März 16th, 2007

ALEX NEWPORT (#98, 01-2003)

Posted in interview by sebastian

Als Fudge Tunnel 1991 mit ihrem Debüt-Album „Hate Songs In E-minor“ auftauchten, gehörten sie zu den ersten Earache-Bands, die eine neue Phase des Labels begründeten – weg vom reinen Grindcore/Death Metal, hin zu anderer Musik, die deswegen nicht weniger hart sein musste.

Godflesh, Sweet Tooth und Naked City waren die anderen drei Bands, die ebenfalls nicht zum bis dahin typischen Earache-Sound gezählt werden konnten.

Wir waren beeindruckt damals: Ich erinnere mich noch daran, wie ich mit einem Freund gemeinsam mit unseren Metal-Kumpels zum Sepultura-Konzert nach Köln-Mülheim in eine Stadthalle gefahren sind. Nicht, dass uns Sepultura weiter wichtig gewesen wären – wir wollten Fudge Tunnel sehen. Aber wir zwei waren auch die einzigen, die Band wurde gnadenlos ausgebuht.

Es war schon lustig damals: Ausgerechnet die Nicht-Death-Metaller Fudge Tunnel war die erste Earache-Band, deren Cover die britischen Behörden zensierte. Die Gruppe hatte eine ziemlich simple Zeichnung irgendeines Massenmörders genutzt, was man wohl in England nicht wirklich komisch fand. Gezeichnete Gewaltphantasien von Todesmetallern waren da schon eher okay.

Und doch waren es Fudge Tunnel, die dem kommerziellen Erfolg so nahe war wie keine andere Band auf dem Label. Als 1993 „Creep Diets“ mit dem Song „Grey“ erschien, war ich fest davon überzeugt, dass es diese Platte auch in die Charts schaffen könnte. Nichts passierte, und nach einem weiteren Album lösten sich Fudge Tunnel auf.

Es blieb lange still um Fudge-Tunnel-Sänger Alex Newport, bis mir sein Name plötzlich regelmässig auf Platten von At The Drive-In („In/Casino/Out“) oder Icarus Line auffiel. Ich hatte nicht erwartet, dass es der gleiche Alex Newport sein würde, dass der Engländer mittlerweile nach Kalifornien umgezogen war. Doch ein Bekannter aus dem ATD-I-Umfeld bestätigte mir, dass es sich um ein und die selbe Person handelte.

Und wie der Zufall so spielt – gerade, als ich Alex‘ E-mail-Adresse ausfindig gemacht hatte, kam auch erstmals seit Jahren eine Platte von ihm raus, „Counter-Culture Nosebleed“ seiner neuen Band Theory Of Ruin. Mit dabei sind auch der Jazz-Schlagzeuger Ches Smith, der unter anderem mit Fred Frith und Mr Bungle gespielt hat, sowie der Bassist David Link, der eine Weile bei Slapshot war. Das Album ist kein grosser Abschied vom alten Fudge Tunnel Sound.

Wer den Noiserock der Band mochte, wird auch mit Theory Of Ruin keine Probleme haben. Aber die Musik hat mehr Varianten bekommen, es gibt auf dem Album unglaublich viel zu entdecken, was die wenigsten Noiserock-Bands hinbekommen. „Counter-Culture Nosebleed“, auf Escape Artist erschienen, ist genau genommen das beste härtere Album, das ich seit langem gehört habe.

Das folgende Interview entstand per E-mail in zwei Teilen, da die Theory Of Ruin CD hier erst eintrudelte, nachdem Alex Newport die ersten Fragen beantwortet hatte.

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Ich erinnere mich noch ziemlich genau daran, als ich zum ersten Mal „Grey“ von dem Fudge-Tunnel-Album „Creep Diets“ hörte: Ich war ziemlich überzeugt davon, dass das Lied so etwas wie ein „Hit“ werden müsste. Das war nicht nur ein Song, den ich persönlich klasse fand, sondern der mehr Leuten gefallen müsste. Aber passiert ist eigentlich nichts. Was ist damals schief gelaufen (wenn überhaupt)? und hast du denn im Nachhinein das Gefühl, dass Fudge Tunnel mehr hätte erreichen können, dass die Band weit mehr Untergrund geblieben ist, als du erwartet hast?

