April 27th, 2009

Kolumnen Dolf, Stone, Jan, Oise, ABC des Christentums (#128, 02-2008)

Posted in kolumne by jörg

DOLF

Kann mir mal jemand erklären warum “die Gesellschaft” oder wegen mir auch “die Politiker” oder wer sich sonst zuständig fühlt bei den einen ruft “Raus mit euch” und bei den anderen bessere Massnahmen zur Integration fordert. Hätten nicht beide Gruppen (ohne die jetzt miteinander vergleichen zu wollen) die jeweils angemessene Behandlung verdient? Anscheinend nicht, wenn man sich anhand der aktuellen Fälle mal die ganze Scheisse ansieht. Ich sag: fuck them both und zwar hart. Wobei ich hier völlig ausser acht lasse ob das “was bringen würde”, darum geht`s schon lang nicht mehr, es geht darum das nicht noch mehr Leute zu schaden kommen.

Hatte ich neulich noch vorgeschlagen das Wort “sicher” doch gleich aus dem Sprachgebrauch und den dazugehörigen Wörterbüchern zu tilgen, so kann man da gleich noch eines hinzufügen bzw. weglassen: “planen”. Es ist ja nicht so das nicht mehr geplant wird, nur scheinen es mir immer die falschen Leute für den falschen Zweck zu tun. Oder wann hast du dich das letzte Mal für eine, sagen wir belanglose, Verabredung ein paar Wochen vorher festgelegt? Die Leute denken ja derzeit sie können den überseeflug den sie morgen brauchen heute buchen… das schlimme ist – oftmals ist das sogar möglich, manchmal sogar ohne dafür entsprechend zu blechen.

Wenn also der Eindruck vermittelt wird das alles jederzeit überall zu machen ist (Stichwort: “just in time”), warum sollte man dann auch noch was planen, so ein Quatsch. Ihr werdet schon noch sehen, was passiert, wenn die Leute all das verlernen was sie in den letzten Jahrzehnten erlernt haben. Nicht viel wird der ein oder andere sagen und er könnte Recht haben, denn so war es schon immer, aber in diesem speziellen Fall ist es eben anders – behaupte ich mal. Und belasse es auch gleich dabei.

Es gibt ja auch noch so viele andere schöne Themen – Managergehälter, finden heute viele zu hoch…. kommt wohl drauf an was die einzelnen Menschen leisten… obwohl es klar ist das solche Summen nicht mehr an die Einzelleistung einer Person gekoppelt sein können. Das ist ja genauso im Sport oder der Kunst… alles relativ und vor allem total aus den Fugen. Grade war der Goldpreis der höchste seit 1980, also ein neuer historischer Höchsstand – what the fuck, `ne Unze Gold ist ne Unze Gold heute genauso wie vor 27 Jahren oder vor 99 Jahren. Es gab mal Zeiten da war der Goldpreis so im Keller… aber ich schweife ab, wen interessiert überhaupt der Goldpreis – also mich nicht. Ich wollte nur illustrieren…. vielleicht ist es ja mit dem Mindestlohn auch mal so…

warum steigt der Wert denn da nicht? Aber solange es Leute gibt die Gucci-Yogamatten für 800 Dollar herstellen und – was fast noch schlimmer ist – auch noch welche die sie kaufen, solange hat diese Welt riesige Probleme. Lassen wir die Preise Preise sein und konzentrieren uns auf den Wert. Und wenn alle verstanden haben das eine Jeans niemals 450 Euro wert sein kann… wollten wir nicht die Preise aus dem Spiel lassen. Lassen wir das ganz.

Mann, es braucht mal wieder eine Bewegung oder von mir aus auch eine Band die ECHT ist (fühle mich allein auf weiter Flur…), nicht nur so Jobformer, wie sie ALLE da draussen sind. Leider ist sowas nicht in Sicht… falls nur ich es nicht sehe, kannst mir gern Bescheid geben. Derweil: Was nütz der Radfahrer, wenn er kein Atheist ist, und der Atheist wenn er kein Vegetarier ist und dieser wenn er grosse Autos fährt, usw.? Nun immerhin besser als garnichts. Fang jetzt an. Und wenn es auch nur mit dem aufhören ist.

***

STONE Der zärtliche Zyniker

Leben in Aufruhr – im Bereich der Notwendigkeiten, im Privaten, da gäbe es tendenziell viel zu schreiben. Und ich dachte eigentlich, ich tue das einfach. Aber es ist nicht einfach. Betriebe haben ihre Geheimnisse wie manche Leute auch (ohne, dass ich da jetzt sonstwie Weltbewegendes heraufbeschwören wollte) – es wird warten müssen, bis sich die Wogen geglättet haben, sich dieses und jenes erledigt hat, verjährt ist. Und es hat ja auch seine schönen, aufregenden Seiten, zu denen sich die Achterbahn manches Mal hinaufschwingt.

Und die Stumpfheit, die ich in den vergangenen Monaten oft konstatiert hatte, ist fort, fürs erste. Es gab ein paar Entscheidungen, einiges, was liegen geblieben war, die Perspektive im Feld des Erwerbs und der Weiterbildung ist neu zurechtgerückt. Nicht, dass jetzt alles sorgenfreier wäre, rosig gar, aber andererseits muss ich mich mit manchem erst einmal nicht mehr herumplagen. Anderes verlangte meine Aufmerksamkeit, entwickelte sich zunächst kaum merklich auseinander, ergab neue Konstellationen, die bedrückten, was mit dem ganzen anderen Käse eine unangenehme Gemengelage ergab, die mich mehrfach an den Rand des Nervenzusammenbruchs brachte.

Aber wofür ist man Zyniker, wofür zärtlich, wenn es nicht dafür wäre, seines Glückes Schmied zu sein? Heute hörte ich in der Strassenbahn eine Unterhaltung von alteingesessenen Drogenbenutzern, die Neuigkeiten austauschten, was zum Jahreswechsel so geschehen war. Unter anderem war ein Obdachloser im Rollstuhl erfroren. Er hatte es einmal bis auf die Titel der Zeitungen gebracht, als ein kurz darauf geschasster Minister des Landes Bremen ihm bei einem Weinfest eine Flasche Sekt über den Kopf gegossen hatte. An den Namen konnten sich die Diskutanten nicht erinnern, aber einig waren sie sich: Der hatte selbst Schuld. Er hätte nämlich eine Notunterkunft bekommen, wollte aber nicht. Und dann war es kalt geworden.

Einer von ihnen sagte tatsächlich: “Jeder ist seines Glückes Schmied.” Ich hatte neulich einige Ausführungen zu diesem Gedanken gehört. Es war in meiner Stimmung geradezu berührend, das zu hören. Es ging zunächst um die Schule, aber auch um andere Felder der Konkurrenz, namentlich das Erwerbsleben. Wettbewerb produziert Gewinner. Aber natürlich auch Verlierer. Zumindest solch ein Wettbewerb, in dem es im Fall Schule um die Sortierung der angehenden Staatsbürger nach Bildungszugang geht, im Falle Arbeit um die Verwertbarkeit für ein Unternehmen oder den Staat. Der Bedarf nach einer Erwerbsquelle, die Zurichtung, Ausbildung, Einstellung – sie taugen nichts, wenn die Arbeit nicht einen Profit verheisst.

