März 11th, 2007

EUROBOYS (#67, 12-1997)

Posted in interview by andreas

Durch ihre häufigen Gastspiele in der letzten Zeit und ihrer netten Bühnenshow dürften Turbo Negro den meisten von euch bekannt sein. Auch Glucifer, die beim letzten Mal als Vorgruppe fungierten, werden einige kennen. Beide Bands sind Teil der momentan florierenden skandinavischen Asso-Punkrock-Welle.

Da geht es um Bier, Leder und Körpersäfte. Erstaunlich ist aber das zumindestens zwei Leute von Turbo Negro und einer von Glucifer ein diabolisches Doppelleben führen und hauptberuflich eine süsse Mischung aus Surf und Easy-Listening backen und sie unter dem Namen Euro Boys vertreiben. Um dieses Doppel-leben zu ergründen sprach ich mit dem Kopf der Euroboys Knut Schreiner (Aka Turbo Negros Euroboy, der mit dem Cowboy-Hut).

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Auf den Platten von den Euroboys wird mit keinem Wort darauf hingewiesen, dass ihr auch noch bei Turbo Negro bzw. Glucifer spielt. Soll das eher ein Geheimnis bleiben…

Knut: Nein, überhaupt nicht, du kannst das auch nicht verheimlichen, da alle drei Bands immer bekannter werden. Aber eigentlich war es so, dass Turbo Negro vor einem Jahr ihren alten Gitarristen verloren haben, weil der nach Tailand gegangen ist um eine Kneipe aufzu-machen.

Also fragten sie sich, wer der beste Gitarrist in Norwegen sei und kamen natürlich zu mir. Da ich schon immer ein Fan der Band gewesen war, sagte ich ja. Aber die Euro Boys waren schon immer meine Band und sind auch die Band in die alle meine Kreativität fliesst, bzw. wo meine Ziele liegen.

Ich hatte es mir eher so gedacht, das Turbo Negro die Band ist bei der man rockt und sich austobt, und die Euro Boys die musika-lisch poppige, kommerziellere Seite zeigt.

Knut: Ich kann verstehen, dass du das so siehst, aber die Warheit ist, dass die Euro Boys in Nor-wegen eine sehr erfolgreiche Band sind. Wir sind in den Top 10. Fasst niemand hat dort schon mal etwas von Turbo Negro oder Glucifer gehört, es sind nur zwei kleine Punk-bands.

In Deutschland sind die beiden etwas bekannter, aber bei uns…. Ich habe mit dir zum ersten mal das Problem. dass du mich mit den anderen Bands in Verbindung bringst, aber die Euro Boys nicht kennst. Die Euro Boys ist auch die Band von der wir alle leben, finanziell. Das ist auch die Band mit der wir international berühmt werden wollen.

Seit wann gibt es die Band denn? Ich frage weil diese Art der Intrumental-60s-Surf-Easy Listening momentan sehr en vogue ist.

Knut: Naja, wir wissen halt was wir haben und was wir wollen. Wir besitzen so etwas wie eine zeitlose Qualität. Wir haben unser Talent in den letzten paar Jahren so entwickelt, das wir jetzt an diesem Punkt sind. Aber wir werden immer zeitgemäss sein, immer aktuell.

In eurer Bio steht, dass ihr alle 22 jahre alt seit, woher kommen dann die Vorlieben für Bruce Lee-Filme, James Last und diese ganzen Sachen. Das ist doch fasst mehr das Kulturgut eurer Eltern.

Knut: Wir gehören zu der Generation, der alles was es je gab auf Video bzw. CDs zugänglich ist. Wir haben Kojak zwar nicht gesehen als er neu im Fernsehen lief, aber wir kommen alle aus einer kleinen Stadt, und alles was wir gemacht haben, war uns zu treffen und fern-zusehen. Als wir Teenagers wurden hatten wir Kabelfernsehen und konnten dann so diese ganzen tollen Serien aus den 60ern und 70ern sehen. Für uns ist es natürlich aus diesem riesigen Angebot, das herauszufischen, was uns gefällt. Wir nehmen unsere Einflüsse von vielen verschiedenen Dingen.

In der Bio wirst du zitiert, das du in einer Instumentalband spielst, damit eure Musik von keiner sprachlichen Grenze behindert wird, aber wenn ihr in Englisch singen würdet wie auf dem einen Song mit Gesang, „Mr. Wild Gitar“, würde man das doch auch auf der ganzen Welt verstehen.