Alex: Ich würde nicht sagen, dass irgendwas falsch gelaufen ist, jedenfalls nicht von unserer Seite. Das Lied war ja nie als „Hit“ geschrieben worden, er zielte nicht mal bewusst in diese Richtung. Er entstand einfach.

Zu jener Zeit hatten Fudge Tunnel einen Lizenzvertrag in den USA mit Columbia, und die entschieden offenbar, dass das Lied ein Hit sein würde. Also fragten sie uns, ob wir das Lied neu abmischen könnten – der Gesang sollte lauter werden. Das haben wir rundweg abgelehnt. Wir fühlten uns nicht wohl dabei, so vermarktet zu werden. Wir wollten nicht in solch eine Situation als Band geraten, also gaben Columbia irgendwann ganz auf, für das Album zu arbeiten.

Aber ich denke, dass Fudge Tunnel grundsätzlich weit mehr Erfolg hatten, als wir je erwartet hatten, besonders mit diesem Lied. Ich weiss auch nicht, wie viel kommerziellen Erfolg eine Band mit diesem Namen haben kann. Ist nicht gerade sehr Radio freundlich. Grundsätzlich waren wir einfach nicht darauf vorbereitet, dieses Major-Label-Spiel mitzuspielen, und uns war es auch ziemlich egal, ob sich unsere Platten verkaufen würden. Also war es schwer, einen „Hit“ zu haben. Es kümmerte mich nicht.

Warum habt ihr euch später aufgelöst?

Alex: Es gab von Beginn an eine Vereinbarung in der Band, dass wir uns auflösen würden, sobald wir unseren kreativen Höhepunkt erreichen würden. Wir waren uns sehr bewusst, dass die Band einen Sound und eine Energie hatte, die limitiert waren. Und wir wollten aufhören, bevor wir diese Energie verlieren würden. Es war einfach nur eine Frage des richtigen Zeitpunkts. Wir fanden, dass das letzte Album unser bestes war, also entschieden wir, dass nun der Punkt aufzuhören gekommen war. Ich hätte auch nicht rechtfertigen können, warum man mehr als drei Alben mit diesem Sound machen sollte; der war doch recht eindimensional.

Wir hätten also die Musik ändern können, aber warum nicht weiterziehen und etwas anderes machen? Ich hatte schon damit begonnen, in einem Studio zu arbeiten, und wollte mich eine Weile darauf konzentrieren. Ich wusste, dass ich mit einer Band zurückkehren würde, aber Fudge Tunnel existierten sieben Jahre, also wollte ich wirklich eine Auszeit nehmen, meine Musik überdenken und mit etwas Neuem kommen. Es gibt nichts Schlimmeres als eine Band, die zu lange existiert, fuck, guck dir die Red Hot Chili Peppers an!

Und was denkst du jetzt, wenn du zurückschaust? Zum Beispiel über diese „Hate Songs“-Affäre mit dem zensierten Cover und so.

Alex: Ich denke nicht also zu sehr über Fudge Tunnel nach, aber wenn, dann bin ich ganz zufrieden mit dem, was wir geschaffen haben. Die Platten klingen etwas veraltet heute, aber damals war das ein einzigartiger Sound, den wir hatten. Wir machten eine Menge Fehler, wozu mit Sicherheit auch gehört, dass wir bei Earache unterschrieben, aber ich habe dadurch eine Menge gelernt.

Diese Zensur-Geschichte ist pathetisch, ich könnte mir nicht vorstellen, dass das heute passieren würde. Die Leute haben solch eine riesen Sache aus so etwas kleinem gemacht. Ich wünschte, wir hätten das originale (konfiszierte) Artwork nutzen können, wir mussten es ziemlich kurzfristig durch ein anderes Bild ersetzen, und das Ergebnis war nicht annähernd so interessant. Busted by the pigs, man.