Hatten wir ja alles neulich mal besprochen hier im Heft. Was daran rührt? Die Brutalität, mit der dieses Programm umgesetzt wird – vielleicht ja auch. Aber dass sich da jemand hingestellt hatte und Schritt für Schritt einem hoffnungsvollen Publikum diese Erkenntnis vermittelt hatte, das vor allem. Sehr oft bekommt man das ja dann doch nicht geboten. Dafür umso häufiger so einen – pardon – Scheissdreck wie “Jeder ist seines Glückes Schmied”, der sich anscheinend auch in Teilen der Gesellschaft einer gewissen Popularität erfreut, die ihr Glück über einem Feuerzeug in einem verdammten Löffel schmieden und es sich dann in den Körper schiessen. Abstraktes Glück.

Glück für eine Weile, ohne dass dafür andere als ein paar chemische Gründe nötig wären, die dann übersetzt “Heldin” (ein geläuterter Ex-Junkie erklärte mir einmal: “Deswegen heisst es Heroin, denn am Ende gewinnt sie immer…”) oder “Ekstase” heissen. Andere Räusche werden ähnlich zur Kompensation ständiger Niederlagen benutzt: Verliebtsein, Liebe, das kleine Glück. Aber dazu vielleicht ein andermal mehr.

War jedenfalls keineswegs alles schlecht in den letzten Monaten. Gut, der eine oder andere Exzess hinterliess Spuren, geistig, körperlich (no fucking clue, woher da ein dem einen Morgen die Beule gekommen war, die Umstände blieben schleierhaft (zu viel abstraktes Glück), andere Höhepunkte waren ein paar Radiosendungen (schöne Sache) und Konzerte, was eben so passiert im Leben eines Hobby-Bohemien mit Profi-Ambitionen, könnt ihr euch ja so ungefähr vorstellen…

Beruflich dagegen… frage nicht. Jetzt ist der Entrepreneur in mir mehr gefragt denn je. Aber das ist eben auch nichts Sensationelles, nur etwas anstrengend für mich. Und ihr habt ja schliesslich auch ein Leben. Da will ich euch weniger mit meinen kleinen Sorgen behelligen als eher im Sinne unserer kürzlichen Schwerpunktausgabe dazu anregen, drüber nachzudenken, warum das alles so ein Scheiss ist mit der Arbeit und dem schmalen Geld – und was vielleicht zu tun wäre. Ansonsten sehen wir uns vielleicht irgendwo da draussen. Macht’s gut!

stone

***

JAN Twenty – twenty – twenty four hours to go I wanna be sedated

Einige Sopranos-DVDs gekuckt. Mit der Band geprobt und das erste eigene Lied geschrieben. Schönen 30igsten Geburtstag eines Freundes in Bonn erlebt. Tolle von Ben Weasel signierte (mit persönlicher Widmung) Soloplatte geschenkt bekommen. Neuen Kalender für 2008 gekauft, die ersten Arbeitstage rum bekommen, Konzert für 2008 endlich organisiert bzw. ein anderes abgesagt. Joggen gewesen. In London Steve Ignorant gefeiert (siehe Bericht in dieser Ausgabe). Adolescents in Köln gesehen, grossartig! Trips nach Wien zum Rebellion-Festival (Cock Sparrer zum ersten Mal live, yeah) und nach Leipzig angedacht. Die 24 Stunden Tank-Stelle gegenüber unserer Wohnung schliesst für 3 Monate wg. Umbau, fuck, muss ich doch wieder vorsorgen mit dem Bier kaufen. Ist viel passiert? Ja und nein.

Ich hatte längere Zeit darüber nachgedacht, ob man das ganze Aktiv-Sein im DIY als konstruktiven Nihilismus bezeichnen kann. Passt doch, konstruktiv im Sinne von was zusammen schaffen und bewegen, Nihilismus dann im Sinne von der teilweise durchaus “Es gibt kein Morgen”-Feierei. Dann wiederum stimmt da das Gleichgewicht nicht: zu viel Nihilismus ist einfach nur stupide, vielleicht sollte man es einfach umdrehen in nihilistischen Konstruktivismus? Aber Konstruktivismus ist doch eine philosophische Richtung, nach der alles – Realität, Geschlechterverhältnis etc. – konstruiert ist?

Sprich per menschliche Definition festgelegt, also veränderbar und letztendlich erfunden sind? Einerseits irgendwie cool, weil wahr: Nationalismus z.B. Und hey, ganz allgemein könnte der Begriff ja eigentlich auch passen, zwar würde dann im Wort “Konstruktivismus” auch ein gewisser Schwachsinn liegen, denn wenn alles “relativ” ist, dann wäre ja auch der Begriff selber, also Konstruktivismus, relativ und gerade der soll ja richtig sein, also kann nicht alles relativ oder konstruiert sein. Ich schweife ab und nehme mal das konstruktive aus dem Konstruktivismus heraus, den Gedanken nämlich, dass der Mensch Gestalter und Verursacher seiner eigenen Geschichte ist. Das menschliche Leben wird vom Menschen gestaltet, nicht von der “Globalisierung” oder dem “Kapital”?!?

Dann wiederum: Ist der Mensch am Klimawandel schuld? Ist es nicht doch die vom Menschen oder von Klassen bestimmte Art und Weise der Produktion, die dafür verantwortlich ist? Ja ja, und wir können noch drei Aufätze dazu schreiben und fünf Bücher dazu lesen, dabei ist doch alles da: die Erkenntnis, dass von Menschen gemachte Systeme, Verfassungen, Ordnungen etc. auch nur vom Menschen selber verändert werden können. Und dass es ein Zeichen der “kapitalistischen Moderne” ist, dass der Mensch von Verhältnissen, die er selber geschaffen hat, beherrscht wird.

Oder anders gesagt, dass technischer Fortschritt unter kapitalistischen Bedingungen – einer wäre da halt das Prinzip Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren – immer widersprüchlich verläuft: einerseits hat ein reicher Mensch in einer reichen Industrienation eine viel höhere Lebenserwartung als noch vor 100 Jahren; und im Durchschnitt kann man auch grob wohl sagen, dass “der Mensch” älter wird und das ist doch schön und gewiss dem Fortschritt in der Medizin zu verdanken. Dann wiederum ist aber das älterwerden der Menschen angeblich ein Riesenproblem für die Bezahlung der Sozialsysteme und plötzlich können dann angeblich Gesundheitsleistungen für ältere Menschen einfach nicht mehr von den Kassen bezahlt werden, so dass letztendlich der ganze schöne Fortschritt auch nichts bringt, wenn er sich in einem ökonomischen System entfaltet, dass an dem Menschen null interessiert ist, ihn 30 Jahre und bald noch länger auspresst wie eine Zitrone und ihn dann, wenn er im Weg steht, wegschmeissen muss aus der internen Logik heraus.

“Paradoxien der kapitalistischen Modernisierung” nennt man das wohl auch, d.h. “wenn ein- und derselbe Strukturwandel durch dieselben Mechanismen, die moralische, rechtliche und materielle Fortschritte zustande bringen, diese normativen Errungenschaften auch wieder gefährdet, weil durch ihn die sozialen Voraussetzungen für deren Wahrnehmung zerstört werden oder der Sinngehalt jener Errungenschaften folgenreich verkehrt wird.” (von der Homepage des Instituts für Sozialforschung).

