Juli 1st, 2019

ALICE BAG (# 186, 2017)

Posted in interview by Jan

ALICE BAG dürfte den meisten von euch bekannt sein, als Sängerin von The BAGS, die 1978 auf Dangerhouse Records, die „Survive“-Single und ein Jahr später auf dem Sampler „Yes L.A.“ den Song „We don´t need the english“ veröffentlichten. 1992 wurde aus der gleichen Aufnahmesession, für den zweiten Dangerhouse-Sampler noch der Punkrockknaller „We will bury you“ ausgegraben.

Die Live und Demotracks, welche unter dem Namen “All Bagged Up: The Collected Works 1977-1980” auf Artifix Records veröffentlicht wurden, sind für Fans sicherlich ein gefundenes Fressen, wirklich essentiell sind aber nur die vier Studiosongs. Wegen vier Songs ein mehrseitiges Interview zu führen, lohnt sich meines Erachtens nicht wirklich. Aber ALICE BAG hat als aktive und kreative Feministin, Autorin, Künstlerin und Pädagogin, noch einiges mehr zu erzählen. Besonders ihren feministischen Standpunkt empfinde ich seit jeher für sehr interessant und unterstützenswert. Es scheint fast so, das alles was Alice Bag kreativ umsetzt, dem Feminismus zu Gute kommt.

Weshalb mehrere Fragen auch auf dieses Thema eingingen. Zudem veröffentlichte ALICE BAG 2016 über Don Giovanni Records, ein mit 17 verschiedenen Gastmusikern eingespieltes, gleichnamiges „Solo“-Album. Neben drei bis vier punkigen Stücken, finden sich darauf auch Songs, die mit unterschiedlichen Musikgenres aus 60´s Girl-Pop, Chicano oder Garagen Rock spielen. An mancher Stelle meine ich sogar, etwas Salsa oder Swing heraushören. Ich würde sogar von einem kleinen Meisterwerk sprechen, das von der kritischen, emanzipierten Attitüde sich ganz klar im Punk beheimatet fühlt, aber dennoch hervorsticht und glänzt, in seiner musikalischen Open Minded-Haltung. Seht euch am besten mal die professionellen Videos zu „He´s so sorry“ und „Modern Day Virgin Sacrifice“ an. Das ein neues Album in Planung steht, freut mich natürlich umso mehr. Letzten Endes hatte ich eine Menge Fragen an Alice Bag, die eben von der frühen L.A. und Chicano-Punkszene, zum Feminismus übergehen und in ihrem aktuellen Album und ihren Aktivitäten als Schriftstellerin enden.