Du lebst jetzt in den Staaten, nehme ich an. Warum bist du rübergezogen? Worin siehst du die Unterschiede zu England? Und gefällt es dir in den USA besser?

Alex: Das war nicht wirklich geplant, dass ich in die USA ziehen würde. Ich hatte nie eine bewusste Entscheidung getroffen, es war einfach so, dass ich hier eine Freundin hatte. Ungefähr zu dieser Zeit hatte ich mit Nailbomb zu tun und fing an, als Produzent zu arbeiten. Ein paar Jahre später wurde mir bewusst, dass ich eigentlich die Hälfte meiner Zeit hier verbringe.

Es gibt eine Menge Unterschiede zwischen beiden Ländern, aber am Ende ist doch alles gleich. Ich bin eine Menge gereist, durch Europa, Nord- und Südamerika, und im Prinzip ist es überall so, dass die meisten Leute nervig und unglaublich dumm sind, aber es doch ein paar tolle Personen gibt. Es ist in den USA einfacher, das zu tun, was ich mache – ein selbstständiger Produzent und Musiker zu sein, ist nicht unbedingt das, wozu man in England ermutigt wird. Dazu kommt, dass die meisten Menschen in England Leute nicht leiden können, die Erfolg haben oder etwas unkonventionelles tun.

England ist ein Land, das von Gerüchten und Wehklagen lebt. Selbstständig zu sein, ist in den USA viel einfacher, zumal es gerade hier in Kalifornien eine Menge Bands gibt, mit denen ich zusammen arbeiten kann. Rockmusik war nie wirklich gross im United Kingdom, vor allem heutzutage nicht. Ich würde gerne in London leben, aber da gäbe es nicht genügend Bands, mit denen ich arbeiten könnte. Ausserdem bezweifle ich, dass ich dort Leute finden würde, die die Musik spielen wollen, die ich mag.

Ich hasse DJs und diese ganze Techno-Szene. Und auch wenn ich bestimmte elektronische Musik wie Tricky oder Massive Attack mag, hasse ich es wirklich, an Computern zu arbeiten, also bleibe ich lieber beim Rock. Die USA sind mit Sicherheit nicht perfekt, aber ich kann tun, was ich tun muss. Und ich habe eine Menge Freunde hier. San Francisco ist eine grossartige Stadt, vermutlich fände ich es anderswo in den USA nicht so toll.

Also war es vielleicht Zufall, hierher zu ziehen, aber es stellte sich als grossartig heraus. Ich muss allerdings betonen, dass amerikanische Schokolade die schlechteste der Welt ist. Klebrige, geschmacklose Scheisse. Man muss nach England fahren für „the real stuff“ – Cadburys, Crunchie bars, Aeros, Bounty. Das liebe ich.

Du bist dann eine Weile „low key“ geblieben. Ich habe Bandnamen auf deiner Webseite gelesen, die mir nichts gesagt haben. War das eine bewusste Entscheidung? Wie entscheidest du überhaupt, welche Bands du produzieren willst? Ist das einzig von der Musik abhängig, liegt es an deinem persönlichen Kontakt zu einer Gruppe, oder hast du schon mal einen Job gemacht, weil eine Plattenfirma viel Geld geboten hat?

Alex: Nun, 1995 habe ich mit Sepultura und den Melvins gearbeitet, das war nicht unbedingt „low key“. Aber mir war es immer wichtig, mit sehr unterschiedlichen Bands zu arbeiten. Es ist leider nur so, dass viele Bands, mit denen ich arbeite und die ich grossartig finde, niemals gross raus kommen. Als ich mit At The Drive-In an „In/Casino/Out“ gearbeitet habe, hatten sehr wenige Leute von dieser Band gehört. Mein Kriterium, ob ich mit einer Band arbeiten will, war immer das gleiche: Mag ich sie? Ist sie gut? Der Grad des involvierten Geldes ist weniger wichtiger als der Musikstil.