Kurios! Viel kurioser ist aber doch, dass das alles längst bekannt ist (seit Marx und Frankfurter Schule), dass es da längst andere Modelle gibt, dass alle Mittel doch schon lange da sind, Technik, Naturwissenschaften, Demokratie-Modellle, Vorstellungen einer anderen Form der Arbeit und Produktion etc. etc. Warum passiert dann nichts oder doch nur so wenig? Wer glaubt denn noch den Managern, Politikern? Ich schweife wieder ab, dabei wollte ich doch eigentlich über nihilistischen Konstruktivismus reden. Das führt eventuell dazu, dass Konstruktiv anscheinend so was bedeutet wie “veränderbar” und erinnert einen direkt an die “konstruktive Kritik”, die ja so wichtig sein soll im Gegensatz zu der “destruktiven Kritik”.

Ich denke, richtige ernst gemeinte Kritik, die sich dein Verhalten, mein Verhalten, vornimmt, kann – so nach vorne gerichtet sie auch gemeint sein mag (und das beinhaltet ja wohl hauptsächlich der Begriff konstruktiv) erschreckend destruktiv sein (Um ein besseres neues Haus auf den Mauern des alten zu bauen, muss man einiges an Beton einreissen. Wow, Wahnsinn, dieses Bild! Fast so gut wie die Formulierung “Mindestlöhne – das süsse Gift”). Genauso kann eine destruktive Kritik – damit ist wohl ein allgemeines Rumnörgeln ohne konkreten Anlass gemeint – teilweise erstaunlich konstruktiv wirken. Ein Beispiel? Sischa, Sischa.

Es ist schon drei Jahre her, ich stand mit einem vom Plastic Bomb vor dem Sonic Ballroom in Köln, als ein Kumpel von ihm ankam, und sich darüber beschwerte, dass es ja kaum noch Leute gibt, die auf Konzerten ihre Zines verkaufen und wir, die wir jetzt gerade so dastehen, als Fanziner, das müsste uns doch zu denken geben. Das gab mir auch kurz zu denken, denn obwohl ich jünger war als die zwei Leute in dem Gesprächskreis “Bier”, konnte ich mich an Konzerte 1993/94/95 erinnern, wo Leute einem ihre selbstgemachten Zines in die Hand drückten. Bei meinem nächsten Konzertbesuch wollte ich also mal wieder einige Trusts mitbringen. Lustigerweise war es auch wieder im Sonic Ballroom, und again war der Kumpel des Plastic Bombers da.

Ich ging zu ihm hin und meinte, dass ich über seine Anregung nachgedacht hätte und er recht hat, und hey, ich hab hier mal ein paar Exemplare des Heftes mit, für das ich schreibe. Er nahm also ein Exemplar, blättert es kurz durch und gab es mir wieder mit den Worten “Das ist ja nicht Punk, weil das ist ja kein DIN A5er!”. Eine solche Form der Kritik würde man wohl als destruktiv bezeichnen. Denn wenn ich einige Wochen später mit einem DINA 5 er wiedergekommen wäre, dann wäre es wohl immer noch nicht Punk, weil Anzeigen drin sind. Er würde nie zufrieden sein, denn letztendlich wollte er nur irgendwas sagen, um irgendwas zu sagen. Das ist dann noch nicht mal destruktiv, sondern einfach nur lächerlich.

Trotzdem. es war und ist immer mein Ding, das ich mich mit Kritik an dem Heft für mich selber auseinander setze nach dem Motto “Hmh, vielleicht hat der Recht, was kann ich positives aus seiner Kritik rausziehen?” etc. Jetzt, ein paar Jahre später, ist Ende Gelände. Schluss damit. Aus. Fertig, leck mich am Arsch. Alles egal mit konstruktiv oder destruktiv. Es lag die ganze Zeit vor mir, die Erkenntnis, die ich aus anderen Aktivitäten – Band, Konzertgruppe, Plattenveröffentlichung, Tapesamplerzusammenstellung – doch schon so lange kannte und wieder mal nicht sah: Kritik ist wichtig, ja das wichtigste auf der Welt!

Dann wiederum: es ist wirklich egal, was man macht, ob man Kuchen backt, an einem Fanzine mitarbeitet, es wird immer welche geben, die das, was man macht, Scheisse finden. Eventuell ja aus “guten Gründen”? Konnten meine Eltern je verstehen, was “der Kerl da genau für ein Hobby hat mit den ganzen Platten?” Aus ihrer Realität war es offensichtlich zutiefst konstruktiv, mich kritisch darauf aufmerksam zu machen mit 12-13, mir andere, bessere Hobbies zu suchen. Sicher, jeder will irgendwie mehr oder weniger, dass die Leute, seine Mitmenschen, das gut finden, was man selber macht, jeder hört wahrscheinlich lieber ein Kompliment als ein Lob oder auch nicht? Anyway, ich bin zu dem Schluss gekommen, fuck them. Ha ha, gut oder?

Dir macht was Spass, dir macht was Freude, du tust das gerne und merkst (oft) gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht und freust dich darauf, dass bald wieder tun zu können? Dann mache das, egal, was Onkel, Vater, Freund, Freundin sagen. Die ganzen Leute, was die immer labern, haben selber Hund-Katze-Frau-Job und lachen dich aus und 10 Jahre später ist die Katze weg, der Job beschissen, die Frau am nerven und die lassen dich immer noch nicht in Ruhe. Was weiss ich denn. Aber selber mal was machen, rausgehen, was ausprobieren, was neues auch nur zu versuchen, nein, dass wollen wir nicht! Könnte ja schief gehen! Könnte ja sein, dass man am Ende schlechter dasteht. Aber immer gross die Fresse aufreissen.

Es ist wahrscheinlich die grosse Kunst der Lebensführung oder wie immer man das nennt, das Gleichgewicht zu finden: wenn man gar keine Kritik mehr wahrnehmen will (man liest ja manchmal von Prominenten, dass sie gar nicht mehr die Kritiken ihrer verschissenen Filme lesen (wozu mir noch einfällt: was würde eigentlich passieren, wenn all die Beckhams, Beckenbauers, die Seals aka die “Singenden Satinbettwäschen”, die Heidi Klums, alle Amy Winehouses etc. verschwinden würden? Würde das einer merken?)), also, wo war ich, hier, wenn man also gar keine Kritik mehr akzeptiert, dann wird man zu einem intoleranten Pisser. Beispiel?

Gerne gerne, z.B. fallen mir da immer 1-2 Gesichter ein, Punk-Leute to the max, das ganze Programm, schon seit den 80igern etc.von denen hört man dann immer, dass 99 % der Menschheit eh für den Arsch ist und man nur noch seine Freunde und seinen Konzertladen für wichtig nimmt, alles andere ist eh für den Arsch und Mist. Irgendwie stimmt es ja auch, jetzt ist mir aufgegangen, dass meine Einschätzung – diese Leute sind eventuell ein wenig “intolerant” – zwar stimmt, aber nicht genug war, denn woher kenne ich diese Einstellung? Ah, richtig, von meinen Alten! Ja! Die abgefucktesten Punks mit Crust und schalala sind genau so spiessige Typen wie meine Alten! Kann das möglich sein? Ja aber überleg doch mal! Hmh hmh.ja, doch doch, da ist was dran.

