Juli 30th, 2018

Es waren einmal Banker – Warum das moderne Finanzsystem gescheitert ist, Leonhard Fischer & Arno Balzer

Posted in bücher by Dolf

ecowin/Red Bull Media, Oberst-Lepperdinger Straße 11-15, 5071 Wals, Österreich, www.ecowin.at

Eigentlich wollte ich ja zum Thema nichts mehr lesen, dachte mir aber wenn schon ein ehemaliger “Star-Banker” jetzt der Meinung ist das Finanzsystem sei am Ende, kann es ja nicht wirklich schaden mal zu hören was er so zu sagen hat. Hat es auch nicht, das Buch ist gut geschrieben und erklärt sehr anschaulich warum das Finanzsystem eigentlich schon längst am Ende ist, und nur lebt, weil es noch künstlich am Leben erhalten wird. Dem ist nicht erst seit gestern so, sondern schon länger – neu ist die Erkenntnis also nicht. Fischer erzählt, mit Hilfe des Wirtschaftsjournalisten Arno Balzer, die Geschichte der Krise, wann sie begonnen hatte und wie sie sich seit den 70er Jahren entwickelt hat, auch auf die Neuerungen (Computer, Algorithmen, Derivate und der ganze Mist) in der Bankenszene wird eingegangen.

Dies gelingt den beiden sehr gut und vor allem zum großen Teil verständlich. Nett ist wie der Banker immer wieder vorbringt das nicht die Gier der Banker sondern das System Schuld an der Krise hat, das dieses System aber von Menschen wie ihm geschaffen und immer mehr verfeinert wurde, so das irgendwann niemand mehr durchstieg, das kann man hier nochmal erwähnen. Ob das nun aus Gier oder Selbstüberschätzung (man war der Meinung man könnte wirklich alles berechnen) – oder einer Kombination aus beidem passierte, spielt im Ergebnis keine große Rolle mehr. Und das auch die teuersten und besten Computer nicht mit Sicherheit immer richtig vorhersagen können – vor allem wenn fast der gesamte Markt die gleichen Algorithmen benutzt, hätte man sich ja auch denken können, es ist ja keine neue Erkenntnis: Wenn sich einer auf einen Stuhl stellt, dann sieht er besser als alle anderen, wenn aber alle anderen auch auf einem Stuhl stehen, hat es sich mit dem Vorteil für den einzelnen und alle anderen erledigt. Was leider auch nicht erwähnt wird ist das Geld nie arbeitet, sondern immer Menschen. Dafür sind sich die Autoren einig darin das es mit dem Sparen, so wie es früher mal war, auf Dauer vorbei ist (also sparen geht nach wie vor, aber eben ohne Zinsen) – weil es immer schon Teil des Betrugs war. Auch interessant das “Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren” nicht nur eine Kritik an dem Finanzsystem ist, sondern genau damit schon immer kalkuliert wurde(!!!). Ansonsten gibt es viele Zahlen: wer wie verschuldet ist und das es mehr oder weniger unmöglich ist all die angesammelten Schulden (der Staaten, letztendlich) auch wieder zu begleichen – ach, irgendwie hat man das doch alles schon mal gelesen. Auch geben die Autoren keine “sicheren” Anlagetipps, weil es die eben nicht gibt, bzw. wahrscheinlich auch noch nie gab. (und nein – “Start Ups” sind es sicher nicht, zumindest nicht als pauschale Empfehlung). Also am besten weniger sparen oder eben nicht so viel arbeiten – wobei die wenigsten mit diesem Problem zu kämpfen haben werden…..
Man kann das Buch auf jeden Fall jedem empfehlen der zum Thema noch nicht viel gelesen hat oder sich jetzt mal aktuell damit beschäftigen will, locker und anschaulich mit viel Hintergrundwissen geschrieben. Für alle anderen, muss nicht. 246 Seiten, gebunden. 24,00 Euro (dolf)

Isbn 978-3711001634

[Trust # 190 Juni 2018]

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