März 12th, 2007

HISSIFITS (#95, 08-2002)

Posted in interview by andreas

Autsch! Das eigene Leben irgendwo in einem Mittelzentrum in Deutschland ist nicht wirklich spannend, wenn man es mit dem anderer Leute, wie z. B. den Hissyfits vergleicht. Vier junge Damen aus New York, die grossartige Musik machen. Irgendwo in der Schnittmenge von Punkrock und Pop, zwischen The Clash und 60ies groups girls wie den Shangri-Las.

Da passiert es dann schon mal, das eben jemand von Levi`s mal anruft, ob man nicht als Band Werbung für sie machen möchte, oder der legendäre Rockkritiker Greil Marcus in einem ganzseitigen Artikel verzückt „Pop – when it`s perfect!“ urteilt. So etwas bietet weitaus mehr Substanz für ein Filmdrehbuch als ein Leben im Münsterland und deshalb bitte jetzt weiterlesen.

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Beim ersten Blick auf Eure CD fiel mir ein Sticker auf, der besagte, dass sich bis auf Dich das gesamte line- up der Band geändert hat? Wie kam es dazu und umreisse doch auch einmal den bisherigen Werdegang der Hissyfits?

Princess: Ja, ich bin Princess, spiele bei den Hissyfits Gitarre, singe und habe die Band ins Leben gerufen. Meine vorherigen Bandkolleginnen sind vor ca. 6 Monaten ausgestiegen, um endlich Ihre Ausbildungen zu beenden und sich auch anderen Dingen widmen zu können.

Ich bin von meinen neuen Bandmitglieder sehr begeistert, als da wären: Hallie Bulet am Bass und background vocals, Ren spielt Viola und singt ebenfalls und Sivan an den drums. Ihre Energie, Einstellung und Talent sind umwerfend und es sind grossartige „grrrls“, mit denen es Spass macht zu arbeiten…

Könnt Ihr momentan von Eurer Musik leben, oder arbeitet Ihr nebenher?

Princess: Wir haben alle nebenbei noch Jobs, unglücklicherweise. Wir hoffen allerdings, dass sich das bald einmal ändert!

Ist es gerechtfertigt die Hissyfits als eine POP Band zu umschreiben, die unterschiedliche Sounds vermischt, die von Punkrock im Sinne von Bands wie The Slits, bis zu 60ies girl groups im Stil der Shangri-Las reichen?

Princess: Im Grunde genommen schon, denn die Hissyfits haben schon diese bittersüssen Harmonien, wie es sie auch bei 60ies girl groups gibt, aber im Vergleich haben wir doch mehr Ecken und Kanten und Punkattitüde.

Ihr habt bereits zweimal im Rahmen der Riot Grrrls Konzertreihe „Ladyfest“ gespielt: wie steht Ihr zu diesen Bewegungen? Gibt es die Riot Grrrls oder vergleichbare Bewegungen, die Anfang der 90er Jahre für Aufsehen sorgten, in dieser Form überhaupt noch?

Princess: Es stimmt, die Riot Grrrls haben zu Beginn der 90er Jahre etwas wichtiges angefangen, dass bis heute fortlebt und gerade in letzter Zeit wieder aufblüht, wie man z. B. am Ladyfest sehen kann. Trotz allem wünsche ich mir immer noch, dass mehr Frauen versuchen würden ihre Träume, in Bezug auf Musik oder was auch immer, zu leben. Sachen wie das Ladyfest können da vielleicht ein wenig die Initialzündung bewirken.

Hat sich denn aufgrund dessen die Situation für Frauen m Musikgeschäft verbessert? Wie steht es denn im Besonderen um Frauen im Punkrock? Wird da mit einem anderen Massstab gemessen, als er z.B. im Mainstream – Pop angelegt wird, wo ja beispielsweise Sängerinnen eine ganz normale Angelegenheit sind?

Princess: Ich denke, dass die Riot Grrrls da einige Sachen bewegt und verändert haben – aber nur auf dem Indie-Level. Im Mainstream Pop werden all-female bands immer noch übergangen. Sachen wie das Ladyfest versuchen Grrrls dazu zu bewegen Musikerinnen zu werden, was ich persönlich grossartig finde. Vielleicht wird dadurch der Mainstream aufmerksam.

Welche Künstlerin oder Band hat Dich in diesem Zusammenhang am Meisten beeindruckt?