Denn was macht den Kern dieser Persönlichkeitshaltung aus? Das hat Penny Rimbaud in seinem Crass-Buch so gut erkannt: “Old Bill war so einfach, dass er keine Antworten kannte, er hatte ja noch nicht mal Fragen. .Ideen sind dazu da, damit ihnen widersprochen werden kann. Antworten sind da, um in Frage gestellt zu werden. Nichts ist so permanent, dass es für immer dauert. Diejenigen, die ihre Meinung nicht ändern, könnten ebenso gut tot sein. Diejenigen, die das nicht können, sind es sowieso schon.” Stimmt, klar, hört sich jetzt trivial an, so nach “Wer nicht fragt, bleibt dumm”. Aber ist es eigentlich nicht: man sollte wahrscheinlich nicht nur Fragen stellen, sondern vor allem “Question the Answers”.

Manchmal ist eine vernichtende Kritik auch sehr wichtig, manchmal ist eine konstruktive Kritik viel vernichtender, also, mit Kritik muss man sich auseinandersetzen, klaro, und dann: Augen auf und durch. Check Check one two get it on!

(jan)

***

OISE

Liebe Leser,

unglaublich, aber es gab wirklich positives Feedback auf die letzte Kolumne! Darüber freu ich mich natürlich und darum gehts dieses mal mit Auszügen meiner Tourtagebücher weiter.

Ansonsten schreibt mir ob ihr im nächsten Heft lieber von THE DRAFT/SAMIAM, SICK OF IT ALL oder einer weiteren DYING FETUS Tour lesen wollt.

Drink coffee and destroy

oise ronsberger-palmer

dancingoise@hotmail.com

DYING FETUS / SKINLEss / CATTLE DECAPITATION / WAR FROM A HARLOTS MOUTH Tour Mai 2007

04. Mai

Nach extrem wenig Schlaf stehe ich um 4uhr morgens auf um meinen Zug nach Frankfurt zu erwischen. Direkt neben mir sitzt ein Rentner Ehepartner welches die ganze Fahrt über spricht, die Frau muss wirklich alles und jeden kommentieren. Ich bin ein bischen nervös – meine erste Death Metal Tour und dann gleich mit drei Bands auf einem Bus und den deutschen WAR FROM A HARLOTS MOUTH im Van hinterher. Insgesamt um die 25 Leute.

Als ich beim Flughafen nahen Hotel ankomme sind Bus, Bands und Backline schon angekommen. Totales Chaos, viel zu viele Namen und dann erfahre ich das der Anhänger unseres Buses nur mit bis zu maximal 900kg beladen werden darf. Jeder der schon einmal in einer Band gespielt hat weiss das das nicht gerade viel ist.

Wir haben zwei Schlagzeugsets, vier Gitarrenboxen, eine riesige Bassbox sowie diverse Verstärker und persönliches Gepäck dabei. Und heute abend erwarten wir noch dutzende Boxen von Tshirts. Wir schaffen es irgendwie alles in der Lade-Bay und Anhänger zu verstauen und wollen abfahren als der Portier aus dem Hotel gestürzt kommt und mir mitteilt die Rechnung wäre nicht bezahlt. Diverse Anrufe und Faxe später ist auch das geklärt und wir können endlich nach Karlsruhe losfahren.

Heute ist nicht nur der Auftakt unserer Tour sondern das ganze wurde noch um das Paket ION DIssONANCE und DEAD TO FALL erweitert. Noch mehr Namen, noch mehr Equipment. Eine halbe Stunde nach Einlass ist das Merch von DYING FETUS immer noch nicht angekommen. Irgendwann taucht dann ein holländischer Privat PKW mit Anhänger auf und bringt die heiss ersehnte Ware. Der erste SPINAL TAP moment der Tour: Die Drucke der Shirts und Kapuzenpullover sind viel zu klein, die Hälfte der Sachen nicht verwertbar. Weitere Anrufe bei der Merchfirma.Die Show selbst verläuft problemlos.

05. Mai

Essen, Turock. Bekannte Metaldisco. Eine weitere Show mit DEAD TO FALL und Co. Ein junger Metaller wird nicht reingelassen weil er einfach zu voll ist. Er läuft vor dem Eingang auf und ab und brüllt “die wollen mich nicht reinlassen weil ich zu metal bin” und “wacken! wacken! wacken!” Nach dem Konzert hecktischer Abbau und Einladen da es gleich anschliessend eine Metaldisco gibt. Wir müssen weiter nach Paris und wir wollen schnell weiter. Es ist nicht einfach alle aus der Disko raus und in den Bus hinein zu manövrieren. Vor allem nachdem der DJ anfängt PANTERA zu spielen.

06. Mai

Als ich aufwache sieht der Bus aus wie Sau. überall zertrampelte Kekse, Pretzeln, Chips sowie Bierlachen. Ich bin kurz vor einem cholerischen Anfall. Der Club “Locomotive” ist direkt neben dem Moulin Rouge, parken also so gut wie unmöglich. Trotzdem ein toller Laden, grossartige PA, Veranstalter Fred sehr entgegenkommend und freundlich – für einen Franzosen leider keine Selbstverständlichkeit, haha. Ich versammle alle Leute im Backstage Raum und halte ihnen eine Standpauke wg dem versauten Bus, man gelobt Besserung.

Anschliessend spaziere ich ein bischen auf die Hügel von Montematre um mein vegetarisches Lieblingsrestaurant in Paris zu finden. Ein herrlich sonniger Tag, überall Touristen. Diverse leichtbekleidete Frauen fragen mich ob ich gerne “ihr Apartment sehen” wolle und schäbig aussehende Männer wollen mir den schnellsten Weg zum “Pussy Cafe” zeigen – ich lehne dankend ab. Heute war Wahltag, der konservative Kandidat hat gewonnen, die Stimmung in der Stadt ist angespannt. überall Polizei da mit Ausschreitungen gerechnet wird. CEPHALIC CARNAGE spielen heute mit – ein unglaublich energiegeladener und lustiger Haufen. Morgen haben wir unfreiwillig frei da die Show mit NAPALM DEATH abgesagt wurde. Nun – es gibt schlimmeres als einen Day Off in Paris,oder?!

07. Mai

Schlechtes Wetter, was mich aber nicht vom Schlendern durch Paris abhält. Verbringe wieder Zeit im gleichen Park wie beim letzten Mal. Damals war eine Gruppe von Behinderten und ihre Betreuer hier. Diesmal sind es magersüchtige Models und dämliche Fotografen. Mir waren die Behinderten lieber. Viele Stunden und Kaffees später gehe ich zurück zum Bus. Fast alle Amis haben nach kurzem Eiffelturm Besuch ihr Geld im nahegelegenen Irish Pub versoffen. Erstmals zeigt sich das ich 17 sehr coole Leute und ein totalles Arschloch auf dem Bus habe.

08. Mai

Die anstehende Grenzüberfahrt in die Schweiz macht mich wie immer nervös. Wir werden natürlich angehalten und zwei Zollbeamte besichtigen den Bus. Mit meinem klein bischen Witz und Charme führe ich durch unser Heim (“so sieht das also von innen aus?”) und lenke erfolgreich von der hinteren Lounge ab in der unser gesamtes Merchandise versteckt ist. In Genf wartet schon Veranstalter Alex auf uns, ein super Typ.

