März 12th, 2007

GAZA STRIPPERS (#85, 12-2000)

Posted in interview by andreas

Rick Sims war der Kopf der Didjits. Die wiederum gibt es schon seit ca. 6 Jahre nicht mehr, aber ich fände es trotzdem sehr gerecht, wenn man ihnen zu mindestens einen Platz in der Rock’n’Roll-Hall Of Fame anbieten würde. 1994 gab Rick Sims ein kurzes Intermezzo als zweiter Gitarrist bei den Supersuckers, aber dann war es lange ruhig um den Mann.

Im Frühjahr 1999 kam dann bei Man’s Ruin eine 10″ einer neuen Band um Mr. Sims, mit dem Namen Gaza Strippers, heraus. Konzerte, oder sonstige Platten gab es nicht, und man musste bis diesen Herbst warten um endlich im Rahmen der Glucifer-Tour, zu sehen, ob sie live das, was besonders die neue Lp „1000 Watts Confession“ versprach, auch halten können. Sie konnten. Meiner Meinung nach sogar weit besser als Glucifer. Nach dem wirklich guten, wenn auch zu kurzem Gig im Substage in Karlsruhe redete ich mit Rick-Gesang/Gitarre, Mark-Drums, Mike-Gitarre und Darren-Bass.

***

Rick, das letzte mal, dass ich dich gesehen habe war auf der Popkomm 1994, damals noch als Gitarrist der Supersuckers. Da hatten sich die Didjits gerade aufgelöst. Wie sieht es jetzt aus, ist dies die Besetzung zur LP, zur Tour? Sind die Gaza Strippers jetzt eine Band, oder eher wie die Didjits dein Baby?

Rick: Nein, die Gaza Strippers sind eine Band, sie gibt es nur mit allen Leuten die du hier siehst.

Mark: Es ist nicht das Rick Sims Projekt!

Rick: Wenn schon, dann Rick Sims Aliance……..

Mike: Oder Rick Sims Army…

Dieses Line-Up besteht also seit der Kozik Platte „Laced Candy“?

Rick: Ja.

Warum hatte das Vinyl eigentlich nur die Hälfte der Songs, und ist jetzt schon Out Of Print?

Rick: Also, wegen der Songs……..ich denke Kozik hat das so gemacht um, mehr Geld zu verdienen. Du musst beide Formate kaufen um alle unsere Songs zu haben. Ich weiss nicht…., es war nicht unsere Entscheidung, er hat es so gemacht……. Man’s Ruin hatte auch sehr lange riesige Probleme irgend eine Art von Vertrieb in Europa zu organisieren. Deswegen haben wir bis jetzt auch noch nicht hier gespielt. Denn wenn du live spielst, sollte die Platte auch zu bekommen sein. Aber die 10″ ist ja jetzt auch nicht mehr zu bekommen

Darren: Was aber noch beschissener ist, denn jetzt kaufen unsere Fans die Sachen zu Sammlerpreisen und sind danach auf uns sauer, weil die Hälfte der Songs fehlen…..

Wie sieht es mit dem Songwriting aus, wer macht was?

Rick: Also ich schreibe eigentlich die Songs. Aber die anderen bringen sich schon ein, mit der Art wie sie die Songs spielen, wie sie meine Ideen umsetzen. Ausserdem habe ich ja schon in der Vergangenheit Songs geschrieben, und die waren nicht so schlecht. Also ist es doch natürlich wenn ich in der Band dafür zuständig bin.

Michael: Rick hat die meisten geilen Ideen, wir helfen ihm dann mit den Arrangements. Schreiben ab und zu eine Textzeile, oder ändern einen Akkord. Aber gerade bei der neuen Platte „1000 Watts Confession“ war es so, dass er mit über der Hälfte der Song fertig in seinem Kopf zu den Proben kam. Die haben uns so gut gefallen, dass wir überhaupt nichts daran geändert haben.

Rick: Trotzdem ist es so, dass die drei mitentscheiden was gut oder schlecht ist. Ich spiele ihnen etwas vor, und sie sagen dann, es ist gut oder nicht. Also sie sind involviert, obwohl ich mit der Initialidee kam. Jeder hat seine Aufgabe in der Band, Darren verkauft noch das Merchandise nach der Show, und Mark ist dafür zuständig die Frauen aufzureissen.