Gibt es einen bestimmten Sound, den du schaffen willst? Letztlich sind ja At The Drive-In und Icarus Line, bei all ihren Unterschieden, doch irgendwo verbunden. Allerdings weiss ich nicht, ob du jemals was völlig anderes gemacht hast…

Alex: Ja, ich habe ziemlich viele verschiedene Dinge aufgenommen und abgemischt – von Thrash Metal über Pop bis zu Jazz. Ich denke, mein Lieblingsstil ist noisiger, aber dennoch melodiöser und dynamischer Rock. Ich will es aber so variabel wie möglich halten, um nicht abgeschrieben zu werden als jemand mit einem Stil. Meine Hörgewohnheiten sind breit gefächert, dementsprechend will ich auch viele verschiedene Sachen machen.

Mir fiel auf, dass ich nach At The Drive-In und Icarus Line sehr viele Anrufe von Bands bekam, die ähnliche Musik machen – lauten Gitarrenrock! Das ist klasse, ich arbeite gerne mit solchen Gruppen. Aber ich habe auch mit Fabulous Disasters, einer Punkrock-Band auf Fat Wreck, oder mit The Pattern, die sehr Retro-Garage sind, zusammengearbeitet. Und im Januar gehe ich mit The Locust ins Studio – wieder was ganz anderes. Der Job bleibt interessant, wenn man Stile mischen und mit verschiedenen Bands arbeiten kann.

Wann hast du denn angefangen, anderer Leute Platten zu produzieren? Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, hast du auf alle Fälle das letzte Album von Fudge Tunnel gemacht, aber ich denke, es ist was völlig anderes, andere Bands aufzunehmen. Was war dein erster Job als Produzent?

Alex: Mein erster Job nach Fudge Tunnel war eine englische Band namens Skink, mit der ich ein Album und eine EP gemacht habe. Beides wurde auf BGR veröffentlicht, einem Label, das Dave von Fudge Tunnel gemacht hat. Es war solch ein Spass, an diesen Platten zu arbeiten, dass mir klar wurde, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Damals arbeitete ich noch mit einem Toningenieur, während ich produzierte, aber mir wurde bald klar, dass ich nicht zufrieden war mit dem, was die aufnahmen. Und wenn man etwas richtig machen will, dann muss man es selber tun. Ich entschied mich also, sowohl Toningenieur als auch Produzent zu werden.

Es dauerte einige Jahre, das zu lernen, mit Mischpulten, Mikrofonen und so weiter vertraut zu werden. Ungefähr 1996 fing ich an, sowohl als Toningenieur als auch als Produzent zu arbeiten, und das mache ich seither immer. Die letzten zwei Jahre waren dann aber besonders geschäftig. Viele Bands und Plattenfirmen kannten anfangs meinen Namen nicht; es dauert eine Weile bis man sich einen Namen gemacht hat. Jetzt habe ich mehr Arbeit, als ich erledigen kann – was sehr gut ist.

Wie arbeitest du als Produzent? Wie viel Einfluss möchtest du auf die Musik haben?

Alex: Ich möchte so viel Einfluss auf die Musik haben, wie für das jeweilige Projekt notwendig ist. Manchmal bedeutet das so ziemlich alles vom Erarbeiten der Schlagzeugparts, über die Arbeit mit Gesang und sogar den Texten, den Akkorden bis zu den Songstrukturen. Manchmal muss ich nur sicherstellen, dass alle gleich gestimmt sind, und dann drücke ich auf Aufnahme. Es hängt immer von der Band und den Liedern ab.

Die Umstände sind halt immer verschieden. Ich bin in jedes Projekt ziemlich stark involviert, ich versuche, das Beste aus jeder Band herauszuholen und sie in die richtige Richtung zu lenken, ohne dass die Musik über-produziert wirken würde. Ich hasse unter-produzierte und ich hasse über-produzierte Platten. Man muss einen guten Geschmack haben, sehr flexibel sein und an jedes Projekt anders herantreten.