Wie lange existierten The BAGS und wieso habt ihr zu jener Zeit nur eine Single veröffentlicht?
The BAGS waren zwischen 1977 bis 1980, etwa drei Jahre lang aktiv. In der Zeit haben wir für Dangerhouse Records vier Songs aufgenommen. Zwei davon wurden als Single veröffentlicht, ein dritter war Teil der Compilation „Yes L.A.“. Wir waren auch ein paar Mal im Studio, um Demos aufzunehmen. Ich weiss aber nicht, was mit diesen Aufnahmen geschehen ist. Wir dachten damals, dass ein Plattenlabel uns dafür bezahlen würde, um ein Album aufzunehmen und es zu veröffentlichen. Das war natürlich ein grosser Fehler unsererseits. Wir hätten einfach selbst ein Demo im Proberaum aufnehmen und veröffentlichen sollen, aber das wussten wir damals noch nicht.
Wie hast du die Zeit mit The BAGS in Erinnerung? Und was war euer bester Auftritt?
Es war eine Zeit voller Action! Ich habe aus jedem Moment das Beste herausgeholt. Für mich gibt es diesen einen „besten Auftritt“ nicht. Was mir damals am meisten gefiel, war dieses Gefühl der Zugehörigkeit und Teil einer Szene zu sein, die gerade dabei war, sich selbst zu erfinden. Jeder Augenblick war aufregend und kreativ.
In welchen Bands hast du nach The BAGS mitgewirkt?
Ich habe in vielen Bands gespielt, sie alle aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Gleich nachdem sich The BAGS aufgelöst hatten, spielte ich kurzzeitig Bass in der Band meiner Mitbewohnerin, die sich CASTRATION SQUAD nannten. Später wechselte ich dann innerhalb der Band vom Bass zum Keyboard und wurde so zu einem festen Mitglied. CASTRATION SQUAD war eine All-Girl Band, die eine langsame, traurig, klagende Musik spielten. Die zwei Sängerinnen gaben einem das Gefühl, als ob eine Dominatrix und ein Zombie aufeinandertreffen.
Wie würdest du im Nachhinein die L.A.-Punkszene umschreiben? Gab es irgendwelche Facetten oder Eigenschaften die in der L.A.-Szene ausgeprägter waren, als anderorts?
Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten, weil ich die Szene in L.A. erlebte wie keine andere. Ich habe das Gefühl, dass es den Punks an der Westküste mehr darum ging, weird anstatt cool zu sein. Wenn ich an die Punkszene der Ostküste denke, so habe ich eine düsterere und vielleicht auch ernstere und poetischere Grundstimmung vor Augen. An der Ostküste trugen sie schwarze Kleidung und Lederjacken, während wir an der Westküste komische, selbstbemalte Kleider aus dem Secondhand-Laden trugen. Natürlich handelt es sich dabei nur um Äusserlichkeiten. Vielleicht waren die Punks an der Ostküste verdammt albern, und ich weiss es einfach nur nicht. Ich habe auch das Gefühl, dass die Szene in San Francisco im Vergleich zur L.A.-Szene politischer war. Die Szene in L.A. konzentrierte sich mehr auf das Absurde.
Kannst du uns noch von der damaligen Latino/Chicano-Punkszene berichten. Was zeichnete die Bewegung aus? Welche Bands waren stellvertretend und welche Themen verarbeiteten sie in ihren Texten? Und war die Szene eher homogen oder abgeschottet von der restlichen Punkszene?
Im Jahre 1977 war die Punkszene in L.A. eine kleine, integrative Szene. Menschen aus der Stadt und ihren Vororten haben sich getroffen, um eine kreative Gemeinschaft zu erschaffen und zu unterstützen. Es brauchte noch zwei oder drei Jahre, bis andere lokale Szenen in Los Angeles etabliert waren. Die verschiedenen lokalen Szenen bekamen dann eigene Namen, so wurde die Szene an den Stränden als Hardcoreszene bezeichnet und die Szene in East L.A. als Latinoszene. Ich glaube, dass sowohl die ursprüngliche Szene in L.A. als auch die Szene in East L.A. sehr offen waren, und dass keine Punks sich dort als „normal“ bezeichnet hätten. Das wäre sogar einer Beleidigung gleich gekommen.

Was ich aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass es am Anfang keine reine Szene aus weissen, heterosexuellen Männern gab, das ist bloss ein Märchen. Punkrock wäre heute nicht das, was es ist, wenn Punk damals nicht denen eine Stimme gegeben hätte, die eine neue und andere Sichtweise hatten. Dazu gehörten sicherlich Frauen, Menschen mit verschiedenen ethnischen Hintergründen und Mitglieder der LGBTQ Gemeinde. Wenn ich an die Szene in East L.A. denke, kommen mir Bands wie THE BRAT, THEE UNDERTAKERS, ODD SQUAD oder THE STAINS in den Sinn.

