Mai 5th, 2019

BLACK DICE (#109, 2004)

Posted in interview by Jan

Eine sehr egalitäre und bewusste Gruppe von Menschen – BLACK DICE

In unserem Rezensionsteil äußerte ich mich verschiedentlich lobend über Black Dice, die mit großer Sicherheit eine der ungewöhnlichsten Bands der Stunde sind. Und der vergangenen Stunden natürlich auch. Von den rüden Krach-Anfängen der Anfänge, den epischen, nicht minder lärmenden Kompositionen des zweiten Albums „Beaches & Canyons“, immer noch mein Favorit, bis hin zu den Stücken ihres letzten Albums „Creature Comforts“, in denen sie weniger verstörend und gleichzeitig verschrobener, weniger nach irgend etwas bekanntem klingen. Zeit, diese Band etwas näher kennen zu lernen.

Wer sind Black Dice?
Aaron: Am Anfang waren Black Dice Bjorn & Eric Copeland, Sebastian Blanck und Hisham Bharoocha. Ich stieß 1999 zu der Band, nachdem Sebastian ausgestiegen war. Jetzt sind wir ein Trio, nachdem wir uns von unserem langjährigen Percussionisten Hisham Bharoocha getrennt haben.
Es scheint eine ziemlich aktive Szene in New York zu geben, die die Grenzen der Rockmusik neu ziehen, wie das phantastische Animal Collective oder Wolf Eyes (obwohl ich jetzt gar nicht weiß, ob die aus New York sind…).
Yeah, es gibt eine ziemlich aktive Noise- und Improv-Szene hier, aber ich betrachte uns und Animal Collective nicht wirklich als Teil davon. Bands wie Monotract oder Double Leopards sind viel näher an dem wahren Geist der Noise-Szene, und ich denke, wir und Animal Collective sind mehr an den Ausläufern. Ich denke, viele echte Noise-Fans mögen Black Dice gar nicht so sehr. Wolf Eyes sind aus Michigan und somit gar kein Teil der New Yorker Szene.
Wieder was gelernt… Ist es vielleicht ein Hype im Gefolge der Neo-New-Wave-Szene um Radio 4 und Liars? Oder müssen wir mit einem wirklichen Durchbruch einer neuen Welle von seltsamer Musik rechnen?
Die New Yorker Rock-Szene wurde vor ein paar Jahren wirklich stark gehypet, aber ich denke, es ist wieder zurückgegangen, seit Bands wie Interpol und The Rapture so groß sind, dass sie irgendwie gar nicht mehr von hier sind. Jetzt ist die große Sache hier eher Folk, aber davon sind wir ziemlich weit entfernt. Grundsätzlich gibt es hier eine Menge wirklich ehrgeiziger und talentierter junger Musiker, und Schreiber suchen verzweifelt nach Trends, um die Bands einzuordnen. Für mich als Musiker ist es unwichtig, womit die Leute unsere Musik in Verbindung bringen, solange es Leute gibt, die den Sound mögen und zu den Konzerten kommen.
Nach dem, was ich von euch gehört habe, gibt es so etwas wie Stagnation für euch nicht. Mittlerweile kommt ihr mir eher wie ein Laptop-Ding vor, während ihr am Anfang eher eine konventionelle Bandbesetzung hattet.
Nun, wir spielen keine Musik auf Laptops, aber ich verstehe, was du meinst, wir haben uns ziemlich verändert. Unsere Musik ist ein konstanter Prozess, und wir bewerten ständig unsere Art, an Dingen zu arbeiten, Songs zu schreiben und verschiedenes musikalisches Equipment zu benutzen. Es ist sicherlich eine bewusste Entscheidung, sich ständig zu verändern und uns nicht zu wiederholen. Aber es ist auch nicht der einzige wichtige Faktor, und solange wir mit den Ergebnissen glücklich sind, finden wir es okay, wenn es Dinge gibt, die mit unseren früheren Sachen zu tun haben.
Betrachtet ihr euch eher als Band, die so ziemlich ihren eigenen Regeln folgt und die eigene Arbeit reflektiert, oder bezieht ihr euch auf andere Dinge als Musik?