Knut: Wenn wir Texte hätten und in Englisch singen würden, wären wir nur eine weitere mittel-mässige norwegische Band, und wir hätten auch nie das erreicht, was wir jetzt schon haben, nämlich auf einem grossen internationa-len Label zu sein. Wir wären dann föllig un-interressant.

Niemand schert sich um eine moderne norwegische Rockband, die selbe Situation wird auch in Deutschland so sein. Das ist auch das Problem, alle jungen Bands kopieren nur ihre Vorbilder aus England oder Amerika. Wir wussten von Anfang an, dass wir anders, neu und aufregend sind. Warum sollten wir jetzt anfangen Gesang mit einzu-bauen, um dann nur eine von vielen Bands zu werden.

Wärst du sauer wenn man eure Musik kitschig nennen würde….

Knut: Nein, jeder kann darüber denken was er will. Uns ist es egal was die Leute von uns halten, denn wir glauben an unsere Musik. Wir sind stolz auf das was wir tun.

Fühlt ihr euch als Band mit anderen wie z.B. Man Or Astroman verbunden?

Knut: Nein, wir haben keinen Bezug zu irgend-welchen Szenen. Szenen haben immer mit dem Underground zu tun, mit bestimmten Labels, mit bestimmten Magazinen….. Schau, wir sind bei Virgin, wir hatten unsere eigene TV-Serie in Norwegen, so ähnlich wie die Monkees damals. Wir kümmern uns nicht um Sachen wie Credibility, Attitude oder so, wir wollen nur Spass haben und berühmt werden.

Naja, aber Credibility oder eine Einstellung zu bestimmten Dingen schadet auch nicht gerade…..

Knut: Ich glaube schon, dass wir auch etwas davon besitzen, weil unsere CD einfach toll ist. Aber ersteinmal wollten wir in Norwegen gross rauskommen, weil wir dann viel Geld ver-dienen. Das haben wir jetzt geschafft, wir leben von dieser Band, etwas was wir uns immer erträumt haben. Das ist auch das gute an einem Major-Label. Diese TV-Show war über unser Leben als Band, wie wir zusammen kamen, wie wir tourten, wie wir leben, pro-ben, singen, tanzen, es war toll und wir haben uns selber gespielt, es waren keine Schauspieler dabei.

In wie weit unterscheidet sich die Platte von euren Live-Auftritten?

Knut: Auf der letzten Tour in Norwegen und bei den grossen Festivals in Skandinavien diesen Sommer hatten wir noch eine Gruppe Bläser dabei. Ansonsten haben wir jetzt ein fünftes Mitglied, einen Keyboarder. Aber das geht ins Geld, und ich glaube, dass wir auch zu viert eine harte, rockende Band sind. Wir würden auch gerne sofort in Deutschland spielen, denn durch meine Touren mit Turbo Negro weiss ich, dass es in Deutschland nur eine be-schissene Musikszene gibt. Ich glaube also nicht, dass wir grössere Schwierigkeiten haben werden, die Leute für uns zu begeistern.

Aber glaubst du nicht, dass die Turbo Negro-Gigs auch deshalb so gut waren, weil das Turbo Negro-Publikum auch richtig abfährt bei den Shows. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Euro Boys ein ähnlich wildes Publikum anzieht.

Knut: Wir unterscheiden die Arbeit im Studio und die auf der Bühne. Wenn wir auf der Bühne stehen, dann wollen wir nur ärsche kicken, die Leute richtig unterhalten. Das Problem ist, das Rockshows heutzutage einfach stinklangweilig geworden sind. Niemand will noch eine Rock-show mit einem Haufen Marshall-Amps auf-gereit auf der Bühne sehen. Die Leute haben einfach genug davon.

Wir geben den Men-schen etwas neues, deswegen reagieren die Leute auf uns auch ganz anders. Ich weiss nicht wie es in Deutschland sein wird, aber ich verschpreche dir, dass wir die Leute begeistern werden. Deutschland ist auch ein einfacher Markt um gross rauszukommen, viel leichter als z.B. England. Die Engländer sind viel zu sehr mit ihren eigenen Bands beschäftigt. Ich weiss auch nicht, ob Deutschland eigene gute Bands hat.

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Etwas grössenwahnsinnig erscheit der Mann schon, besonders wenn man bedenkt, dass er jedes einzige Wort 100%ig ernst meint. Diesen Eindruck hatte ich zumindestens, das kann natürlich auch alles Masche sein, aber ich glaube es nicht.

(al schulha)

Links (2015):
Wikipedia Euroboys
Wikipedia Knut Schreiner
Discogs

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