Höhepunkt dann ein sehr besoffenes Punkerpärchen das während der FETUS show direkt vor der Bühne zur Sache kommt. Und ich rede hier nicht von rumknutschen oder so. Ab und zu unterbrechen sie ihr heavy petting um zu headbangen bzw. Luftgitarre zu spielen, dann geht es aber auch gleich wieder weiter. Nicht sehr erotisch, das kann ich euch sagen! Nach der Show gehts direkt weiter nach Italien.

09. Mai

Der ehemalige Flugzeughangar in dem die Show stattfindet bietet Raum für ca 1700 Leute, 200 zahlende finden sich schlussendlich ein. Ein bizarres Konzert direkt neben einem Jahrmarkt mit diversen Fahrgeschäften. Es ist brüllend heiss, ich schaff es trotzdem noch ne Runde laufen zu gehen bevor es Essen gibt. Als wir losfahren merken wir das der Veranstalter alle Tore aus dem Gelände vorschlossen hat. Mehrere Anrufe später kommt er zurück und wir machen uns auf den Weg nach Bayern!

10. Mai

Ich lasse alle wissen das sie jegliche illegale Substanzen aus dem Bus verschwinden lassen sollen. Bayern ist da altmodisch und die Münchner Polizei speziell humorlos.Nach der Show kotzt jemand in das Backstage Waschbecken und ich beschuldige natürlich Joe von SKINLEss. Der aber beteuert es nicht gewesen zu sein. Später finde ich heraus das er es wirklich nicht war – ich möchte mich nochmal in aller Form entschuldigen. Gekotzt hat jemand der nicht mal getrunken hat, eine düstere Vorahnung auf was morgen kommen soll… Um vier Uhr morgens gehts los nach Wien.

11.Mai

Die Arena in Wien. Einer meiner Lieblingskonzertorte in Europa. Speziell seit der Backstage Raum aussieht wie ein Drei Sterne Hotel. Das hätte der perfekte Tag werden können! Ich mache mich bereit um bei strahlendem Sonnenschein im nahe gelegenen Prater Park laufen zu gehen. R. – der 19jährige Aushilfsbassist von CATTLE – fühlt sich nach dem gestrigen Kotzanfall viel besser und will auch noch nachkommen. Ich beschreibe ihm den Weg und renn los. 1,5h später komme ich zurück und mehrere Leute haben R. in Hotpants und Muskelshirt losgehen sehen. Später essen wir, hängen rum, geniessen den Tag.

die Türen aufgehen fällt uns auf das R. fehlt. Ich frage alle durch, keiner hat ihn gesehen. Sein Telefon, Tourpass, Ausweiss, Geldbeutel – alles liegt in seiner Buskoje. Wir beginnen die komplette Arena und das anliegende Areal abzusuchen. Er ist nirgends zu finden. Wurde er in einen Lagerraum eingeschlossen? Ist er von der Dachterrasse gefallen? Nirgends eine Spur von ihm, selbst an den unmöglichsten Orten nicht. Heute ist die bestbesuchteste Show der Tour.

Ich schiebe SKINLEss schon nach vorne und als die fertig sind muss ich auf die Bühne und den Leuten mitteilen das CATTLE nicht spielen werden was mir einiges an Buhrufen einbringt. Während FETUS vor einem enthusiastischem Publikum aufspielen fahre ich mit den Jungs von WFAHM den nahegelegenen Park ab, verzweifelt nach irgend einer Spur von R. suchend. Knacki und Peggy von der Arena sind mehr als hilfsbereit. Peggy kennt die für den Bezirk zuständige Polizeipräsidentin. Ich darf/kann noch keine Vermisstenanzeige abgeben aber sie telefoniert trotzdem alle Krankenhäuser und Wachen für uns ab.

Es kann doch nicht so schwer sein einen 19jährigen, schwarzen US-Amerikaner in Hotpants aufzutreiben, oder?! Ich telefoniere noch mit dem zuständigen Marine der amerikanischen Botschaft, die können mir aber auch noch nicht weiterhelfen da er noch keine 24std vermisst wird. Da wir keine Ahnung haben was mit R. los ist müssen wir um 7uhr morgens nach Kärmten losfahren. Eines der beschissensten Dinge das mir je auf Tour passiert ist…

12. Mai

Mache kein Auge zu. Das einzige was mich nicht total wahnsinnig werden lässt ist das Wissen das Peggy, Knaaki und alle in der Arena genauso besorgt sind und alles tun um uns zu helfen. Wir erreichen Millstatt, ein idyllisches Städtchen an einem wunderschönen See mitten in den Bergen. Das Konzert findet in einem alten Wirtshaus statt. Winzige Bühne, überall Säulen. Ich denke die drei Schlagzeuge und vier Gitarrenboxen müssen heute im Bus bleiben, haha. Die Veranstalter tuen wirklich ihr bestes um das Konzert möglich zu machen aber die Lokalität ist halt nicht wirklich für eine Show dieser Grösse geeignet und wir müssen wirklich kreativ sein was Bühnenaufbau und Merchstand angeht.

Da jetzt 24std vorbei sind gehe ich zur örtlichen `Polizeistation’ um meine Vermisstenanzeige zu erstatten. Die Polizeiwache stellt sich dann als winzige Amtsstube in einem Wohnhaus heraus die seit den 50ern nicht mehr renoviert wurde. Ein verstaubtes Bürokratengrab, grau und deprimierend. Der Schnauzbärtige und braungebrannte Polizist ist erstmal keine grosse Hilfe. Ich versuche ihm meine Situation und Begehr zu schildern worauf er meint was es ihn anginge “wenn in Wien ein Neger verschwindet”. Irgendwie schaffe ich es ihn zu überzeugen doch die Polizeipräsidentin in Wien anzurufen und die Sache kommt doch noch ins Rollen.

Ich gehe zurück zum Bus und da kommt der Anruf aus der Arena: R. ist fast genau 24 Std nach seinem Verschwinden wieder in der Arena angekommen. Er ist durstig, hungrig und erschöpft – jedoch unverletzt und wohlauf. Peggy und eine Freundin werden ihn die 500km von Wien nach Millstatt fahren. Ich bin um 5 Jahre gealtert, jetzt fällt eine Riesenlast von mir ab. Als R. ankommt weiss ich nicht ob ich ihn umarmen oder ihm eine reinhauen soll. Ich entscheide mich für ersteres.

Seine Geschichte im Zeitraffer: Er geht zum laufen, bricht durch eine Brücke, fällt in einen der kleinen Prater Flüsse und wird abgetrieben. Er legt sich zum trocknen auf die Wiese, schläft ein und will dann zurück zur Arena. Merkt aber das er total die Orientierung verloren hat. Läuft und läuft. Fragt Leute nach dem Weg. Keiner kann/will ihm helfen. Findet eine Horde Metal Kids in FETUS shirts die zur Arena fahren, ihn auch mitnehmen aber ihm kein Geld für ne Karte leihen wollen. Wird vom Kontrolleur erwischt und irgendwo rausgeworfen.

Schläft erschöpft auf einer Parkbank ein. Wird mit Stiefeltritten aufgeweckt und von Nazis durch einen Park gejagt. Dabei noch von zwei italienisch aussehenden Männern ausgelacht. Steigt in ein Taxi und als der Fahrer fragt ob er Geld hat sagt er “nein” worauf er rausfliegt. Wird von einem streunenden Riesenhund den er im Dunkeln für einen Leoparden (!!!) hält auf einen Baum gejagt. Der Hund verschwindet irgendwann und ein Mitarbeiter bei McDonalds lässt ihn den Computer benutzen. Er schickt uns Hilfeemails die wir natürlich erst viel später lesen.