Natürlich haben diese Bands auch ausserhalb von East L.A. gespielt. Als dann anfangs der 80er die Szene in East L.A. immer mehr an Bedeutung gewann, hatten sich THE BAGS bereits aufgelöst und ich war zurück am College. Obwohl ich zum Teil Konzerte im „The Vex“, dem Stammlokal der East L.A.-Szene besuchte, führte ich dann doch nicht mehr dasselbe wilde Partyleben wie früher. Ich bin nicht mehr zu jedem Konzert gegangen oder habe mich aktiv in der Szene beteiligt, da ich mich auf die Schule konzentrierte. Ich dachte damals, dass ich erwachsen werde und den Punk vergessen würde…ha!
Du arbeitest auch an dem „Women in L.A. Punk Archieves“. Wieso gab es deines Erachtens so viele aktive Frauen in der L.A. Punkszene? Und meinst du das es in L.A. mehr aktive Frauen gab, als in anderen Metropolen?
Ich weiss es nicht. Es gab sicherlich viele Frauen in der L.A.-Szene. Die Situation in anderen Städten kann ich aber nicht beurteilen. Punk hat sicherlich die Türen für Frauen geöffnet, da du keine besonderen Fertigkeiten für die Musik brauchtest und dein Erfolg davon abhing, wie einzigartig und speziell du bist. So war es zumindest in L.A.. Du hättest ein grossartiger Musiker sein können, aber wenn du immer dieselbe alte Leier gespielt hättest, wäre niemand zu deinen Konzerten gekommen. Also konnten alle die, die nicht wie ein Rockstar aussahen oder wie einer spielten, ganz einfach Punkstars sein. Oder zumindest in einer Band spielen.
Was ist aus den Frauen der L.A.-Szene geworden?
Die machen jetzt alle verschiedene Sachen. Einige, wie ich, machen immer noch Musik, andere sind in der Filmindustrie beschäftigt, wieder andere besitzen Läden, sind Köchinnen, Autorinnen, Photographinnen, Bäckerinnen, Tänzerinnen oder Geisterjägerinnen. Ich kann mit Stolz sagen, dass wir von allem ein bisschen haben.
In einem CRASS-Buch habe ich gelesen, das die Punkszene zu ihren Anfangstagen, durch ihre Beeinflussung von Glamrockbands wie David Bowie, New York Dolls und der regen Beteiligung des weiblichen Geschlechts, ziemlich offen gegenüber Homosexualität und Feminismus war. Als dann Anfang der 80er der Oi und Hardcorepunk die Szene prägten, waren diese wünschenswerten, erkämpften Ziele nicht mehr so wichtig und die Konzerte wurden größtenteils nur noch von Männern besucht. Kannst du diese These nachvollziehen oder unterstreichen? Und wenn Ja, wie würdest du diesen Wandel mit eigenen Worten umschreiben?
Viele von uns haben durch den Glam zum Punk gefunden. Glam und elektronische Musik waren zu jener Zeit die innovativsten Musikstile. Glam hat mich besonders angesprochen, da er mit den Geschlechterrollen spielte. Meiner Meinung nach haben David Bowie, Elton John, Queen, die New York Dolls (die zwar vom Glam beeinflusst waren, aber durch ihre Musik und ihr Auftrete mehr zum Prä-Punk zählten) alle mit Androgynität gespielt. Die Idee der Androgynität kann für Frauen befreiend sein. Leider hat die Glamszene, wie die gesamte Rockwelt zu dieser Zeit, die Frau in die Rolle der Muse oder des Groupies gedrängt. Ich persönlich habe erst durch David Bowie erfahren, dass man bisexuell sein kann. Das war für mich eine weltbewegende Entdeckung.