Ich denke, wir reflektieren, was in unseren persönlichen Leben passiert, und auch, was in der Welt im Großen passiert, aber das ist unvermeidlich und erfordert keine bewusste Anstrengung. Tatsächlich denke ich sogar, dass der Versuch, solche Dinge nicht einzuschließen, fehlschlagen würde. Wie auch immer, wie ich schon vorher sagte, das Wichtigste ist, dass wir mit dem Endergebnis glücklich sind, und bis jetzt gab es keine besondere Methode, keinen besonderen Gedankenprozess, dieses Ergebnis zu erreichen. Wir experimentieren mit einer Menge unterschiedlicher Kompositionsstile.
Ihr habt mit verschiedenen renommierten Produzenten gearbeitet, wie Nicolas Vernhes, der bereits mit David Grubbs aufnahm, oder mit den derzeit ziemlich angesagten DFA. Wie sucht ihr eure Produzenten aus?
Bei jedem, mit dem wir gearbeitet haben, war es eine völlig natürliche Entscheidung. Wir mussten niemandem den Hof machen oder sie bitten, unsere Platte aufzunehmen. Nicolas lebt in meiner und Bjorns Nachbarschaft und hatte mit vielen unserer Freunde gearbeitet. Wir trafen ihn und verstanden uns sehr gut und machten ein paar tolle Platten zusammen. DFA sind die Hausproduzenten unseres Labels (FatCat), deshalb war es naheliegend. Allerdings funktionierte es nicht sehr gut für uns im Plantain und es gab viel Ablenkung. Steve Revitte ist derzeit unser häufigster Kollaborateur für Aufnahmen, und er ist wirklich phantastisch. Grundsätzlich ist unser Kriterium, mit dem wir uns wohl fühlen.
Ein spontaner Gedanke: Fühlt ihr euch eigentlich als Live-Band?
Yeah, natürlich sind wir eine Live-Band. Die Platten sind zuallererst Mitschnitte von Performances. Es gibt kaum Overdubs oder Studio-Tricks.
Es gibt eine lange und verschlungene Diskussion darüber, ob Musik selbst politische Inhalte transportieren kann, oder ob sie eher den Kopf beschäftigt, um von wichtigeren Dingen abzulenken. Was ist eure Position?
Musik, die weitgehend instrumental ist, kann in einem politischen Kontext gesehen werden, wenn man sich entscheidet, das so zu sehen. Und wenn das der Fall ist, ist es am Hörer, die Schlussfolgerungen aus dem Verhältnis von abstrakter Musik zu aktuellen politischen Szenarien zu ziehen. Ich denke, es ist eine Menge zu sehen in nicht linearen, nicht traditionellen Songstrukturen und Inhalten und was das für eine politische Philosophie impliziert. Wie auch immer, wenn du wissen willst, ob das etwas ist, worüber wir nachdenken, wenn wir Songs schreiben, das ist nicht der Fall. Und ich denke, ein Purist könnte argumentieren, dass wenn das nicht unsere Absicht ist, dann ist der Inhalt auch nicht da. Ich stimme dem nicht zu, fürchte aber, es wäre etwas zu einfach zu sagen: “Es ist da, wenn du es willst.” Ich denke jenseits der Musik, die Art, wie du eine Band betreibst, die eine politische Einheit aus Menschen ist, dass das auch ein Kontext ist, indem man eine Band betrachten sollte. Und in diesem Sinne sind wir eine sehr egalitäre und bewusste Gruppe von Menschen.
Noch eine nicht ganz so ernste Frage, die lose mit der vorherigen verbunden ist. Habt ihr von Punkvoter.com gehört? Diesem Projekt von Fat Mike, der junge Punks dazu agitieren will, Bush abzuwählen? Wäre das etwas für euch?
Ich hab von dem Projekt noch nicht gehört, aber ich denke, wenn es für uns musikalisch und philosophisch Sinn machen würde, würden wir uns das mal anschauen.
Ich habe eure Stücke einmal als rätselhafte, gigantische Objekte beschrieben, die sich nähern und wieder verschwinden.
Für mich klingt die Musik wie ein Haufen von Stücken bunter Fäden, die sich durchs Weltall bewegen. Die Umrisse und Formen bilden und sich spielerisch umherbewegen.

Interview: stone

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