Die Managerin erwischt ihn, flippt aus und will die Polizei rufen (was ja gut gewesen wäre – siehe Polizeipräsidentin) aber tut es dann doch nicht… Jemand erklärt ihm den Weg zur Arena und er landet auf dem Standstreifen der Wiener Stadtautobahn. Viele Stunden später hat er es auf alle Fälle wieder in den Schoss der Familie geschafft und bekommt von mir Ausgangssperre bzw muss ab jetzt mindestens eine Begleitperson mit.

Die Show in Millstatt ist dann mehr als deprimierend: Nur total fertige Komasäufer, kaputte Metaller und Halb-Nazis mit Reichskriegsflaggen Gürtelschnalle. Bin ich froh als wir gen Berlin aufbrechen.R. erzählt mir noch das jemand nach der Show zu ihm kam und “you are a good bass player nigger” sagte.

14. Mai

Hamburg, Markthalle. Legendär wg METALLICA shows die wohl 20jahre vorbei sind. Meine Bands reden natürlich nur von der Reeperbahn, aber wir haben keine Zeit weil wir die Fähre nach Schweden erwischen müssen. Unglaublicherweise helfen heute aber alle zusammen und nach der Show ist das gesamte Equipment innerhalb von wenigen Minuten eingeräumt. Anhand soviel Einsatz kann ich ihnen den Besuch nicht verwehren und gebe grosszügig noch ne halbe Stunde drauf. Kurz vor Ablauf des Ultimatums trudeln die ersten Leute in Taxis ein.

Zwei Leute sind 10 Minuten zu spät was mich schon erbost. Und dann kommt der letzte, über 30 Minuten zu spät. Gerade als ich ihn anscheissen will fängt er an zu weinen und wir müssten die Polizei rufen. Der Grund: Einer der anderen hat ihm einen Blowjob ausgegeben. Auf dem Zimmer wollte er dann aber mehr, hatte aber kein Geld dabei. Die Prostituierte fragt ihn ob er eine Kreditkarte hat, er gibt ihr seine und schreibt ihr die PIN Nummer auf einen Zettel auf!!! Plötzlich hat sie keine “sexy clothes” mehr an sondern einen Jogginganzug und verschwindet für 45 Minuten. Als sie zurückkommt schmeisst sie ihm die Kreditkarte hin und sagt das die Zeit um ist und er abhauen muss – ohne irgendetwas dafür bekommen zu haben! Den Anruf bei der Polizei spare ich mir.

15. Mai

Gothenburg, Schweden. Ich war das letzte mal 2000 mit BOYSETSFIRE hier. Nach der Show wandere ich noch durch die Stadt und auf den Berg zum alten Schloss hinauf. Bin einsam und deprimiert, vermisse meine Freunde. Wenn du fast acht Wochen lang durch Europa fährst und gemeinsam in einen Van gesperrt bist in den die Abgase permanent eindringen – dann macht dich das zu schlimmsten Feinden oder besten Freunden. Ich habe damals glücklicherweise Freunde fürs Leben gefunden.

16. Mai

Nationalfeiertag in Oslo. Gute Show, der Club mitten im Zentrum. Nach dem Konzert alles voll mit extrem gut aussehenden Menschen was mich mächtig deprimiert. überall wird gesoffen, gepisst, gesungen, gekotzt und gevögelt. Habe noch nie zuvor eine solche kollektive Orgie erlebt wie hier. Um drei uhr morgens geht bereits die Sonne wieder auf, eine wunderschöne Fahrt durch Norwegen folgt.

17. Mai

Copenhagen, Squat Show. Deprimiert mich weil ich in meiner Jugend zu viel Zeit an diesen Orten verbracht habe. Es gibt nur veganes Essen was ich voll okay finde aber die Mitglieder von FETUS zutiefst erbost. “Couscous” wird ab jetzt das geflügelte Wort für “schlechtes” (=vegetarisches) Essen auf der Tour werden ,haha.

18. Mai

Werde von lauter JIMI HENDRIX Musik aus der Fahrerkabine geweckt. Peter der Busfahrer ist wieder an Bord!!! Chemnitz, AJZ. Guter Club, schöne Backstage Räume, nette Leute. WFAHM sind wieder dabei was mich sehr glücklich macht. Wieder ein “never say die” abend mit acht Bands. Grosses Chaos aber irgendwie behalte ich den überblick doch. Früher Aufbruch da morgen in Trier ein Death Metal Fest mit 10 Bands ansteht.

19. Mai

Death Metal Hölle Ex-Haus Trier. Ich hab noch nicht mal den ersten Kaffee unten und muss mich um den rumpöbelnden polnischen Tourmanager von GRAVE/IMMOLATION/KRISIUM kümmern. Ich mach das ja nicht gerne, aber hier muss man echt auf dicke Hose machen und den Typen sagen wo es lang geht. Leider die einzige Sprache welche von denen anscheinend verstanden wird…

Nachdem das geklärt ist läuft der Abend aber recht rund. Draussen ein stadtbekannter Asi im Rollstuhl, gebrochenen Fuss und externen Fixateur. Der belästigt alle, droht immer aus dem Stuhl zu fallen und findet schlussendlich noch drei Idioten die ihn in den Konzertraum im Keller tragen.

20. Mai

Normalerweise bin ich der erste der wach ist aber als ich aus meiner Koje krieche haben schon die ersten den Bus verlassen um die “Sehenswürdigkeiten” von Rotterdam zu erkunden, haha. Was für Typen…Nach der Show gehe ich noch in die Stadt auf der Suche nach einem Kaffee. In drei “Coffeeshops” habe ich fast identische Gespräche der folgenden Art:

Oise: “do you serve coffee?”

Bedienung: “you want hashish?”

Oise: “no, i want coffee.”

Bedienung: “we don’t have coffee. go to a bar.”

21. Mai

Meine Jungs haben bis 7Uhr morgens gefeiert und müssen jetzt um 9Uhr schon wieder aus den Kojen um durch die britische Passkontrolle zu gehen. Auf unseren Arbeitsvisas stehen die Bandnamen und die Zöllner machen sich solange darüber lustig das wir unsere Fähre nicht mehr erwischen.

In London angekommen der übliche Wahnsinn. Kein Parkplatz hinterm Underworld, also Equipment raus und der Bus zum Tesco Market Parkplatz. Ca. 20 Minuten nachdem der Bus weg ist merken mehrere Leute das sie wichtige Sachen im Bus liegen gelassen haben. Einer der seltenen Momenente in denen ich meine Beherrschung verliere. “See a grown man cry” oder so. Brian und mein Freund Jürgen begleiten mich. Es ist eine über eine Stunde lange UBahn-Fahrt bis zum Bus. Nach der Show laden wir blitzschnell aus und sind unterwegs zur Fähre nach Irland.

22. Mai

Dublin, eine meiner Lieblingsstädte in Europa. Der Voodoo Lounge Club ist ein wunderschöner, grosser Pub. Vor dem Konzert kommen drei durchgeknallte französische Metalgroupies in den Backstage Raum und reden unglaublich viel Mist. Und das pausenlos. Die Anführerin mit Cowboy Hut sagt irgendwann :”I like saying stupid things.”