Als du das erste Mal At The Drive-In gehört hast, war dir bewusst, was diese Band erreichen könnte?

Alex: Ich wusste, dass sie grossartig waren, auch wenn ich mir über den kommerziellen Reiz der Band nicht sicher war. Ich war freudig überrascht, als sie diesen Level an Erfolg erreichten. Leider war der Erfolg auch der Beginn des Abschieds als Band. Schade. Das erste Mal, als ich sie hörte, hatte ich eine schlechte Kassettenrekorder-Aufnahme der Songs, die später „In/Casino/Out“ wurden.

Das waren Mono-Aufnahmen, der Gesang war kaum zu hören – aber es gab da einen Funken, die Energie war grossartig. Das reichte schon, dass ich mit ihnen arbeiten wollte. Ich sah sie live, und sie waren grossartig, wieder so viel Energie. Das war auch, was ich mit „Casino“ erreichen wollte – es sollte sehr simpel und roh bleiben, um diese Energie auf Tape einzufangen.

Die Lieder wurden rauher und lockerer abgemischt, als ich es normalerweise tun würde. Aber es wirkte den Liedern damals angemessen. Mit The Mars Volta war die Arbeit völlig anders. Auch wenn sie ebenfalls sehr viel Energie haben, geht es doch mehr um komplizierte und strukturierte Teile. Deswegen mussten die Lieder mehr produziert und weniger roh wirken. Ich hatte das Gefühl, dass die Lieder das so fordern.

Wann hast du denn mit deiner neuen Band, Theory Of Ruin, angefangen? Wie wichtig ist dir das Ganze? Ist das was für nebenbei oder wird die Band irgendwann zur Hauptsache?

Alex: Uns gibt es nun schon für zwei Jahre oder so. Wir hatten eine Zeitlang einen anderen Bassisten und haben eine Single veröffentlicht. Das aktuelle Line-Up mit David am Bass gibt es aber nun schon ein Jahr. Die Band ist sehr wichtig für mich. Ich liebe es! Nach Fudge Tunnel hatte ich fünf Jahre lang keine Band, weil ich mich auf die Arbeit im Studio konzentrierte und einfach Abstand zu Fudge Tunnel brauchte, um einen anderen Sound zu entwickeln. Irgendwann kam ich zu dem Punkt, wo ich das Gefühl hatte, dass Musik heutzutage so dermassen schlecht ist, dass ich etwas tun „musste“. Es gibt so so verdammt viele schlechte Bands!

Als ich mit Theory Of Ruin anfing, war ich begeistert, wie viel Spass es macht, wieder live zu spielen. Es ist sehr befriedigend und kathartisch für mich. Aber auch wenn ich gerne live spiele, ist das nicht unbedingt notwendig. Mir macht vor allem der kreative Prozess, Ideen und Songs auszuarbeiten, Spass. Aber wir wollen so oft spielen wie möglich. Ich schreibe das hier übrigens, während ich in einem Van mitten während einer dreiwöchigen US Tour sitze.

Wir spielen hoffentlich irgendwann mal in Europa und Japan. Aber die Arbeit im Studio ist mein Hauptaugenmerk, die Band ist häufig nur zweitrangig. Bisher war es mir zwar möglich, beides zu machen, aber es ist ziemlich schwierig, meinen Zeitplan so zu arrangieren, dass alles passt. Ches, unser Schlagzeuger, hat auch eine Menge Projekte, und sein Zeitplan ist ähnlich verrückt, deswegen ist es manchmal sehr kompliziert. Aber was auch immer, wir tun, was wir können, und wir haben ein wichtiges Ziel: Alle schlechten Bands auf ewig zu zerstören.

Du hast geschrieben, dass du es liebst, live zu spielen. Aber in eurem Info heisst es, dass die Band generell nicht länger als 20 Minuten spielt. Warum? (Ich kann mir vorstellen, dass ein deutsches Publikum, das ohnehin längere Konzerte gewöhnt ist, darüber sehr sauer wäre. Aber ein amerikanisches wird da auch nicht viel anders sein.)

