März 17th, 2007

AGAINST ME! (#107, 08-2004)

Posted in interview by andreas

Zum zweiten Mal im K4 in Nürnberg, diesmal gemeinsam mit ihren Kumpanen von den Grabass Charlestons, rockte der aus Gainesville, Florida, stammende Folk-Punk-Vierer das Zentralcafè des Musikvereins. Ob nachdenkliche Country-Folk-Melodien oder bierselige Mitgröl-Punk-Hämmer, Against Me! brillierten mit einer unglaublichen Energie, die das Zentralcafè zum Brodeln brachte.
Vor dem Konzert traf ich die netten und sehr kontaktfreudigen Musiker und unterhielt mich mit Warren(drums) und Andrew(bass), die verzweifelt ihren Sänger Tom suchten, über die Musik, ihr Leben „on the road“ und, wie konnte es auch anders sein, über Politik und George Bush. Im folgenden wird aufgezeigt, was meine alte Rekorderkiste überlieferte.

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Euer neuestes Album „As the eternal cowboy“ wurde von Fat Wreck Chords herausgebracht. Gibt es irgendwelche Unterschiede zwischen Fat Wreck und No Idea, wenn ihr eure Arbeit und euer Leben als Musiker betrachtet?

Warren: Ich glaube, dass die Labels in vieler Hinsicht ziemlich gleich sind, also wie sie organisiert sind, wie sie geleitet werden, und auch unsere Bezeihung zum Label ist genauso wie bei No Idea. Wir sind Kumpels und wir haben die volle Kontrolle über die Tourneen, wann und mit wem wir unterwegs sind, was für Musik und Songs wir machen, wo wir aufnehmen, alles läuft genauso ab. Hm, wir haben viel mehr getourt, dadurch haben wir nichts anderes gearbeitet oder irgend etwas alleine getan. Wir sind zehn Monate auf Tour…

…also gebt ihr mehr Konzerte?

Warren: Ja, aber das kommt eher davon, dass wir immer wieder Konzerte auch an gleichen Orten gespielt haben.

Andrew: Das ist auch unsere Forderung, nicht die von Fat Wreck.

Das heisst also, dass sich eigentlich nicht viel geändert hat?

Warren: Nicht wirklich, ich meine, Fat Wreck hat bessere Vertriebsmöglichkeiten, vielleicht werden wir dadurch von mehr Leuten gehört.

Andrew: Und das Label ist etwas weiter von zu Hause weg, No Idea ist drei Minuten und Fat Wreck ist 3000 Meilen entfernt…

Warren: Aber wir haben ein gutes Verhältnis zu beiden, No Idea hat gerade eine 7″ rausgebracht und es wird bald noch eine neue geben, also es ist eigentlich…perfekt.

Auf der FAT WRECK Webseite steht, dass eure Musik stark von BILLY BRAGG beeinflusst ist. Was ist eure Meinung dazu und nimmt er so etwas wie eine Vorbildfunktion für euch ein?

Warren: Diese Sache wurde von irgendjemandem irgendwann geschrieben, es ist einfach Blödsinn, es ist vielleicht deren Meinung zu unserem Sound. Trotzdem mögen wir ihn alle und mögen alle seine Musik.

Andrew: keiner (von AM) ist darauf aus, wie BB zu klingen, und ich meine, dass wir überhaupt nicht wie BB klingen, naja, und ausserdem ist er Engländer und wir nicht „and we can`t talk like this“ (er versucht sehr Britisch zu reden), naja, das war jetzt schlecht…

Was hat eure Arbeit noch beeinflusst oder angeregt, andere Musiker, Gainesville, eure Heimatstadt…?

Warren: Es gibt viele Bands aus Gainesville, die ich sehr mag, and ich glaube, dass es eine sehr musikalische Gemeinschaft ist, es gibt viele Bands und alle deine Freunde spielen richtig beeindruckende Musik, und dass gibt dir… es ist sehr inspirierend, aber zugleich ist es nicht so, dass wir ihnen zuhören und sagen „hey, cooler Part, spielen wir doch so etwas“ oder „ich mag diese gesangliche Darbietung, lasst uns so was machen“, ich meine, wir hören viel Zeug, was sehr alt ist und Zeug, was gerade rausgekommen ist, wie Reggae, Rap, Heavy Metal…

Andrew: … ja, das ist bei uns allen so, wir hören Bruce Springsteen, Outcast, Iron Maiden…ja, in Gainesville machen viele Leute Musik, das ist es.

„Cavalier Eternel“ ist ein sehr persönlicher Song. Gibt es einen Hintergrund dazu?

Warren: Das können wir nicht wirklich beantworten, da Tom (der Sänger/ Gitarrist) die Texte geschrieben hat.

Es geht um das touren, ums unterwegs sein

Warren: Ja, ein Teil davon.