1993 hatte ich dich Rick, bzw. die Didjits interviewt, und du sagtest dir ginge es eigentlich um „getting high and going cruising“. (Kiffen und Autofahren) Inwieweit ist dies noch die oberste Priorität?

Rick: Naja, das ist es immer noch. Nein, überlege doch mal, das war 93…..

Darren: Klar und in den 50ern hätte er dir was von Surfbrett-einwachsen erzählt.

Also bist du jetzt ein gesetzter Ehemann ?

Rick: Ehemann ja, aber ich habe eine „Fine Piece Of Ass“ geheiratet, „not some fat, old Pig“.

Dann hat ja die Frau die vor der Bühne tanzte und versuchte deine Aufmerksamkeit zu bekommen, völlig umsonst gepost?

Rick: Nein, denn die sind ja alle für Mark, er ist da zuständig. Aber mir fällt in letzter Zeit auf, das bei unseren Konzerten immer mehr Frauen tanzen, die Musik sie dazu ermutigt. Das ist doch toll. Im Vergleich dazu waren die Didjits immer so zentriert um Typen und Autos. Es ging auf den Konzerten immer um Kraft, Protzen….aber jetzt ist es nicht so wie früher, das sich die Typen vorne prügeln und die Frauen hinten an der Bar stehen.

Das war zwar manchmal cool, dafür standen die Didjits auch, aber jetzt mit den Strippers ist es so, dass sich die Frauen auch nach vorne trauen, wir haben ein paar hübsche Männer in der Band, die Songs haben mehr Groove, aber trotzdem spielen wir schnellen Kick-Ass-Rock-N-Roll.

Mark: Ja, Gearhead wird bestimmt schreiben, dass wir softer geworden sind, aber sie haben keine Ahnung.

Warum gab es keine Zusammenarbeit mit Touch & Go?

Rick: Weil sie musikalisch nicht mehr zu uns passen. Welche Band auf Touch & Go rockt den heute noch? Das ist doch fast alles so esoterischer Mist.

Aber Delta 72 ist doch …..

Mike: Stimmt die sind klasse…

Rick: Wer??

Mike: Delta 72.

Rick: Stimmt, die mögen wir wirklich sehr, aber auch die sind jetzt nicht so wir Glucifer, die Turbo Negro.

Mark: Wir arbeiten eigentlich nur mit Labels, die uns fragen, also uns haben wollen. Es ist doch Quatsch bei einem Label eine Platte zu veröffentlichen, die deine Musik nicht richtig toll findet, aber trotzdem mal so eben die Platte „mitveröffentlicht“. Du willst das die Leute die deine Musik vertreiben genau so begeistert sind wie du selbst.

Rick: Lookout wollten uns! Die waren wirklich happy uns zu bekommen. Die kamen und sagten, wir wollen das, wir finden die Platte toll, hier ist Geld die Platte zu bewerben, hier ist viel Geld um eine Tour zu machen. All das macht einen grossen Unterschied.

Mark: Genau, die Leute von Lookout habe sich unsere Live-Show von sich aus angesehen, weil sie die Musik geil finden. Da musste wir sie nicht auf die Gästeliste setzen oder so eine „Invitation-Only“-Sachen machen.

Rick: Eigentlich stimmt das mit Lookout gar nicht, wir benutzen das nur um mit den Donnas ins Bett zu kommen. Darren ist in deren Bassistin verknallt. Mark will die Gitarristin….

Mark: Gar nicht!!

Wo seht ihr euch in der heutigen „Alternative Nation“, oder…..

Darren: An der Spitze!

Rick: Ich muss jetzt aber noch mal klarstellen, dass ich unsere Musik nicht nur limitiert in dieser Rock-N-Roll, Independent, Punk, was auch immer Zelle sehe. Ich denke unsere Songs sind auch für jemanden interessant, der etwas älter ist und damit gar nichts am Hut hat. Jemand der Chuck Berry mag, oder Jimi Hendrix, oder MC 5. Oder auch jemand der viel jünger ist und Supergrass und so Popsachen mag. Beide werden unsere Musik mögen, den sie ist doch sehr leicht erreichbar. Nicht weil wir das unbedingt wollen, oder erzwingen. Wir setzen uns nicht hin und überlegen lange, wie wir es allen recht machen können, es passiert einfach.

Mike: Ja, gerade junge Kids, die uns noch nie gesehen haben, bekommen eine gute Show geboten.