Das erste vernünftige Wort aus ihrem Mund. Ich ziehe mit Mike und Josh von CATTLE bis 3Uhr morgens durch die Strassen von Dublin, besuche diverse Sehenswürdigkeiten und das Postamt in dem die Revolution von 1916 begann und endete. Ein paar Stunden später sind wir wieder auf der Fähre nach Wales.

24. Mai

An der Wand des Nexus in Southampton hängt ein SICK OF IT ALL Poster und ich merke das ich in weniger als vier Wochen schon wieder hier sein werde.

25. Mai

Die brutale Hitze in Antwerpen weckt mich auf und als ich den Bus mit schlimmen Kopfschmerzen verlasse steht hinter uns ein weiterer Nightliner der mir bekannt vorkommt: BAND OF HORSES die wir wenige Wochen zuvor auf einem Parkplatz kennen gelernt haben. Super Typen die heute einen Day Off haben und gekommen sind um BUILT TO SPILL zu besuchen die heute im gleichen Gebäude eine Show spielen! Ich könnte nicht glücklicher sein.

Der Abend auf meiner Seite verläuft sehr chaotisch (es sind wieder acht Bands) aber ich schaffe es rechtzeitig fertig zu werden um mir noch BUILT TO SPILL anzusehen. Unser Fahrer muss eine 24std Pause einhalten also gehe ich noch bis frühmorgens durch die Strassen spazieren.

26. Mai

Kaum einer hat geschlafen, die meisten durchgesoffen. Das Tourarschloch liegt nach diversen Bieren und zwei Flaschen Wodka im Koma, muss aber um 10 Uhr aufstehen da die letzte Show der Tour in Utrecht um 14Uhr beginnt und um 20Uhr vorbei sein muss.

Wieder acht Bands und direkt nach Konzertende müssen wir raus weil um 21Uhr die nächsten Bands spielen. Irgendwie schaffen wir das alles, rechnen nebenbei noch Tourmerchandise mit Trashmark ab, verabschieden uns und machen uns auf den Weg zum Frankfurter Flughafen.

27. Mai

Bands am Flughafen abgeliefert. Bus sieht aus wie Hölle. überall alte Lebensmittel, leere Flaschen, Socken und “sexy Hefte”. Ich sitze im Zug Richtung Regensburg. Links von mir ein offensichtlich betrunkener Geschäftsmann. Er und auch sein Anzug haben ihre besten Tage wohl hinter sich und er redet ständig mit sich selbst und brabbelt Zeug wie”oh scheisse, wir sind zu spät” oder “ich hasse diese Scheisse, ich hasse diese Scheisse” vor sich hin.

Gegenüber von mir eine ältere muslimische Frau mit Kopftuch. Vor unserem Fenster verabschiedet sich ein lesbisches Pärchen sehr intensiv voneinander. Eine der Frauen steigt ein und setzt sich natürlich auf den freien Platz gegenüber von mir. Die muslimische Frau lächelt und fragt sie:

“Ihre Schwester?”

“Nein, meine Freundin”.

“Freundin?”

“Ja, meine Partnerin.”

“Partner?”

(genervt): “Ja, meine Liebhaberin!”

Die muslimische Frau wird hochrot und konzentriert sich voll und ganz auf ihre Zeitung.

Ein Hoch auf die öffentlichen Verkehrsmittel!!!

***

Das ABC des Christentums (1I)

Das Buch Die Kirche im Kopf – Von “Ach Herrje!” bis “Zum Teufel!” klärt auf heiter-satirische Weise über das Christentum auf. Das 280seitige Werk der beiden Redakteure Carsten Frerk und Michael Schmidt-Salomon versteht sich als “Enzyklopädie für freie Geister und solche, die es werden wollen”. Das Lexikon erklärt, warum im christlichen Kulturkreis angeblich “alles Gute von oben kommt”, warum “Christstollen” keine Katakomben im alten Rom sind und weshalb “Gott immer bei den stärksten Bataillonen ist” (“Heiliges Kanonenrohr!”). Dem TRUST haben die Autoren Auszüge aus dem Buch (jeweils ein Begriff pro Buchstabe) zu einer kleinen Serie zusammengestellt.

E

Empfängnis, unbefleckte: Das Christentum ist (vor allem in Gestalt des Katholizismus) eine Religion mit feinsinnigen Nuancen. So ist Empfängnisverhütung böse, Empfängnisfleckenverhütung als Spezialität des Heiligen Geistes jedoch ein Zeichen höchster Heiligkeit. Wir Sterblichen stehen nur vor der Wahl, uns mittels Empfängnisverhütung zu versündigen oder uns und unsere Nachkommen im Rahmen einer ordnungsgemäss vollzogenen Empfängnis zu beflecken.

Der Mythos der unbefleckten Empfängnis ist nicht in den Werbeabteilungen der Waschmittelindustrie erfunden worden, sondern beruht auf einem jahrtausendalten übersetzungsfehler des Wortes ð Jungfrau. Kern ist die Vorstellung, dass eine Frau schwanger wurde und dennoch Jungfrau blieb, d. h. keinen normalen Geschlechtsverkehr hatte. Hierdurch wurde verhindert, dass sie zur Weiterverbreitung des Virus der ð Erbsünde beitrug, der nach christlicher überzeugung – analog zu herkömmlichen Geschlechtskrankheiten – sexuell übertragen wird. Insofern hatte Nietzsche vollkommen Recht, als er schrieb, dass das Dogma der unbefleckten Empfängnis die Empfängnis befleckte. Bei allem “Geheimnis des Glaubens” ist doch das Diskriminierende deutlich:

Der Mythos der unbefleckten Empfängnis machte aus der natürlichen Empfängnis eine schmutzige, sündige Sache.
In christlicher Verschwisterung mit ð Sünde, ð Sexualität und erlaubter ð Lust ist daraus der Zwang zum Duschen vieler Menschen (insbesondere von Frauen) nach dem Koitus entstanden, um die möglichen Flecken der ausgetauschten Körperflüssigkeiten abzuspülen. In Analogie zu den Händen, waschen diese Menschen ihren ganzen Körper in Unschuld. Es muss – in übernahme energetischer Ansichten – allerdings die Dusche sein, denn nur mit dem Duschwasser kann das Böse abfliessen. Bei einem Wannenbad bliebe man mittendrin sitzen, im Bösen.

Sinnigerweise wurde das Fest der Unbefleckten Empfängnis 1476 von Papst Sixtus IV. gestiftet. Das war derjenige “Heilige Vater”, der nicht nur die Sixtinische Kapelle bauen liess, sondern auch ein Bordell betrieb, Steuern von seinen Nutten bezog und mit der eigenen Schwester und seinen Kindern koitierte (vgl. u. a. Deschner, Die beleidigte Kirche, S. 19). (ð Sexualität) Das berühmt-berüchtigte Dogma der unbefleckten Empfängnis ist noch neueren Datums (1854). Es bezeichnet nicht – wie häufig missverstanden – die unbefleckte (samen- und erbsündenfreie) Empfängnis des Jesuskindes (das war ja schon lange vorher klar!), sondern die ebenso unbefleckte Empfängnis der Gottesmutter selbst. (Maria war also genetisch sündenfrei!) Dadurch wurde der Heilige Geist von dem Verdacht befreit, eine erbsündig belastete Dame befruchtet zu haben (ð Früchte).