Ich hätte nie gedacht, dass meine Gefühle nicht nur akzeptabel, sondern auch normal und gesund wären. Ich stimme dir zu, dass der frühe Punk gegenüber feministischen Ideen und Homosexualität teilweise sehr offen war, hauptsächlich durch den Einfluss des Glam. Teilweise wurden diese Ideen aber auch abgelehnt. In den USA entstanden die ersten Punkszenen erst in den Großstädten und breitete sich dann weiter in die Vororte aus. Dies war in den frühen 80ern. Zu diesem Zeitpunkt hast du auch gesehen, welchen Einfluss die Mitglieder der verschiedenen lokalen Szenen auf ein Konzert haben konnten. Die Szenen kamen zwar miteinander in Berührung, aber sie hatten alle ihre eigenen Ansichten. In manchen Städten war die Szene von weissen Männern dominiert, in gewissen Szene verkehrten rassistische Skinheads, andere Szenen wiederum hatten progressivere politische Ansichten. Dies alles hat sich dann auch in den Bands und Fans wiedergespiegelt.
Und wie steht es Momentan 2017 um den Feminismus in der Musik und Kulturschaffenden Welt? Egal ob im Underground oder Mainstream.
Ich denke wir bewegen uns in die richtige Richtung. Ich arbeite freiwillig in einem Rockcamp für Mädchen in South East L.A. namens „Chicas Rockeras“. Wir arbeiten mit Mädchen im Schulalter. Der Sinn dahinter ist, das Mädchen durch die Musik ihr Selbstvertrauen aufbauen können. Es zeigt ihnen, wie man gemeinsam an etwas arbeitet und wie sie sich kooperativ in ihrer lokalen Gemeinschaft engagieren können. Indem das ältere Frauen, junge Mädchen unterstützen und begleiten, können wir einige dieser Mädchen zu starken Anführerinnen machen. In den letzten Jahren bin ich ziemlich oft auf Tour gewesen, und ich habe vermehrt Bands gesehen, in denen Frauen spielen.

