einfach keine Lust mehr, immer als intellektuell abgestempelt zu werden, nur weil ich Brillenträgerin bin. Mir selber ist es eigentlich egal, mich stört die Brille weder, noch finde ich sie toll, aber ich werde eh schon in so viele Schubladen gesteckt, da muss man einfach manchmal aufräumen“. Ein wichtiges Thema in Lauras Texten ist eben auch der Wandel im Gegensatz zur Stagnation. Wenn sie im Titelsong schlicht fragt „Can I call you mine?“ ist dies fast Transzendentalistisch. Kann man je etwas sein eigen nennen, vor allem Personen? Wenn nein, kann man überhaupt auf etwas bauen als auf einen selbst? Genau dieses „Selbst“ exisitiert ebensowenig, zumindest nicht immer gleich sondern wird immer neu geschaffen, in der Performance, im Songwriting, und letztlich auch in Interviews.

Alva Dittrich

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