Rick: Wir sind auch das Resultat der Musik die wir lieben: Kiss, 70er Jahre Stadion-Rock, Clash und den Sex Pistols. Das ist doch eine breite Basis. Ich finde es schrecklich, wenn Leute sich so limitieren und immer nur eine Sache mögen. Ich mag Bands von heute, so wie Supergrass. Die Typen, die nur eine Band, bzw. eine Subart des Rocks mögen……, was machen die in 10 Jahren??

Was wollt ihr in 10 Jahren machen?

Darren und Mark gleichzeitig: Rocken und Ficken!!!!!!!!!!!

Rick (sehr viel leiser): Genau ich auch. Ich werde wahrscheinlich junge wütende Männer in engen schwarzen Hosen produzieren.

Gibt es für euch ein Alter an dem es peinlich wird auf einer Bühne zu stehen und Rock zu spielen. Im Jazz gibt es das nicht, auch nicht im Blues.

Rick: Naja, du musst überlegen, Rock gibt es noch nicht so lange wie den Jazz oder den Blues. Aber wenn du jetzt das Beispiel Rolling Stones anführen würdest, ja es gibt ein Alter an dem es peinlich wird. Ich möchte nie so eine Witzfigur wie die Stones sein. Aber dann gibt es Link Wray und Jerry Lee Lewis und die beiden sind heute noch so dermassen phantastisch live, obwohl sie so aussehen als gehören sie in einen Rollstuhl.

Mark: Es gibt kein Age-Limit beim Rock’n’Roll, es muss nur immer von Herzen kommen, wenn das Herz stirbt, dann auch die Musik.

Darren: Wir haben vor ein paar Monaten Jerry Lee Lewis in Chicago gesehen. Jemand musste ihm auf dem Weg zum Klavier stützen, aber dann…..whoa, es war das beste Konzert, das ich je gesehen habe.

Rick: Ich glaube, was ich nicht machen will, ist auf einem Haufen Songs zu sitzen und eine sichere ruhige Kugel zu schieben. Jedes Jahr zu touren und eine Menge Geld zu machen. Das wird mir sowieso nicht passieren, aber im Grunde genommen, ist das der Grund warum ich die Didjits nicht mehr mache. Ich hatte die Inspiration verloren. Verdammt, wie oft kann ein Mensch „Evil Knievel“ spielen? Ich hatte ein bisschen die Lust an der Musik verloren.

Auf „1000 Watts Confession“ gibt es einen Song mit Keyboards, wollt ihr das ausbauen?

Rick: Warum nicht, aber live wird es keinen Keyboard geben, den das passt nicht mehr in unseren Van in den Staaten.

Also seit ihr leider noch auf dem Level mit einem Van zu touren, habt also keinen Nightliner?

Darren: Was heisst „leider“, es ist ein sehr schöner bequemer Van.

Rick: Mit einem Van ist es doch viel einfacher und du kommst überall hin.

Mike: Wir kommen nach der Tour lieber nach Hause und haben ein Bündel Dollarnoten, als damit einen Busfahrer zu bezahlen.

Mark: Genau, so einen Typ aus Holland der morgens schon besoffen ist und alle andauernd anschreit.

Rick: Es geht uns um unsere Freiheit, zu tun was wir wollen.

Mark: Das klingt jetzt bestimmt schrecklich klischeehaft, aber ich glaube es kommt auch daher, dass wir aus dem amerikanischen Mittelwesten kommen. Wir sind es einfach gewöhnt uns um uns selber zu kümmern.

Mike: 10.000 Dollar kostet ein Nightliner für eine US-Tour, das sparen wir uns lieber.

Rick: Schau, wenn du Gitarre spielst, solltest du deine Saiten wechseln können, oder. Natürlich ist es nett, wenn du jemanden hast der das für dich macht, es macht Konzerte leichter, aber es ist nicht lebensnotwendig.

Die Standartfrage die ich mir ab und zu von Herrn Rhönert ausleihe?

Mike: keine Ahnung!!

Darren: Niemand, ich bin wirklich happy hier der Bassist zu sein.

Mark: John Bonnam

Rick: ähhhhhh, ich weiss nicht,………..doch, ich will Paul Stanley sein.

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Text & Photos: Al „Fatman“ Schulha

Links (2015):
Wikipedia
Discogs

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