Nicht alle davon würden sich als Feministinnen bezeichnen. Aber die Tatsache, dass sie auf einer Bühne Musik machen, zeigt, dass sich das Geschlechterbild in der Rockszene gewandelt hat, was zukünftige Generationen sicherlich beeinflussen wird. All diese Musikerinnen bringen die feministische Idee, die auf Gleichheit beruht vorwärts, auch wenn sie sich nicht als Feministinnen bezeichnen. Es gibt immer noch Frauen, die vor der Bezeichnung Feministin zurückschrecken, da sie in den Medien schlecht dargestellt wurden. Wir sind keine Femin-Nazis, wir wollen nur eine gerechte Behandlung. Ich denke es ist hilfreich und gut, wenn große Popstars wie Beyoncé vor Leuchttafeln stehen, auf denen Feministin steht. Das ist gute PR.
Welche Bands mit einem feministischen Ansatz, kannst du uns momentan ans Herz legen?
FEA, FATTY CAKES AND THE PUFF PASTRIES, DOWNTOWN BOYS und PRIESTS.
Ich habe den Eindruck dass durch die aktuellen, konservativen Regierungen und Religionen, die Emanzipation auf dem Rückmarsch ist. Was ist deiner Meinung nach der Grund zu diesem rückwärtsgewandten Denk und Handlungsvermögen und welche Möglichkeiten sind gegeben, um dagegen anzusteuern?
Kennst du das alte Sprichwort: „Schiebe meinen Kopf nach unten und ich beiss dir deinen Schwanz ab“? Oh warte…habe ich das gerade erfunden/gemacht?
Gab es in der geschichtlichen Entwicklung bestimmte Hochphasen im Feminismus? Also Zeitabschnitte wo der Feminismus populärer war oder eine Gegenstimme zum Status Quo erheben konnte?
Die Hochphase ist jetzt! Hast du vom Women’s March Bilder gesehen oder daran teilgenommen? Frauen beginnen jetzt langsam, ihre Muskeln spielen zu lassen und mir tun die Leid, die sich uns in den Weg stellen. Ich verspreche dir, wir werden mit aller Kraft zuschlagen!
Kommen wir zu deinem aktuellen Album, welches für mich jetzt schon einer der besten Alben des Jahres ist. Viele deiner Weggefährten ruhen sich auf ihre alten Punkrocktage aus und veröffentlichen fortlaufend Platten die wie ein Abklatsch ihrer Vergangenheit klingen. Dein musikalisches Spektrum scheint da viel breitgefächerter zu sein. Was macht für dich einen guten Song aus? Und was für Musik und welche Bands hörst du besonders gerne?
Vielen Dank! Ich freue mich, dass dir mein Album gefällt. Ich höre ein breites Spektrum an Musik und zum Teil schimmert mein komischer Musikgeschmack auch in einem Song durch. Meist ist dies aber nur zufällig. Für mich ist ein guter Song einer, der zum Hörer spricht. Ich schätze einen gut durchdachten Song, bin aber genauso glücklich, wenn ich zu etwas simplem wie „Pussy Grabs Back“ mitsingen kann. Es ist wichtig, das Richtige zur richtigen Zeit zu sagen. Ich höre Punk, Soul, Rancheras, Rock, Bollywood Filmmusik, und noch vieles andere. Es gibt da ein grossartiges Trio LA VICTORIA, das Rancheras und Boleros spielt. Es gibt viele Rockbands, die ich gerne höre: NO SMALL CHILDREN, FEA, FATTY CAKE AND THE PUFF PASTRIES, TRAP GIRL, SPRAY TAN, BIG EYES, SEX STAINS, GENERACION SUICIDA, DOWNTOWN BOYS, PRIESTS…
Auf deinem Soloalbum wirken insgesamt 17 Musiker aus L.A. mit. In welchen Bands haben jene Musiker zuvor mitgewirkt und gab es diverse Auswahlkriterien dafür, dass du dir gerade jene Musiker ausgesucht hast?
LOL! Ich habe das Wort „Solo“ neu definiert. Die Musiker spielen in verschiedenen Bands, von ELASTICA bis THE GO-GO’S, von PINK bis PRINCE POPPYCOCK. Ich schreibe alle Lieder selbst und mache auch alleine eine Demoaufnahme davon. Erst dann gehen wir gemeinsam ins Studio. Ich habe immer eine ziemlich klare Vorstellung davon, wie das Endprodukt klingen soll. Ich bewundere die musikalischen Künste aller beteiligten Musiker, daher versuche ich ihnen dennoch so viel künstlerische Freiheit wie möglich zu lassen. Im Endeffekt geht es darum, den Stil des Künstlers mit dem Song in Verbindung zu bringen.
Du schreibst sehr gute und durchdachte Texte. Wo siehst du in der heutigen Zeit, die größten sozialen Brennpunkte?
Vielen Dank für dein Kompliment. Das grösste Problem der heutigen Gesellschaft ist, dass die USA einen Verrückten an die Macht gelassen haben, dessen Präsidentschaft uns alle in grosse Gefahr bringt. Und mit „uns“ meine ich die gesamte Welt.
In „Programmed“ prangerst du in Worten wie „We´re on an Ocean and the boat is sinking. No knowledge without critical thinking. Education be damned we´re are being programmed“ den staatsfreundlichen Bildungsauftrag an. Welche expliziten Themen sollten mehr in der Schule unterrichtet werden?
Im Song „Programmed“ geht es um die Banking Method als Unterrichtsansatz. Dieser Ansatz wird von Paolo Freire in seinem Buch „Pedagogy of the Oppressed“ beschrieben, und in vielen öffentlichen Schulen der USA angewandt. Es beschreibt eine Unterrichtsmethode, bei der die Kinder Daten und Fakten auswendig lernen und in Multiple-Choice Tests wiedergeben müssen. Diese Methode kann das Verlangen eines Kindes, zu lernen zunichtemachen. Den Kindern wird auch nicht beigebracht, wie wichtig Diskussionen, der Respekt vor anderen Kulturen oder Ansichten sind.

