Oktober 1st, 2014

Geplanter Verschleiss – Wie die Industrie uns zu immer mehr und immer schnellerem Konsum antreibt – und wie wir uns dagegen wehren können, Christian Kreiß

Posted in bücher by Dolf

Piper Verlag, Georgenstraße 4, 80799 München, www.piper.de

GeplanterVerschleißGibt’s das wirklich? Bestes Beispiel ist dieses Buch, kaum hat man es durchgelesen fallen einem die einzelnen Seiten entgegen und die Schrift ist, nachdem mal eine Seite mit Licht in Berühung gekommen ist, so ausgebleicht das man sie fast nicht mehr lesen kann. Quatsch!!

Dem ist natürlich nicht so, das Buch ist gebunden mit stabilem Einband und hält ein ganzes Buchleben. Leider ist das bei vielen anderen Produkten des täglichen Bedarfs nicht der Fall. Das Dinge auch mal kaputtgehen liegt in der Natur der Sache, aber die geplante Obsoleszenz (Verkürzung von Gebrauchsdauer und Produktlebenszeit) ist eben kein Mythos sondern tägliche Realität.

 

Denn die Produzenten sorgen kontrolliert und absichtlich dafür das ihre Produkte frühzeitig kaputtgehen, damit die Konsumenten noch mehr kaufen müssen und sie damit ihren Profit steigern. Keiner gibt es zu, aber Christian Kreiß deckt auf und belegt es mit einigen (auch bekannten – Glühbirne) Beispielen, das hätten gern noch ein paar konkrete mehr sein können, in Form einer Liste oder so – ist natürlich aber auch schwierig, weil es die Firmen ja nicht zugeben.

Interessant auch seine Ausführungen zur „Psychologischen Obsoleszenz – Güter, die noch ohne technische oder physische Einschränkung gebrauchsfähig sind, werden vor allem durch Marketingmaßnahmen als obsolet, überholt empfunden und vom Verbraucher ausgetauscht. Dieses Konzept wurde Maßgeblich durch den seinerzeit führenden US-Industriedesigner Brooks Steven in den 1950er-Jahren geprägt. Demnach war es das Ziel geschickten Industriedesigns, dem Verbraucher das Bedürfnis einzuträufeln, eine Sache ‚ein wenig früher, ein wenig neuer, ein wenig besser als nötig‘ haben zu wollen“.

Mit anderen Worten sind das die üblichen verdächtigen Opfer von Marketing. Das die Werbung (welche ja nie der Information des Konsumenten dient, sondern versucht ihn zu beeinflussen) ein Hauptproblem ist, dürfte für die meisten unserer Leser nichts neues sein (so wie ein paar andere Dinge über die der aufgeklärte Verbraucher längst Beisched wissen sollte, welche in dem Buch – zumindest für Leute die Nachdenken – etwas zu ausführlich behandelt werden), aber vielleicht eben für viele andere, die darüber nie nachdenken. Somit geht das ok.

Und wenn Kreiß dann so vermeintlich „radikale“ Forderungen nach Einschränkung von Werbung fordert (z.b. kompletts Werbeverbot für Produkte die von Kindern/Jugendlichen gekauft werden), so ist das bei genauerem Hinsehen eigentlich überhaupt nicht „radikal“. Sondern die jetztigen Zustände sind radikal falsch und bedürfen massiver Änderung. Natürlich bleibt auch die Lebensmittel- (hier besonders Zucker), Pharma- und Kosmetikindustrie nicht unerwähnt.

Und auch wenn man schon ein kritischer Konsument ist, kommt man aus dem Kopfschütteln nicht raus. Du denkst du weisst Bescheid? Es ist noch schlimmer als gedacht, es ist widerwärtig. Auch klasse wie er mal klar darlegt das der ganze Markt völlig intransparent ist (Objektive/Subjektive Information und Konsumenten-Verwirrung) und man, selbst wenn man sich bemüht, Produkte gar nicht mehr objektiv vergleichen kann. Ich bezweifle zwar das mich persönlich der geplante Verschleiß monatlich 110.- Euro kostet, aber für den Durchschnittskonsumenten mag das wohl zutreffen.

Was es noch alles bedeuten könnte, würde der Betrug gestoppt, ist auch interessant: Zwei Wochen mehr Urlaub oder 35-Stunden Woche für jeden, ohne Einkommenseinbußen, weniger Müll usw. usf. Die Ursachen werden natürlich auch beleuchtet und es überrascht wenig das auch hier das Profit- und Wachstumssystem die Wurzel des Übels ist. Am Ende beschäftigt der Autor sich mit Abhilfen, der einzelne kann ein wenig machen (langlebige Produkte wählen, Reparieren, Tauschen und Wiederverwerten).

Schnellstmöglich muss sich aber grundlegendes ändern: Medien und Wissenschaft dürfen nicht weiter käuflich sein und ebenso dürfen die falschen Wirtschaftswissenschaftlichen Lehren nicht weiter unterrichtet und angewandt werden. Vieles davon hat man in anderen Zusammenhängen bereits gehört, oder weiss es eben. Allerdings wissen es noch nicht alle und somit gibt’s hier gar nichts zu bemängeln.

Wenn es dich stellenweise auch langweilt, sei froh – denn dann gehörst du nicht zu denen, welche noch gar nichts verstanden haben. Man sollte aber Papst Franziskus, auch wenn er die ein oder andere richtige Sache sagt, nicht zitieren ohne ihn und seine Kirche und die Religionen zu kritisieren, denn schließlich ist das – neben der derzeitigen nicht menschengerechten Wirtschaft, das andere große Problem. Fast 250 Seiten mit massig Fußnoten und einem ausführlichen Stichwortverzeichnis. Lesen. (dolf)

[Trust # 167 August 2014]

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