Alex: Ich bin es eben leid, Bands zu hören, die viel zu lange spielen. Bei unserer Art von Musik ist das gar nicht nötig, vor allem, wenn noch zwei, drei weitere Bands auftreten. Ich bin auch müde, zu lange CDs zu hören. 30 bis 40 Minuten reicht mir bei einer harten oder noisigen Band aus. Es ist okay, wenn wir Leute aufregen; das letzte, was ich will, ist, dass irgendjemand gelangweilt wird.

Ausserdem: Wenn man seinen Set relativ kurz hält, können wir in dieser Zeit das Maximum an Energie bringen. Ich sehe mir lieber eine Band an, die fünf bis sechs Lieder voller Energie spielt, als dass sie bei zehn Liedern gelangweilt klingt. Unser Set ist normalerweise 20 bis 25 Minuten lang, was ich eine Menge finde.

Du hast vorher auch erzählt, dass du weg wolltest vom alten Fudge Tunnel Sound. Aber dein Markenzeichen von früher – diese harten Riffs, die irgendwo zwischen Metal und Punk liegen – ist immer noch da. Ist das etwas, was du erhalten und du ergänzen willst durch Dinge, die es früher nicht gab?

Alex: Ja. Ich mag harte Riffs. Das ist eines der Dinge, worin ich gut bin. Ich habe wohl zu viel Black Flag und Black Sabbath gehört, als ich ein Kind war. Aber ich wollte bei Theory Of Ruin andere Sounds auf der Gitarre und durch die Stimme hinzufügen, die die Musik weniger eindimensional machen. Ausserdem sollten Bass und Schlagzeug wichtiger Bestandteil der Band werden. Bei Fudge Tunnel wirkte es oft so, als würden die Rhythmus-Instrumente die Gitarre unterstützen. Bei Theory Of Ruin macht die Gitarre Noise oberhalb der Rhythmus-Instrumente. Finde ich besser.

Keine Ahnung, ob du das jetzt beantworten kannst: Ich mag an dem Album, dass die Songs – wenn man sie auf ihren Kern reduziert – sehr einfach sind. Aber jeweils zwei Instrumente verlassen dann diesen Kern, spielen andere Rhythmen und so. Interessanter Weise sind es eher Gitarre und Schlagzeug, die das machen, während der Bass den Song zusammenhält. Eigentlich würde man erwarten, dass eher Gitarre und Bass die Instrumente mit mehr Freiheit wären. Dennoch erinnerten mich viele Drumparts an härtere Melvins, und sobald der Song härter wird, kehren auch die Riffs zum eigentlichen Rhythmus zurück.

Alex: Dave ist in so einer Noel Redding Situation. Er muss Zeit und Melodie halten. Ich denke, dass mich eine Menge Bands wie Bauhaus oder Gang Of Four beeinflusst haben. Da ist der Bass der Bezugspunkt für die Melodie, während Gitarre und Gesang eher strukturell wirken.

Ist Theory of Ruin nun eigentlich dein Projekt, oder ist es eine Band? Du machst ja eine ganze Menge – Texte schreiben, das Abmischen der Songs, das Artwork…

Alex: Wir sind auf jeden Fall eine Band. Die Lieder werden immer von allen drei Seiten geschrieben. Tatsächlich kommen David und Ches häufig mit einem Grossteil der Songs an, und ich füge nur Gitarren und Gesang hinzu. Ich schreibe die Texte und natürlich mische ich die Musik ab, weil das ohnehin mein Hauptjob ist.

Das Artwork hab ich gemacht, weil ich einfach gerne fotografiere, und es war billiger auf diese Weise als noch jemanden zu engagieren. In Zukunft möchte ich das aber jemanden von ausserhalb machen lassen – nur, um andere Ideen einfliessen zu lassen.

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Interview: Dietmar Stork

Fotos: Jean-Michel Aubert

Links (2015):
Wikipedia
Discogs

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