Es macht aus den Schülern passive Empfänger von Informationen. Diese Informationen dienen häufig dazu, eine Weltanschauung aufzubauen, die den Status Quo unterstützt. Wir müssen weniger Zeit damit verwenden, Informationen auswendig zu lernen, und mehr Zeit dazu verwenden, um zu lernen, wie Daten interpretiert werden können. Wir müssen den Kindern die Kunst einer respektvollen Diskussion näher bringen und ihnen zeigen, dass sie aktiv an ihrer eigenen Welt arbeiten können. Erziehung sollte Selbstermächtigung bedeuten!
Wahre Worte. In „He´s so Sorry“ und „No Means No“ geht es um sexuelle Belästigung, Vergewaltigungen und um die sogenannte „häusliche Gewalt“. Wie sollten sich Frauen gegenüber sexuellen Übergriffen verhalten?
Frauen müssen wissen, dass sie nicht alleine sind und verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung haben. Als ich noch ein Kind war, hatte meine Mutter das Gefühl, dass sie in einer Beziehung, die von Missbrauch geprägt war, bleiben muss. Sie sah für sich keine anderen Möglichkeiten. Ich habe das Gefühl, dass wir als Gemeinschaft Menschen helfen müssen, die sich gefangen fühlen, indem wir ihnen einen Ausweg zeigen. Gewaltandrohungen müssen ernst genommen und dokumentiert werden. Die Person die bedroht wird, muss aus dieser Lage befreit werden.
Das Album schließt mit der spanischsprachigen Ballade „Inesperado Adios“ ab. Um was handelt es in dem Stück?
Der Text handelt von zwei Menschen, die sich lieben und plötzlich getrennt werden. Ich wurde von einem meiner Schüler inspiriert, dessen Vater eines Tages zur Arbeit ging und nicht mehr zurückkehrte. Ich sah, was das mit dem Kind und seiner Familie anrichtete. Ich sah die quälende Ungewissheit, nicht zu wissen was mit ihm passiert ist, nicht zu wissen ob er überhaupt noch lebt. Schliesslich fanden sie heraus, dass er in Abschiebehaft genommen wurde. Die Familie wurde auseinandergerissen, und es war unklar, ob eine Chance besteht, dass sie wieder zusammen leben konnten. Es war herzzerreissend. In der Bridge des Songs geht es darum, wie die Stadt auf dem Rücken der Immigranten erbaut wurde. Immigranten trugen als billige Arbeitskräfte massgeblich zum schnellen Wachstum bei. Ihre Leistungen werden nur fast nie anerkannt.
Du bist auch als Autorin aktiv und hast die beiden Bücher „Violence Girl“ und „Pipe Bomb for the Soul“ veröffentlicht. Um was handelt es in den Büchern?
In “Violence Girl, East L.A. Rage to Hollywood Stage” geht es darum, in East L.A. aufzuwachsen und Teil der frühen Punkszene in L.A. zu sein. Es geht auch um meine komplizierte Beziehung zu meinem Vater, der sich missbräuchlich gegenüber meiner Mutter verhielt. „Pipe Bomb for the Soul“ basiert auf meinen Erlebnissen in Nicaragua. Ich habe 1986 einen freiwilligen Einsatz dort geleistet. Dies war die Zeit nach der Sandinista Revolution und während des Contrakrieges. Ich habe während dieser Zeit ein Tagebuch geführt, aus dem dann das Buch entstand.
Zudem arbeitest du auch als Pädagogin, in welchem pädagogischen Bereich bist du tätig?
Ich habe für mehr als 20 Jahre an einer Grundschule unterrichtet. 2011 kam mein Buch heraus, und ich habe ein Jahr freigenommen, um damit auf Tour gehen zu können. Ich empfand es als unfair meinen Schülern gegenüber, wenn sie dauernd von Vertretungslehrern unterrichtet werden, daher habe ich gleich das ganze Schuljahr 2011/2012 freigenommen. Ich habe danach nie wieder als Lehrerin gearbeitet. Während der Tour habe ich vor so vielen Menschen gesprochen, so viele Colleges und Konferenzen besucht, dass ich immer noch das Gefühl hatte zu unterrichten. Ich bin in der glücklichen Lage, dass „Violence Girl“ an vielen Universitäten des Landes zum Schulstoff gehört. So kann ich immer noch mit Studenten in Kontakt kommen. Ich schätze es sehr, dass viele Professoren es in ihren Unterricht einbinden, und dass ich so viele sorgfältige Leser habe. Das ist sehr bereichernd.
Können wir in Zukunft noch mit einem weiteren Album von dir rechnen?
Diesen Monat gehe ich ins Studio um mein zweites Album aufzunehmen. Ich freue mich sehr darauf!

Einleitung, Fragen: Bela
Übersetzung: Marco Bechtinger

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