F

Fegefeuer: fegen, mittelhochdeutsch vëgen, bedeutet reinigen (wenn man den Boden mit dem Besen fegt, reinigt man ihn, befreit ihn von Unrat). Entsprechend ist das christliche Fegefeuer auch keines, in dem der sündige Mensch, der da zur “Reinigung” hineingezwungen wird, verbrennt. Das strafende Feuer reinigt (quält) den Sünder so lange, bis er eschatologisch sauber, also von seinen Sünden befreit ist. Das Ganze ist also ein Akt der göttlichen ð Gnade. Deshalb wird das mit dem ð Hexenverbrennen auch immer völlig falsch gesehen.

In den biblischen Evangelien nicht vorgesehen (dort gibt es nur Himmel und Hölle) wurde das Fegefeuer eingeführt, um die lausige, da auch weiterhin sündige Kundschaft besser erschrecken zu können. Die alte Marketingstrategie (Himmel oder Hölle) bedeutete für die meisten Menschen recht automatisch “Hölle” und hatte entweder Depressionen zur Folge oder die Leute lebten nach dem Prinzip: “Sind die Sünden potenziert, lebt es sich ganz ungeniert!” Da in beiden Fällen keine Chance gesehen wurde, der Hölle zu entfliehen, bestand keine grosse Motivation, sich durch “gute Werke” für die Kirche (Stiftungen, Schenkungen, Erbschaften etc.) bessere Ausgangsvoraussetzungen zu verschaffen.

Da das Fegefeuer klugerweise als Zeit-Strafe konzipiert wurde und man sich von solchen Strafen in allen korrupten Systemen freikaufen kann, etablierte sich ein lukratives Geschäft mit der ð Sünde, der Ablass. Dann aber wurde Martin Luther der Spielverderber. Er strich das Fegefeuer und verlegte es in die Gegenwart und das Innere des Menschen hinein. Dieses “Fegefeuer von Innen” nennt sich heute Gewissensbisse.

G

Gericht, das Jüngste: Hierbei handelt es sich nicht etwa um die allerneueste Rezeptidee von “Fernsehkoch` Alfred Biolek. Das Jüngste Gericht ist vielmehr eines der ältesten Gerüchte der Christenheit. Schon die Jünger Jesu erwarteten das Jüngste Gericht bald nach dem Tod ihres Heilands. Der Gerichtstermin wurde aber aus bisher ungeklärten Gründen verschoben. Danach traten immer wieder Propheten auf, die den genauen Zeitpunkt des Jüngsten Gerichts zu kennen glaubten (vgl. Randi, Lexikon der übersinnlichen Phänomene, S. 367 ff.).

Besonders an magischen Zeitwenden bibberten die Menschen in Anbetracht des angekündigten harten Richtspruchs Gottes. Aber nichts geschah. Der angedrohte “Prozessbeginn` verzögerte sich ein um das andere Mal, und das ist auch gut so – vor allem, wenn man sich die bedauernswerte geistige Verfassung des massgeblichen Richters (ð Gott) anschaut. Auch die in Aussicht gestellte Strafregelung (ð Hölle) trägt nicht dazu bei, dass wir uns für das Jüngste Gericht erwärmen können. Dann schon lieber fröhliches Prominentenkochen mit Biolek

H

heilig: unantastbar, vollkommen, dem Irdischen entrückt, Gegenbegriff zum bloss Profanen. Eine Person oder Sache, die mit dem Etikett “heilig” versehen ist, ist dem Zugriff der frechen irdischen Vernunft entzogen. Deshalb haben die Kirchen stets grossen Wert darauf gelegt, alles zu heiligen, was nicht niet- und nagelfest ist. Besonders hervorgetan hat sich dabei – wen wundert`s? – die Heilige Katholische Kirche.

Die räumte zwar ein: “Die Heiligkeit der Kirche scheint in erheblicher Spannung zur konkreten Erfahrung [der Menschen mit] der Kirche zu stehen.” Das aber sei nur halb so schlimm, denn: “Der Glaube erkennt jedoch auch eine tiefere Dimension der Kirche.” (Katholischer Erwachsenen-Katechismus I, S. 283) Aha! Lesen wir weiter: “Im Sprachgebrauch der Heiligen Schrift meint Heiligkeit nicht primär ethische Vollkommenheit, sondern Ausgesondertsein aus dem Bereich des Weltlichen und Zugehörigkeit zu Gott. […]

Die [ð ] Kirche ist heilig, weil sie von Gott her und auf ihn hin ist.” (ebenda, S. 284) (Die Einsicht, dass die Kirche “hin” ist, ist sicherlich bei der Korrektur übersehen worden.) Jetzt verstehen wir: Man kann zwar ein Schwein sein (ethisch betrachtet), aber wenn man dabei die Sakramente und Gebote der Heiligen Katholischen Kirche beachtet, ist alles in Butter. Und deshalb erhält alles, was von Gott stammt und zu ihm “hin ist”, dieses wertvolle Prädikat der Heiligkeit, Inc.: Geist Heilig, Familie Heilig, Dreifaltigkeit Heilig, Drei Könige Heilig, Jungfrau Maria Heilig, Mutter Kirche Heilig, Bibel Heilig etc. Und da Papst Johannes Paul II. besonderen Spass an Wundern und zudem das Exklusivrecht der Heiligenernennung besass (seit Papst Alexander II., 1170), hatte er (bis 2004) immerhin 465 Menschen zu Heiligen ernannt – so viele, wie seine Vorgänger in den vorherigen 400 Jahren zusammen.

P. S. Rindviechern wird das Zeichen, wem es gehört, in das Fell eingebrannt; Menschen erhalten den unauslöschlichen Prägestempel, dass sie Gott gehören, mit der Taufe, die Kirche macht es sich selber, das Heilige, durch sich selbst und für sich selbst. Natürlich im Auftrag des Herrn, versteht sich. Aber da der Herr in 2000 Jahren kirchlicher Heiligung niemals Widerspruch einlegte (und gibt es denn ein besseres Zeugnis für die Heiligkeit der Kirche ?!), wird das alles schon seine Richtigkeit haben.

I

Index: Wenn ein Buch, ein Film oder eine CD “auf den Index kommt”, dann wird er / sie / es verboten oder zumindest werden Massnahmen getroffen, die verhindern, dass Jugendliche leichten Zugang zu diesen medialen Inhalten erhalten (Beispiel: Index der jugendgefährdenden Schriften). Vorbild dieser liebevollen (um das Kindes- und Jugendwohl bemühten) Zensurmassnahme ist der Index Romanum, die Liste der von amtskirchlicher Seite als für den Glauben gefährlich eingestuften und daher verbotenen Bücher.

Der Index Romanum war bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil für katholische Christen verbindlich, seit 1966 halten sich nur noch besonders glaubensfeste Katholiken (beispielsweise die Mitglieder des Laienordens Opus Dei) an die freundliche Literaturverbotsempfehlung des Vatikans. Es ist uns nicht bekannt, ob der Index seit den 1960er Jahren weitergeführt wurde. Wenn ja, dürfte er mittlerweile ganze Schrankwände füllen. Fakt ist jedoch, dass auf dem Index Romanum einige der massgeblichen Werke der belletristischen und philosophischen Weltliteratur zu finden waren (u. a. Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft, später auch die Werke Sartres – nicht aber Hitlers Mein Kampf).

Both comments and pings are currently closed. RSS 2.0