Andrew: Ich glaube, dass alles was wir sagen können ist, dass der Text recht gut für sich selbst spricht…

Die Texte auf „as the eternal cowboy“ sind persönlicher, ältere Songs sind politischer, mehr Parolen, glaub ich, wie z.B. „those anarcho punks are mysterious“.

Warren: Ich meine, es geht darum, einige Parolen in Frage zu stellen, es geht nicht notwendigerweise darum, „du sollst deine Faust erheben und alles glauben, was wir sagen“. Es sind politische und persönliche Inhalte in allen diesen Songs.

-es ist also kein Wandel?

Warren: Naja, es sind einige ziemlich politische Songs auch auf dem neuen Album, und, naja, alles ist irgendwie politisch…

Andrew: Und Tom schreibt die Texte, wie schon gesagt…ich habe versucht ihn zu finden, ich schwöre…

Ihr habt den „Rock Against Bush“ Sampler von Punkvoter mit einer „electric version“ von „Sink, Florida, Sink“ unterstützt. Meine Frage ist jetzt: Was haltet ihre von „Conservative Punk“?

Andrew: Diese Sache von Michael Graves, dem ehemaligen Misfits-Sänger… ich hab nicht sehr viel davon gehört, vielleicht haben sie begründete Argumente… Ich habe zum ersten Mal davon gehört, als wir gerade nach Europa kamen. Ich weiss nicht, es könnte eine Reaktion auf Punkvoter und Rock Against Bush sein. Ich nehme an, sie unterstützen Bush, ich weiss nicht genau, ich habs nicht nachgeschaut, aber das ist pretty…fucking…stupid.

Warren: Ich meine, die einzigen Leute, die ich darüber reden habe hören, haben sich drüber lustig gemacht und man redet darüber, weil es einfach lächerlich ist. Ich hab niemals jemand sagen hören, „hey, that`s great, there`s this conservative punk thing“ – niemand scheint gross was davon zu halten, wahrscheinlich wissen die Leute davon, weil es so aussieht, dass es eine so lächerliche Sache ist, und beteiligte Leute, wie „der Typ, der bei den MISFITS gesungen hat“, nicht DANZIG, es ist halt nicht DANZIG und nicht die MISFITS, nicht die Bands…

Ihr tourt das ganze Jahr lang. Wie ist es, so eng zusammen mit den anderen zu sein?

Warren: Es ist das Beste und das Schlimmste, beides zusammen.

Andrew: Es ist toll, auf Reisen sein zu können, in Nürnberg, in Deutschland zu sein, ich meine, wir sind aus Florida, aber es ist so, man kann nie davon wegkommen, und wenn ich mal für einen Tag alleine sein will, um ein Buch zu lesen, es geht nicht, weil du bist in einer…Kapsel auf Rädern going down on Autobahn, aber das ist jetzt keine Beschwerde oder so, wir haben uns daran gewöhnt und wir verstehen uns sehr gut, manchmal ist es gut, und manchmal ist es schlecht.

Warren: Es ist eine ganz besondere und enge Beziehung, die wir haben, es ist nicht wie diese Art von Freundschaft, die du mit guten Freunden hast, mit denen du immer wieder zu Hause rumhängst, oder sogar mit Leuten, mit denen du zusammenwohnst, was sehr eng ist, aber das ist…alles wird geteilt, die beste Zeit und die schlechtesten fucking shitty days.

Andrew: Du kannst nicht die Tür vor deinem Mitbewohner zumachen und in deinem Zimmer hocken und schlafen gehen…wenn ich schlafe, ist er (Warren) meisten so weit von mir entfernt (zeigt mit den Händen einen Abstand von ca. 30 cm) und schnarcht direkt in mein Ohr. (alle müssen lachen)

Meine letzte Frage: Wen sollten die Leute im September wählen (Präsidentenwahl in den USA)?

Beide: Den, den sie wählen wollen.

Sollten sie wählen?

Warren: Ich finde schon.

Andrew: Wenn sie daran glauben. Ich möchte den Leuten nicht vorschreiben, was sie machen sollen: wir sind betrunkene Musiker, aber ich, sag ich dir, werde den wählen, der für die Demokraten antritt, weil Bush weg muss, naja, that sucks, es ist eigentlich eine schlechte Entscheidung und ich hab noch nie so gewählt, aber, realistisch gesprochen, gibt es nur eine Möglichleit, um Bush wegzubekommen.

Warren: Naja, zwei Möglichkeiten, aber…

Andrew: Aber für eine wirst du eingesperrt oder hingerichtet (alle lachen). Falls die CIA eines Tages an deiner Tür klingelt, hat dies wer anders gesagt, irgendein x-beliebiger deutscher Bier-Stammgast.

Hoffentlich nicht… Vielen Dank.

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Interview & Photos: Christoph Schulz

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