Princess: Da würde ich spontan Courtney Love sagen, weil sie so viele Menschen erreichen kann und sich eine Position erarbeitet hat, die es ihr ermöglicht dahingehend Einfluss auf sehr viele Frauen zu nehmen. Zugegeben – sie war nicht immer das beste Vorbild – aber in den letzten Jahren hat sie gezeigt, dass sie sich sehr genau im Musikgeschäft auskennt und gerade das versucht zu Nutzen, um die Voraussetzungen für andere Musiker zu verbessern.

Der Rockkritiker Greil Marcus, einer Eurer ausgesprochenen Fans, schreibt in seinem Buch „The dustbin of history“, dass Pop gerade nicht dazu geeignet sei seine Hörer auf dem Weg ins Erwachsenwerden zu begleiten, sondern im Gegenteil eher ewige Jugend verspricht. Würdest Du dem zustimmen und trift das auch auf die Musik der Hissyfits zu?

Princess: Auf einen Grossteil der Popmusik mag das wohl zutreffen, aber nicht in Bezug auf die Hissyfits! Unsere Musik hat dunkle Ecken und einen Haufen bittersüsser Themen, die dem Zuhörer eher das schmerzhafte Gefühl vermitteln seine Unschuld und Jugend zu verlieren. Davon abgesehen haben wir keine Aussage die sich auf ein paar Worte eindampfen lässt. Ich singe über meine eigenen Erfahrungen und Gefühle und kann mir gut vorstellen, dass es vielen Menschen ähnlich geht. Vielleicht können sie sich somit ein wenig mit dem identifizieren, was ich singe, und finden Gefallen an der Musik der Hissyfits.

Ihr habt bereits eine Scheibe auf dem ziemlich kleinen, aber feinen deutschen Label Sounds of Subterrania veröffentlicht? Wie ist es dazu gekommen?

Princess: Ich bin mir nicht sicher wie oder warum, aber es scheint, dass es in Deutschland einige Leute gibt, die uns seit unseren Anfangstagen mögen. Das ist grossartig! Gregor von Sounds of Subterrania hat damals von uns gehört und wollte eine 7″ von uns herausbringen, was uns riesig gefreut hat. Es scheint, dass Ihr in Deutschland einen sehr guten Geschmack habt, ..haha!

Wie kam es eigentlich, dass die Hissyfits in einer Levis-Werbung ufgetaucht sind?

Princess: Levis suchte gerade eine Band für eine solche Kampagne und wir wurden ihnen von Leuten in New York empfohlen, die in der Musikindustrie arbeiten. ..

Ist das eine normale Verfahrensweise? Ich kann mir vorstellen, dass es in einer Stadt wie New York so viele verschiedene Szene, Subkulturen usw. gibt, dass es sehr hart ist sich dort einen gewissen Status zu erarbeiten.

Princess: Das stimmt, es ist ziemlich hart, dort bekannter zu werden, aber wir sind hier nun schon seit ein paar Jahren unterwegs und haben so eine Menge Leute kennen gelernt. Die Stadt ist zwar riesig, aber auf der anderen Seite gibt es so viele verschiedene Szenen, das es innerhalb dieser schon wieder übersichtlich wird…

Würdet Ihr Euch als role models sehen? Hat sich für Euch nach dieser Werbekampagne etwas verändert?

Princess: Wir sehen uns nicht als role models an! Aber ich hoffe, dass das was wir tun ein paar Kids inspiriert und unsere Musik für einige Menschen etwas bedeutet. Davon abgesehen hat sich für uns nach dem modelling für Levi`s nicht viel verändert – überraschenderweise – obwohl wir danach noch ein paar mal für Levi`s gearbeitet haben. Wir hatten uns anfangs vorgestellt, dass die Anzeigen uns als Band ein bisschen bekannter machen würde und ein wenig Neugierde erwecken könnte, aber im Endeffekt ist es ja auch die Musik, mit der wir auf uns aufmerksam machen wollen.

Was sind die nächsten geplanten Schritte in Richtung Weltherrschaft?

Princess:  Wir planen in nächster Zeit nach Europa zu kommen! Wir halten Euch dazu auf dem Laufenden. Ansonsten schaut mal unter www.hissyfits.com oder www.topqualityrockandroll.com nach dem neuesten … Thanks. Love, Princess and The Hissyfits

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Interview + Text: Peter Rupprecht

Links (2015):
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Discogs

 

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